Critical Chain, Beschleunigen Sie Ihr Projektmanagement (ISBN_3648012517).pdf

March 30, 2018 | Author: aquiso | Category: Project Manager, Production And Manufacturing, Business, Accountability, Leadership


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Dieses eBook ist lizenziert für UNI KoelnAlle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Das bietet Ihnen die DVD WorkshopUnterlagen und PowerpointFolien Überzeugen Sie Ihre Projektmitarbeiter und Vorgesetzten mit diesen Präsentationen. Führen Sie vor, wie Projekte beschleunigt werden können: • Single und Multiprojektmanagement • Kennzahlen • Supply Chain Management Checklisten, Übersichten und Abbildungen Nutzen Sie Checklisten, Übersichten und Abbildungen für die Steuerung Ihrer Projekte: • Checklisten zur Einführung des CriticalChainProjektmanagements • Handlungsempfehlungen für die Projektarbeit • Abbildungen zur Visualisierung von Projektabläufen u. v. m. Informationen zu CriticalChainSoftwareanbietern Profitieren Sie von den Erfahrungen der Autoren mit den verschiedenen Softwarelösungen: • PowerpointPräsentation zur Auswahl der geeigneten Software • Adressen und Links zu den einzelnen Anbietern Vorträge von Anwendern Profitieren Sie von den Erfahrungen der Anwender. Die DVD enthält Video Aufzeichnungen von vier Vorträgen, die auf der Anwenderkonferenz 2009 „Erfolg im Projektgeschäft mit Critical Chain Projektportfolio Management (CCPM)“ gehalten worden sind. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar. ISBN: 9783648012512 BestellNr. 000790002 2. Auflage 2011 © 2011, HaufeLexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, 79111 Freiburg Redaktionsanschrift: Fraunhoferstraße 5, 82152 Planegg/München Telefon: (089) 895 170 Telefax: (089) 895 17290 www.haufe.de [email protected] Produktmanagement: Steffen Kurth Redaktion und DTP: Lektoratsbüro Peter Böke, 10825 Berlin Umschlag: Kienle gestaltet, 70182 Stuttgart Druck: BoschDruck GmbH, 84030 Ergolding Die Angaben entsprechen dem Wissensstand bei Redaktionsschluss am 31. Januar 2011. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit. Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsschutz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Auswertungen durch Datenbanken und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme. Zur Herstellung der Bücher wird nur alterungsbeständiges Papier verwendet. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Critical Chain Projektmanagement Schneller, besser, termingerecht Uwe Techt Holger Lörz Haufe Mediengruppe Freiburg · Berlin · München Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 4 Inhaltsverzeichnis Vorwort zur 2. Auflage 7 1 Einführung 9 1.1 Risikofaktoren des Projektmanagements 10 1.2 Toggotec GmbH & Co. KG – die „Musterfirma“ 14 1.3 Die Kapitel im Überblick: Toggotecs Weg zum Erfolg 16 2 Welches Projekt lohnt sich? 21 2.1 Prioritäten setzen 21 2.2 Abschied von der Projektkostenrechnung 27 2.3 Anfrage und Angebotsteam 30 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 33 3.1 Suche nach der Ursache 33 3.2 Schädliches Multitasking 43 3.3 Paradigmenwechsel 54 3.4 Projektportfolio steuern 63 3.5 Risiken bei der Implementierung von CriticalChain Multiprojektmanagement 77 4 Ergebnisorientierte Projektplanung 87 4.1 Projektkultur verhindert den realistischen Projektplan 87 4.2 Projektplanung nach dem „PullPrinzip” 98 5 Das CriticalChainProjekt 105 5.1 Konflikte der Projektleiter 105 5.2 Lösung: CriticalChainProjektmanagement 127 5.3 Staffelläuferprinzip 135 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Inhaltsverzeichnis 5 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 139 6.1 Außer Kraft: das „magische Dreieck” 140 6.2 Steuerung des zeitlichen und inhaltlichen Fortschritts 143 6.3 Sicherstellung des inhaltlichen Ergebnisses 150 6.4 Critical Chain und die Kosten 154 7 Critical Supply Chain – unternehmensübergreifende Partnerschaft 163 7.1 Unerwünschte Effekte in Großprojekten 164 7.2 Umgang mit den Sicherheiten in der Supply Chain 171 7.3 Zusammenarbeit fördern 172 8 „Unwiderstehliche“ Projektangebote entwickeln 175 8.1 Marketing und Vertrieb 176 8.2 Probleme des Marktes lösen 180 9 Mitwirkung für Critical Chain erzeugen – ein Paradigmenwechsel 185 9.1 Überwindung der Widerstände 186 9.2 Einigkeit über das Problem erzielen 188 9.3 Konsens über die richtigen Lösungsansätze 189 9.4 Konsens über die Qualität der Lösung 190 9.5 Passt die CriticalChainLösung zu uns? 191 9.6 Stolpersteine überwinden 192 9.7 Was passiert, wenn nichts passiert? 193 10 Erfolgsfaktoren von Toggotec 195 10.1 Regeln für das Management 196 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Inhaltsverzeichnis 6 11 Erfahrungen aus der Praxis 199 11.1 Einigkeit im Topmanagement 200 11.2 Schnelle Erfolge erzielen 200 11.3 Schädliches Multitasking 200 11.4 Der Start oder FullKitManager 208 Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau 221 Praxisbeispiel 2: Softwareentwicklung 231 Anhang Glossar: Fachbegriffe und Methoden 237 Stichwortverzeichnis 255 Abbildungsverzeichnis 258 Die Autoren 260 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 7 Vorwort zur 2. Auflage Herzlichen Dank für die zahlreichen Rückmeldungen zur ersten Auflage, die wir auf www.ccpm.ws veröffentlicht haben. Es hat sich seit 2007 im Projektmanagementumfeld einiges getan. Critical Chain ist in vielen Unternehmen akzeptiert und wird erfolgreich umgesetzt. Einige scheitern an ihren „politischen Engpässen“, die meisten jedoch können respektable Erfolge vorweisen. In Fachkrei- sen und Projektmanagementorganisationen wie beispielsweise der GPM Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement sowie beim Pro- ject Management Institute (PMI) wird die engpassorientierte Denk- weise positiv diskutiert. Vorträge der Autoren auf den dortigen Ver- anstaltungen finden erheblichen Anklang und die erfolgreichen und bekannten Praxisbeispiele sind mit ihren Stolpersteinen bei der Vorgehensweise in dieser zweiten Auflage ergänzend dargestellt. Werden Unternehmen von starkem Abteilungsdenken geprägt, müssen Projekte gegeneinander um Ressourcen und Management- Aufmerksamkeit kämpfen. Dies wird oft auf dem Rücken der aus- führenden Mitarbeiter ausgetragen: einerseits werden sie zu schädli- chem Multitasking gezwungen, was jeden Vorgang um ein Vielfa- ches verlängert; andererseits erhöht das Management den Druck darauf, dass jeder Einzelne seinen Termin einhalten soll. Wer sich in einem solchen Spannungsfeld befindet, kann kaum großes Vertrau- en in seine Führungskräfte entwickeln. So entstehen lange Durch- laufzeiten, Verspätungen und unzufriedene Kunden sowie ausge- brannte Mitarbeiter und Führungskräfte, die sich gegenseitig wenig wertschätzen. Steht jedoch die globale Optimierung also ein abteilungs- und pro- jektübergreifendes Denken und Handeln im Vordergrund, dann kann jeder, jederzeit wissen, welche Vorgänge aus welchen Projekten gerade erfolgskritisch für das Unternehmen sind und seine Hand- lungen darauf abstimmen. Allein schon die abgestimmte Fokussie- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Vorwort 8 rung der verschiedenen Management-Funktionen erzeugt einen Leistungssprung. Werden gleichzeitig die Kennzahlen und Beloh- nungssysteme abgeschaltet, die auf Bereichsoptimierung ausgerich- tet sind, dreht sich das Klima im Unternehmen und wir ziehen wie- der an einem Strang. Das Leuchten in den Augen der Mitarbeiter kehrt zurück. Viele Unternehmen haben ihre durch Critical Chain erzielten Ver- besserungen veröffentlicht; die meisten halten jedoch geheim, dass und wie sie Critical Chain als Baustein der „Theory of Constraints“ nutzen. Warum sollte ein Unternehmen seinem Wettbewerb zeigen, wie es ihm gelungen ist, innerhalb weniger Wochen oder Monate entscheidende Wettbewerbsvorteile zu erzielen und dadurch seine wirtschaftlichen Ergebnisse sowie die Stabilität des Unternehmens signifikant zu verbessern? Dennoch: die veröffentlichten Ergebnisse und auch meine eigenen Erfahrungen im IT-Projektgeschäft, die Sie in den Praxiskapiteln nachlesen können, zeigen, was möglich ist. Viel Vergnügen beim Lesen und viel Erfolg in der Umsetzung! Ansgar Knipschild 1 mgm technologypartners Köln GmbH (vormals kingmedia websolutions) 1 Leiter der Fachgruppe „Critical Chain Projektmanagement“ der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 9 1 Einführung Projekte verschlingen gigantische Investitionen und leisten teilweise erhebliche Beiträge zum Erfolg von Unternehmen und ganzer Volkswirtschaften. Projektmanagement in seiner klassischen Form wird in der deutschen Wirtschaft beispielsweise bei Produktentwick- lungen, Produktionsanläufen, Forschungsarbeiten, Bauprojekten oder Firmenfusionen eingesetzt. Die Klagen der Projektmanager sind bekannt: „Wenn sich nur alle Projektbeteiligten an das halten würden, was in den Projektmanagement-Handbüchern und Check- listen vereinbart wurde – dann könnte pünktlich, qualitätsgerecht und zu den vereinbarten Kosten geliefert werden. Mehr Standards, mehr Disziplin, mehr Konsequenz!“ Die Appelle der Projektleiter zum Einhalten der Standards nützen jedoch wenig. Die Erfolgsbilanz holt uns auf den Boden der Tatsachen zurück: Geschätzte 150 Milli- arden Euro gingen der deutschen Wirtschaft in vier Jahren verloren 2 , weil die ausgewählten Projekte nicht zur Unternehmensstrategie passen oder ineffizient durchgeführt werden. Offensichtlich stößt das herkömmliche Projektmanagement an seine Grenzen. Projekt- managementmethoden wurden zwar in den letzten 25 Jahren stän- dig verbessert und ergänzt; was bislang fehlt, ist jedoch eine grund- legende Überarbeitung der jeweiligen Gesamtkonzeption. Dies soll nun nachgeholt werden: Wir zeigen auf, weshalb viele Unterneh- men, die Projektmanagement anwenden, ihren Herausforderungen nicht mehr gewachsen sind. 2 Dies besagt eine Studie von Prof. Manfred Grögger, veröffentlicht in der Zeitschrift „Projektmanagement aktuell 2004“. Für diese Studie wurden vier Jahre lang 962 Führungskräfte aus der deutschen Wirtschaft (unter ihnen Führungskräfte aus der Hälfte aller Dax-100-Unternehmen) und Verwaltung befragt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 1 Einführung 10 1.1 Risikofaktoren des Projektmanagements Ein Blick auf das Projektmanagement vieler Branchen und Unter- nehmensgrößen zeigt: Projekte werden nicht rechtzeitig fertig, sind teurer als geplant und bringen nicht die Ergebnisse, die sie verspro- chen haben. Das ist die Regel, leider. Und kein Sonderfall. Einhaltung von Terminen Einhaltung Budget/Kosten Erfüllung der Inhalte/Leistungen Abb. 1: Das magische Dreieck Das „magische Dreieck“ Seit Jahren spricht man im Projektmanagement vom „magischen Dreieck“, innerhalb dessen sich ein Projekt bewegt: Kosten, Termin und Qualität. Diese drei Eckpunkte des Projektes werden jedem angehenden Projektmanager mit auf den Weg gegeben. Wer vom „magischen Dreieck“ spricht, erntet unter Kollegen immer ein zu- stimmendes Kopfnicken. Und doch, welches Projektmanagement kann diesen drei (eigentlichen simplen) Forderungen erfüllen: schnell und pünktlich zum Ziel zu kommen, die vereinbarte Quali- tät des Projektergebnisses zu erreichen und den Budgetrahmen nicht zu sprengen? Bei einem oder zwei der Kriterien mag das Projekt punkten: Es bleibt im Budget und liefert ein gutes Ergebnis – doch leider zu spät. Es kostet nicht mehr als geplant und wird pünktlich beendet – doch Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Risikofaktoren des Projektmanagements 1 11 leider mit fehlerhaftem Ergebnis. Es liefert pünktlich ein gutes Er- gebnis – und kostet mehr als ursprünglich geschätzt. Das „magische Dreieck„ scheint vielen Projektmanagern insofern magisch, als dass man sich mit Projekten hoffnungslos darin verlieren kann. Immer wieder versuchen sie in diesem Projekt eine Balance zu finden, und doch gelingt es ihnen nicht, das Projekt ins Gleichgewicht zu bringen. Ein Beispiel für Projekte mit Fixtermin: Der Schwimmhalle in Athen, die zur Olympiade 2005 fertig gestellt sein muss, fehlt das Dach. Eine Terminverschiebung ist unmöglich. Das Projekt muss zum Fixtermin abgeschlossen sein, so dass gerade noch die Wett- kämpfe durchgeführt werden können. Qualität und Kosten bleiben bei solchen Projekten mit Fixterminen zumeist auf der Strecke. Automobilhersteller haben massive Probleme mit der Entwicklung neuer Modelle. Das Projektmanagement scheitert daran regelmäßig: Ganze Modellreihen werden mit Elektronikproblemen ausgeliefert. Unter der Hand empfehlen Automobilentwickler, ein Modell der Erstserie nicht mehr zu kaufen, gleich, um welchen Hersteller es sich handelt. Manche Entwickler sprechen sogar von „verkauften Proto- typen“ an Endkunden und selbst fahren sie die nachgebesserten Modelle der ausgereiften Serie im zweiten Produktionsjahr. Sind Projektteams gezwungen, allein nach Maßgabe der Kosten zu planen, müssen sie zumeist Kompromisse in Bezug auf die Qualität machen. Sie versuchen sich mit Kompromissen durchzuhangeln. Am Ende stellen sie fest, dass das Gesamtprojekt scheitert, weil eben das eingesparte genau jenes kleine Puzzleteilchen war, das zum Er- folg fehlte. Merkwürdig ist nur: Obwohl sich die Projekte im magischen Drei- eck verfangen, waren sie doch ursprünglich so geplant, dass Termin, Kosten und Qualität hätten gewährleistet sein müssen. Was ist pas- siert? Warum konnten die geplanten Vorgaben nicht realisiert wer- den? Zunächst die Frage: Ist es überhaupt möglich, alle drei Ziele in Pro- jekten zuverlässig zu erreichen? Oder existiert irgendwo verborgen ein Mechanismus, der dies verhindert? Einen Mechanismus gibt es unserer Ansicht nach nicht, aber sicherlich einige Stolperfallen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 1 Einführung 12 Stolperfallen im Projekt • Termine für Einzelaufgaben der Projekte werden nicht eingehal- ten, obgleich die Aufgaben in den Projektplänen exakt mit allen erforderlichen Daten beschrieben und die Mitarbeiter in diese Planung einbezogen worden sind. • Mitarbeiter oder Betriebsmittel, die im Projektplan fest einge- plant wurden, stehen zum jeweiligen Zeitpunkt nicht bereit – obwohl die Bereitstellung der Ressourcen mit den Abteilungslei- tern abgestimmt worden war. • Projekte durchlaufen eine Vielzahl kostspieliger Änderungen und Arbeitsschleifen – obwohl vor dem Start ausführliche Pflich- ten- und Lastenhefte erstellt wurden. • Logische Abhängigkeiten werden nicht erkannt, obwohl detail- lierte Projektpläne erstellt wurden, aus denen eindeutig ersicht- lich wird, wie die Aufgaben voneinander abhängen. So kommt es, dass eine Zeichnung noch nicht fertig oder das Rohmaterial noch nicht geliefert ist, obwohl der Prototypenbauer schon seine Arbeit beginnen muss. • Projektphasen, Lieferantenleistungen und Zukaufteile werden teurer als geplant, obwohl zu Beginn eines Projektes genau ana- lysiert und ermittelt wurde, wie viel Arbeitsstunden für eine Auf- gabe gebraucht werden und wie viel Geld für die einzelnen Zu- kaufleistungen bzw. Produkte ausgegeben werden darf. • Prioritäten wechseln kurzfristig, abhängig davon, wo der Druck in diesem Moment am höchsten ist – obwohl die Zielsetzung von Chef, Kunde und Projektleiter eigentlich gleich, eindeutig und dauerhaft sein sollte. Daraus entsteht dann in vielen Unter- nehmen Streit über die Wichtigkeit von Aufgaben und Projek- ten. Ein naheliegender Ansatz wäre, sich mit diesen Missständen abzu- finden, zu argumentieren, dass es einen „naturgegebenen Zielkon- flikt“ gibt: „Wir können eben nicht alles gleichzeitig tun. Wir müs- sen improvisieren und uns arrangieren. Mit den Problemen leben.“ Aber: Wie kommt es zu diesen ganzen Schwierigkeiten? Weshalb führen diese Schwierigkeiten dazu, dass Projekte nicht die Ergebnis- se bringen, die von einer Projektmanagementmethode erwartet Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Risikofaktoren des Projektmanagements 1 13 werden? Was muss nun also verändert werden? So viel schon jetzt: Es sind die historisch gewachsenen Managementmethoden, die lokalen Messkriterien und die zurzeit gültigen Projektmanage- mentmechanismen, die die Schwierigkeiten im Projektmanagement verursachen und die Projektleiter in Konfliktsituationen bringen. CriticalChainProjektmanagement Der Begriff Critical-Chain-Projektmanagement wurde erstmals von Dr. Eliyahu M. Goldratt in seinem Roman „Critical Chain“ vorge- stellt. Eines der Basiselemente dieses neuen Projektmanagementan- satzes, den wir folgend nur noch kurz Critical Chain nennen, stellt die kritische Kette dar. Sie kann mit dem in Fachkreisen geläufigen Begriff „ressourcennivellierter kritischer Pfad“ verglichen werden und ist die längste Folge voneinander abhängiger Aufgaben unter Berücksichtigung der begrenzten Ressourcen. „Ganz oder gar nicht“, heißt die Devise bei der Einführung von Critical Chain, denn wenn nur einzelne Ansätze und Verhaltensweisen verändert werden, kann das dazu führen, dass sich die erhofften Verbesserungen eher kont- raproduktiv auswirken. Dieses Buch hat nicht den Anspruch, einen komplett neuen Pro- jektmanagement-Werkzeugkasten zu liefern, aus dem sich der Leser bedienen kann. Neue Denkweisen und Handlungsempfehlungen, die in ihrer Gesamtheit eine Beschleunigung der Projekte bewirken, stehen im Vordergrund. Dabei nutzen wir eine Vielzahl bestehender und bewährter Projektmanagementstandards, andere stellen wir gänzlich in Frage und stufen sie als ungeeignet ein. Dieses Buch stellt die Ansätze und Methoden zuerst dar, die die größte Wirkung erzielen. Demnach sind beispielsweise die Probleme und Änderungen des Multiprojektmanagements vor den Lösungs- ansätzen des Einzelprojektes beschrieben, da im Multiprojektmana- gement die größeren Beschleunigungseffekte für das Unternehmen erzielt werden. Die einzelnen Kapitel beantworten anhand eines Praxisbeispiels die unten aufgezählten Fragestellungen: • Welche etablierten Regeln und Mechanismen verursachen die Probleme in den Projekten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 1 Einführung 14 • Wo liegt die Kernursache der Probleme? • Wie sieht eine Lösung aus, die an der jeweiligen Kernursache ansetzt und nicht nur die Symptome behandelt? 1.2 Toggotec GmbH & Co. KG – die „Musterfirma“ Toggotec, ein mittelständisches Familienunternehmen mit 400 Mit- arbeitern und einem Umsatz von 110 Millionen Euro entwickelt und produziert Sondermaschinen im Automotive-Bereich. Die Maschi- nen werden entweder eigenständig oder im Rahmen einer größeren Produktionsanlage beim Kunden eingesetzt. Toggotec entwickelt und montiert die Sondermaschinen in Zusam- menarbeit mit Lieferanten und übernimmt in Einzelfällen als Gene- ralunternehmer die Erstellung einer kompletten Produktionsanlage. Systemkomponenten, Einzelteile sowie komplette Entwicklungsleis- tungen werden weltweit zugekauft. Die Kernkompetenz des Unter- nehmens liegt in der Entwicklung von Steuerungseinheiten, von Soft- und Hardware sowie in der Synchronisation einzelner Son- dermaschinen bei größeren Produktionsanlagen. Critical Chain wurde bereits erfolgreich in vielen Branchen und in unterschiedlichsten Projektarten eingesetzt. Die Ansätze und Me- thoden werden anhand der Entwicklungsprojekte von Toggotec und dessen Lieferanten so beschrieben, dass diese auf andere Unterneh- men übertragen werden können. Leidensdruck bei Toggotec Toggotec steht kurz vor der Insolvenz. Die Projekte dauern wesent- lich länger als mit den Kunden vereinbart, und die Qualitätsanforde- rungen reichen in vielen Projekten nicht aus. Die daraus resultieren- den Nacharbeiten führen zu höheren Kosten und die Geldeingänge erfolgen später als geplant. Toggotec hat kaum noch lukrative Anfragen von Großkunden, ob- wohl die Produkte der Konkurrenten bei Weitem nicht das Know- how der Steuerungssysteme von Toggotec bieten. Innerhalb der letzten vier Jahre sind die Marktpreise für die Entwicklung von Son- Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Toggotec GmbH & Co. KG – die „Musterfirma“ 1 15 dermaschinen um 25 % gefallen. Auf Basis der gängigen Kalkulation sind kaum noch Projekte mit positivem Deckungsbeitrag durch- führbar. Häufige Kundenreklamationen bei abgeschlossenen Projekten zwin- gen die Entwickler mit erheblichem Aufwand zur Nacharbeit. Diese Störungen behindern stark den Fortschritt der laufenden Projekte. Die Innovationskraft von Toggotec erlahmt, wodurch der Abstand zu den Mitbewerbern geringer wird. Teilweise müssen auch erhebli- che Vertragsstrafen gezahlt werden, da die mangelnde Qualität der gelieferten Maschinen in manchen Fällen zu Produktionsstillständen bei Großkunden führte. Die Mitarbeiter der Entwicklungsabteilung werden durch die Re- klamationen und den damit verbundenen Druck der Führungskräfte so verunsichert, dass sie sich mehr und mehr absichern. Es entsteht ein ausgeprägter Perfektionismus in Technikfragen. Dabei spielt die Termineinhaltung nur noch eine untergeordnete Rolle. Vielmehr ist es jedem einzelnen Entwickler wichtig, dass ihm möglichst wenige Reklamationen zugeordnet werden können. Folgende – erfolglose – Versuche wurden bereits unternommen, um die prekäre Situation zu verbessern: Innerhalb der Projekte wurde für jede einzelne Aufgabe die Termin- treue gemessen. Daraus wurde dann für das Einzelprojekt eine Kennzahl abgeleitet, mit der die Projektleiter gemessen wurden. „Wie viel Prozent der Termine im Projekt sind eingehalten wor- den?“, war die Frage. Man konnte anhand dieser Kennzahl auch feststellen, welche Mitarbeiter regelmäßig ihre Termine überschrit- ten hatten – der Druck auf diese Mitarbeiter wurde dann noch er- höht, was aber einen gegenteiligen Effekt für die Projekte hatte. Die Demotivation der Mitarbeiter stieg an. Projektpläne wurden immer mehr verfeinert und akribisch verfolgt, was zusätzlichen Aufwand bedeutete. Die einzelnen Entwickler wur- den nicht nur an ihrer Primärkennzahl „Fehlerfreie Entwicklung“, sondern auch an der Termineinhaltung gemessen. Auf diese hatten sie jedoch wenig Einfluss, denn zumeist warteten sie auf Zukaufteile oder andere Entwicklungsleistungen. Es wurden Produktivitätskennzahlen für die an dem Projekt beteilig- ten Bereiche eingeführt. Wöchentliche Statusberichte aller Projekt- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 1 Einführung 16 leiter an die Geschäftsleitung und ein wöchentliches Abstimmungs- meeting zwischen allen Projekt- und Abteilungsleitern wurden ein- gerichtet. Doch all die aufwändigen Meetings brachten nicht den erhofften Erfolg. Vor allem in den Statusbesprechungen war die Wirkungslosigkeit dieser Maßnahmen spürbar. Da fast alle Projekte in zeitlichem Ver- zug waren, wurden die begehrten Mitarbeiter und Ressourcen hin und her geschoben. Wer am lautesten schrie, bekam den Zuschlag vom Chef persönlich. Ausufernde Technikdiskussionen und Schuld- zuweisungen bei Qualitätsproblemen trugen dazu bei, dass sich die Zusammenarbeit wesentlich verschlechterte. Jeder verteidigte nur noch seine Kennzahl. Paradoxerweise wurden in dieser gefährlichen Liquiditätssituation trotzdem viele Teilaufträge an externe Dienstleister vergeben, denn die Mitarbeiter waren stets überlastet. Gute Lieferanten, die teilweise erst sehr spät bezahlt werden konnten, waren bald nicht mehr bereit, geforderte Änderungen der Kunden mitzutragen. Insbesondere die Elektronikentwickler waren extrem überlastet und hochgradig frustriert. Der Chefentwickler wechselte deshalb bereits zum Mitbewerber. Die Banken wurden aufgrund der Liquiditätssi- tuation nervös und forderten ein Sanierungskonzept. Die von der Familie eingesetzte Geschäftsleitung wurde ausgewechselt. Der neue Geschäftsführer kam aus einem amerikanischen Großunternehmen, das bereits Critical Chain eingeführt hatte. Er schlug das Konzept mit den entsprechenden Finanzierungsdetails den Banken und Großkunden vor. Er überzeugte, seine Vorschläge wurden ange- nommen. An diesem Punkt steht Toggotec nun. 1.3 Die Kapitel im Überblick: Toggotecs Weg zum Erfolg Um das Konzept intern umzusetzen, erhält die zweite Führungsebe- ne von Toggotec einen Crashkurs in der Methodik von Critical Chain. Anschließend wird in einem dreitägigen Strategieworkshop ein gemeinsames Ziel festgelegt: „In sieben Monaten werden wir unsere Entwicklungsprojekte insgesamt um 35 % beschleunigen, bei Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Die Kapitel im Überblick: Toggotecs Weg zum Erfolg 1 17 nahezu hundertprozentiger Zuverlässigkeit und einer Umsatzrendite von 10 %.“ Abgeleitet aus dem obigen Leitsatz werden dann die notwendigen Veränderungen eruiert und in eine Reihenfolge gebracht. Die Maß- nahme mit dem größten Effekt wird auch als erstes realisiert. Welches Projekt lohnt sich? Der größte Effekt wird erzielt, indem diejenigen Projekte aussortiert werden, die nicht das gemeinsam gesteckte Ziel unterstützen. Vielen ist klar, dass viel zu viele Projekte in der Pipeline sind und dass für die Auswahl der Projekte klare Kriterien benötigt werden. Der stän- dige Streit darüber, welche Projekte bevorzugt und welche zurückge- stellt werden müssen, wird dann der Vergangenheit angehören. Wenn sich Projekte im Weg stehen Der größte Hebel für eine nachhaltige Verbesserung entsteht in der Umorganisation der Multiprojektumgebung. Projekte, die nicht eindeutig priorisiert sind, behindern sich gegenseitig. Bislang müs- sen die Projektleiter um die benötigten Mitarbeiter und Betriebsmit- tel kämpfen, die dann in anderen, ebenso wichtigen Projekten feh- len. Mitarbeiter und Maschinen werden ständig in ihrer Arbeit un- terbrochen. Wenn zukünftig eindeutige Projektprioritäten festgelegt und eingehalten werden, wird dieser Streit nicht mehr nötig sein. Ergebnisorientierte Projektplanung Niemand bei Toggotec nimmt die Projektpläne noch ernst. Sie gel- ten als realitätsfern, denn die einzelnen Projekte laufen nie so wie sie geplant wurden. Dies führt dazu, dass die Projektleiter kaum noch Zeit in die Erstellung der Projektpläne investieren. Mitarbeiter sind nicht mehr bereit, bei der Planung mitzuwirken. Daher wird es eine wichtige Aufgabe sein, den Projektplänen wieder den Stellenwert einzuräumen, den sie benötigen. Denn Projektpläne sind die Basis und das Rückgrat der durchzuführenden Projekte. Das CriticalChainProjekt Aus der Erfahrung einiger Eilprojekte wissen die Führungskräfte, dass die Möglichkeit besteht, komplexe Sondermaschinen in einem Drittel der sonst üblichen Zeit zu entwickeln. Dies ist der Grund, Kapitel 2 Kapitel 3 Kapitel 4 Kapitel 5 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 1 Einführung 18 warum sie sich entschieden haben, die Eilprojekte genau zu untersu- chen. Es gilt herauszufinden, ob es möglich sein kann, die Ge- schwindigkeit der Eilprojekte als Standard auf alle Projekte zu über- tragen. Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen Um das Vertrauen der Großkunden wieder zu gewinnen, benötigt Toggotec ein Steuerungs- und Berichtssystem, das zu jeder Zeit Auskunft über den Status der Projekte gibt. Bislang haben die Pro- jektleiter nur vergangenheitsbezogene Kennzahlen, die keine zuver- lässige Aussage über die zukünftige Entwicklung des Projektes er- möglichten. Die Herausforderung besteht also darin, Kennzahlen zu entwickeln, mit denen Projekte wesentlich besser gesteuert werden können. Critical Supply Chain – unternehmensübergreifende Partnerschaft Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Umsetzung des neuen Criti- cal-Chain-Ansatzes besteht darin, wie effektiv Toggotec seine Liefe- ranten in die Projekte einzubinden vermag. Gerade bei Großprojek- ten wird es entscheidend sein, dass Toggotec nicht von seinen Liefe- ranten im Stich gelassen wird. Für eine echte Partnerschaft zwischen Lieferanten und Kunden im Projekt werden daher dringend neue Mechanismen und Anreizsysteme benötigt. „Unwiderstehliche“ Projektangebote entwickeln Toggotec muss für seine Kunden ein Angebot entwickeln, das zu- künftig lukrative Anfragen generiert. Bisher wird Toggotec nur an- gefragt, wenn es um besonders anspruchsvolle Projekte geht, bei denen der Termin eine untergeordnete Rolle spielt. Zukünftig sind neue Alleinstellungsmerkmale erforderlich, um sich vom Markt abzuheben. Schnelligkeit und 100 % Zuverlässigkeit werden die Hauptbausteine des neu zu entwickelnden Geschäftsmodells sein. Dies wird gekoppelt mit anderen Lösungsbausteinen, um in einer noch nie da gewesenen Art die Probleme der Kunden zu lösen. Mitwirkung für Critical Chain erzeugen – ein Paradigmenwechsel Da Toggotec bisher oft die Erfahrung gemacht hat, dass groß ange- kündigte Veränderungen schnell im Sande verlaufen, bedarf es neu- Kapitel 6 Kapitel 7 Kapitel 8 Kapitel 9 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Die Kapitel im Überblick: Toggotecs Weg zum Erfolg 1 19 er Ansätze für die Implementierung des Critical Chain. Diese müs- sen sicherstellen, dass alle Führungskräfte den Sinn und Zweck von Critical Chain verstehen. Damit bei der Implementierung alle Mit- arbeiter hundertprozentig mitwirken, müssen sechs Schichten des Widerstands überwunden werden. In den folgenden Kapiteln stellen wir dar, wie die Führungskräfte von Toggotec die notwendigen Veränderungen erarbeitet und um- gesetzt haben. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 21 2 Welches Projekt lohnt sich? Am Anfang jeder Veränderung steht die Bestandsaufnahme. Um sich einen Überblick zu verschaffen, will der neue Geschäftsführer von Toggotec die Liste aller Projekte einsehen. Eine solche Liste existiert jedoch nicht. Daraufhin wird eine E-Mail an alle Mitarbei- ter geschickt, die mit Projekten zu tun haben: Sie werden gefragt, an welchen Projekten sie beteiligt sind. Auf Basis der Antworten wird dann eine Projektliste erstellt, die 270 Einträge hat. Viele der in der Liste stehenden Projekte sind nur Teilprojekte oder Tagesaufgaben, die sofort wieder aus der Liste gestrichen werden konnten. 150 Pro- jekte jeglicher Größenordnung bleiben schließlich übrig. Anschlie- ßend geht der Geschäftsführer mit den verantwortlichen Projektlei- tern in Klausur. 2.1 Prioritäten setzen Nun gilt es die Kriterien zu definieren, nach denen die Projekte ausgewählt und priorisiert werden sollen. Es ist allen Beteiligten klar, dass eine große Anzahl Projekte gestrichen oder zumindest zurück- gestellt werden muss. Die Zielsetzungen des neuen Geschäftsführers sind eindeutig und konkret: „Mit den zukünftigen Entwicklungspro- jekten, die konform mit unserer Geschäftsstrategie sein werden, erwirtschaften wir Gewinne!“ Erstaunlicherweise kann jeder Projektleiter glaubhaft versichern, dass mit seinem Projekt Geld erwirtschaftet bzw. Kosten gesenkt werden. Daher muss genau betrachtet werden, wie die Wirtschaft- lichkeit von Projekten zukünftig berechnet werden soll. Bisher wur- de die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bei Toggotec folgendermaßen durchgeführt: Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 2 Welches Projekt lohnt sich? 22 Projektkostenrechnung bei Toggotec Ein Ausschnitt des Toggotec-Systems besteht aus fünf produktiven Mitarbeitern (MA A bis E), die jeweils 220 Tage im Jahr, acht Stun- den pro Tag zur Verfügung stehen. Die Zahl der Mitarbeiter kann nicht erweitert werden. Die Betriebskosten des Unternehmens (ohne Materialkosten) belaufen sich auf 950.000 Euro im Jahr und sind der Einfachheit halber als Fixkosten zu betrachten. Für das nächste Jahr hat Toggotec die folgenden sieben Projekte P1 bis P7 zur Auswahl. Es kann frei entscheiden, welche Projekte es abwickelt und welche nicht. Die Ablehnung eines Auftrages hat keine negativen Auswirkungen auf Folgeprojekte. Für jedes Projekt sind folgende Informationen bekannt: • der Umsatz, der mit dem Projekt erzielt wird, • die geschätzte Bearbeitungszeit der Mitarbeiter im Projekt, • die für das Projekt anfallenden Material- und Zukaufkosten. Projekt P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 Projektumsatz in T € 300 500 450 400 500 450 500 Tage MA A 30 40 30 30 30 40 45 Tage MA B 50 45 55 55 60 45 55 Tage MA C 30 30 30 50 30 40 35 Tage MA D 20 45 30 50 20 30 48 Tage MA E 5 60 0 0 20 70 90 Materialkosten in T € 100 275 230 125 260 225 225 Tab. 1: Umsatz, Materialkosten und Aufwandstage Nun wird geprüft, ob das System überhaupt die Kapazitäten vorwei- sen kann, um alle Projekte zu realisieren. Die folgende Tabelle zeigt, dass bei 220 verfügbaren Tagen pro Mit- arbeiter alle überlastet sind. Insbesondere der Mitarbeiter B, der 365 Tage arbeiten müsste, wird in den Projekten sehr stark beansprucht. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Prioritäten setzen 2 23 Projekt P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 Tage pro Jahr MA A 30 40 30 30 30 40 45 245 MA B 50 45 55 55 60 45 55 365 MA C 30 30 30 50 30 40 35 245 MA D 20 45 30 50 20 30 48 243 MA E 5 60 0 0 20 70 90 245 Tab. 2: Der Engpass – Mitarbeiter B Toggotec muss nun folglich entscheiden, welche der sieben Projekte angenommen und welche abgelehnt werden. Bereits hier sei er- wähnt, dass sich nicht jede Rechenmethode für die Projektauswahl eignet. Ein Umdenkprozess wird notwendig sein, damit Unterneh- men nicht dazu verleitet werden, falsche Entscheidungen zu treffen. Um deutlich zu machen, welch fatale Folgen falsche Auswahlmetho- den haben können, wird die damalige Methode von Toggotec erläu- tert. Die in den folgenden Absätzen dargestellte Methode hat auch in vielen anderen Unternehmen ihre Verbreitung gefunden. Leider! Die klassische Projektkostenrechnung stellt sich wie folgt dar: Pro- jektumsatz minus Projektkosten ergibt das Projektergebnis (vgl. Tab. 4). Die Projektkosten addieren sich dabei aus dem Geld, das direkt an Dritte bezahlt wird (z. B. für Material), und den Arbeits- kosten der Mitarbeiter. Da Mitarbeiter wie auch Betriebsmittel un- terschiedlich stark in den Projekten zum Einsatz kommen, werden diese auf die Projekte umgerechnet: Die Kosten des gesamten Systems inkl. aller Ressourcen zusammen betragen 950.000 Euro. Jeder Mitarbeiter arbeitet 220 Tage. Es gibt in diesem Unternehmen insgesamt fünf Mitarbeiter, die in den Pro- jekten eingesetzt werden, also wird an 1.100 Tagen gearbeitet. Der Kostensatz pro Tag und Mitarbeiter beträgt also 950.000 Euro geteilt durch 1.100 Tage = 863,64 Euro pro Tag. Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 2 Welches Projekt lohnt sich? 24 Die Arbeitskosten der sieben Projekte betragen demnach: Projekt P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 Tage MA A 30 40 30 30 30 40 45 Tage MA B 50 45 55 55 60 45 55 Tage MA C 30 30 30 50 30 40 35 Tage MA D 20 45 30 50 20 30 48 Tage MA E 5 60 0 0 20 70 90 Summe 135 220 145 185 160 225 273 Kos ten/Tag 864 864 864 864 864 864 864 Arbeits kosten 116.591 190.001 125.228 159.773 138.182 194.31 9 235.774 Tab. 3: Berechnung der Arbeitskosten Daraus ergeben sich folgende Projektergebnisse: Projekt P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 Projektumsatz in T € 300 500 450 400 500 450 500 () Material kosten in T € 100 275 230 125 260 225 225 () Arbeitskos ten in T € 117 190 125 160 138 194 236 = Projekter gebnis in T € 83 35 95 115 102 31 39 Tab. 4: Berechnung des Projektergebnisses Die nach dieser Rechnung lukrativsten Projekte sind also P4 mit 115.000 Euro, P5 mit 102.000 Euro, P3 mit 95.000 Euro und P1 mit 83.000 Euro Projektergebnis. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Prioritäten setzen 2 25 Projekt Projektergebnis in T € Tage MA B Tage MA B gesamt P4 115 55 55 P5 102 60 115 P3 95 55 170 P1 83 50 220 Summe 395 Tab. 5: Auswahl der angeblich lukrativsten Projekte Damit wird der Mitarbeiter B, der in allen vier Projekten mitwirkt, mit 220 Tagen bereits vollständig ausgelastet. Mit anderen Worten: B kann in keinem weiteren Projekt mehr eingesetzt werden. Das heißt alle anderen Projekte können nicht durchgeführt werden. Laut der obigen Projektkostendefinition hätte das Unternehmen 395.000 Euro verdient. Wie bereits angedeutet, stimmt dieses Ergeb- nis leider nicht; das zeigt die folgende Gegenrechnung in Tabelle 6: Projekt P1 P3 P4 P5 Summe Projektumsatz in T € 300 450 400 500 1.650 () Materialkos ten in T € 100 230 125 260 715 = Deckungsbei trag in T € 200 220 275 240 935 () Betriebskos ten in T € 950 = Ergebnis in T € 15 Tab. 6: Kontrollrechnung der angeblich lukrativsten Projekte Die Kontrollberechnung führt zu einem Ergebnis von -15.000 Euro. Toggotec hat mit unbegrenzten Ressourcen gerechnet. Die Diskre- panz von 395.000 Euro Gewinn zu 15.000 Euro Verlust rührt daher, dass der Mitarbeiter B den Engpass der Organisation darstellt. Dies wurde bei der Auswahl nicht berücksichtigt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 2 Welches Projekt lohnt sich? 26 Eine andere und – wir nehmen es gleich vorweg – ebenso falsche Berechnungsmethode, wäre den Deckungsbeitrag pro Arbeitstag zu errechnen und dadurch zu ermitteln, welche Projekte rentabel sind und welche nicht. Projektanfrage P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 Projektumsatz in T € 300 500 450 400 500 450 500 () Materialkos ten in T € 100 275 230 125 260 225 225 = Deckungsbei trag in T € 200 225 220 275 240 225 275 Ressourcenver brauch in Tagen 135 220 145 185 160 225 273 € pro Tag 1.481 1.023 1.517 1.486 1.500 1.000 1.007 Tab. 7: Deckungsbeitrag pro Arbeitstag Projekt € pro Tag Ress. MA B (Tage) Tage B gesamt P3 1.517 55 P5 1.500 60 115 P4 1.486 55 170 P1 1.481 50 220 Tab. 8: Auswahl der angeblich lukrativsten Projekte Die Rechnung würde dieselben Projekte auswählen, nur in einer anderen Reihenfolge. Der Fehler, der gemacht wurde, liegt ebenso in der Betrachtung, dass die Ressourcen unbegrenzt zur Verfügung stehen. Nach diesen Beispielrechnungen ist den Projektleitern und Füh- rungskräften von Toggotec klar, dass neue Kriterien für die Auswahl von Projekten dringend benötigt werden. Die klassische Projektkos- ten- und die Deckungsbeitragsrechnung können teilweise zu Fehl- entscheidungen führen – das haben die Beispiele deutlich gezeigt. Aber welche Berechnungsmethode eignet sich dann für die Auswahl von Projekten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Abschied von der Projektkostenrechnung 2 27 2.2 Abschied von der Projektkostenrechnung Offensichtlich wird die Fähigkeit des Unternehmens durch die Ka- pazität der Engpassressource begrenzt. Im Beispiel von Toggotec war dies der Mitarbeiter B. Also muss die Projektauswahl so getroffen werden, dass die begrenzte Kapazität von Mitarbeiter B bestmöglich ausgenutzt wird. Für die nachführende Erläuterung führen wir den Begriff Durchsatz ein, der wie folgt definiert wird: Durchsatz (D) = Umsatz – Total Variable Kosten „Total Variable Kosten (TVK)“ sind Beträge, die vom Unternehmen an Dritte für Produkte bzw. Leistungen bezahlt und direkt in die verkauften Produkte bzw. Dienstleistungen integriert werden. Das sind z. B. Rohmaterial, Zukaufteile, Fremdleistungen oder Provisio- nen. Aus den Erkenntnissen des Toggotec-Beispiels folgt, dass die Re- chenmethode für die Auswahl von Projekten die begrenzten Res- sourcen berücksichtigen muss. Wird dies berücksichtigt, entsteht eine veränderte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung: Der Fokus wird auf das Verhältnis des Durchsatzes zu den Engpasstagen des Mitarbei- ters B gesetzt. Es ist also entscheidend, dass der Mitarbeiter B opti- mal eingesetzt wird, denn er bestimmt, wie viele Projekte bei Toggo- tec abgewickelt werden können. Ein Projekt, das beispielsweise Mit- arbeiter B gar nicht benötigt, könnte ohne weiteres zusätzlich durchgeführt werden. Es würde mehr Durchsatz für Toggotec reali- siert – mit der gleichen Anzahl der Mitarbeiter. Das heißt: Für die Auswahl der Projekte eignet sich diese einfache Formel: Durchsatz : Engpasseinheit Je besser das Verhältnis von Durchsatz zu Engpasseinheit, desto besser wird die Wirkung des Projektes auf die Profitabilität des Un- ternehmens sein. Für das Toggotec-Beispiel bedeutet das: 1. Zunächst wird der Engpass ermittelt: Mitarbeiter B. So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 2 Welches Projekt lohnt sich? 28 2. Danach wird für jede Projektanfrage der Durchsatz berechnet: Projektanfrage P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 Projektumsatz in T € 300 500 450 400 500 450 500 TVK (hier nur Ma terialkosten) in T € 100 275 230 125 260 225 225 = Durchsatz in T € 200 225 220 275 240 225 275 Tab. 9: Die Durchsatzrechnung der Projekte 3. Der Engpassverbrauch wurde bereits in Tabelle 3 hergeleitet und wir können die Formel Durchsatz/Engpasseinheit (im Toggotec- Beispiel Engpasstage) für jedes Projekt errechnen: Projektanfrage P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 = Durchsatz in T € 200 225 220 275 240 225 275 Engpassverbrauch in Tagen 50 45 55 55 60 45 55 = Durchsatz pro Engpasstage 4.000 5.000 4.000 5.000 4.000 5.000 5.000 Tab. 10: Durchsatz pro Engpasseinheit Nun wird sofort ersichtlich, dass die Projektanfragen P2, P4, P6 und P7 um 1.000 Euro pro Engpasstag lukrativer sind als die anderen Projekte. Das Ergebnis lässt sich nun einfach berechnen: Projekt Engpass verbrauch Durchsatz €/ Engpasstag Projektdurch satz in € P2 45 Tage 5.000 225.000 P4 55 Tage 5.000 275.000 P6 45 Tage 5.000 225.000 P7 55 Tage 5.000 275.000 Summe: 1.000.000 Betriebskosten 950.000 Ergebnis 50.000 Tab. 11: Die Auswahl der richtigen Projekte – Das Ergebnis Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Abschied von der Projektkostenrechnung 2 29 Die neu geschaffene Kennzahl „Durchsatz/Engpasstage“ zeigt also, wie gut der Engpass durch das Projekt ausgenutzt wird oder – in anderen Worten – mit welchen Projekten das Unternehmen am meisten erwirtschaftet. Achtung: Lesen Sie hierzu auch die entsprechenden Abschnitte „Durchsatz“ und „Engpass“ im Glossar! Anhand des Beispiels wird deutlich, dass die klassischen Berech- nungsmethoden, wie sie derzeit in vielen Unternehmen angewendet werden, zu Fehlentscheidungen führen können. Um die lukrativen Projekte auszuwählen zu können, sind daher die folgenden Schritte zu durchlaufen: Die Vorgehensweise noch einmal zusammengefasst: Identifizieren Sie den Engpass der Projekte (hier: Mitarbeiter B). Ermitteln Sie den Durchsatz des einzelnen Projektes. Berechnen Sie, wie viele Engpasseinheiten durch das Projekt ver braucht werden (im ToggotecBeispiel: Wie viele Stunden benötigt Mitarbeiter B im Projekt?) Errechnen Sie das Verhältnis zwischen Durchsatz und Engpass verbrauch. Wählen Sie die Projekte aus, bei denen das Verhältnis am besten ist. Die Projektleiter bei Toggotec durchforsten mit diesem neuen Be- rechnungsverfahren die Projektliste noch einmal: Es bleiben nur noch siebzehn Projekte übrig. Die anderen werden gestrichen oder bis auf Weiteres zurückgestellt. Neue Projektanfragen werden zu- künftig bei Toggotec nur noch nach dem neuen Verfahren ausge- wählt. Die aufwändige Projektkostenrechnung wird abgeschafft. Achtung: Ein Projekt hat in Organisationen keine „eigene“ Profitabilität, sondern nur einen Einfluss auf die Profitabilität des Unternehmens! Nun gilt es, die übrig gebliebenen Projekte bestmöglich zu organisie- ren. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 2 Welches Projekt lohnt sich? 30 2.3 Anfrage und Angebotsteam Bislang wirtschaftet Toggotec nicht nur bei der Auswahl der Projekte schlecht, sondern auch bei der Anfrage und Auftragsklärung zu Beginn der Projekte. Sonderlösungen und Änderungsoptionen wer- den zum fast gleichen Preis gewährt. Mit der Intention, die wirtschaftliche Situation von Toggotec zu verbessern, setzt der Vertrieb alles daran, möglichst viel Umsatz zu generieren. Hat der Vertrieb jedoch die Maschine erst einmal ver- kauft, kommt es häufig zu großen Aufregungen im Unternehmen. Die nur leicht veränderte Standardlösung entpuppt sich dann des Öfteren als komplette Neuentwicklung. Erhebliche Preisnachlässe, die der Vertrieb gewährt, sorgen dafür, dass anspruchsvolle Entwick- lungsprojekte zum Preis einer Standardmaschine durchgeführt wer- den müssen. Schon zu Beginn dieser Art von Projekten wissen alle Projektbeteiligten, dass dies nicht ohne Verlust zu bewerkstelligen sein wird. Die wirtschaftliche Situation von Toggotec verschlechtert sich dadurch weiter. Die Probleme liegen auf der Hand: Für eine stichhaltige technische Machbarkeitsklärung stehen die Entwickler dem Vertrieb nicht zur Verfügung. Sie kümmern sich um Reklamationen und versuchen, andere Projekte zu retten, die bereits in den roten Zahlen stecken. Nicht nur die Entwickler, sondern alle Spezialisten bei Toggotec verwenden die meiste Energie und Zeit für die Rettung von Projek- ten an deren Ende. Die wenigsten haben Zeit, die doch so wichtigen Abklärungen mit dem Kunden bei der Akquise und beim Projekt- start vorzunehmen. So scheinbar absurd und dabei überraschend einfach ist die Lösung des neuen Geschäftsführers. Er stellt zwei simple Fragen: „An wel- cher Stelle im Projekt wird das Geld verdient? An welcher Stelle im Projekt benötigen wir demnach unsere Spezialisten?“ Die Antwort lautet: „Am Anfang!“ Noch am selben Tag wird ein Anfrage- und Angebotsteam gegrün- det, das heute dafür verantwortlich ist, dass Toggotec nur noch ge- winnbringende Projekte abwickelt. Die Runde besteht aus Entwick- lern und Abteilungsleitern, die entscheiden, welche Kundenanfragen überhaupt bearbeitet werden. Die gleiche Runde ist auch dafür ver- Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Wo liegt die Kernursache? So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Anfrage und Angebotsteam 2 31 antwortlich, die kaufmännische und technische Machbarkeitsprü- fung abzuzeichnen. Zu viele Anfragen im System Ein anderes Problem, das im Zusammenhang mit der Projektaus- wahl steht, sieht wie folgt aus: Toggotec hat sehr viele Anfragen, die auch alle bearbeitet werden. Da es aber so viele sind, können nicht alle qualitativ hochwertig bearbeitet werden. Man meint jedoch, alle Anfragen beantworten zu müssen, andernfalls würde Toggotec nicht mehr von den wichtigen Kunden angefragt. Zudem sei die Chance, einen Auftrag zu generieren, höher, wenn mehr Anfragen bearbeitet würden. Die Anzahl der Aufträge, die aus den Anfragen generiert werden, ist jedoch verschwindend gering. Diese Maxime – alle Anfragen zu beantworten – war ein Trug- schluss, wie sich später herausstellt. Eine schlechte bzw. oberfläch- lich bearbeitete Anfrage macht nach Aussagen der Kunden einen viel schlechteren Eindruck, als wenn der Lieferant bekundet, dass er im Moment ausgelastet ist. Seitdem das Anfrage- und Angebotsteam besteht, werden heute nicht einmal die Hälfte der eingehenden Kundenanfragen bearbeitet, diese jedoch konsequent und qualitativ hochwertig. Die „Hitrate“, das heißt das Verhältnis von Angebot zu Auftrag, hat sich um 100 % im Vergleich zu früher gesteigert. Auch eine klare Position zu Billig- anfragen schützt heute Toggotec vor unnötigem Aufwand. Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Wo liegt die Kernursache? So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 33 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen Toggotec versucht mit Großprojekten das Ergebnis zu verbessern. Wie eine Elefantenherde werden die Projekte durch das Unterneh- men getrieben. Da diese „Elefanten-Projekte“ an vielen Engstellen im Unternehmen ins Stocken geraten und sich gegenseitig behin- dern, werden die Terminverzögerungen immer größer. Die wirt- schaftliche Situation verschlechtert sich. Solange Toggotec seine Projekte nicht priorisiert, hintereinander abwickelt und nach der Methode Durchsatz/Engpasseinheit auswählt, wird sich daran auch wenig ändern. Die „Elefanten-Projekte“ sind einer der Gründe, warum bei Toggo- tec fast alle Mitarbeiter überlastet sind. Unter ihnen gibt es einige Schlüsselpersonen, von denen alles abhängig zu sein scheint. Pro- jekt- und Linienverantwortliche benötigen gerade diese Mitarbeiter und müssen ständig um deren Mitwirkung kämpfen. Der Geschäfts- führer, der diese Situation aus seinem alten Unternehmen kennt, weiß, dass die Mitarbeiter selbst die Lösung erarbeiten müssen, da- mit sie bei Toggotec akzeptiert wird. Er hält sich deshalb mit der eigentlichen Lösung zurück und gründet stattdessen ein Projektma- nagement-Analyseteam. 3.1 Suche nach der Ursache Dieses Team hat die Aufgabe, die Problemsymptome und uner- wünschten Effekte des Projektmanagements zu identifizieren und im Hinblick auf ihre Ursachen zu untersuchen. Zunächst werden also die Symptome und unerwünschten Effekte genannt, erkannt und auf einem großen Transparent im Projektleiterbüro ausgehängt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 34 Unerwünschte Effekte 1. Kundentermine werden nicht eingehalten. 2. Wichtige Informationen von Kunden werden nicht rechtzeitig wei tergegeben; die Kommunikation innerhalb der Projekte funktio niert nicht. 3. Die Geschäftsführung wird mit operativen Entscheidungen über Ressourcen belastet – insbesondere dann, wenn die Gefahr be steht, dass Kunden wegen Terminüberschreitungen reklamieren. 4. Geplante Projektbudgets werden oft überschritten. 5. Der Cashbedarf für große Projekte ist sehr hoch. 6. Projekt und Abteilungsleiter stehen unter hohem Druck. 7. Projektleiter streiten sich über Prioritäten und Ressourcen. 8. Mitarbeiter werden häufig in ihrer Arbeit gestört und wechseln deshalb zwischen verschiedenen Aufgaben. 9. Mitarbeiter sind generell überlastet. Früher, unter der alten Unternehmensführung, hatte Toggotec eine Reihe von Anstrengungen unternommen, die unerwünschten Effek- te zu beseitigen oder zumindest einzudämmen. Die Leistungskraft der Projekte – und damit die Ergebnisse des Unternehmens – wurde damit allerdings nicht verbessert. Denn: All die Schwierigkeiten wurden damals unabhängig voneinander diskutiert, so als bestünde zwischen den unerwünschten Effekten kein Zusammenhang. Die Folge: Dank der „Verbesserungen“ verschwanden für kurze Zeit zwar vereinzelte Symptome. Bald aber tauchten ähnliche Schwierig- keiten an anderen Stellen wieder auf. Die Schwierigkeiten wechsel- ten, die Probleme blieben. Der Grund: Man hatte es damals nicht geschafft, die Symptome bei der Wurzel zu packen, wie das Beispiel einer „Scheinverbesserung“ zeigt: Toggotec möchte beim Bau einer neuen Maschine seine Ter- mintreue verbessern. Man beschließt, die Zukaufteile für diese Art von Maschinen nicht mehr über den zentralen Einkauf des Unter- nehmens abzuwickeln. Der Projektleiter soll von nun an die Teile direkt bestellen. Man hat erkannt: Die Abstimmungen zwischen Projektleitern, Ent- wicklern, Produktion und Einkauf sind zu langwierig. Der Einkauf bestellt zwar bei günstigen Lieferanten, die aber liefern nicht die geforderte Qualität – was zu erheblichen Projektverzögerungen Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Suche nach der Ursache 3 35 führt. Nun erhält der Projektleiter die Einkaufsverantwortung. Da- mit sind wiederum nicht alle glücklich. Die Teile werden zwar recht- zeitig bestellt. Sie werden auch in der geforderten Qualität geliefert. Doch der Projektleiter muss als zusätzliche Aufgaben die Lieferan- tenauswahl und -koordination übernehmen. Dieser Mehraufwand beansprucht Zeit, die ihm für die Projektsteuerung fehlt. Außerdem sind die Teile, im Vergleich zur Bestellung über den Einkauf, im Schnitt um rund 5 % teurer. Insgesamt wird die Termineinhaltung in einer gewissen Phase des Projektes verbessert – allerdings um den Preis höherer Teilekosten, die nun die Projektkalkulation aus dem Ruder laufen lassen. Das Gesamtprojekt wird nicht beschleunigt, da der Projektleiter zusätz- lich Aufgaben erfüllen muss. Das Problem hat sich nur verschoben. Es wird so im Kern nicht gelöst. Diese Suche nach solchen Kernur- sachen wird nun durch den Einsatz eines Analyseteams nachgeholt. Gegenwartsbäume Das Analyseteam vermutet zu Recht, dass die gesammelten uner- wünschten Effekte letztlich aus einer Kernursache resultieren. Es stellt zu seinem Erstaunen fest, dass es sehr gründlich den Zusam- menhängen nachspüren muss, um schließlich auf die Wurzel allen Übels zu stoßen. Als methodisches Instrument für diese Suche ver- wendet das Team die so genannten „Gegenwartsbäume“. Diese Schaubilder werden von unten nach oben gelesen, die Pfeile be- zeichnen logische „Wenn-dann-Beziehungen“. Achtung: Im Folgenden kann der Begriff Mitarbeiter stellvertretend für sämtliche Ressourcen stehen, wie beispielsweise für Betriebsmittel, Energie, Ma terialien etc. Die Matrixorganisation Profitorientierte Unternehmen wie Toggotec wollen wirtschaftlich erfolgreich sein. Deshalb wird die Matrixorganisation ins Leben gerufen. Die Matrix treibt zum einen Projekte voran, zum anderen Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 36 lenkt sie den Blick auf die Kosten und stellt effizientes Arbeiten si- cher. In der Matrixorganisation ist jedoch ein für die Praxis gravie- render Konflikt angelegt: Abteilungsleiter sind zum einen dafür verantwortlich, dass genügend Mitarbeiter für Projekte zur Verfügung stehen, um die Anfragen der Projektleiter bedienen zu können. Zum anderen tragen Abteilungs- leiter dafür Sorge, dass ihre Mitarbeiter möglichst effizient arbeiten und gut ausgelastet sind. Diese beiden Aufgaben – Mitarbeiter auslasten und Mitarbeiter für Projekte vorhalten – bringen Abteilungsleiter in Bedrängnis und Schwierigkeiten. Projekte verlaufen nicht fahrplanmäßig; die Anfra- gen der Projektleiter schwanken erheblich. Um Projekte jederzeit ausreichend mit Mitarbeitern zu versorgen, muss der Abteilungslei- ter auch in Zeiten hoher Belastung genug Reserven vorhalten. Ähnlich wie Stromversorger genügend Kraftwerke bereithalten, um auch in Spitzenzeiten (beispielsweise an Winterabenden) das Stromnetz stabil zu halten, benötigt der Abteilungsleiter Überkapa- zitäten. Wie dieser auch handeln mag, er entscheidet zumindest in einer Hinsicht falsch: Will er die Versorgung der Projekte durch Überkapazitäten sichern, kommt er in Konflikt mit Geschäftsleitung und Controlling wegen vorübergehender freier Kapazitäten. Baut er dagegen die Überkapazitäten ab, so beklagen sich die Projektleiter, denen die Ressourcen im entscheidenden Moment für ihr Projekt fehlen. Gegensätzliche Interessen Den Projektleitern geht es in dieser Situation nicht besser. Sie küm- mern sich um die Zielerreichung Ihrer Projekte. Sie haben jedoch den Nachteil, dass sie sich die Mitarbeiter von den Abteilungsleitern nur für das Projekt „ausleihen“ können, denn die Mitarbeiter unter- stehen den Abteilungsleitern. Ihr Konflikt besteht darin, dass sie versuchen, anderen Projekten die Mitarbeiter streitig zu machen, um ihr eigenes Projekt voranzutreiben. Sie bekommen zwar von den Abteilungsleitern Zusagen über Mitar- beiter und Ressourcen, die sie in ihre Projekte einplanen können. Ob diese dann aber zum benötigten Zeitpunkt auch zur Verfügung stehen, ist nicht sicher. Sie werden immer ein Fragezeichen hinter Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Suche nach der Ursache 3 37 ihre Planungen machen müssen. Projektleiter haben zwar auf dem Papier die volle Verantwortung für das Projekt, jedoch fast keine „Macht“, die oft fehlenden Ressourcen im Unternehmen einzufor- dern. Zumindest nicht auf offiziellem Weg. Es wundert kaum, dass die besten Projektleiter heute in erster Linie Beziehungsmanager sind. Je besser sie ihr Netzwerk in ihrem Unter- nehmen geknüpft haben, desto besser werden sie über ihre Beziehun- gen an die nötigen Ressourcen kommen – und desto erfolgreicher sind ihre Projekte. Diese Strategie rettet zwar so manches Einzelpro- jekt, dem Gesamtunternehmen wird dabei aber nicht geholfen. In diesem Spannungsfeld werden dann die Machtspiele ausgetragen. Abteilungsleiter setzen auf einmal veränderte Prioritäten, teilen bestimmten Projekten Ressourcen zu und ziehen sie wieder ab. Sie erliegen dabei zumeist dem Druck der Kunden, der Geschäftsfüh- rung und einzelner Projektleiter. Wessen Stimme in der Kampfarena am lautesten ertönt, der „erbeutet“ seine Ressourcen. Fazit: Abteilungsleiter optimieren ihre Abteilung, und Projektleiter optimieren ihre Projekte; sind sie nicht aufeinander abgestimmt, schaden diese Strategien dem Unternehmen erheblich. Denn die Optimierung von Teilen (Abteilungen und Projekte) führt nicht automatisch zur Optimierung des gesamten Unternehmens. Achtung: Gerade kleinere Unternehmen sind sich gar nicht bewusst, dass sie in formell eine Matrixorganisation leben, obwohl sie nur eine Linienorga nisation in ihrem Organigramm abgebildet haben. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 38 Abb. 2: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 1 Das Analyseteam von Toggotec zieht aus diesen Beobachtungen den Schluss: Die bestehende Matrixorganisation hat durchaus ihre Be- rechtigung für ihr Projektunternehmen. Man muss jedoch eine Systematik entwickeln, die eine andere Form der Zusammenarbeit herbeiführt. Möglicherweise muss Toggotec die lokalen Effizienzen und Messkriterien abschaffen. Was ist damit gemeint? Wenn ... Das Unternehmen will erfolgreich sein Projekte müssen schnell und zuverlässig abgewickelt werden Mitarbeiter müssen effizient eingesetzt werden Ressourcenmanager werden an der optimalen Auslastung ihrer Mitarbeiter/Ressourcen gemessen ... dann ... Projektleiter werden an der Termintreue ihrer Projekte gemessen Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Suche nach der Ursache 3 39 Abschaffung lokaler Messgrößen Die Abteilungsleiter werden an so genannten lokalen Messgrößen gemessen, beispielsweise an der Produktivität des Prototypenbaus, an der Laufzeit einer CNC-Maschine oder an Arbeitsstunden, die auf einen bestimmten Auftrag gebucht sind. Die Mitarbeiter in die- sen Bereichen werden also danach beurteilt, wie viel produktive Arbeitszeit sie verbringen. Grundsätzlich wird darauf geachtet, dass die intern anfallenden kalkulatorischen Kosten an Kunden weiterge- geben werden können. Je mehr Mitarbeiter mit produktiver Arbeit ausgelastet sind, desto besser stehen sie und ihre Abteilungsleiter im Unternehmen da. Die Arbeitsweise der Mitarbeiter und Führungskräfte sind den gel- tenden Kennzahlen angepasst, so dass sie möglichst „gute Zahlen“ liefern. Diese Denkweise – man könnte von einem Paradigma spre- chen – ist sehr tief verwurzelt; so wird eher akzeptiert, dass Mitarbei- ter etwas Unsinniges machen (beispielsweise unnötige Skizzen an- fertigen), als dass sie untätig sind oder früher nach Hause gehen. Unvorhergesehene Ereignisse können Lücken in der individuellen Auslastung verursachen. Die Mitarbeiter fürchten daher, durch solche Schwankungen für Stunden oder Tage keinen „Aufgaben- nachschub“ zu haben – und ihre „guten“ Zahlen nicht liefern zu können. Dies führt dazu, dass die Mitarbeiter tendenziell mehr Auf- gaben annehmen, als sie voraussichtlich in der zur Verfügung ste- henden Zeit abarbeiten können. Dies erklärt, weshalb Mitarbeiter in der Multiprojektumgebung generell überlastet sind – ein Umstand, der wiederum die planmäßige Abwicklung der Projekte gefährdet. Werden die Mitarbeiter laut Zeitplan im Projekt gebraucht, sind sie oft noch mit anderen Aufgaben beschäftigt und nicht sofort verfüg- bar. Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 40 Lokale Effizienzen sind dominante Messgrößen im Unternehmen Wenn ... Abteilungsleiter werden danach beurteilt, wie gut sie ihre Mitarbeiter mit produktiver Arbeit auslasten Mitarbeiter werden danach beurteilt, wie gut sie mit produktiver Arbeit ausgelastet sind Abteilungsleiter und Mitarbeiter wollen stets ausgelastet sein Mitarbeiter wollen in Bezug auf die für sie geltenden Messgrößen gut dastehen Abteilungsleiter und Mitarbeiter tendieren dazu, mehr Aufgaben anzunehmen, als sie in der zur Verfügung stehenden Zeit abarbeiten können Mitarbeiter sind überlastet ... dann ... Dinge gehen schief, verlaufen nicht nach Plan Abb. 3: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 2 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Suche nach der Ursache 3 41 Projektleiter benötigen die Ressourcen genau dann, wenn ihre Ar- beit im Projekt erforderlich wird. Warten können sie in der Regel nicht. Dies würde das Projekt verzögern. So erhöhen die Projektlei- ter den Druck auf die Abteilungsleiter, um an die benötigten Mitar- beiter heranzukommen. Insbesondere die Elektronikentwickler bei Toggotec müssen ihre laufenden Aufgaben oft unterbrechen. Sie werden dadurch zwischen den Aufgaben hin- und hergerissen. Dies führt dazu, dass Aufgaben länger dauern als geplant. Schädliches Multitasking verbreitet sich im Unternehmen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 42 Mitarbeiter sind überlastet Es kommt vor, dass eingeplante Mitarbeiter nicht zur Verfügung stehen Projektleiter werden danach beurteilt, wie gut ihr Projekt – gemessen an der Projektplanung – voranschreitet Mitarbeiter wechseln zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her (schädliches Multitasking) Projektleiter wollen, dass ihr Projekt möglichst schnell voranschreitet Projektleiter versuchen, Druck auf die Abteilungsleiter auszuüben, damit diese möglichst früh mit der Arbeit an ihrem Projekt beginnen Der Projektfortschritt ist gefährdet UE7 UE8 N e g a t i v e E n d l o s s c h l e i f e Es entstehen viele angefangene Aufgaben Abb. 4: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 3 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Schädliches Multitasking 3 43 3.2 Schädliches Multitasking Muss eine Aufgabe zugunsten einer anderen Aufgabe unterbrochen werden, spricht man vom schädlichen Multitasking. Es gibt aber auch sinnvolles Multitasking: Wenn ein Entwickler beispielsweise einen Versuch betreut und dort nur zeitweise benötigt wird, so kann er parallel ein neues Konzept ausarbeiten. Um die Auswirkungen von schädlichem Multitasking zu verstehen, wird am Beispiel der Platinenentwicklung für die Projekte OSLO, RIO und PARIS eine Schulungsunterlage für die Führungskräfte von Toggotec erstellt. Drei Projektleiter konkurrieren um einen hoch spezialisierten Elekt- ronikentwickler. Er hat für die nächsten drei Monate einen sorgfältig abgestimmten Arbeitsplan: Im ersten Monat soll er eine Platine für das Projekt OSLO entwickeln, im zweiten Monat eine Platine für das Projekt PARIS und im dritten Monat eine Platine für das Projekt RIO. Monat 1 Monat 2 Monat 3 Monat 4 Aufgabe für Projekt OSLO S e t u p Aufgabe für Projekt PARIS Aufgabe für Projekt RIO Ursprünglicher Arbeitsplan S e t u p S e t u p Abb. 5: Arbeitsplan Elektronikentwickler Die Projekte OSLO sowie PARIS stehen bereits unter hohem Ter- mindruck. Das Projekt RIO befindet sich noch im „grünen Bereich“. Im Projekt OSLO fehlen noch Kundendaten. Der Spezialentwickler kann erst einen Monat später als geplant beginnen – und für „Monat 2“ wurde bereits PARIS eingeplant. Diese Veränderung bringt den Arbeitsplan des Spezialisten durch- einander. Die Projektleiter von PARIS und RIO drängen bereits und wollen ihre Arbeiten begonnen sehen; PARIS hätte schon längst gestartet werden sollen. Während also der Spezialentwickler zu- nächst eine weitere Woche an OSLO arbeitet, fordert der Kunde des Projektes PARIS die pünktliche Zeichnung für die Platine an. Diese müsste ja, so sagt er, seit einer Woche bereits fertig sein. Sein Kunde braucht diese Zeichnung, um seinerseits für die richtigen Schnitt- Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 44 stellen und für den Abgleich technischer Informationen und Spezifi- kationen mit seinem Kunden sorgen zu können. Mit diesem Argu- ment hat der Projektleiter PARIS, dem die Verspätung unangenehm wird, ein Druckmittel in der Hand. Er bewirkt beim Entwicklungs- leiter, dass dessen Mitarbeiter nun dringend mit der Arbeit am Pro- jekt PARIS beginnt. In diesem Moment unterbricht der Entwickler die Arbeit am Projekt OSLO, wechselt zum Projekt PARIS, um dort die Entwurfszeich- nung fertig zu stellen. Bereits nach kurzer Zeit wird er wieder unter- brochen, weil nämlich Kunde RIO anfragt und Zwischenergebnisse zu seinem Projekt fordert. So wird unser Spezialist seine Arbeiten durch die wechselnden Prio- ritäten immer wieder unterbrechen und sich anderen Aufgaben widmen; am Ende des dritten Monats sind, anders als geplant, die Aufgaben weder für PARIS noch für RIO fertig. Oslo S e t u p Realität durch Multitasking Paris Rio Oslo S e t u p Paris S e t u p Rio Oslo Paris S e t u p S e t u p S e t u p Monat 1 Monat 2 Monat 3 Monat 4 Aufgabe für Projekt OSLO S e t u p Aufgabe für Projekt PARIS Aufgabe für Projekt RIO Ursprünglicher Arbeitsplan S e t u p S e t u p S e t u p S e t u p Abb. 6: Tatsächlicher Arbeitsverlauf des Elektronikentwicklers Das Beispiel OSLO zeigt eine drastische Differenz zwischen der Net- toarbeitszeit, die in das Projekt investiert wurde, und der Durchlauf- zeit, die für die Projektaufgabe benötigt wurde. Die Durchlaufzeit beträgt ein Vielfaches der Nettoarbeitszeit. Obwohl der Spezialist seine Nettoarbeitszeit von etwas mehr als einem Monat korrekt auf das Projekt gebucht hat, liefert er die OSLO-Platine erst nach drei Monaten ab, also zwei Monate zu spät. Der Entwicklungsspezialist hätte jeweils nur einen Monat Arbeitszeit gebraucht, um die Aufgabe zu erledigen. Bedingt durch das schädli- che Multitasking kann er die Ergebnisse für alle drei Projekte erst Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Schädliches Multitasking 3 45 nach drei Monaten liefern. Mehr noch: Er musste sich in die Aufga- be nach der Unterbrechung immer wieder einarbeiten. Diese Setup- Zeiten mögen bei Routineaufgaben nicht ins Gewicht fallen. Doch in der Entwicklung sind sie deutlich zu erkennen. Unser Spezialist verschwendet dadurch zusätzlich einen halben Monat Arbeitszeit. Aufgabe für Projekt OSLO S e t u p Oslo S e t u p Oslo S e t u p Oslo S e t u p Monat 1 Monat 2 Monat 3 Monat 4 Abb. 7: Tatsächlicher Arbeitsverlauf Projekt OSLO Unerwünschte Effekte aufgrund von Multitasking Die Auswirkung schädlichen Multitaskings ist offensichtlich. Wenn Projekte wegen schädlichen Multitaskings länger dauern als sie ei- gentlich müssten, führt dies genau zu jenen unerwünschten Effekten (UE), die Toggotec bereits im Vorfeld identifiziert hatte. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 46 Mitarbeiter wechseln zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her (schädliches Multitasking) Aufgaben verbrauchen mehr Arbeitszeit als sie müssten Unternehmen hat mehr „work in progress“ (WIP) als nötig Aufgaben/Projekte verzögern sich, werden nicht rechtzeitig abgeschlossen Projekte werden teurer als geplant/ Budget wird nicht eingehalten Vertragsstrafen werden fällig Reklamationen von Kunden Wirtschaftlichkeit des Unternehmens ist beeinträchtigt Geld geht später ein Kundentermine werden nicht oder nur mit ungeplantem Zusatzaufwand eingehalten WIP muss vorfinanziert werden Cash-Bedarf ist hoch UE4 UE2 UE1 Die Gefahr von Verwechslungen und Qualitätsproblemen steigt Abb. 8: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 4, schädliches Multitasking Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Schädliches Multitasking 3 47 Aus dem Gegenwartsbaum wird ersichtlich, wie schädliches Multi- tasking letztlich das wirtschaftliche Ergebnis des Unternehmens beeinträchtigt. Die Unerwünschten Effekte (UE) tauchen in den Gegenwartsbäumen an verschiedenen Stellen wieder auf. Der unerwünschte Effekt UE-1 – Kundenfixtermine können nicht oder nur mit erheblichem Zusatzaufwand eingehalten werden – führt zu Reklamationen von Kunden (UE-2). Bei den dann folgen- den „Feuerwehraktionen“ spielen die Kosten – zum Unverständnis der Mitarbeiter – auf einmal keine Rolle mehr. Dann werden die lokalen Messgrößen außer Kraft gesetzt. Für diese zusätzlichen Anstrengungen müssen wiederum andere Aufgaben und Projekte unterbrochen werden – die sich dann ihrer- seits verspäten. Das Unternehmen droht in eine gefährliche Ab- wärtsspirale zu geraten; wie Dominosteine fällt ein Projekt nach dem anderen. Kann sich ein Unternehmen aus dieser Spirale nicht mehr befreien, werden seine Projekte teurer als geplant (UE-4). Durch die häufigen Unterbrechungen beim schädlichen Multitas- king steigt zudem die Gefahr von Verwechslung, unkonzentriertem Arbeiten und die daraus resultierenden Fehler. Die Mitarbeiter kön- nen den erforderten Qualitätsstandard nicht mehr erreichen. Kosten für Nacharbeit und verärgerte Kunden bei der Maschinenabnahme sind die Folge. Zudem bezahlt der Kunde erst dann, wenn das Pro- jekt vollständig und ohne Mängel geliefert wird. Ein weiterer negativer Aspekt sind die vielen angefangenen bzw. halbfertigen Projekte, die durch Multitasking entstehen. Material und Zukaufteile müssen für diese Projekte vorfinanziert werden, was einen erhöhten Finanzbedarf fordert. Letztendlich ist es die Summe der unerwünschten Effekte, die Toggotec in den Liquiditätsengpass geführt hat. Alles in allem gefährdet schädliches Multitasking das betriebswirtschaftliche Ergebnis des Unternehmens. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 48 Unzufriedenheit/ Demotivation der Mitarbeiter Budget- und Terminüberschreitung Aufgaben verbrauchen mehr Arbeitszeit als sie müssten Mitarbeiter sind überlastet Termine sind gefährdet Schädliches Multitasking entsteht Projektmanager fordern, dass mit ihrer Aufgabe sofort begonnen wird Mitarbeiter stehen unter erheblichem Druck UE4 UE6 UE8 N e g a t i v e E n d l o s s c h l e i f e 1 Unter Druck entstehen mehr Qualitätsprobleme negative Endlosschleife 2 Abb. 9: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 5, Mitarbeiter sind überlastet Toggotec befindet sich bereits in einer negativen Endlosschleife wie Abbildung 9 zeigt. Die Mitarbeiter sind überlastet und stehen unter dem Druck ihrer Führungskräfte. Die Führung drängt darauf, alle Aufgaben so früh wie möglich anzufangen, und dies verbreitet das schädliche Multitasking noch weiter. Die Aufgaben brauchen noch Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Schädliches Multitasking 3 49 mehr Arbeitszeit als eigentlich erforderlich, was wiederum zur Über- lastung der Mitarbeiter führt. Unter Druck machen Mitarbeiter mehr Fehler, was Nacharbeit, Budgetüberschreitungen und Termin- verzögerungen nach sich zieht. Wie kommt Toggotec aus dieser negativen Endlosschleife wieder heraus? Je später angefangen wird, desto besser! Toggotec-Manager – insbesondere die Projektleiter – fordern, dass alle Aufgaben so früh wie möglich angepackt werden. Ein Projekt, das beauftragt wird, soll direkt gestartet werden. Mit einer zu erledi- genden Aufgabe soll sofort begonnen werden. Dieses Verhalten forderte die althergebrachte Kultur, ständig wurden Aufgaben und Projekte zur Erledigung in die Organisation gepumpt. Doch der Durchsatz der Organisation wurde durch diese Strategie nicht er- höht. Denn Toggotec konnte nur so viele Projekte durchschleusen, wie es der Engpass zuließ. Weshalb dann die Forderung, eintreffende Projekte und Aufgaben umgehend zu starten? „Je früher eine Aufgabe begonnen wird, desto früher ist sie fertig.“ Dieser Leitsatz scheint Managern Sicherheit und Zeitvorsprung zu verschaffen. Nicht nur Manager reizt es, neue Aufgaben sofort anzu- gehen. Diese Strategie entspricht auch dem Naturell vieler Ingenieu- re und Entwickler, die sich mit Herz und Verstand dem Problemlö- sen verschrieben haben. Ein neues Problem fordert sie heraus, es kann nicht liegen bleiben, bis es – aus der Perspektive der Planung – an der Reihe ist. Eine frische Aufgabe begeistert die Spezialisten. Sie fordert sie heraus – zumindest mehr als jene Aufgaben, die halb gelöst nur noch mit Einsatz von Fleiß und Geduld beendet werden können. Man kann diesem Impuls, so früh wie möglich anzufangen, durch- aus nachgeben – allerdings nur unter gewissen Voraussetzungen: • Alle Vorleistungen, die nötig sind, um die Aufgabe beginnen zu können, sind vollständig erbracht. • Während die Aufgabe abgearbeitet wird, kommen alle Vorleis- tungen, die im Laufe der Abarbeitung noch erforderlich sind, rechtzeitig hinzu. Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Vgl. auch Abb. 9 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 50 • Es gibt keine Änderungen seitens des Kunden, die die Bearbei- tung der Aufgabe ins Stocken bringen können. • Die Bearbeitung der Aufgabe wird nicht durch andere Aufgaben, die plötzlich wichtiger sind, gestört oder unterbrochen. Die Erfahrung zeigt, dass in den allermeisten Fällen nicht einmal ein oder zwei dieser Vorbedingungen erfüllt sind. Trotzdem wird die Bearbeitung direkt gestartet. Die Toggotec-Manager kommen nach einer kurzen Übung in einem Workshop zu einer erstaunlichen Erkenntnis: „Je früher eine Aufgabe begonnen wird, desto länger dauert die gesamte Fertigstellung.“ Folgende Argumente sprechen für die Richtigkeit dieser Erkenntnis: • Je früher eine Aufgabe begonnen wird, desto größer wird die Bereitschaft sein, noch Störungen zuzulassen. • Je früher eine Aufgabe begonnen wird, desto größer wird auch die Bereitschaft sein, Änderungswünsche zuzulassen und desto größer wird die Versuchung der Kunden, Änderungswünsche zu äußern und berücksichtigt haben zu wollen. Und noch ein mittlerweile bekannter negativer Effekt tritt auf: Wenn beispielsweise Informationen für begonnene Aufgaben fehlen, dann werden Mitarbeiter dazu gezwungen, Projekte parallel zu be- arbeiten. Stehen Änderungen im Raum lassen die Mitarbeiter die angefangenen Aufgaben genauso liegen und wechseln zu anderen Tätigkeiten. Dadurch entsteht wieder die Gefahr des Multitaskings. Ohne Verantwortung keine Schuldigen Bei Toggotec wird eine offene Aufgabe sofort einem Verantwortli- chen zugeordnet: Wo kein Verantwortlicher benannt wird, dort findet sich später auch kein potenziell Schuldiger, falls sich die Auf- gabe verzögert oder gar nicht erledigt wird. Und: Ohne einen Ver- antwortlichen fällt die Aufgabe unter den Tisch. Wenn die Aufgabe schon nicht so früh wie möglich gestartet werden soll – dann kann sie doch wenigstens gleich einem Verantwortlich zugeordnet werden. Eine sinnvolle Strategie? Nein, wohl nicht. Sie verlangsamt den Ablauf. Sie erhöht den Berg unerledigter Arbeiten Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Schädliches Multitasking 3 51 und führt die Mitarbeiter in Versuchung, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Undenkbar scheint es, zunächst die Aufgaben – ohne sie einem Verantwortlichen zuzuordnen – aufzuschreiben und zu ei- nem günstigen Zeitpunkt zu verteilen. Doch dies wäre das einzig wirksame Mittel. Folgende Situation macht dies deutlich: Ein Lieferant von Toggotec stellt maßgeschneiderte Beschläge her. Die Kundenwünsche werden möglichst schnell in den vorhandenen Serien berücksichtigt. So können die Konstrukteure selbständig nach einem Standardablauf kleinere Änderungen umsetzen, beispielsweise bei der Farbe; der Konstrukteur benötigt hierzu keine fremde Hilfe. Geht die Änderung jedoch über den üblichen Standard hinaus (etwa bei Materialänderungen), so müssen die Entwickler und Produkt- manager hinzugezogen werden. Das Verfahren für die größeren Änderungen: Eine solche Anfrage wird sofort einem Mitglied des Entwicklerteams zugeordnet. Er muss der Entwicklungskonferenz innerhalb von fünf Tagen eine Lösung vorschlagen, damit der Kun- de schnell benachrichtigt werden kann. Der Entwickler ist also dazu verpflichtet, bestehende Aufgaben zu unterbrechen. Die Schwierig- keit ist nun: Die Entwickler sind Schlüsselressourcen dieses Unter- nehmens. Sie haben eine Vielzahl von Aufgaben zu bearbeiten – und einen entsprechenden Arbeitsberg auf dem Schreibtisch. Die Folge der eiligen Zuordnung von Aufgaben: Die Entwickler verzetteln sich zwangsläufig, es kommt wieder zu schädlichem Multitasking, die Umsetzung der Kundenwünsche verzögert sich, auch Entwicklungs- projekte beginnen zu stocken. Gestaffelte Aufgaben Das Unternehmen löst dieses Problem mit einem einfachen Kunst- griff: Eine neue – nicht standardisierte – Änderung wird jetzt nicht mehr sofort einem Entwickler zugewiesen, sondern zunächst auf einer Liste notiert. Entwickler dürfen höchstens vier offene Ände- rungen gleichzeitig bearbeiten. So können sie ihre Aufgaben deutlich schneller erledigen; die Durchlaufzeit erhöht sich dank dieser Staffe- lung der Aufgaben nachweislich. In dieser Vorgehensweise – der Staffelung von Aufgaben – liegt auch der Schlüssel für die Lösung von Problemen im Multiprojektmana- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 52 gement. Hierzu muss der begrenzende Faktor des Unternehmens gefunden werden. Dann muss entschieden werden, wie dieser opti- mal ausgenutzt wird. Die anderen Mitarbeiter und Ressourcen müs- sen sich dann dieser Entscheidung unterordnen. Auf diese Art und Weise wird Toggotec das Projektportfolio erfolgreich steuern kön- nen. Der Geschäftsführer von Toggotec gibt seinem Analyseteam für das zu erarbeitende Konzept folgende Hinweise: Hinweise: 1. Keine Steuerung mit lokalen Effizienzen. 2. Nicht so früh wie möglich beginnen, sondern intelligent staffeln. 3. Nicht jedem Problem sofort einen Verantwortlichen zuordnen. 4. Dem Engpass nicht mehr Arbeit zumuten, als er bewältigen kann. 5. Ausschließlich den Engpass zu nahezu 100 % auslasten und von allen Störungen freihalten. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Schädliches Multitasking 3 53 Keine Zeit für strategische Aufgaben Mitarbeiter sind überlastet Projektleiter werden danach beurteilt, wie gut ihr Projekt – gemessen an der Projektplanung – voranschreitet Projektmanager kämpfen um die Ressourcen Belastung der Geschäftsleitung mit operativen Entscheidungen bzw. dem Tagesgeschäft UE3 Die Geschäftsleitung hat weniger Zeit für strategische Tätigkeiten Abb. 10: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 6, strategi- sche Aufgaben Abbildung 10 zeigt, weshalb die Geschäftsführung keine Zeit mehr für strategische Aufgaben hat. Sie wird für operative Projektent- scheidungen im Tagesgeschäft „missbraucht“. Mitarbeiter sind über- lastet. Die Projektleiter werden nach der Termineinhaltung gemäß ihrem Projektplan gemessen. Aus diesen Gründen müssen Projekt- leiter wie auch Abteilungsleiter um die Ressourcen kämpfen. Wird Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 54 keine Einigung erzielt, muss regelmäßig die Geschäftsleitung ein- greifen. Diese Zusammenhänge werden den Führungskräften anhand der grafischen Gegenwartsbäume klar, die sie selbst erstellen bzw. ergän- zen. Solange die dargestellte Systematik nicht unterbrochen wird, kann Toggotec in naher Zukunft der Bank keinen wirtschaftlich Erfolg nachweisen. Für das Projektmanagement bedeutet diese Erkenntnis, zukünftig darauf zu achten, dass kein schädliches Multitasking mehr entstehen kann. Aufgaben müssen nacheinander abgearbeitet werden. Die lokalen Effizienzgrößen müssen abgeschafft werden. Wie das prak- tisch in einer Multiprojektumgebung funktionieren kann, zeigen wir Ihnen in Kapitel 3.4. Achtung: Multitasking gilt heute als zeitgemäß, als moderne „Tugend“ in der Ar beitswelt. Belastbare Manager und Mitarbeiter können, so heißt es, mit mehreren Aufgaben zugleich operieren, ähnlich wie ein Jongleur mit Bällen. Die Forderung, multitaskingfähig zu sein, wird auch an Mitar beiter gerichtet – so lange, bis die vielen „offenen Baustellen“ zu gra vierenden Terminverzögerungen führen. Im Projektmanagement aller dings hat schädliches Multitasking dramatische Folgen. 3.3 Paradigmenwechsel Die Stimmung bei Toggotec ist am Boden. Niemand hat ein rechtes Bild davon, wie sich die gelebte Multitasking-Projektkultur schnell verändern lässt. Die Termine werden von den Kunden vorgegeben, alles scheint außerhalb des Einflussbereiches zu liegen, die Probleme werden bereits als schicksalhaft empfunden. Zumindest ist nun die Kernursache für die unerwünschten Effekte und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Misserfolg von Tog- gotec bekannt (vgl. Kapitel 3.1): Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Paradigmenwechsel 3 55 Kernkonflikt lokale Optimierung: Folgende beiden Strategiesätze der lokalen Optimierung führen nicht zu einer verbesserten Entwicklung des Gesamtunternehmens: „Ressourcen effizient einsetzen und Kosten sparen!“ (Abteilungsleiter) „Die Projekte vorantreiben und möglichst effektiv die Ressourcen für das Projekt einsetzen!“ (Projektmanager) Dieser Konflikt bildet eine Kernursache für die Schwierigkeiten, mit denen Toggotec zu kämpfen hat. Wird diese Kernursache bearbeitet, so verschwinden auf einen Schlag viele unerwünschte Effekte. Der Lösungsweg: Soll die Kernursache eliminiert werden, darf das Un- ternehmen keine lokale Optimierung mehr zulassen. Das Verhalten der Mitarbeiter orientiert sich an den Kennzahlen, die im Unternehmen eingesetzt werden. So liegt es nahe, zunächst die Kennzahlen zu verändern. Manche Kennzahlen motivieren, andere existieren nur, um Schuldige zu suchen. Gleich, wie man es auch sehen möchte: Kennzahlen, die Mitarbeiter zu vereinzelten, lokalen Optimierungen verleiten, müssen im Projektmanagement abge- schafft werden. Sie führen nur zu schädlichem Multitasking. Schnell wird dem Analyseteam klar: Wer an den bislang geltenden Kennzahlen rührt, verändert mehr als nur ein Controllinginstru- ment. Mit einem Mal werden seit vielen Jahren geltende Verhaltens- regeln – ungeschriebene Gesetze des Arbeitens – in Frage gestellt. Verhalten, das heute noch gelobt wird, kann morgen angezweifelt werden. Verhalten, das bislang Tadel einträgt, kann morgen als dem Unternehmen dienlich gelten. Ein solcher Eingriff kann das Selbst- verständnis des Unternehmens erschüttern, und es ist nur recht und billig, die anstehenden Verbesserungen einen Paradigmenwechsel zu nennen. Führungskräfte müssen mitziehen Der neue Geschäftsführer von Toggotec ist erfahren. Er weiß, dass ein Paradigma in einer Organisation nur dann verändert werden kann, wenn alle Führungskräfte verstanden haben, welche Verhal- tensweisen grundlegend geändert werden müssen. Eine einfache Abschaffung der lokalen Kennzahlen würde Toggotec nicht weiter- bringen, da die Führungskräfte beim geringsten Widerstand wieder in die alten Verhaltensmuster zurückfallen würden. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 56 Zur Auflösung des Kernkonflikts gibt der Geschäftsführer dem Ana- lyseteam ein neues Instrument an die Hand: eine Konflikt- oder Dilemma-Wolke. Diese veranschaulicht grafisch ein Dilemma auf der Handlungsebene. Das Dilemma wird durch einen Blitz symboli- siert. Die gegensätzlichen Handlungen werden aus unterschiedlichen Bedürfnissen abgeleitet, die jedoch erstaunlicherweise das gleiche Ziel verfolgen. Erfolgreiches gewinnbringendes Unternehmen führen Verschwendung vermeiden Messgrößen einsetzen, die lokale Effizienzen fördern Hohe Geschwindigkeit der Projekte KEINE Messgrößen einsetzen, die lokale Effizienzen fördern A B D C D‘ Der Stillstand einer Ressource gilt als eine große Verschwendung B-D Die verfügbaren Mittel sind begrenzt A-B Lokale Effizienzen erzeugen Multitasking. Schädliches Multitasking senkt die Geschwindigkeit der gesamten Projektumgebung und damit auch des einzelnen Projektes deutlich ab. C-D Geschwindigkeit ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor A-C Abb. 11: Der Kernkonflikt im Projektmanagement Auf Basis dieser Wolke soll das Analyseteam herausfinden, warum sich Toggotec in ähnlichen Situationen einmal so und dann genau gegenteilig verhält. Dies sei vorweggenommen: An den Mitarbeitern liegt es in den meisten Fällen nicht, sondern an den Mechanismen in den Unternehmen; diese drängen die Mitarbeiter in bestimmte Kon- fliktsituationen. Die Konfliktwolke liest sich so: „Um ein erfolgreiches und gewinn- bringendes Unternehmen zu führen, muss Toggotec einerseits Ver- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Paradigmenwechsel 3 57 schwendung vermeiden und andererseits möglichst viel Projektum- satz mit den Kunden erzielen.“ Dies sind die beiden Bedürfnisse. „Um eine hohe Geschwindigkeit der Projekte zu gewährleisten, dürfen wir keine lokalen Messgrößen haben, die lokale Effizienzen messen“. „Um auf der anderen Seite jedoch Verschwendung zu vermeiden, müssen wir lokale Messgrößen einführen.“ Hier entsteht das Dilemma. Eine der Annahmen muss falsch sein, so der Ge- schäftsführer von Toggotec, denn in logischen Systemen gebe es keine echten Konflikte. Diese seien alle künstlich geschaffen worden, so führt er weiter aus. Das Analyseteam soll zunächst untersuchen, warum Toggotec lokale Messgrößen benötigt. Hier liege des Pudels Kern, findet der Geschäftsführer. Lokale Messgrößen contra Projekterfolg Die lokalen Messgrößen führen dazu, dass Abteilungsleiter in erster Linie versuchen, ihren Bereich optimal auszulasten, und zwar unge- achtet der Auswirkung auf das Gesamtunternehmen. Die diesem Verhalten zugrunde liegende Annahme lautet: „Ein Mitarbeiter oder eine Ressource, die nicht arbeitet, ist Verschwendung“. Ein Produktionsmitarbeiter aus dem Analyseteam meldet sich und betont, dass dies nicht nur bei Projekten so sei, sondern dass die Produktion das gleiche Dilemma habe. Er müsse sich jedes Mal entscheiden, ob er seine Termine einhält oder die Maschinen mit großen Losgrößen bestückt, damit seine Produktivitätskennzahl besser wird. Hierzu ein Beispiel: Ein Produktionsleiter hat die lokale Messgröße „Produktivität“, die daran gekoppelt wird, wie sich der Maschinen- stundensatz in der Produktion entwickelt. Der Abteilungsleiter hat ein starkes Interesse, dass seine Maschinen ständig laufen. Wenn nun der Chef persönlich oder eine andere hohe Führungskraft ent- scheidet, dass ein Auftrag ganz dringend erledigt werden muss, kann dies dazu führen, dass der gesamte Produktionsplan durcheinander gerät. Maschinen, auf denen große Aufträge laufen, müssen plötzlich un- terbrochen und umgerüstet werden, was die lokale Produktivitäts- kennzahl erheblich verschlechtert. Die Mitarbeiter wundern sich, Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 58 warum sie sich immer anders verhalten müssen. Einmal müssen sie den Auftrag pünktlich ausliefern, das andere Mal nur Stückzahlen für das Lager generieren, damit die teuren Maschinen laufen. Zudem kann es passieren, dass der gleiche Chef, der zuvor den lan- gen Umrüstvorgang verursacht hat, eine Woche später in die Pro- duktion kommt und sich wundert, warum so viele Maschinen ste- hen, und den Produktionsleiter zu mehr Produktivität und Auslas- tung auffordert. Das Analyseteam hat sich die Aufgabe gesetzt, den Widerspruch zwischen dem einen Leitsatz „Wir müssen lokale Effizienzen einset- zen, um Verschwendung zu vermeiden“ und dem anderen Leitsatz „Wir dürfen keine lokalen Effizienzen einsetzen, um hohe Ge- schwindigkeiten zu erreichen“ aufzulösen. Es prüft zunächst, wie vom Geschäftsführer vorgegeben, die Grund- annahme: Stimmt es wirklich, dass der Stillstand einer Maschine oder eines nicht ausgelasteten Mitarbeiters eine große Verschwen- dung für Toggotec bedeutet? Ist es wahr, dass der Stillstand notwen- digerweise und automatisch Verschwendung ist? Ein Mitglied des Analyseteams erinnert sich an einen Zulieferer, der eine Woche zuvor seine teure Simulationsanlage vorstellte: Dessen Werkzeugbauunternehmen unterhält eine sehr teure Simulationsan- lage, auf der aber nur zweimal im Monat ein Projekt bearbeitet wird. Nach Auslastungsgesichtspunkten würde sich diese Simulationsan- lage nie rentieren. Dennoch wissen Mitarbeiter und auch der Cont- roller, dass viele lukrative Aufträge nur aufgrund dieser Simulations- technik und des damit verbundenen Know-hows vergeben werden. Die Untervergabe der Aufträge wäre undenkbar. Unter diesem Ge- sichtspunkt überrascht die Entscheidung des Controllers nicht, die Effizienzmessgröße „Maschinenstundensatz“ für diese Anlage außer Kraft zu setzen. Ein weiterer Hinweis in dieser Richtung kommt durch ein Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. Das Prinzip, Ressourcen ständig „auszu- lasten“, gelte nicht überall, denn sonst müsse man – scherzhaft ge- sprochen – regelmäßig Brände legen, damit die Feuerwehr ausgelas- tet ist und sich die hohen Investitionen rentieren. Es scheint also gar nicht immer sinnvoll zu sein, einer Ressource zu einer höheren Aus- lastung zu verhelfen. So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Paradigmenwechsel 3 59 Effizienz einmal anders betrachtet Nehmen wir einmal an, wir hätten eine Projektorganisation, die sich „Werksfeuerwehr Toggotec“ nennt. Jedes Mal, wenn der Alarm ertönt, startet ein Projekt. Einige Projekte wiederholen sich zwar regelmäßig, andere aber sind einzigartig und bedürfen eines sehr intelligenten und effizienten Einsatzes. Da die Feuerwehr sehr viel Geld kostet, wird eine Unternehmensberatung beauftragt, welche die Organisation un ter Kostengesichtspunkten produktiver machen soll. Nach einer aus führlichen Analyse kommt heraus, dass der Wertschöpfungsanteil der Feuerwehr nur bei 8 % liegt, der Rest muss als Verschwendung be zeichnet werden. Autos und Geräte werden im Vergleich zu ihrer Nut zung unnötig oft gewartet, Mitarbeiter sitzen oft einfach nur da und sind anwesend oder gehen sogar ihren Freizeitaktivitäten nach und haben nur einen Piepser dabei. Zudem laufen einmal jährlich einige Mitarbeiter in Arbeitskleidung in einer Linie im Gleichschritt auf und ab und musizieren dazu. Viel Zeit wird auch mit so genannten Auf frischübungen verbracht, die sehr aufwendig organisiert sind. Zudem werden die Kunden (Bürger) bei jeder Übung mit lautem Sirenenge heul gestört. Besonders aufgefallen ist auch in der Analyse das drei malige Retten eines Katzenbabys von einem Baum innerhalb nur ei nes Monats – ohne Weiterberechnung der dadurch entstandenen Kosten an den achtjährigen Eigentümer der kleinen Katze. Kurzum: Eine umfassende Sanierung muss dringend durchgeführt werden. Hier ist die Maßnahmenliste: • Als erstes brauchen wir eine Vorausschau, wie viele Einsätze wir im kommenden Jahr zu erwarten haben. Hierzu nehmen wir die Anzahl der Einsätze der letzten drei Jahre und errechnen daraus den Durch schnitt. Aufgrund dieses Wertes passen wir dann die Arbeitszeiten und die Anzahl der Mitarbeiter und Fahrzeuge an. • Danach werden die Prozesse optimiert – wegen einer großen Gas katastrophe vor drei Jahren brauchen wir doch nicht die ganzen Spe zialgeräte und Übungen. Das Schlauchboot kann auch von der Was serpolizei angemietet werden. • Um eine konstante Auslastung sicherzustellen, muss die Bevölke rung aufgeklärt werden. Hierbei ist auch darauf zu achten, dass zu künftig nicht mehr zwei Brände auf einmal gemeldet werden dürfen, denn dies verursacht erheblichen Mehraufwand im Hinblick auf unse re Ausrüstung. Wenn eine zu große Lücke zwischen zwei Einsätzen entsteht, müssen Sondereinsätze gefahren werden. Zukünftig wird dann in der Zeitung stehen, dass es jetzt mal wieder brennen dürfe, damit unsere Kunden dafür sensibilisiert werden. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 60 Zusammenfassung: Wir können viel erreichen, indem wir eine enge Partnerschaft mit unseren Kunden anstreben. Große Aufklärungskam pagnen – wie beispielsweise die Information darüber, dass Nachtein sätze teurer sind als Tageinsätze – sind klar und deutlich zu kommu nizieren. Zudem soll die Notrufnummer zukünftig kostenpflichtig werden, damit die Anzahl unnötiger Anrufe zurückgeht und eine zu sätzliche Einnahmequelle geschaffen wird. Angenommen, es verhielte sich so wie in den beiden Beispielen an- gedeutet; angenommen, der Stillstand einer Ressource würde nicht zwangsläufig eine große Verschwendung für das Unternehmen be- deuten – sondern er wäre für eine produktive, effektive und effizien- te Organisation geradezu notwendig: Das Dogma, dass lokale Effi- zienzen zwingend erforderlich sind, würde sich in Wohlgefallen auflösen und unser Konflikt wäre ausgeräumt. Hundertprozentige Auslastung gibt es nicht Tatsächlich können in einem zielgerichteten System mit mehreren aufeinander folgenden Prozessschritten nicht alle Ressourcen zu 100 % ausgelastet sein. Störungen, die in Unternehmen alltäglich vorkommen, führen dazu, dass das Gesamtsystem niemals vollstän- dig ausgelastet werden kann – auch theoretisch nicht. Achtung: Der Einsatz eines Mitarbeiters oder einer Ressource bedeutet nicht au tomatisch, dass dieser Einsatz auch effektiv für das Unternehmen ist! Mitarbeiter oder Ressourcen nur zu beschäftigen, damit sie ausgelastet sind, kann zu höheren Beständen und mehr Konfusion im Unternehmen führen! Mitarbeiter oder Ressourcen dagegen intelligent zur Generie rung von Durchsatz zu nutzen, erhöht in der Regel den Unternehmens gewinn. Wenn jeder Mitarbeiter ständig arbeitet, arbeitet das Gesamtsystem am besten. Wenn alles auf Hochtouren läuft, läuft auch das Unter- nehmen auf Hochtouren. Trifft diese Annahme zu? Nein, sie trifft nicht zu. Aber sie ist der Schlüssel, mit dessen Hilfe der Kernkonflikt gelöst werden kann. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Paradigmenwechsel 3 61 Der Stillstand einer Ressource gilt als eine große Verschwendung Erfolgreiches gewinnbringendes Unternehmen führen Verschwendung vermeiden Hohe Geschwindigkeit der Projekte KEINE Messgrößen einsetzen, die lokale Effizienzen fördern A B C D‘ Lokale Effizienzen erzeugen Multitasking. Schädliches Multitasking senkt die Geschwindigkeit der gesamten Projektumgebung und damit auch des einzelnen Projektes deutlich ab. C-D B-D Abb. 12: Der aufgelöste Kernkonflikt Dies bedeutet in letzter Konsequenz: Führungskräfte müssen ihre Entscheidungen mit Blick auf die Gesamtorganisation treffen – und nicht mit Blick auf die Optimierung ihrer Abteilungen. Was wieder- um heißt, dass die lokalen Messgrößen abgeschafft werden müssen, denn diese fördern das lokale Effizienzdenken. Achtung: Mitarbeiter verhalten sich so, wie sie gemessen werden! Die Annahme, dass eine stillstehende Ressource oder ein nicht aus- gelasteter Mitarbeiter generell eine Verschwendung für das Unter- nehmen darstellt, ist falsch. Wirklich? Nicht ganz. Es gibt eine einzi- ge Ausnahme. Es handelt sich um den physischen Engpass des Un- ternehmens. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 62 Ausnahme: der Engpass Für diesen Engpass muss man sogar einen Auslastungsgrad von nahezu 100 % herbeiführen. Dieser begrenzt den Durchsatz des Gesamtsystems. Wenn er stillsteht, steht das gesamte Unternehmen still. Das Unternehmen kann nur so schnell sein, wie sein Engpass arbeitet. Ist der Engpass vollständig ausgelastet, so ist auch das ge- samte Unternehmen ausgelastet. Auch hierzu ein Beispiel aus der Praxis: Angenommen, ein Projekt- leiter betreut eine Baustelle auf einer viel befahrenen Autobahn. An dieser Baustelle wird die dreispurige Autobahn auf eine Spur ver- engt. Vor der Baustelle staut sich der Verkehr, hinter der Baustelle hat man freie Fahrt. Der Projektleiter weiß: Die Kapazität der Auto- bahn wird durch diesen Engpass begrenzt. Um die Kapazität der Autobahn zu erhöhen, hat es keinen Sinn, vor (oder gar hinter) der Baustelle noch eine vierte Spur freizugeben. Der Projektleiter kann die Kapazität des „Gesamtsystems Autobahn“ nur erhöhen, indem er den Engpass möglichst zu 100 % nutzt – also so viele Autos wie möglich durch diese eine Spur passieren lässt. Ähnlich wie die Baustelle die Kapazität des Gesamtsystems „Auto- bahn“ limitiert, so limitiert die Engpassressource das Gesamtsystem „Multiprojektunternehmen“. Das Unternehmen kann nur so viele Projekte abwickeln, wie der Engpass es ihm gestattet. Können die Elektronikentwickler von Toggotec nur drei Steuerungsplatinen pro Woche erstellen, kann das Unternehmen wöchentlich eben nur drei Projekte mit diesen Steuerungsplatinen ausliefern. Dies klingt banal. Diese Gesetzmäßigkeit wird bei Toggotec jedoch bislang nicht be- rücksichtigt. Das führt dazu, dass teilweise dem Kunden eine Plati- nenkapazität pro Woche zugesagt wird, die fünfmal höher ist als die, die man tatsächlich ohne Störungen hätte erbringen können. Zusammengefasst: Eine Verringerung des Durchsatzes am Engpass führt automatisch zu einer Verringerung des Durchsatzes für das gesamte Unternehmen. Eine Vergrößerung des Durchsatzes durch den Engpass führt automatisch zu einer Vergrößerung des Gesamt- durchsatzes, solange nicht eine andere Ressource zum Engpass ge- worden ist. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektportfolio steuern 3 63 Handlungsempfehlungen für die Führungskräfte Aus dieser Erkenntnis leitet das Analyseteam Handlungsanweisun- gen für die Toggotec-Führungskräfte ab: • Lokale Messgrößen abschaffen und durch Messgrößen ersetzen, die auf das Gesamtsystem ausgerichtet sind. • Entscheidungen werden aus Sicht von Toggotec getroffen – nicht aus lokaler Abteilungssicht. • Der Fokus wird auf die Geschwindigkeit und den Gesamtdurch- satz der Projekte gerichtet. • Projekte und einzelne Aufgaben werden nicht so früh wie mög- lich gestartet – sondern erst in dem Moment, in dem alle Vor- aussetzungen erfüllt sind. • Maßnahmen werden zuerst sorgfältig geprüft und nicht sofort einem Verantwortlichen zugeordnet • Nur der physische Engpass soll immer optimal ausgenutzt sein, alle anderen Ressourcen haben sich ihm unterzuordnen. Mehr noch: Die anderen Ressourcen sollen den Engpass so unterstüt- zen, dass er seine ganze Leistungskraft entfalten kann. 3.4 Projektportfolio steuern Was bedeuten diese Erkenntnisse für das Multiprojektmanagement? Das Analyseteam macht sich daran, ein Konzept zur Steuerung des Projektportfolios zu erarbeiten. Zunächst ist die Frage, wann Projek- te gestartet werden können. Nicht direkt nach dem Auftragseingang, das liegt auf der Hand. Aber wann dann? Zum einen: Ein Mitarbei- ter darf nicht mehrere Projekte gleichzeitig bearbeiten, anderenfalls kommt es zum schädlichen Multitasking. Zum anderen: Wird ein Projekt erst gestartet, wenn das vorhergehende abgeschlossen ist, so entstehen große Leerläufe zwischen den Projekten. Die Projekte müssen also so intelligent gestaffelt werden, dass der einzelne Mitar- beiter ein Projekt nach dem anderen bearbeiten kann. Wer gibt den Takt an, nach dem gestaffelt wird? Welche Ressource bestimmt die Abfolge und das Tempo? Es liegt nahe, die Ressource auszuwählen, die am stärksten von schädlichem Multitasking betrof- fen ist – also der physische Engpass des Unternehmens. So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 64 Engpass gibt den Takt an Bei Toggotec kommen drei Ressourcen in die nähere Auswahl: Zum einen die Konstrukteure und Elektronikentwickler, die ständig von den Kunden und anderen Mitarbeitern für Fachfragen in Anspruch genommen werden. Zum anderen die Prüfstände, die ständig auf- grund von kurzfristigen Kundenwünschen und Reklamationen umgerüstet werden müssen und aus diesem Grund permanent be- legt sind. In einem vierstündigen Workshop entscheidet sich Toggo- tec, die Elektronikentwickler als Engpass zu definieren. Diese schei- nen am stärksten überlastet zu sein, und sie sind oft selbst die Ursa- che für das Multitasking bei anderen Mitarbeitern, wie beispielswei- se den Konstrukteuren. Der erste Schritt ist getan, der Engpass des Projektportfolios ist iden- tifiziert. Ihn gilt es nun optimal zu nutzen. Das Analyseteam wählt drei gleichartige Projekte aus, die ursprünglich zum gleichen Zeit- punkt gestartet werden sollten. Der Einfachheit halber sind Mitar- beiter und Ressourcen von A bis G als nicht erweiterbar eingestuft. Alle drei Projekte haben den gleichen Stellenwert für die Unterneh- mensstrategien und jedes Projekt erwirtschaftet eine Million Euro Durchsatz. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektportfolio steuern 3 65 A C B E E A D F G C E A C B E E A D F G C E A C B E E A D F G C E P r o j e k t 1 P r o j e k t 2 P r o j e k t 3 0 10 20 30 40 50 Abb. 13: Der Elektronikentwickler – die Engpassressource E Sind die drei Projekt im Hinblick auf den Engpass, also den Elektro- nikentwickler, gestaffelt, dürfen sie nicht zum gleichen Zeitpunkt starten. Anderenfalls würden alle Mitarbeiter schädliches Multitas- king betreiben, insbesondere der Elektronikentwickler. Deshalb wird die Reihenfolge der Projekte so festgelegt, dass der Engpass optimal durch die Projekte genutzt wird. Der Elektronik- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 66 entwickler kann seine Aufgaben nacheinander bearbeiten; er hat ständig zu tun, ohne überlastet zu sein oder zwischen zwei verschie- denen Aufgaben springen zu müssen. Die für den Engpass optimale Auslastung – nämlich 100 % – ist erreicht. Nicht nur der Engpass, sondern das ganze Unternehmen arbeitet optimal. Toggotec entwickelt nun einen Arbeitsplan für den Elektronikent- wickler. Aus diesem Plan geht hervor, welche Projekte in welcher Reihenfolge bearbeitet werden. Folgende Abbildung zeigt die gestaf- felten Projekte, so dass E die verschiedenen Aufgaben ungestört und ohne schädliches Multitasking nacheinander bearbeiten kann. Auch alle anderen Ressourcen sind nun vom schädlichen Multitasking befreit. Abb. 14: Staffeln des Projektportfolios nach dem Engpass A C B E E A D F G C E A C B E E A D F G C E P r o j e k t 2 A C B E E A D F G C E P r o j e k t 3 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 P r o j e k t 1 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektportfolio steuern 3 67 Der Arbeitsplan des Engpasses bestimmt also die Reihenfolge, in der die einzelnen Projekte und Aufgaben gestartet werden. Ihm wird die Planung der Projekte angepasst – und nicht umgekehrt! Der Engpass gibt den Takt an, deshalb wird er auch in der Fachliteratur mit dem englischen Begriff „Drum Ressource“ beschrieben. Können wir den Engpass – in diesem Beispiel das Arbeitsergebnis des Elektronikentwicklers – beschleunigen, wird das Gesamtsystem – Toggotec – schneller. Arbeitet der Engpass langsamer, arbeitet auch das Gesamtsystem langsamer – was zu weniger Durchsatz führt. Die Staffelung der Projekte muss sorgfältig geplant werden, damit der Elektronikentwickler weder überlastet wird noch Leerlauf für ihn entsteht. Projektstaffelung und Arbeitsplan für die Engpassressource sind beschlossen. Doch einen Einwand muss das Analyseteam noch erör- tern: Die geplante theoretische Auslastung des Engpasses wird mit der Staffelung der Projekte sichergestellt. Aber was, wenn Störungen dazu führen, dass Aufgaben vor dem Engpass ins Stocken geraten? Dann würde die Engpassressource ruhen mit allen beschriebenen Folgen. Andere Aufgaben könnte sie nicht erledigen, um gegebenen- falls dadurch ihren Stillstand zu überbrücken. Puffer werden eingeplant Das Analyseteam muss sein Konzept erweitern: Die Mitarbeiter, die dem Engpass vorgeschaltet sind, müssen in jedem Fall rechtzeitig zuliefern. Um dies auch bei Störungen sicherzustellen, wird im Pro- jektplan ein Zeitpuffer eingesetzt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 68 P r o j e k t 1 A C B E E A D F G C E A C B E E A D F G C E P r o j e k t 2 A C B E E A D F G C E P r o j e k t 3 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 Reißleine, Startschuss für Projekt 2 Abb. 15: Drei Projekte mit „Drum Buffer“ Das heißt, die Mitarbeiter A, B und C fangen mit ihren Arbeiten so spät wie möglich an, wie im vorigen Kapitel beschrieben. Der Pro- jektplan berücksichtigt dabei, dass sie auf jeden Fall noch vor dem geplanten Starttermin des Elektronikentwicklers liefern. Um unge- plante Ereignisse und Störungen berücksichtigen zu können, wird vor den Elektronikentwickler E ein Zeitpuffer gesetzt. So spät wie möglich starten? Wie wird der richtige Zeitpunkt defi- niert? Der geeignete Zeitpunkt ergibt sich aus dem Arbeitsfortschritt des Elektronikentwicklers, welcher in seinem Arbeitsplan transpa- rent für alle Abteilungen dargestellt und permanent aktualisiert wird. In der Abbildung 15 ist ersichtlich: Wenn der Elektronikent- wickler E mit der Aufgabe für Projekt eins beginnt, bedeutet dies, Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektportfolio steuern 3 69 dass das Projekt zwei starten kann. Es wird quasi eine „Reißleine“ gezogen. Zusammengefasst bedeutet dies, dass der Engpass be- stimmt, wann das nächste Projekt gestartet werden kann. 3 Der Puffer vor dem Engpass (engl.: „Drum Buffer“) hat zwei Funk- tionen: Der Puffer gleicht eine mögliche Verspätung aus, die in den vorangehenden Aufgaben entstehen kann. Bearbeitet der Engpass seine Aufgaben aus vorangegangenen Projekten schneller als ge- plant, dann kann er dank des Puffers bereits früher mit der nächsten Aufgabe beginnen. Dieser zusätzliche Zeitpuffer verlängert zunächst den Projektplan. Da in der Realität jedoch Störungen in gewissen Abständen im Pro- jektgeschäft auftreten, führt der Zeitpuffer dazu, dass insgesamt die Summe der Einzelprojekte pünktlicher abgeschlossen werden kann. Der größte Effekt wird dadurch erzielt, dass vor allem Multitasking am Engpass vermieden werden kann. So erfahren die Projekte im Vergleich zu früher eine erhebliche Beschleunigung. Diese Beschleunigung kann sich aber nur entfalten, wenn sich alle Einzelprojekte dem Engpass, also dem Elektronikentwickler, unter- ordnen. Denn entscheidend für den Ertrag des Unternehmens wird sein, wie das Projektportfolio gesteuert wird. Achtung: Es gilt der Projektmanagementgrundsatz: Das gestaffelte Projektportfo lio hat Vorrang vor dem Einzelprojekt. Daher ist es höchst schädlich, einzelne Projekte mit sofortiger Wirkung auf Dringlichkeitsstufe eins zu setzen. Den Engpass erweitern Wenn alle bisher beschriebenen Maßnahmen dazu führen, dass der Engpass optimal genutzt werden kann, führt dies bereits zu einer deutlichen Leistungssteigerung im Projektmanagement. Bisher wur- de nur umorganisiert, keine zusätzlichen Investitionen waren not- wendig. Dies ändert sich, wenn der Engpass sich nicht durch die 3 Dieses Prinzip hat Dr. Goldratt in seinem Buch „Das Ziel“ ausführlich be- schrieben. Er nennt es „Drum Buffer Rope“. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 70 Maßnahmen verschoben hat und der Markt deutlich mehr nachfragt als der Engpass leisten kann. Wenn das Management der Meinung ist, dass das auch in Zukunft so bleibt, dann hat es Sinn, den immer noch bestehenden Engpass zu erweitern. Bei Toggotec würde also ein zusätzlicher Elektronik- entwickler eingestellt werden. Erst zu diesem Zeitpunkt muss inves- tiert werden. Engpässe können sich wie bereits erwähnt auch verschieben. Ange- nommen, der bisherige Engpass „Elektronikentwickler“ wurde per- sonell verstärkt, er wird also leistungsfähiger – dann kommen mög- licherweise die Prüfstände mit der Arbeit nicht mehr nach. Solche Verschiebungen sind, sofern der Projektdurchsatz steigt, normal. Nun gilt es, den neuen Engpass (die Prüfstände) mit den gleichen Arbeitsschritten zu verbessern; also den neuen Engpass zu identifi- zieren, über dessen bestmögliche Nutzung zu entscheiden, ihm alle anderen Ressourcen unterzuordnen und ihn unter Umständen zu erweitern. Alles kann und darf zum Engpass des Systems werden – nur nicht die Trägheit! Anderenfalls wird lediglich Stillstand auf einem höhe- ren Niveau erreicht, nicht aber eine ständige Weiterentwicklung des Systems. Dies ist der Prozess der kontinuierlichen Verbesserung – engpassorientiert natürlich. Ohne Kommunikation keine Projektsteuerung Bei Toggotec sind langatmige Statusbesprechungen an der Tagungs- ordnung. Es wird mehr übereinander als miteinander gesprochen. Jedes Projekt ist praktisch im Verzug, die Ausführungen der Projekt- leiter gestalten sich abenteuerlich. Aufgrund der lokalen Messgrößen muss sich jeder für die Probleme rechtfertigen. Auch die Abteilungs- leiter haben viele Argumente, warum gerade ihr Bereich nicht Schuld an der Misere und den Budgetüberschreitungen sein kann. Letztlich schiebt man dem Kunden die „Schuld“ in die Schuhe, dem Auftraggeber mit seinen überzogenen Forderungen und vielen Än- derungswünschen. Bemerkenswert ist die Agenda der ersten Projektstatusbesprechung, die der neue Geschäftsführer von Toggotec wie folgt gliedert: Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektportfolio steuern 3 71 Agenda Projektstatusbesprechung • Information von den Projektleitern (Zeitbedarf: 5 Minuten): Wie weit ist das Projekt vorangeschritten? Welche Zeitreserven haben wir noch? Wer arbeitet gerade an dem Projekt? Wer wird der nächste Bearbeiter sein? Wie hat sich der Mitarbeiter auf die kommende Aufgabe vorberei tet? Wie ist die Stimmung beim Kunden? Gibt es Änderungen, die wir an Kunden berechnen können? Wenn ja, in welcher Höhe? • Information von den Abteilungsleitern (Zeitbedarf: 5 Minuten): Wie schreiten die Projekte voran, die Sie bedienen? Wer arbeitet von Ihrer Abteilung gerade an welchem Projekt? Wer bereitet sich gerade auf eine kommende Aufgabe vor? Welche Kapazitätsreserven haben Sie vorgehalten für Störungen und Änderungen? Ein Raunen geht durch den Besprechungsraum. Die beiden Haupt- punkte Budgeteinhaltung und Kundenprobleme stehen nicht auf der Agenda. Was soll das? Was steht dahinter? Die Projekt- und Abteilungsleiter können diese Fragen gar nicht beantworten. Sie sind so sehr in Problemen und Kostendenken ver- strickt, dass sie den Überblick über das Gesamtprojekt verloren haben. Ihre einzige Chance ist es, sich zusammenzusetzen und ge- meinsam zu beraten: Wie wird überhaupt bei uns der Fortschritt des Projektes gemessen? Zeitreserven? Die gibt es bei uns doch schon lange nicht mehr. Wer soll die denn einplanen? Unser (alter) Ge- schäftsführer würde Pufferzeiten sofort aus den Plänen entfernen. Die Projektleiter wissen nicht, welchen Mitarbeiter ihr jeweiliger Abteilungsleiter als nächstes in ihrem Projekt einsetzen wird und ob dieser sich bereits vorbereitet hat. Der Abteilungsleiter aber wieder- um hat keine Information, wann die nächste Aufgabe starten soll, denn der Projektplan wird schon lange nicht mehr für die Verfol- gung von Projekten genutzt. Er hat nur noch Alibifunktion. Die Abteilungsleiter kommen ebenfalls ins Schwitzen, denn auch sie brauchen dringend die Informationen der Projektleiter, um in dem Statusmeeting nicht ihr Gesicht zu verlieren. Allein durch die Agen- da des Geschäftsführers werden sie gezwungen, sich im Vorfeld über Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 72 einzelne Projekte intensiver auszutauschen. Die Statusbesprechung mit dem Geschäftsführer verläuft jedoch nicht zufrieden stellend. Der Geschäftsführer beauftragt im Anschluss das Analyseteam, zu- nächst einmal fundierte Projektpläne zu erstellen und Messgrößen zu entwickeln, mit denen gesteuert werden kann. Zudem sollen die Erkenntnisse des Multiprojektmanagements zusammengetragen werden, damit der zu entwickelnde fundierte Projektplan in den Gesamtrahmen eingeordnet werden kann. Achtung: Staffelläuferprinzip und Kennzahlen In Multiprojektumgebungen muss ein intensiver Austausch von Projekt und Abteilungsinformationen stattfinden. Diese Kommunikation hat klare Regeln und wird auch das Staffelläuferprinzip genannt, das wir in Kapitel 5.3 beschreiben. Die Steuerungskennzahlen für Multiprojektumgebungen, Projektfort schritt, Pufferverbrauch und Status des Projektes erläutern wir ausführ lich in Kapitel 6.2 bis 6.4. Zwischenbericht des ToggotecAnalyseteams Das Analyseteam von Toggotec reflektiert noch einmal die Erkennt- nisse aus dem Multiprojektmanagement. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektportfolio steuern 3 73 Abb. 16: Die Ausgangssituation des Multiprojektmanagements bei Toggotec Eine gängige Annahme ist, dass die Optimierung von Teilen automatisch zur Optimierung des Ganzen führt Wenn ... Projektmanager werden danach beurteilt, wie gut ihr Projekt – gemessen am Projektplan – voranschreitet Projektmanager wollen, dass mit ihrem Projekt (Projektaufgabe) so früh wie möglich begonnen wird Eine gängige Annahme ist: Je früher eine Aufgabe begonnen wird, um so früher ist sie fertig Projektmanager versuchen Druck auf die Ressourcen (-Manager) auszuüben, damit diese möglichst früh mit der Arbeit an ihrem Projekt beginnen ... dann ... Projektmanager wollen, dass ihr Projekt möglichst schnell voranschreitet Lokale Effizienzen sind dominante Messgrößen im Unternehmen Ressourcen sind überlastet Jede Aufgabe braucht, auch wenn sie noch nicht begonnen wird, einen Verantwort- lichen Mitarbeiter haben immer mehr Aufgaben auf dem Tisch Mitarbeiter wechseln zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her (schädliches Multitasking) „Wenn jedes einzelne Projekt effizient ist, wird das Unternehmen effizient“ „Wenn jeder Einzelne effizient ist, dann wird das Unternehmen effizient“ Nur wenn es für jede Aufgabe einen Verantwortlichen gibt, werden die Dinge zuverlässig erledigt Projekte dauern länger als nötig Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 74 Sie verwenden hierzu den bereits bekannten Gegenwartsbaum und wandeln diesen nun in einen Zukunftsbaum um. Anstelle der uner- wünschten Effekte, die ja beim Gegenwartsbaum ganz oben stehen, kristallisieren sich nun – wenn die neuen Lösungsbausteine instal- liert sind – die erwünschten Effekte heraus (vgl. Abb. 17). Die Effekte stellen sich wie folgt dar: Wenn die Projekte nach dem Engpass gestaffelt werden und kein schädliches Multitasking mehr betrieben wird, können Projekte erheblich schneller abgewickelt werden. Wenn Projekte schneller abgewickelt werden, kosten sie auch weniger. Mit dem Versprechen des neuen Geschäftsführers, dass Toggotec nicht mehr Projekte annimmt als die Elektronikent- wickler bearbeiten können, wird es weniger Störungen geben. Hier- durch wird Toggotec in der Lage sein, alle Zusagen an Kunden ein- zuhalten, da aufgrund der gestaffelten Projekte und der Zeitpuffer genaue Terminabschätzungen möglich sind – denn durch die Zeit- puffer wird auch berücksichtigt, dass kurzfristige Änderungen und Störungen im Projektgeschäft vorkommen. Durch die neu eingeführte Kennzahl Durchsatz/Engpasseinheit, die für die Projektauswahl verwendet wird, ist sichergestellt, dass Tog- gotec nur an lukrativen Projekten arbeitet. Die Anmerkung des kaufmännischen Leiters bestätigt die positiven Effekte. Nicht nur der Aufwand für die klassische Projektkosten- rechnung fällt weg, auch die aufwändigen Kostenberichte pro Be- reich entfallen. Dadurch können sich alle Mitarbeiter wieder mehr auf das eigentliche Projektgeschäft konzentrieren. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektportfolio steuern 3 75 Das einzelne Projekt ordnet sich dem Arbeitsplan der DRUM-Ressource unter Es gibt einen klaren Arbeitsplan der DRUM-Ressource auf Basis der Projektpläne und -prioritäten Wenn ... Vertrieb kann leicht erkennen, welche Zusagen gemacht wurden Das System gewinnt freie Kapazitäten Kundenzufrie- denheit steigt ... dann ... Projektlandschaft ist übersichtlich Die Projekte werden günstiger Budgets werden besser eingehalten Termine werden deutlich besser gehalten Keine Vertrags- strafen Verbesserte Geschäftsergebnisse Die DRUM-Ressource hat immer nur eine Aufgabe DBR + Staffelläuferprinzip ersetzen die lokalen Effizienzen DRUM-Ressource bearbeitet eine Aufgabe nach der anderen Mehr Projektdurch- satz möglich Steigende Motivation der Mitarbeiter Wenig Multitasking Projekte werden schnellstmöglich abgeschlossen Aufgaben werden schnellstmöglich abgeschlossen Alle anderen Ressourcen ordnen sich dem Arbeitsplan der DRUM- Ressource unter Allle Zw.-Ergebnisse,die die DRUM-R. braucht, sind fertig, wenn diese mit ihrer Arbeit beginnt Alle anderen Ressourcen haben Reservekapazitäten Die DRUM- Ressource ist gegen Störungen geschützt Abb. 17: Zukunftsbaum Multiprojektmanagement Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 76 Der Zukunftsbaum in Abbildung 17 wird gemeinsam erarbeitet und erörtert. Als dieser dem gesamten Führungskreis vorgestellt wird, bekommen alle ein gemeinsames Bild davon, wie die Zukunft ausse- hen wird. Wenn das Multiprojektmanagement nach dem Critical- Chain-Ansatz implementiert wird, stellen sich all die oben aufge- führten positiven Effekte ein. Alle Teilnehmer des Workshops sind hoch motiviert. Es ist klar, dass dieser Ansatz aufgrund seiner beste- chenden Logik Toggotec zum Erfolg führen kann. Am Ende des Workshoptages fasst der Geschäftsführer die wesentli- chen Punkte der engpassorientierten Vorgehensweise zur ständigen Verbesserung des Gesamtsystems noch einmal zusammen: • Identifiziere den Engpass – bei Toggotec sind dies die Elektro- nikentwickler • Entscheide, wie der Engpass optimal ausgenutzt werden soll. Staffle die Projekte am Engpass, damit kein Multitasking ent- steht. • Ordne alles andere dieser Entscheidung unter. Ordne Projekte und Aufgaben um den gestaffelten Engpass herum an. Toggotec verzichtet auf die Beschleunigung einzelner Projekte zu Lasten des gesamten Projektportfolios. • Erweitere den Engpass. Ein zusätzlicher Elektronikentwickler wird dann eingestellt, wenn die Auftragslage in den nächsten Jahren als weiterhin so hoch angesehen wird und sich der Eng- pass nicht bereits aus den Schritten 1–3 heraus verschoben hat. • Wenn sich der Engpass verschoben hat, beginne bei Schritt 1. Wahrscheinlich werden dann die Prüfstände zum Engpass wer- den. Der Geschäftsführer mahnt: Trägheit darf nicht zum Engpass des Systems werden. Also: Wachsam sein, regelmäßig prüfen, ob und wohin sich der Engpass verschiebt. Er lobt das Analyseteam für die gute Vorarbeit. Dieser Zukunftsbaum bringt Transparenz in die Mechanismen von Toggotec. Soweit die Theorie. Und die Praxis? Wie sieht nun der Implementie- rungsplan aus? Der Geschäftsführer legt dem Analyseteam einen Erfahrungsbericht aus seiner vorigen Firma vor. Welche Probleme treten auf? Und wie lassen sich diese Probleme meistern? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Risiken bei der Implementierung von CriticalChainMultiprojektmanagement 3 77 3.5 Risiken bei der Implementierung von CriticalChainMultiprojektmanagement Critical-Chain-Projektmanagement kann leicht im Unternehmen erklärt und vermittelt werden. Die Herausforderung ergibt sich durch die Art und Weise, wie die Implementierung durchgeführt wird. Gefahr Pilotprojekt Der herkömmliche Weg, Projektmanagement in Organisationen einzuführen bzw. zu verbessern, führt über das so genannte „Pilot- projekt“. Die „klassische“ Strategie: Ein für das Unternehmen typi- sches Projekt wird als Pilot definiert, und an diesem Piloten werden dann alle neuen Standards getestet. Bewähren sich die neuen Ansät- zen und Methoden, werden sie dann auf alle Projekte übertragen. Didaktisch gesehen führt der Weg vom Kleinen zum Großen. Diese Strategie mag manchmal von Vorteil sein. Aber: Die meisten Prob- leme im Projektmanagement ergeben sich nicht bei der Durchfüh- rung eines einzelnen Projektes. Sie ergeben sich bei der Durchfüh- rung aller Projekte. Gut ausgearbeitete Standards, die perfekt im Einzelprojekt funktionieren, können in einer Multiprojektumge- bung schnell versagen. Und in dieser Umgebung stößt das klassische Projektmanagement an seine Grenzen. Dieser Gefahr gilt es bei der Einführung von Critical-Chain- Multiprojektmanagement vorzubeugen. Deshalb wird empfohlen, den Weg vom Großen (Globalen) zum Kleinen (Lokalen) zu gehen, also zunächst die Standards und Paradigmen der Multiprojektma- nagementumgebung zu verändern – und erst dann den Einzelpro- jektstandard zu verbessern. Diese Vorgehensweise kommt auch der Praxis in vielen Unterneh- men entgegen. Entscheidungen werden in der Regel zunächst strate- gisch – also mit globalem Horizont – entschieden. Erst danach bil- den sich die Freiräume für die lokalen Entscheidungen und führen zur Umsetzung. Wie sieht eine Lösung zur Vorgehensweise aus? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 78 Gefahr: Fehlende Rückendeckung Ohne Zustimmung und „Rückendeckung“ der Geschäftsleitung gibt es keine Verhaltensänderung im Unternehmen. Ein Eingriff in das Projektmanagement fordert dies jedoch. Er kann daher ohne die aktive Beteiligung der Geschäftsleitung nicht gelingen. Die Ge- schäftsleitung muss Ansatz und Methodik von Critical Chain erfas- sen und in ihre strategischen Überlegungen mit einbeziehen; nur dann kann beispielsweise im ersten Schritt ermittelt werden, welche Projekte nicht zum Unternehmen passen (siehe Kapitel 2). Gefahr: Aufwändige Engpassermittlung Es hilft kaum, den Engpass auf Basis von Daten ermitteln zu wollen. Vermeintlich stichhaltige Zahlen beruhen in Projekten in erster Linie auf Schätzungen und Daten aus der Vergangenheit. Eine sol- che Datenbasis führt kaum zu den gewünschten Ergebnissen. Im Gegenteil: Der Versuch, auf diesem Weg den Engpass zu identifizie- ren, wird den Skeptikern Argumente an die Hand geben. Der Engpass kann normalerweise leicht an den Stapeln unerledigter Aufgaben und halbfertiger Aufträge erkannt werden. Sind diese Stapel aber in vielen Abteilungen anzutreffen, erfordert es eine in- tensivere (und schwierige) Suche nach dem Engpass. Wer kann zuverlässig Auskunft geben – und wer nicht? Der Weg über die Befragung der Mitarbeiter, die eventuell den po- tenziellen Engpass verantworten, hat teilweise negative Auswirkun- gen. Einige befragte Mitarbeiter werden sich rechtfertigen: Ihr Ein- fluss sei zu gering, ihnen fehlten die Mittel, den Engpass zu beseiti- gen; sie schieben den „schwarzen Peter“ anderen Abteilungen zu. Zudem befürchten sie, durch das Eingeständnis, „der Engpass zu sein“, zusätzlich unter Druck zu kommen. Ein anderer Effekt kann beobachtet werden, wenn sich manche Bereiche gerade darum bewerben, den Engpassstatus zu erhalten. Sie erhoffen sich davon jene Entlastung, die sie bisher nicht erhalten haben. Auch die Befragung von Abteilungs- und Bereichsleitern muss nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führen. Der Controller identifiziert Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Risiken bei der Implementierung von CriticalChainMultiprojektmanagement 3 79 möglicherweise einen Bereich als Engpass, in dem wiederholt Über- stunden geleistet werden. Der Einkaufsleiter bezeichnet möglicher- weise jenen Bereich als Engpass, aus dem ihn häufig dringende Ma- terialanforderungen oder Aufträge für Fremdleistungen erreichen. Ob die Antworten stichhaltig sind und weiterführen, sei dahinge- stellt. Projektmanager wissen, wo die Ressourcen fehlen Am besten können die Projekt- und Multiprojektmanager Auskunft geben. Sie kämpfen um die Ressourcen und wissen, an welchen Stellen ihr Projekt „hakt“. Die an die Projektleiter zu richtende Frage lautet: An welcher Stelle im Unternehmen stocken die Projekte am häufigsten? Wo wird viel schädliches Multitasking betrieben? Die Chancen stehen gut, mit diesen Fragen die Engpassressource zu ermitteln. Nennen die Projektleiter gleich mehrere „Kandidaten“ für den Engpass, wird die Ressource gewählt, die typischerweise am Projektanfang eingesetzt wird. Bezeichnen die Projektleiter dagegen übereinstimmend ein und dieselbe Ressource als Engpass, dann kann diese Ressource auch als Engpass angenommen werden. „Wandernder“ Engpass Manchmal scheint der Engpass ständig zu „wandern“. Dies bedeutet nicht, dass tatsächlich unterschiedliche Ressourcen den Engpass bilden. Sondern die geltenden Regeln der in Kapitel 3.2 beschriebe- nen lokalen Effizienzen haben ein Übermaß an Multitasking und unnützen Aktivitäten im System bewirkt. Fast überall sind die Mit- arbeiter überlastet; das Paradigma „Jeder muss ständig beschäftigt sein“ wirkt auf breiter Basis. In diesem „Multitasking-Grund- rauschen“ lässt sich der Engpass nicht aufspüren. Was nun? Eine Ressource, die möglichst am Anfang in den Projekten zum Einsatz kommt, wird als Engpass bestimmt. Sind die Critical-Chain- Prinzipien im Unternehmen verankert, zeigt sich schnell, ob sich an der vorübergehend angenommenen Engpassressource die Arbeiten tatsächlich stauen. Falls nicht, wird die nächstliegende Ressource als Engpass „getestet“. Eine endlos anmutende Reihe von Experimenten ist bei dieser Methodik übrigens nicht zu erwarten. In der Regel ist spätestens der zweite oder dritte Versuch ein „Treffer“. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 80 Auf der Suche nach Engpässen sollte der Versuchung widerstanden werden, ganze Bereiche und Abteilungen als Engpass zu benennen. Der Engpass kann – wenn es sich um einen Mitarbeiter, Prüfstand oder Ähnliches handelt – immer klar abgegrenzt werden. Einige Engpassbeispiele aus anderen Unternehmen: • die Hardwareentwickler (bei einem Transformatorenhersteller für die Transportindustrie) • die Prüfstandskonstrukteure (in einem Unternehmen, das Prüf- stände entwickelt und baut) • die Klimakammern (in einem Unternehmen, das hydraulische Antriebe für die Automobilindustrie entwickelt und produziert) • die Elektronikentwickler (bei einem Sensorenhersteller für die Automobilindustrie) • die Softwareentwickler (bei einem Softwareanbieter) • die Marktnachfrage (im Bereich Werkzeug/Formenbau, in der Automobilindustrie) Gefahr: Die Bedeutung der Engpassressource wird unterschätzt Der Arbeitsplan für die Engpassressource entsteht auf Basis der Pläne jener Projekte, die diesen Engpass passieren müssen. Alles andere hat sich diesem Engpass unterzuordnen. Das hört sich theo- retisch einfach an. Dahinter verbirgt sich jedoch meistens eine mas- sive Veränderung der Organisation. Bei Toggotec beispielsweise sind die technischen Zeichner von der Abteilung „Mechanische Entwicklung“ zur Abteilung: „Elektronik- entwicklung“ gewechselt. Arbeitszeiten werden so verändert, dass kein Leerlauf im Engpass entsteht. Die Elektronikentwickler und die Mitarbeiter an den Prüfständen haben daher ein anderes Arbeits- zeitmodell. Hier muss, soweit vorhanden, der Betriebsrat mit einge- bunden werden. Weiterhin haben die Mitarbeiter in der Elektronik- abteilung kein Telefon mehr am Arbeitsplatz. Es gibt feste Sprech- zeiten. Auch der E-Mail-Verkehr wird in diesem Bereich von einer anderen „E-Mail-Policy“ begleitet. Dies sind einige Gründe, warum Critical Chain nur mit der eindeutigen Unterstützung der Geschäfts- leitung umgesetzt werden kann. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Risiken bei der Implementierung von CriticalChainMultiprojektmanagement 3 81 Der Arbeitsplan für den Engpass ist „Chefsache“ 1. Die Geschäftsleitung definiert die Reihenfolge der Projekte – unter Berücksichtigung jener Termine, die Kunden bereits zugesagt wurden. 2. Die Projektleiter liefern Projektpläne, aus denen hervorgeht, wann und in welchem Umfang der Engpass benötigt wird. Für die erste Er stellung des Arbeitsplanes sind noch keine endgültigen, „perfekten“ Projektpläne erforderlich. Wichtig: Aus den Projektplänen muss er sichtlich sein, was der Engpass jeweils leisten soll und wann diese Leistung voraussichtlich benötigt wird. 3. Der Abteilungsleiter der Engpassressource erstellt auf Basis der Projektpläne einen Arbeitsplan. 4. Die Projektleiter passen ihre Pläne dem Arbeitsplan des Engpasses an und fügen vor dem Einsatz der Engpassressource einen Zeitpuffer in den Projektplan ein. Die Größe des Zeitpuffers wird in folgendem Abschnitt erläutert. 5. Projekt und Abteilungsleiter erörtern mit der Geschäftsleitung die Konsequenzen, die sich aus den Planungen für jene Termine ergeben, die bereits den Kunden versprochen wurden. 6. Die Geschäftsleitung legt die Reihenfolge der Arbeiten der Eng passressource fest. Es hilft allerdings wenig, mehrere Projekten, die gleichzeitig den Engpass benötigen, mit der Priorität „A“ zu versehen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Aufgaben der Engpassressource sorgfältig und gut abgestimmt werden müssen. Jedoch wird es kei- nen perfekten Arbeitsplan im Engpass geben. Entscheidend ist je- doch die Transparenz des Planes, damit sich die anderen unterord- nen können. Der Arbeitsplan gibt den Takt für die anderen Arbeiten an. Gefahr: Zeitpuffer nicht richtig dimensioniert Die Größe des Zeitpuffers hängt ab vom Sicherheitsbedürfnis des Unternehmens und wurde in Kapitel 3.4 beschrieben. Wie immer er gewählt wird – er darf weder zur kurz noch zu lang sein. Ein zu kleiner Sicherheitsbestand kann zum Stillstand der Engpassressource führen, wenn die Mitarbeiter, die dem Engpass vorgelagert sind, zu spät liefern. Ein Stillstand im Engpass führt zum Stillstand des Pro- jektes, und dieser muss vermieden werden. Ein zu großer Sicher- heitsabstand erhöht den Bestand an nicht abgeschlossener Arbeit. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 82 Der Stapel halberledigter Aufgaben auf dem Schreibtisch wächst. Der Überblick geht verloren, Prioritäten werden nicht mehr richtig gesetzt. Fazit: Die Durchlaufzeit der Projekte nimmt zu – und die Gefahr des Multitaskings steigt wieder an. Die Spannbreite zwischen einem zu kleinen und einem zu großen Puffer ist jedoch groß. Bereits nach zwei Projekten wird der verant- wortliche Abteilungsleiter des Engpasses die Dimension des Zeitpuf- fers gut einschätzen können. Gefahr: Prioritäten müssen verändert werden Erfordern es die äußeren Umstände, so muss es natürlich möglich sein, Projektpläne zu verändern. Dies gilt auch für die Priorisierung der Projekte, und es gilt zudem für den Arbeitsplan der Engpassres- source. Solche Änderungen lassen sich gut berücksichtigen – sofern die Kommunikation gemäß dem Staffelläuferprinzip (vgl. Kapitel 5.3) praktiziert wird und die Engpassressource ihre begonnene Ar- beit noch abschließen kann, also nicht unterbrochen wird. Auch bei Toggotec gab es in der Vergangenheit die wichtigen und sofort durchzuführenden Aufgaben. Diese brachten in der Regel alle anderen Pläne durcheinander. Öfters stellte sich dann heraus, dass die zunächst dringende Aufgabe am nächsten Tag schon wieder hinfällig war. Dann musste wieder umgeplant werden. Damit dies nicht den Engpass trifft, dürfen sich Änderungen im Arbeitsplan der Engpassressource nur auf die Reihenfolge der zu- künftigen und noch nicht gestarteten Aufgaben beziehen. Laufende Arbeiten dürfen nicht angetastet und gestört werden, anderenfalls entsteht Multitasking. Halten sich alle an die Regel, so tritt die geän- derte Projektpriorisierung mit verzögerter Wirkung ein und beun- ruhigt das Unternehmen deutlich weniger als früher. Dies bewahrt das Unternehmen vor hektischen Aktionen. Es lässt sich auch bei bester Planung nicht ganz ausschließen, dass zwei (oder mehr) Projekte zur gleichen Zeit die Engpassressource benötigen. Ursache für diese Entwicklung können Zeitverzögerun- gen, Änderungswünsche der Kunden oder externe Einflüsse sein. In solchen Fällen werden Prioritätsentscheidungen anhand des Projekt- status getroffen, die im Kapitel 6 beschrieben sind. Die Statusberich- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Risiken bei der Implementierung von CriticalChainMultiprojektmanagement 3 83 te machen deutlich, wie sicher ein Projekt im Zeitplan liegt und wie sicher es im Vergleich zu anderen Projekten abschneidet. Hieraus wird dann ersichtlich, zugunsten welches Projekts die Ressourcen- entscheidung getroffen werden muss. Gefahr: Engpass nicht genügend geschützt Der Engpass begrenzt die Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Doch einmal aufgespürt und optimal genutzt, gestattet er dem Un- ternehmen enorme Fortschritte. Dies bedeutet: Die Engpassres- source als kostbarste Ressource in der Organisation darf nicht ver- schwendet werden. Sie muss von allen Aufgaben entlastet werden, die sie nicht unbedingt selbst bearbeiten muss. Die Engpassressource muss sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können; alle ande- ren Aufgaben werden delegiert. Der Engpass wird also geschützt. Eine Schutzstrategie ist bereits bekannt: Die Projekte werden so gestaffelt, dass die Engpassressource eine Aufgabe nach der anderen abarbeiten kann und sich nicht verzettelt. Führt ein Unternehmen mehr als fünf größere Projekte durch, lohnt sich der Einsatz einer geeigneten Planungssoftware (Empfehlungen für Critical-Chain- Software finden Sie auf der CD). Sie staffelt die Projekte automa- tisch. Der Plan braucht nur noch allen Projektleitern und Projekt- teammitarbeitern per Aushang mitgeteilt zu werden. Diese Staffelung steht im Konzept zwar an zentraler Stelle, sie reicht aber für den Schutz nicht aus. Das Unternehmen ist gefordert, die Engpassressource gegen alle unnötigen Störungen abzuschirmen. Dafür werden weitere ergänzende Regelungen benötigt; Regelungen, die je nach Aufgabenbereich und je nach Unternehmenskultur un- terschiedlich sind. Beispiele für den Schutz des Engpasses Die Konstrukteure eines Sensorenherstellers werden in einem ruhigen Gebäudeteil untergebracht. Die Mitarbeiter, allen voran der „Eng passkoordinator“, schirmen sie gründlich gegen Störungen ab, bei spielsweise gegen unnötige Rückfragen von anderen Mitarbeitern. Eingehende Telefonate für die Engpassressource werden zum Eng passkoordinator oder zum Multiprojektmanager umgeleitet. Der Eng passkoordinator filtert und sortiert eingehende Mails. Für Mitarbeiter sind die Konstrukteure nur in einer „Sprechstunde“ zu erreichen. Diese Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 3 Wenn sich Projekte im Weg stehen 84 Sprechstunden werden, so zeigt sich, nur für wichtige Anlässe ge nutzt. Eine halbe Stunde vor der Mittagspause als Sprechstunde reicht völlig aus – wenn auch zunächst Bedenken geäußert wurden. Im Nachhinein erweist sich, dass diese 30 Minuten für unerlässliche Anfragen ausreichen; andere, weniger dringende Angelegenheiten scheinen sich dann von alleine zu erledigen In dieses „Schutzprogramm“ für den Engpass ist das gesamte Unter- nehmen eingebunden. Alle Mitarbeiter müssen bei ihrer eigenen Arbeit bestimmte Regeln im Umgang mit ihren Ressourcen befol- gen. Beispielsweise müssen Zulieferungen, die der Engpass benötigt, bevorzugt behandelt werden. Wie zuverlässig und schnell Unterstüt- zungsleistungen von anderen Abteilungen erbracht werden, ent- scheidet darüber, wie schnell das Projekt voranschreitet. Damit die Zulieferungen pünktlich und zuverlässig funktionieren, muss der Arbeitsplan der Engpassressource öffentlich gemacht wer- den. Hierzu zwei Beispiele: Beispiel aus dem Einkauf Den Einkauf erreichen zwei Anfragen, eine von der Engpassressource, die andere vom Geschäftsführer persönlich. Will der Einkäufer mit Rücksicht auf das „Gesamtsystem Unternehmen“ handeln, muss er die Engpassressource zuerst bedienen; hat sein Vorgesetzter die Prinzi pien von Critical Chain verstanden, wird er Verständnis für diese Ent scheidung zeigen. Beispiel aus der Produktion In der Produktion hält ein Unternehmen zwei Maschinen bereit, eine teure, computergestützte Maschine und eine 25 Jahre alte Drehma schine. An der Drehmaschine werden Teile für einen Prototyp erstellt, den die Engpassressource „Prüfstand“ benötigt. Beide Maschinen ar beiten fehlerhaft. Nach herkömmlicher Rechnung müsste zunächst die teure Maschine repariert werden (höherer Maschinenstundensatz). Nach den Regeln von Critical Chain hat nun die Reparatur der alten Drehmaschine höhere Priorität. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Risiken bei der Implementierung von CriticalChainMultiprojektmanagement 3 85 Gefahr: Fertige CriticalChainMultiprojekt managementlösung präsentieren Weshalb hat das Analyseteam die ganzen Untersuchungen durchge- führt? Weshalb hat der neue Geschäftsführer nicht gleich den Lö- sungsansatz auf den Tisch gelegt? Seine Gedanken hierzu leuchten ein: Eine fertige Lösung von außen hätten die Mitarbeiter und Füh- rungskräfte nicht akzeptiert. Dadurch, dass die Probleme, Konflikte und Hintergründe in der Umgebung von Toggotec von Mitarbeitern und Führungskräften selbst erarbeitet werden, entsteht eine innere Bereitschaft für die Veränderung. Wichtig ist also eine Sensibilisierung, die bei der Analyse der Aus- gangssituation beginnt und in die dann die Lösungsbausteine des Critical-Chain-Ansatzes unter der fachlichen Anleitung des Analyse- teams integriert werden. Experten, die moderieren, können dabei hilfreich sein, den bekannten Ratschlag mit dem Zeigefinger braucht Toggotec jedoch nicht. Nach ca. fünf Monaten wird der Hebel umgelegt. Die Projekte wer- den sich nicht mehr behindern. Eine alte Last kann dann endlich über Bord geworfen werden. Doch der Geschäftsführer lässt dem Analyseteam keine Ruhe. Die Schnelligkeit und Zuverlässigkeit in den Projekten kann Toggotec durch das neue Multiprojektmanagement steigern, gewiss. Doch werden noch erhebliche Potenziale im Einzelprojekt vermutet, und an diesen Potenzialen setzt das Analyseteam nun an. Auch sie sollen erschlossen werden. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 87 4 Ergebnisorientierte Projektplanung Das Analyseteam untersucht die einzelnen Projektpläne. Es stellt fest: Die Projektpläne bei Toggotec sind lückenhaft und zum größ- ten Teil realitätsfern. Einige haben unlogische Verbindungen zwi- schen Vorgänger- und Nachfolgerbeziehungen, in anderen Arbeits- paketen stimmen die geschätzten Zeiten mit der Realität nicht über- ein. Auch findet das Team noch veraltete Technologien in den Plä- nen, nach denen schon lange nicht mehr entwickelt wird. Zu allem Überfluss gibt es in manchen Projekten vier bis sechs verschiedene Projektpläne, einen vom Kunden, einen von Toggotec, einen, der der Startphase angepasst wurde usw. Besonders dann, wenn ein Standardprojektplan übernommen wird, weist die Anpassung meistens erhebliche Fehler auf. Die Projektlei- ter haben zum einen nicht die Zeit, um die benötigten Informatio- nen einzuholen, und es stehen ihnen zum anderen auch nicht die notwendigen Mitarbeiter zur Verfügung. So sind sie bei der Erstel- lung des Projektplans, vor allem mit den Entwicklungs- und Pro- duktionsdetails, mehr als überfordert. Nimmt man derart unrealistische Projektpläne als Basis für den Critical-Chain-Ansatz, kann keine Verbesserung erzielt werden. Es nützt wenig, Zeitpuffer zu setzen und Projekte zu staffeln, wenn der Projektplan nicht stimmt. Denn jeder Projektmanagementansatz setzt korrekte Projektpläne voraus. 4.1 Projektkultur verhindert den realistischen Projektplan Wenn bei Toggotec eine Projektanfrage eines Kunden eintrifft, läuft die Anfragebearbeitung wie folgt ab: Der Kunde teilt dem Ver- triebsmitarbeiter seinen Projektendtermin mit. Der Kunde von Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 4 Ergebnisorientierte Projektplanung 88 Toggotec ist in seinem eigenen Unternehmen wiederum Mitarbeiter, beispielsweise als Einkäufer. Und in seinem eigenen Unternehmen will der Kunde als zuverlässiger Mitarbeiter gelten; er wird daran gemessen, ob er die Ware seines Lieferanten rechtzeitig beschaffen kann. So wird der Einkäufer einen Zeitpuffer in seiner Planung ein- binden und seinen Termin entsprechend setzen. Der Vertriebsmitarbeiter von Toggotec sagt seinem Kunden den Projektendtermin zunächst zu. Auch er will sich absichern und fügt ebenfalls einen kleinen Sicherheitspuffer ein, z. B. für eventuell auf- tretende Abnahmeschwierigkeiten usw. Nun geht der Vertriebsmit- arbeiter mit dem neuen Auftrag in die Auftragsklärung. dort schüt- telt man in der Regel den Kopf, da der Termin mit den ganzen Son- derlösungen fast nicht zu realisieren ist. Das Projekt wird nun intern geplant. Der Toggotec-Einkäufer nennt seine Liefertermine für die Zukauf- teile und das Rohmaterial. Er wird daran gemessen, wie günstig er einkauft. Wie lange die günstige Beschaffung neuer und unbekann- ter Teile dauert, das kann er nicht sicher kalkulieren. Also fügt er für sich und seine Abteilung ebenfalls einen kleinen Zeitpuffer ein. Der Produktionsleiter addiert ebenfalls einen Zeitpuffer, da manche Teile noch nie gefertigt wurden. Die Produktion wird an Stückzahl und Produktivität gemessen, folglich will er nicht sofort seine lau- fende Serienfertigung unterbrechen. Er fügt für sich einen weiteren kleinen Zeitpuffer ein, damit im Falle eines Falles seine Produktivi- tätskennzahl nicht zerstört wird. So geht es weiter: Jeder Bereich, der dem Projekt zuarbeitet, fügt „persönliche“ Zeitpuffer ein, um sich abzusichern und den Kennzahlen zu genügen. Zu guter Letzt packt der Projektleiter, der ja hauptsächlich an den Kosten und der Ter- mineinhaltung gemessen wird, ebenfalls noch einen kleinen Puffer drauf. Der intern errechnete Termin weicht nun vom Kundenwunschter- min oftmals um 30 bis 70 % ab. In dieser Situation gibt dann bei Toggotec meistens eine hohe Führungskraft die Devise aus: „Wenn das der Wettbewerb so anbietet, dann schaffen wir das auch!“ und legt den Endtermin kraft Amtes fest. Jetzt glaubt niemand mehr an den so zustande gekommenen Projektplan. Jeder sichert sich ab. Das große Rechtfertigungsspiel startet. Das Projekt wird ohnehin nicht Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektkultur verhindert den realistischen Projektplan 4 89 pünktlich fertig werden, zumindest in diesem Punkt sind sich alle einig. Fazit: Niemand glaubt an die Umsetzung des „realistischen“ Pro- jektplans, daher verwenden Projektleiter einen beliebigen alten Standardplan und passen ihn in kurzer Zeit an. Niemand sieht sich gefordert, einen exakten Projektplan auszuarbeiten; dieser würde ohnehin realitätsfern sein. Auswirkungen „falscher“ Abhängigkeiten Das Analyseteam untersucht nun detailliert, wie die Projektpläne bei Toggotec bisher erstellt wurden. Nachdem die Projektziele klar be- schrieben sind, wird ein Projektstrukturplan aufgestellt. Der Pro- jektplaner zerlegt dann die großen Projektaufgaben in immer kleine- re Aufgaben – bis hinunter auf die Ebene der Arbeitspakete. Diese Arbeitspakete werden dann mit einer Zeit- und Aufwandsschätzung versehen, um sie anschließend in eine zeitliche Reihenfolge zu brin- gen. Hierbei werden häufig notwendige Aufgaben vergessen, weil es keine Instrumente für einen Vollständigkeitscheck gibt. Die Projektleiter gehen von einer Idealsituation aus und kalkulieren Schwierigkeiten und Stolpersteine nicht mit ein. Unnötige Aufgaben werden dagegen eingeplant („Das haben wir schon immer so gemacht!“). Manchmal beruft sich der Projektleiter auch auf die Projektmanagementstan- dards im Handbuch. Er übersieht dabei wichtige Abhängigkeiten zwischen Arbeitspaketen, weil schon ein relativ kleines Projekt eine unüberschaubare Vielzahl theoretisch möglicher Abhängigkeiten aufweist. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 4 Ergebnisorientierte Projektplanung 90 1 4 2 5 3 „2“ ist abhängig von „1“ „5“ ist abhängig von „2“ und „4“ „4“ ist abhängig von „3“ 10 20 30 40 60 50 0 Tage Abb. 18: Falsche Abhängigkeiten, Teil 1 Angenommen, in einem Projektplan werden die Abhängigkeiten „richtig“ erkannt und abgebildet. Durch einen kleinen Fehler in der Projektplanung kann es jedoch dazu kommen, dass eine Abhängig- keit übersehen wird. Genauso gut kann aber auch eine Abhängigkeit definiert werden, die gar nicht notwendig wäre. In Abbildung 18 wird ein kurzer Projektplan abgebildet. Angenommen, es wird ver- sehentlich die Aufgabe 4 als zusätzliche Voraussetzung für die Auf- gabe 2 definiert. Dann sähe der Projektplan plötzlich so aus und die Projektlaufzeit verlängerte sich deutlich: 1 4 2 3 10 20 30 40 60 50 0 Tage 70 80 5 Abb. 19: Falsche Abhängigkeiten, Teil 2 Solche „kleinen“ Fehler kommen bei Toggotec oft vor, da: • es schon bei 150 bis 200 Aufgaben innerhalb eines Projektes tausende möglicher Abhängigkeiten gibt; Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektkultur verhindert den realistischen Projektplan 4 91 • die eingesetzte Projektmanagementsoftware kein systematisches Vorgehen zum Erkennen und Definieren von Abhängigkeiten beinhaltet; • die systematische Definition von Abhängigkeiten kein Bestand- teil der Ausbildung von Toggotec-Projektleitern ist. Projekt ROBI Das Analyseteam sucht sich aus den Projektplänen das Projekt ROBI für die weitere Analyse aus. ROBI ist ein Projekt, bei dem bereits eine Folgeanfrage vorliegt, sozusagen ROBI 2. Daher lohnt es sich doppelt, dieses Projekt genauer zu untersuchen. Im Projektplan für ROBI ist eine Abhängigkeit nicht dargestellt worden. Im Folgenden ein Auszug aus dem Projektplan ROBI 1: LE-Design B 3 LE-Prod. D 4 Platinen- Entw. A 5 Leitungs- plan B 6 Aufg.1 C 1 Aufg.2 C 2 Abb. 20: Auszug aus dem Projektplan ROBI 1 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 4 Ergebnisorientierte Projektplanung 92 In diesem Projekt sind die Mitarbeiter B und C wie folgt eingeplant: LE-Design B 3 Leitungs- plan B 6 Aufg.1 C 1 Aufg.2 C 2 Mitarb. B Plan Mitarb. C Plan I Tage I I I I I I I 5 10 Einsatzplan für Mitarbeiter B und C Abb. 21: Arbeitsplan für die Mitarbeiter B und C In der Woche 1: Mitarbeiter C beginnt mit der Aufgabe 1 und stellt nach zwei Tagen fest, dass er zum Weiterarbeiten den Leitungsplan benötigt. Diese Verbindung ist im Projektplan allerdings nicht berücksichtigt. Mitarbeiter C fragt nun den Mitarbeiter B nach dem Leitungsplan. Mitarbeiter B steht vor der Entscheidung, • am LE-Design (Aufgabe 3) weiterzuarbeiten, damit D rechtzeitig mit der LE-Produktion (Aufgabe 4) beginnen kann oder • das LE-Design zu unterbrechen, damit C möglichst schnell mit Aufgabe 1 weiterarbeiten kann. Da Mitarbeiter D noch nicht an- gefragt hat, könnte B sich entscheiden, zunächst am Leitungs- plan zu arbeiten. So beginnt das Multitasking bei Mitarbeiter B. Mehrere Aufgaben werden parallel bearbeitet. Gleichzeitig entsteht Multitasking bei C, da dieser sich einer anderen Aufgabe zuwenden muss. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektkultur verhindert den realistischen Projektplan 4 93 Mitarb. D IST Mitarb. C IST Mitarb. B IST LE-D Aufg 1 Leitungs- plan I I I I 2 5 Tage 0 Tatsächlicher Ablauf der Woche 1 Abb. 22: Tatsächlicher Ablauf der ersten Woche Am Montag der zweiten Woche will nun der Mitarbeiter D mit der LE-Produktion beginnen und fragt bei B nach dem fertigen LE- Design. Mitarbeiter B ist verwundert, dass D schon beginnen will, und teilt D mit, dass er das LE-Design noch nicht abgeschlossen hat, und zwar wegen anderer Prioritäten. Mitarbeiter B hat den Leitungsplan noch nicht ganz abgeschlossen, aber übergibt diesen schon an C, damit C mit Aufgabe 1 fortfahren kann. Dann setzt B mit Hochdruck die Arbeit am LE-Design fort und übergibt dieses an Mitarbeiter D, der so mit vier Tagen Verspä- tung die LE-Produktion startet. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 4 Ergebnisorientierte Projektplanung 94 D IST C IST B IST L P LE- Design I I I I 6 10 Tage Aufg 1 L P Tatsächlicher Ablauf der Woche 2 Abb. 23: Tatsächlicher Ablauf der zweiten Woche In der Woche 3: Nun hat Mitarbeiter B Zeit, den Leitungsplan fertigzustellen. Dabei wird er einige Male durch seinen Kollegen D unterbrochen und stellt fest, dass es in seiner Konzeption des Leitungsplanes einige Fehler gibt, die er nun sehr sorgfältig ausräumt. Als er damit fertig ist, übergibt er den fertigen Leitungsplan an C. Mitarbeiter C hatte die Aufgabe 1 bereits abgeschlossen und mit Aufgabe 2 begonnen. Aufgabe 2 muss er aber nun für Nacharbeit an Aufgabe 1 unterbre- chen. Wieder kommt es zu einem Multitasking. D IST C IST B IST Leitungs- plan I I I I 11 15 Tage Aufg 2 L P Nacharbeit zu Aufg. 1 LE- Produktion Tatsächlicher Ablauf der Woche 3 Abb. 24: Tatsächlicher Ablauf der dritten Woche Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektkultur verhindert den realistischen Projektplan 4 95 In der Woche 4: Nun hat Mitarbeiter B auch endlich Zeit, das LE-Design nochmals in Ruhe anzuschauen – auch dabei findet er einige Ungereimtheiten, die sich durch die zwischenzeitlich erfolgten Nachfragen von D bereits angedeutet hatten, und räumt auch diese aus. Das hat natür- lich zur Folge, dass auch D die LE-Produktion nochmals in die Hand nehmen und nachbearbeiten muss. D IST C IST B IST L D Aufg. 2 I I I I 16 20 Tage Nach- arbeit Nach- arbeit Tatsächlicher Ablauf der Woche 4 Abb. 25: Tatsächlicher Ablauf der vierten Woche Die oben dargestellten Planungsfehler bei Toggotec führen zu den gleichen unerwünschten Effekten, wie wir sie bereits in Kapitel 1.2 aufgezählt haben. Projekte sind aufwändiger und dauern länger als geplant. Termine können nicht eingehalten werden. Kunden sind unzufrieden und reklamieren. Dadurch sind die Projekte teurer als geplant und die wirtschaftlichen Ergebnisse entsprechend schlecht. Um den unerwünschten Effekten gegenzusteuern, werden neue Standards eingeführt. Diese sollen das erhöhte Sicherheitsbedürfnis befriedigen. Bei Toggotec sind es aber oft die zunehmenden Kon- trollen und Regeln, die das Projekt zusätzlich in seinem Fortschritt behindern. Dadurch wird eine negative Endlosschleife in Gang ge- setzt, die in der folgenden Abbildung dargestellt ist. Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 4 Ergebnisorientierte Projektplanung 96 Notwendige Aufgaben werden bei der Projektplanung vergessen Es treten Störungen und unvorhergesehene Ereignisse auf Reale Abhängig- keiten werden bei der Projektplanung vergessen Versprochene Termine werden überschritten Ungeplante Wartezeiten entstehen Ungeplanter Aufwand entsteht Qualitative Probleme in der Realisierung Projektlaufzeit (IST) ist länger als geplant Projekte werden teuer als geplant Kunden sind unzufrieden, reklamieren, fordern Vertragsstrafen ein Wirtschaftliche Ergebnisse verschlechtern sich Es entsteht ein Sicherheitsbedürfnis der Organisation, Fehler zu vermeiden Abb. 26: Es treten Störungen auf, Teil 1 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektkultur verhindert den realistischen Projektplan 4 97 Es treten Störungen und unvorhergesehene Ereignisse auf Unnötige Abhängig- keiten werden eingeplant Unnötige Aufgaben werden eingeplant Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmers sinkt Projektlaufzeit (Plan) ist länger als nötig Projekt ist aufwändiger/teurer als nötig (Plan + IST) Ein gängiger Ansatz zur Fehlervermeidung ist es, Standards (Meilensteine, Kontrollen, Aufgaben) festzulegen und für deren Einhaltung zu sorgen PM-Regelwerke, Entwicklungshandbücher etc. enthalten eine Vielzahl von Standards, die eingehalten werden müssen (aber nicht immer passen und sinnvoll sind) Projektlaufzeit (IST) ist länger als nötig Es entsteht ein Sicherheitsbedürfnis der Organisation, Fehler zu vermeiden Negative Endlosschleife Abb. 27: Es treten Störungen auf, Teil2 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 4 Ergebnisorientierte Projektplanung 98 4.2 Projektplanung nach dem „PullPrinzip“ Das neu zu erstellende Critical-Chain-Planungskonzept begegnet den dargestellten Schwierigkeiten, indem es nicht die Arbeitspakete und Aufgaben analysiert, sondern konkret nach den Ergebnissen fragt. Der Schwerpunkt liegt auf dem jeweiligen Teilergebnis, dies zieht dann die entsprechenden Arbeitspakete und Aufgaben nach sich. Die Ziele des Projektes bilden die Basis für die Planung. Sie sind exakt zu definieren. Zudem muss bei der Planung das Projekt gewissenhaft simuliert werden. Hierzu wird bei größeren Projekten geeignete Software benötigt (vgl. CD). Abhängigkeiten zwischen Arbeitspaketen und Zwischenergebnissen sind systematisch durch die jeweils Verantwortlichen zu überprüfen. Eine weitere Forderung: Die Vollständigkeit der Zwischenergebnisse und Arbeitspakete muss ebenfalls von den jeweils Verantwortlichen überprüft werden. Daraus hat das Toggotec-Analyseteam fünf Handlungsempfehlun- gen abgeleitet: Schritt 1: Das Projektziel verstehen und konkretisieren Oft wurde die Erfahrung gemacht, dass das Projektziel den Projekt- beteiligten nicht klar und nicht messbar war. Deshalb muss das Projektziel konkretisiert und nochmals mit dem Auftraggeber bzw. der Geschäftsleitung abgestimmt werden. Eine solche Abstimmung kann zum Beispiel wie folgt aussehen: „Am 31.03.07 steht der Proto- typ verpackt und mit allen technischen Dokumentationen versehen in München für die Firma XY zum Einbau in den Prototypen-LKW bereit“. Danach wird das Ergebnis des Projektes in die zu liefernden Teilergebnisse gegliedert, z. B.: • zwei voll funktionsfähige Prototypen vom Typ A • zwei voll funktionsfähige Prototypen vom Typ B • ein Prototyp vom Typ A, der nicht in Betrieb gesetzt, sondern einem Fahrtest unterzogen wird • Dokumentationen lt. Spezifikation Daraus ergeben sich die Teilprojekte des Gesamtprojektes. So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektplanung nach dem „PullPrinzip“ 4 99 Schritt 2: Stolpersteine identifizieren Anspruchsvolle Projekte haben Stolpersteine auf dem Weg zur Ziel- erreichung. Werden diese Stolpersteine schon bei der Planung be- rücksichtigt, so gelingt es, einen Projektplan zu erstellen, der früh- zeitig die Projektrisiken berücksichtigt. Tipp: Erarbeiten Sie den Projektplan unbedingt mit den Projektbeteiligten, die nachher dafür verantwortlich sind, dass gewisse Zwischenergebnisse erreicht werden. Es werden daher im Projektplanungsteam die Stolpersteine auf dem Weg zum Projekterfolg gesammelt, unter Berücksichtigung der Bedenken und Befürchtungen aller Beteiligten. Selbstverständlich sollte auch auf die Analyse der Interessengruppen und Risiken zu- rückgegriffen werden. Die Stolpersteine werden dann in eine Über- sicht eingetragen. Schritt 3: Engpassfaktoren/begrenzende Faktoren Für jeden Stolperstein wird nun der jeweilige Engpassfaktor identifi- ziert und in einer Übersicht festgehalten. Der Engpassfaktor ist das, was fehlt, um den Stolperstein zu überwinden oder zu umgehen. Ein Beispiel: Als Stolperstein bei einer Expedition identifiziert das Planungsteam einen großen Fluss mit einer reißenden Strömung, den es zu überqueren gilt. Der Engpassfaktor ergibt sich dadurch, dass das Planungsteam nicht weiß, wie die Expeditionsteilnehmer über den Fluss kommen. Würde eine große Brücke vorhanden sein, hätte das Projektplanungsteam wohl kaum die Flussüberquerung als Stolperstein identifiziert. Der Engpassfaktor zwingt das Planungs- team, das Problem konkret zu benennen. Schritt 4: Zwischenergebnisse Für jeden Stolperstein wird ein Zwischenergebnis definiert, das erreicht wird, sobald der Stolperstein erfolgreich überwunden ist. Das Zwischenergebnis wird wie ein Ziel formuliert (nämlich als Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 4 Ergebnisorientierte Projektplanung 100 einen zu erreichenden Zustand in der Zukunft) und in die Übersicht eingetragen. 2 Wir wissen nicht, wie wir über den Fluss kommen – gäbe es eine Brücke, wäre das kein Problem Bei einer Expedition muss ein gro- ßer, reißender Fluss über- quert werden 1 Zwischenziel/ Zwischen- ergebnis Engpassfaktor Stolperstein Teilergebnis: Abb. 28: Stolperstein, Engpassfaktor, Zwischenergebnis Schritt 5: Stolpersteine bilden das Rückgrat des Projektes Für jedes Teilergebnis fragt sich nun das Projektteam, was alles schief gehen kann, wo also die Stolpersteine auf dem Weg zur Er- zeugung des Teilergebnisses liegen. Für jeden dieser Stolpersteine wird ein Plan zu dessen Überwindung erstellt. Die verschiedenen Zwischenergebnisse werden in eine logische Reihenfolge gebracht, um die Abhängigkeiten im Projekt zu erkennen. Folgende Fragen sind dabei zu beantworten: • Welches Zwischenergebnis wird notwendig, damit ein anderes Zwischenergebnis erreicht werden kann? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektplanung nach dem „PullPrinzip“ 4 101 • Welche Zwischenergebnisse müssen erreicht sein, damit das Projektziel erreicht werden kann? • Dann wird die Reihenfolge geprüft, indem der Satz ergänzt wird: „Um ... zu bekommen, muss ich/müssen wir ...“ Falsch dargestellte Reihenfolgen werden so schnell ersichtlich. Wenn der oben genannte Satz lautet: „Um A zu erreichen, muss ich zuvor B erreicht haben“, dann ist schnell offensichtlich, dass die Reihen- folge im Projektplan nicht stimmt. Voraussetzung Projektziel/ Projektnutzen 1. Um ... ... zu erreichen .... 2. muss ich ... ... erreichen ... Annahme/Grund 3. weil ... Abb. 29: Abhängigkeiten „Necessary Cause“ Auf diese Art und Weise werden in mehreren Stufen die Zwischen- ziele definiert und ihre Abhängigkeiten festgelegt. Um dabei die Einfügung unnötiger Abhängigkeiten zu vermeiden, wird die Be- gründung für die Abhängigkeit angegeben und visualisiert. Um keine Aufgabe und keine Abhängigkeit zu vergessen, wird als Nächstes gefragt, ob die Aussage „Wenn die Zwischenergebnisse L, C und A erreicht sind, dann wird auch das Projektziel Z erreicht“ stimmt. Sind wirklich alle notwendigen Voraussetzungen vorhan- den, um das jeweilige Zwischenergebnis zu erreichen? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 4 Ergebnisorientierte Projektplanung 102 Zwischenergebnis D Zwischenergebnis C Zwischenergebnis B Zwischenergebnis A Projektziel Zwischenergebnis M Zwischenergebnis L Abb. 30: Projektziel „Sufficient Cause“ Dank dieser Vorgehensweise entsteht ein Netzwerk der Aufgaben, Zwischen- und Teilergebnisse und ihrer Abhängigkeiten unterein- ander. In diesem Netz wird den Stolpersteinen – den spezifischen Engpässen des Projekts – besondere Aufmerksamkeit zuteil. Schritt 6: Aktivitäten Anschließend werden die Projektschritte bzw. Einzelaktivitäten für jedes Zwischenergebnis festgelegt und auf Vollständigkeit überprüft. Bei der Überprüfung der Abhängigkeiten der Zwischenergebnisse durch die Aktivitäten, stellt es sich ab und zu heraus, dass für die Durchführung einer Aktivität ein Zwischenergebnis nötig ist, das eigentlich erst zu einem späteren Zeitpunkt erreicht werden sollte. Diese neuen Erkenntnisse bzw. Abhängigkeiten können nun eben- falls in den Projektplan einfließen. Als weitere Quellen für den Vollständigkeitscheck kommen in Frage: • Pläne früherer, ähnlicher Projekte Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Projektplanung nach dem „PullPrinzip“ 4 103 • die Bedingungen, die zum Ende der einzelnen Projektphasen erfüllt sein müssen, um die jeweilige Phase abschließen zu kön- nen Tipp: Es ergibt keinen Sinn, alle Aktivitäten in den Projektplan einzutragen, da dieser dann zu unübersichtlich wird. Die einzelnen Projektteammitarbei ter wissen ohnehin, welche Aktivitäten zum Erreichen des Zieles not wendig sind. Es genügt, die Zwischenergebnisse festzuhalten und diese mithilfe des Staffelläuferprinzips aktiv zu verfolgen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 105 5 Das CriticalChainProjekt Weshalb kann Toggotec notfalls Eilprojekte um 40 % schneller als „normale“ Projekte abwickeln? Gibt es noch nicht bekannte Instru- mente? Eine gute Frage. Die Führungskräfte von Toggotec wissen: Dieses Tempo ist in der alten Multiprojektumgebung nur möglich, weil die Geschäftsleitung dem Eilprojekt höchste Priorität einräumt. Die anderen Projekte und Aufgaben müssen dann hintangestellt werden. Man erinnert sich aber, dass die negativen Auswirkungen auf die anderen Projekte gar nicht so ausgeprägt waren wie man zum Start des Eilprojektes ROBI 1 eigentlich vermutet hatte. So wie in der Multiprojektumgebung viel Zeit mit Multitasking vertan wird, gibt es eventuell auch Mechanismen im Einzelprojekt, die dazu führen, Ressourcen unnütz zu verbrauchen. Es gilt nun zu untersuchen, ob es möglich sein kann, einzelne Projekte zu be- schleunigen. Oder anders formuliert: ob die im Moment durchge- führten Einzelprojekte – wenn man sie isoliert betrachtet – länger dauern, als sie eigentlich müssten. Das Analyseteam untersucht zunächst den Konflikt, in dem die Projektleiter stecken. 5.1 Konflikte der Projektleiter In einer Projektleiterkonferenz von Toggotec werden die Projektlei- ter nach ihren größten Schwierigkeiten im Einzelprojekt gefragt. Sie antworten: „Wir kämpfen mit vielen Änderungswünschen, teilweise von Kunden, teilweise von unserer eigenen Entwicklung – ohne dass unser Projekttermin verschoben werden kann. Einzelne Mitarbeiter und vor allem unsere Lieferanten halten die gesetzten Meilensteine nicht ein. Oft werden keine Entscheidungen an oberster Stelle ge- troffen, man lässt die Projektleiter allein. Viele Ergebnisse entspre- chen nicht den geforderten Kundenspezifikationen und müssen noch einmal nachgearbeitet werden. Wären die Kundendaten recht- zeitig im Haus, könnten die Projektmanager erheblich Zeit sparen.“ Diese Konflikte wurden zunächst einmal genau beleuchtet: Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 106 Konflikt 1: Es gibt zu viele Änderungen „Nein“, erwidert der Toggotec-Chef in der Konferenz. Er betont, dass Änderungen keine Störungen sind. Sie gehören zum Tagesge- schäft. Die Projektleiter müssen sie entsprechend einplanen. Nie- mand widerspricht. „Einige haben wohl vergessen“, fährt der Ge- schäftsführer fort, „dass sich manche alten Projekte nur deshalb rentiert haben, weil viele erforderlichen Änderungen entsprechend an den Kunden weiterverrechnet werden konnten. Dies muss eine Stärke unseres Unternehmens sein – und keine Störung. Dass unsere Projekte durch Änderungen länger dauern als geplant, darf nicht zum Standard erhoben werden. Wenn die Änderungswünsche der Kunden in unseren Plänen richtig berücksichtigt werden und es entsprechende Vereinbarungen diesbezüglich mit unseren Kunden gibt, wird dieser Aspekt planbar und steuerbar sein.“ Er gibt den Projektleitern die Aufgabe, die Konflikte, in denen sie sich befinden, aufzunehmen und genau zu analysieren. Als Hilfestel- lung verweist er auf die Dilemma-Wolke, die bereits bei der Analyse der Multiprojektmanagementumgebung hilfreich gewesen war. Er fordert sie auf, die falschen Annahmen herauszufiltern, die den Konflikten zugrunde liegen müssen. Die Dilemmata im Einzelnen Ungeplante Änderungen können das Projekt verzögern. Um diese Verzögerung zu vermeiden, gibt es zwei Ansätze. Unternehmen stellen mehr Ressourcen für das Projekt bereit, so dass die Aufgaben im Projekt schneller abgearbeitet werden können. Oder die Ände- rungen werden zurückgewiesen, so dass kein Mehraufwand entsteht. Meist landet man dann bei einem Kompromiss zwischen Zurück- weisung und einer minimalen Änderung, die möglichst wenig Ein- satz erfordern darf. Dieser Kompromiss hat dann zwei ungünstige Konsequenzen – eine nicht ausgereifte Änderung und ein verzöger- tes Projekt – und stellt die Kunden auf keinen Fall zufrieden. Die Schwierigkeit, in der sich der jeweilige Projektleiter befindet, sieht so aus: Entscheidet er sich, zum Ausgleich des Zeitverlustes, der durch die Änderung entsteht, mehr Ressourcen einzusetzen, dann erhöht er dadurch die Kosten des Projektes und gefährdet das Pro- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konflikte der Projektleiter 5 107 jektbudget. Wenn er allerdings versucht, die Änderungen abzuleh- nen, dann riskiert er die Erreichung der Projektergebnisse. Vielleicht nicht unbedingt die im Vertrag vereinbarten Ergebnisse, jedoch die, die sich der Kunde durch die Änderungen erhofft. Bei Ablehnung riskiert er also die Zufriedenheit des Kunden. Er steckt in einem Dilemma. Egal, welche Entscheidung er trifft, sie wird negative Kon- sequenzen haben. Projekt erfolgreich abschließen Gewünschtes Projektergebnis erzeugen Änderungswünsche des Kunden akzeptieren Versprochenen Termin und Budget einhalten Änderungswünsche des Kunden NICHT akzeptieren A B D C D‘ Abb. 31: Dilemma Änderungswünsche Um das Projekt (A) erfolgreich abschließen zu können, muss der Projektleiter das gewünschte Projektergebnis erzeugen (B). Um das gewünschte Projektergebnis liefern zu können, muss er den Ände- rungswunsch des Kunden (D) akzeptieren. Außerdem muss er, um das Projekt erfolgreich abschließen zu können, den versprochenen Termin und das versprochene Budget (C)einhalten. Um Termin und Budget einhalten zu können, darf er die Änderungswünsche des Kunden (D’) nicht akzeptieren. Bevor die zugrunde liegende falsche Annahme identifiziert wird und der Konflikt sich auflöst, geben wir Ihnen noch ein weiteres Beispiel für dieses Dilemma: Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 108 Konflikt 2: Meilensteine werden nicht gehalten, Ressourcen stehen nicht wie geplant zur Verfügung Für eine Aufgabe innerhalb des Projektes wird der versprochene Fertigstellungstermin nicht eingehalten. Dabei ist es zunächst uner- heblich, ob dies ein eigener Mitarbeiter oder ein Lieferant verur- sacht. Auch hier befindet sich der Projektleiter in einem Dilemma, wie folgendes Bild zeigt: Projekt erfolgreich abschließen Verzögerungen wieder aufholen Verstärkt Ressourcen einsetzen Versprochenes Budget einhalten Keine weiteren Ressourcen einsetzen A B D C D‘ Abb. 32: Zusätzliche Ressourcen Um das Projekt erfolgreich abschließen zu können(A), muss der Projektleiter die Verzögerung wieder aufholen(B). Um die Verzöge- rung wieder aufholen zu können, muss er verstärkt Ressourcen ein- setzen (D), z. B. einen weiteren Mitarbeiter. Andererseits muss er, um das Projekt erfolgreich abschließen zu können, das Projekt- budget einhalten(C). Um das Projektbudget einhalten zu können, darf er nicht mehr Ressourcen einsetzen (D’). Eine Ressource steht zum geplanten Zeitpunkt nicht für das Projekt zur Verfügung, weil sie noch für ein anderes Projekt arbeitet. Jetzt könnte der Projektleiter einfach auf einen anderen Mitarbeiter oder ein anderes Betriebsmittel zugreifen, vielleicht sogar auf eine Ressource, die gerade frei verfügbar ist. Er macht es jedoch nicht, denn die ursprünglich eingeplante Ressource kann die Aufgabe aufgrund ihrer Qualifikation und Erfahrung in kürzerer Zeit umset- zen – deshalb wurde ja gerade diese Ressource eingeplant. Wenn der Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konflikte der Projektleiter 5 109 Projektleiter jetzt, um das Projekt nicht zu verzögern, auf eine ande- re Ressource zurückgreift, kann dies Nachteile haben. Beispielsweise hat der Mitarbeiter weniger Erfahrung und benötigt daher mehr Zeit für diese Aufgabe. Wenn nun aber die freien Ressourcen noch den gleichen kalkulatorischen Stundensatz haben, dann wird das Projekt teurer, obwohl dieselbe Leistung für das Projekt erbracht wird. Das Dilemma sieht für den Projektleiter also wie folgt aus: Erfolgreiches Projekt Verzögerungen vermeiden Auf andere Mitarbeiter ausweichen Budget einhalten Nicht auf andere Mitarbeiter ausweichen B D C D‘ A Abb. 33: Dilemma des Projektleiters – Terminverzögerung Um das Projekt erfolgreich abzuschließen (A), muss er die Verzöge- rung vermeiden(B), die dadurch entsteht, dass eine Ressource nicht verfügbar ist. Um diese Verzögerung zu vermeiden, muss er auf einen anderen Mitarbeiter ausweichen (D). Er darf aber nicht auf einen anderen Mitarbeiter ausweichen (D’), weil das die Einhaltung des Budgets gefährden könnte. Um aber das Projekt erfolgreich abschließen zu können, muss er sein Budget einhalten (C). Für viele weitere Schwierigkeiten kann das Dilemma, in dem sich der Projektleiter befindet, ähnlich analysiert werden. Wenn man sich die drei beschriebenen Konflikte anschaut, dann erkennt man ein gemeinsames Muster, das im Zusammenhang mit dem so ge- nannten „magischen Dreieck“ des Projektmanagements steht. Das magische Dreieck des Projektmanagements beschreibt, dass eine Veränderung an einem der drei Eckpunkte, nämlich Qualität, Kos- ten und Termin, immer auch eine Veränderung an wenigstens einer der beiden anderen Eckpunkte des Dreiecks nach sich zieht (vgl. Kapitel 1.1). Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 110 Die aus den vorangegangenen Abbildungen verallgemeinerte Form des Dilemmas, in dem sich der Projektleiter befindet, sieht folgen- dermaßen aus: Erfolgreiches Projekt Alle anderen Zusagen einhalten Genau das NICHT tun Gefährdete Zusagen einhalten Alles tun, was nötig ist A B D C D‘ Die im Projekt eingebaute Sicherheit reicht nicht aus B-D Die Zusagen sind existentielle Projekt- bestandteile A-B Es muss aktiv an das Problem herangegangen werden C-D Gefährdete Zusage ist existentieller Bestandteil der Projektvereinbarung A-C Abb. 34: Kernkonflikt des Projektleiters mit Annahmen Um das Projekt erfolgreich abschließen zu können (A), muss der Projektleiter die Zusage z. B. im Hinblick auf die Qualität, die Kos- ten oder die Termine einhalten (C). Eine dieser drei Zusagen wird durch die aufgetretene Schwierigkeit gefährdet. Um diese gefährdete Zusage einhalten zu können, muss der Projektleiter jetzt zusätzlich Maßnahmen ergreifen, wie beispielsweise zusätzliche Mitarbeiter einbinden, Änderungen ablehnen usw. (D’). Auf der anderen Seite darf er genau diese zusätzlichen Maßnahmen nicht ergreifen (D), weil er ja auch alle anderen Zusagen einhalten muss (B). Dieses Dilemma ist der Kernkonflikt des Projektleiters, den es jetzt aufzulösen gilt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konflikte der Projektleiter 5 111 Die Verbindung A-C begründet die Projektvereinbarung und kann nur in Ausnahmefällen mit dem Stichwort „Claim Management“ unter Zustimmung des Kunden verändert werden. Generell kann diese Verbindung nicht in Frage gestellt werden. In der Verbindung C-D´ muss der Projektleiter weitere Maßnahmen zur Einhaltung der gefährdeten Zusage ergreifen. Für die Verbin- dung A-B gilt das Gleiche wie für die Verbindung A-C. Projektver- einbarungen müssen in der Regel eingehalten werden. Nun bleibt noch die Verbindung B-D übrig. Der Projektleiter darf keine zusätzlichen Maßnahmen ergreifen, denn diese sind in seinem Plan nicht vorgesehen. Er überschreitet dann seinen Projektendter- min, sein Kostenbudget oder hat Qualitätseinbußen. Denn es herrscht die Annahme: Es gibt keine Kapazitätsreserven für Störun- gen im Projekt. Weder in zeitlicher noch in qualitativer Sicht oder beim Projektbudget. Hier kann man ansetzen. Fände das Analyse- team heraus, dass es durchaus Sicherheitsreserven im Projekt gibt, die jedoch auf irgendeine Art und Weise verschwendet würden, dann könnte das der Ausweg aus dem Kernkonflikt des Projektlei- ters sein. Kernkonflikt des Projektleiters: Dem Kernkonflikt des Projektleiters liegt die Annahme zugrunde, dass die Sicherheitsreserven im Projekt nicht ausreichen. Enthalten die Projektpläne Sicherheiten? Der neue Geschäftsführer fordert das Analyseteam also auf, den Aspekt „verschwendete Sicherheiten“ zu untersuchen. Dafür wird das Projekt ROBI 1 ausgewählt, das eines von den aus der Projekt- auswahl übrig gebliebenen 17 Projekten ist. Der Projektname ROBI 1 steht für eine Sondermaschine, die für den Produktionsanlauf eines großen deutschen Automobilherstellers entwickelt wurde. Eventuell soll diese Sondermaschine noch einmal in abgewandelter Form für ein Tochterunternehmen des Kunden gebaut werden. Daher gibt es eine hohe Bereitschaft, dieses Projekt genauer unter die Lupe zu nehmen. Die erste zu beantwortende Frage lautet: Wie entsteht der Projektplan von ROBI? Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 112 Die Sondermaschine wird als ein komplexes Gebilde angesehen, das in verschiedene Baugruppen unterteilt wird. Diese unterliegen ver- schiedenen Entwicklungs-, Fertigungs- und Montageschritten, bis hin zur Inbetriebnahme beim Kunden. Zu entwickeln sind Maschi- nenkomponenten, Steuerungseinheiten, Softwaresteuerungen, Elek- tronikkomponenten u. a. Für die Erstellung des Projektplans gibt es nun folgende Herange- hensweise: Die zu entwickelnde Maschine wird in Baugruppen un- terteilt und jede Baugruppe erhält einen Fertigstellungstermin, denn bei Toggotec herrscht folgende Annahme: Die beste Methode, für die Einhaltung des Projektendtermins zu sorgen, besteht darin, dass jede einzelne Baugruppe termingerecht fertig gestellt wird. Bei ROBI 1 gibt es viele neue Baugruppen, die zum ersten Mal ent- wickelt werden. Der Projektleiter fordert von den Entwicklern, dass sie ihren Aufwand grob schätzen sollen, damit er den Projektplan erstellen kann. Bei den bekannten Baugruppen werden die Zeiten aus ähnlichen Projektplänen eingetragen. Geschätzte Zeit Dem Analyseteam von Toggotec wird bewusst, dass alle Zeitangaben im Projektplan darauf beruhen, dass irgendjemand für die bekannte Baugruppe in vorangegangenen Projektplänen eine Schätzung abge- geben hat und dass diese Schätzungen seit fünf Jahren von einem Projektplan in den nächsten übertragen werden. Verbesserungen wie das neue CAD-Modellierungssystem, optimierte Fertigungsmetho- den und andere Technologiefortschritte führten fast gar nicht zu verkürzten Bearbeitungszeiten. Oft gab auch der Kunde den End- termin vor und alle mussten sich dem anpassen. Aber auch in die- sem Fall werden die Zeiten geschätzt, falls nötig gekürzt und dann in feste Termine umgewandelt. Auf diese Weise entsteht der ROBI-1- Projektterminplan, der jetzt für alle Projektbeteiligten beim Projekt- start verbindlich wird. Das Problem: Die Zeitschätzungen werden einfach in Vereinbarun- gen umgewandelt. Der gesamte Projektplan basiert auf der Annah- me: Wenn sich jeder einzelne an seinen Termin hält, wird auch der versprochene Endtermin für das Projekt realisiert. Wie man an ei- nem mathematischen Modell leicht beweisen könnte, kann dies aber Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konflikte der Projektleiter 5 113 nur unter Laborbedingungen funktionieren. Tritt nur eine Störung in der Projektkette auf, müssen sich alle nachfolgenden Termine verschieben und somit kann auch der Projektendtermin nicht mehr gehalten werden. Wie oft gibt es Störungen im Projekt? Bei Toggotec kommt dies ständig vor, so dass fast alle Projekte in Verzug sind. Der Weg, die Zeitschätzungen der Mitarbeiter in Terminvereinba- rungen umzuwandeln, führt nicht dazu, dass Liefertermine garan- tiert werden können. Aber was soll der Projektleiter stattdessen machen? Er kann ja nicht in seinen Projektplan eintragen: „Bau- gruppe eins wird ungefähr am 15. Juli fertig sein, vielleicht sogar schon am 1. Juni. Wenn jedoch die Kundendaten zu spät geliefert werden, dann erst am 30. September.“ Auf die Einhaltung welches der drei Termine sollte er dann drängen? Der Projektleiter wird nahezu gezwungen, einen Termin zu fixieren – mit allen beschriebe- nen Problemen. Zurück zu den Sicherheiten in den einzelnen Aufgaben: Wenn der Projektleiter einen Mitarbeiter fragt, wie lange er für eine bestimmte Aufgabe braucht, dann wird er so gut wie nie die Antwort erhalten, dass der Mitarbeiter beispielsweise genau drei Wochen benötigt. Der Mitarbeiter wird dem Projektleiter darlegen, was alles schief gehen kann, und danach wird er sich schließlich dazu durchringen, dem Projektleiter eine Zeitschätzung zu geben, die Sicherheiten für Stö- rungen enthält. Benötigt er für die reine Arbeitszeit drei Wochen, wird er nochmals zwei Wochen „Sicherheit“ addieren. Also fünf Wochen. Schätzungen werden in Vereinbarungen umgewandelt Start- und Endtermin ergeben sich aus der Rückrechnung vom Pro- jektendtermin unter Berücksichtigung der vorher festgelegten Vor- gänger-/Nachfolgerbeziehung. Oder er errechnet sich aus dem Pro- jektanfang. Hier werden die Zeiten der Aufgaben, die vorher statt- finden müssen, aufaddiert, so dass man weiß, wann die Aufgabe beginnen und wann sie abgeschlossen sein soll. Diese Zeiten werden dann in die klassischen Projektpläne bei Toggotec eingetragen. Es entstehen verbindliche Terminvereinbarungen mit dem Arbeitspa- ketverantwortlichen, indem Schätzungen in Vereinbarungen umge- wandelt werden. Das ist fast schon unfair, zumal einige der Termine Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 114 ohne Zustimmung des Arbeitspaketverantwortlichen eingetragen werden. ROBI 1 ist keine Ausnahme, die anderen Projektpläne kommen auf die gleiche Art und Weise zustande. Die Mitarbeiter, welche die Schätzungen abgeben, wollen als zuver- lässige Mitarbeiter gelten, denn das gesamte Zusammenwirken bei Toggotec geht von der Grundannahme aus: Wenn jeder Einzelne seine Arbeit ordentlich macht und sich an seine Zusagen hält, funk- tioniert auch das Ganze. Da die Mitarbeiter wissen, dass ihre Zeit- schätzungen in Zusagen umgewandelt werden, geben sie Zeitschät- zungen ab, die erhebliche Sicherheiten enthalten. Denn sie wissen: Nicht alles läuft glatt. Im Laufe der Arbeiten treten Störungen und Verzögerungen aller Art ein. Hinzu kommt, dass Mitarbeiter durch das schädliche Multitasking immer wieder in ihrer Arbeit unterbro- chen werden. Der übliche Weg, das Projektende zu sichern ist: Für jeden Projektschritt einen Fertigstellungstermin festlegen und dafür sorgen, dass diese Termine eingehalten werden Zeiten für einzelne Projekt- schritte können nicht exakt vorhergesagt, sondern nur geschätzt werden Zeitschätzungen von Mitarbeitern werden in Terminzusagen „umgewandelt“ und in den Projektplan eingetragen Mitarbeiter wollen und müssen als zuverlässige Mitarbeiter gelten Mitarbeiter versuchen, realistisch zu schätzen Eine realistische Schätzung berücksichtigt, dass nicht alles glatt läuft 1 2 3 4 5 6 Projektpläne enthalten signifikante Sicherheiten 7 Abb. 35: Gegenwartsbaum Einzelprojekt, Teil 1 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konflikte der Projektleiter 5 115 Um zu erkennen, wie groß diese Sicherheitspuffer in Projektplänen sind, befragt das Analyseteam die Mitarbeiter, die am Projekt ROBI 1 beteiligt sind. Repräsentativ ist die Aussage eines Softwareentwick- lers: Wenn er ungestört arbeiten könne, brauche er für die Entwick- lung ca. 80 Tage. Er weiß aber, dass er bei Toggotec erheblichen Störungen ausgesetzt ist, die er wie folgt beschreibt: Kollegen unterbrechen ihn für Kurz- schulungen an alten, bereits entwickelten Steuerungssystemen. Dann muss er kurz ein Update aufspielen oder der Chef hat eine Zwischenfrage zu seinem neuen Excel-Blatt. Gestört wird er auch durch den Vertrieb, der ganz schnell einen Entwurf für ein Pflich- tenheft für sein Angebot benötigt. Es kommt auch vor, dass ein Projekt einfach gestoppt wird. Fast niemand weiß warum, und nach einem halben Jahr wird es wieder gestartet, was zu unerwarteten Unterbrechungen im laufenden Projekt führt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 116 40 60 100 120 80 140 160 180 200 220 20 0 (1) Normalerweise (mit einer Wahr- scheinlichkeit von 50 %) müsste ich es in 100 bis 110 Tagen schaffen können. (4) Es könnte sein, dass noch Schwierigkeiten in den Aufgaben selbst auftreten. Dafür sollte ich ein paar Tage Sicherheitsreserve einplanen. (5) Alles in allem bin ich nur dann auf der sicheren Seite, wenn ich 200 bis 220 Tage angebe. (6) Wenn ich Pech habe, und Herr Müller wieder krank ist, dauert es noch viel länger. (3) Es können Störungen eintreten, die dazu führen, dass ich andere Projekte parallel bearbeiten muss. Dann werden es 150 bis 200 Tage. (2) Wenn alles sehr gut läuft, schaffe ich es in 80 bis 90 Tagen – auf keinen Fall geht es unter 80 Tagen, denn die 80 Tage brauche ich, wenn ich ununterbrochen daran arbeite. 240 Tage W a h r s c h e i n l i c h k e i t i n % Abb. 36: Wahrscheinlichkeitsverteilung Normalerweise (mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 %) müsste der Softwarespezialist seine Arbeit an ROBI 1 in 100 bis 110 Tagen schaffen können. Wenn alles gut läuft, schafft er es sogar in 80 bis 90 Tagen – auf keinen Fall geht es unter 80 Tagen, denn die 80 Tage braucht er, wenn er ununterbrochen daran arbeitet. Wenn er an mehr als zwei Projekten parallel arbeitet, dann werden es leicht 150 bis 200 Tage. Wenn noch Schwierigkeiten in der Aufgabe selbst auftreten, die er noch nicht kennt, können auch noch 20 Tage dazu kommen. Alles in allem ist er nur dann auf der sicheren Seite, wenn Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konflikte der Projektleiter 5 117 er 220 bis 230 Tage angibt. Wenn er Pech hat und ein Kollege aus- fällt, dauert es noch viel länger. Die Verteilung verläuft asymmetrisch: Je größer die Unsicherheit, desto größer wird der Zeitpuffer in den Zeitschätzungen sein. Ver- schiedene Teilprojektleiter von Toggotec erläutern, dass sie bei gro- ßen Projekten, in denen die Synchronisation von verschiedenen Maschinenbaugruppen wichtig sei, zusätzliche Sicherheitspuffer einbauen, denn es ist bekannt, dass die Synchronisation immer zu Problemen führt. So erhöht sich der Puffer noch einmal um einige Tage. Das Analyseteam kommt zu der Schlussfolgerung, dass in den Zeit- schätzungen der Projekte erhebliche Sicherheitsreserven stecken – in Summe über 50 % der Gesamtlaufzeit. Unter Berücksichtigung des schädlichen Multitaskings (Kapitel 3.2) sind diese Untersuchungser- gebnisse durchaus nachvollziehbar. Warum werden Projekte nicht früher fertig? Wenn tatsächlich so große Sicherheiten eingebaut sind, dann müss- ten zumindest einige Projekte deutlich früher abgeschlossen werden als geplant. Denn nicht alle Sicherheiten im Projekt werden immer benötigt, manchmal müssten doch einige Aufgaben auch früher fertig werden, oder? Bei Toggotec ist das so gut wie nie der Fall. Warum? Die Sicherheiten werden durch bestimmte Mechanismen verbraucht. Mehr hierzu in den Kapiteln: „Parkinson’s Law“, „Stu- dentensyndrom“ und „Verkettung von Aufgaben“. Da Toggotec ständig einem harten Wettbewerbsdruck ausgesetzt ist, gibt es einen ständigen Druck, schneller zu arbeiten. Wenn die Mit- arbeiter aufgrund dieses stetigen Drucks ihre Sicherheitsreserven reduziert hätten, dann könnten sie in vielen Fällen nicht mehr als zuverlässige Mitarbeiter gelten. Anders gesagt: Sie können ihre per- sönlichen Sicherheitsreserven nicht reduzieren. Angenommen, ein Mitarbeiter würde öfter seine Zeitschätzungen deutlich unterschreiten, dann würden ihm die Projektleiter seine zukünftigen Zeitschätzungen nicht mehr glauben, sondern kürzen. Davor muss sich der Mitarbeiter schützen. Also vermeidet er be- wusst oder unbewusst den vorzeitigen Abschluss von Aufgaben. Die Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 118 Sicherheitsreserve wird lieber in Anspruch genommen, als die vor- zeitige Erledigung der Aufgabe zu melden. Zu viel Zeit verursacht Multitasking Wer Zeitreserven hat, zeigt eine deutlich größere Bereitschaft, die laufenden Arbeiten bei Störungen zu unterbrechen. Bei Toggotec wird dies besonders am Beispiel des Konstrukteurs deutlich: Er kon- struiert einen große Baugruppe. Nun kommt jemand aus der Pro- duktion mit einem Problem, das gerade bei der Fertigung eines Teils für diese Baugruppe auftritt und bittet den Konstrukteur noch um Konstruktionsänderungen bzw. um dessen Hilfe bei der Lösung des Problems. Hat der Konstrukteur Termindruck, wird er dem Kolle- gen aus der Produktion sagen, dass er keine Zeit hat. Selbst wenn sich leichte Konstruktionsfehler eingeschlichen haben, hat es die Produktion bis jetzt immer noch geschafft, das Problem eigenstän- dig zu lösen. Hat der Konstrukteur aber noch Zeitreserven, dann gibt es für ihn mehrere Optionen. Eventuell sieht er das Problem als eine will- kommene Abwechslung und geht mit in die Produktion, spricht das Problem durch, hilft und freut sich, dass er gebraucht wird. Seine Tätigkeiten und sein Ansehen werden dadurch wertvoller. Eine andere Option könnte sein, dass er sich freut, endlich eine Kon- struktion perfekt abliefern zu können. Er verfeinert und verbessert sie an verschiedenen Stellen und sichert bestimmte Funktionalitäten noch einmal ab. Fazit: Die eingeplante Sicherheitsreserve wird also bestenfalls ge- nutzt, um den auf Basis der Zeitschätzung festgelegten Termin zu halten. Das Analyseteam findet bei keinem Projekt Arbeiten, die vor dem fixierten Termin als erledigt gemeldet wurden. Mit der Strate- gie, Zeitreserven zu schaffen, schützt der Mitarbeiter unbewusst sein existentielles Bedürfnis, als zuverlässiger Mitarbeiter zu gelten. Dem Projekt kommen die Reserven nicht zugute. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konflikte der Projektleiter 5 119 Parkinson’s Law Parkinson’s Law steht in diesem Kontext für die Zeitausdehnung bei Aufgaben. Projektaufgaben werden nicht vor dem geschätzten Ter- min fertig, was bedeutet, dass die eingebauten Sicherheitsreserven verschwendet werden. Definition Parkinson’s Law: „Arbeit dehnt sich so weit aus, dass sie die dafür zur Verfügung ste hende Zeit ausfüllt.“ Parkinson’s Law beschreibt noch einen weiteren Effekt: Wenn sich vorangehende Projektschritte verzögern, dann wird auch der Mitar- beiter nicht etwa schneller arbeiten, um die Zeit aufzuholen. Er wird – aus den oben beschriebenen Gründen – darauf achten, dass er genau seine geschätzte Zeit benötigt. Das heißt: Wenn er eine Wo- che verspätet startet, dann wird er wird seine Aufgabe bestenfalls auch eine Woche verspätet weitergeben. Anderenfalls läuft er Ge- fahr, dass seine Zeitschätzung im nächsten Projekt gekürzt wird. Dies führt dazu, dass eine einmal im Projektablauf entstandene Verzögerung in der Regel an die Folgeschritte weitergegeben wird. Auch hier gilt: Persönliche Zeitreserven der Mitarbeiter leisten kei- nen Beitrag zur Sicherheit des Projekts. Sie sichern nur die einzelnen Aufgaben der Mitarbeiter ab. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 120 Das Dilemma der Mitarbeiter allgemein beschrieben: Anerkannter Mitarbeiter sein Zukünftig als zuverlässig gelten Aufgaben NICHT vorzeitig abschließen Projekt- geschwindigkeit erhöhen Aufgabe vorzeitig abschließen A B D C D‘ Abb. 37: Dilemma-Wolke Parkinson’s Law Um ein anerkannter Mitarbeiter zu sein (A), muss er auch zukünftig als zuverlässig gelten (B), weil Zuverlässigkeit eines der wichtigsten Kriterien für die Beurteilung von Mitarbeitern ist. Um zukünftig als zuverlässig gelten zu können, darf er diese Projektaufgabe nicht vorzeitig abschließen (D), weil der vorzeitige Abschluss von Projekt- aufgaben dazu führt, dass ihm zukünftige Zeitschätzungen nicht geglaubt, sondern gekürzt werden; bei gekürzten Zeitschätzungen könnte er nicht mehr in der ausgerechneten Zeit den festgesetzten Termin einhalten. Auf der anderen Seite muss der Mitarbeiter, um anerkannt zu sein (A), seinen sichtbaren Beitrag zur Erhöhung der Projektgeschwin- digkeit leisten (C). Wenn ihm das gelingt, dann wird er ein Lob von der Projektleitung erhalten. Um aber die Projektgeschwindigkeit zu erhöhen, muss der Mitarbeiter sein Arbeitsergebnis vorzeitig ablie- fern (D’), sonst wird das Projekt nicht beschleunigt. Er muss sich also entscheiden: „Schließe ich die Aufgabe vorzeitig ab oder nicht?“ Wenn sich Mitarbeiter in einem solchen Dilemma befindet, werden sie sich unterschiedlich verhalten: In der Regel jedoch werden die meisten dem Grundbedürfnis folgen, als zuverläs- sige Mitarbeiter zu gelten, um dadurch ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konflikte der Projektleiter 5 121 Wenn ein Mitarbeiter die Chance hat, die Verzögerung bei vorange- henden Projektschritten aufzuholen, befindet er sich in einem ähnli- chen Dilemma: Anerkannter Mitarbeiter sein Zukünftig weiterhin als zuverlässig gelten Verzögerung NICHT aufholen Projekterfolg sichtbar unterstützen Verzögerung aufholen A B D C D‘ Abb. 38: Dilemma-Wolke Parkinson’s Law – Verzögerung aufholen Auf der einen Seite muss er, um ein zuverlässiger Mitarbeiter zu sein (A), auch künftig als zuverlässig gelten (B) und um künftig als zu- verlässig zu gelten, darf er die Verzögerung nicht aufholen (D). Dies würde ja bedeuten, dass seine Zeitschätzungen Sicherheiten enthal- ten haben; wenn dies deutlich wird, werden ihm zukünftige Zeit- schätzungen gekürzt. Auf der anderen Seite wäre es gut für ihn, wenn er sichtbar den Projekterfolg unterstützen könnte(C), dazu müsste er die Verzögerung wieder aufholen (D’). Ein System, das seine Mitarbeiter in solche Entscheidungskonflikte bringt, blockiert damit die tatsächlichen Ziele der Mitarbeiter, näm- lich dem Unternehmen einen hohen Nutzen zu bieten. An beiden Dilemmata wird deutlich, dass es sinnvoller wäre, schneller als ge- plant mit den Aufgaben fertig zu werden. Die Mechanismen des bei Toggotec angewendeten Projektmanagements bringen aber die Mit- arbeiter dazu, sich gegenteilig zu verhalten – nämlich die Vorteile durch frühe Fertigstellung einer Arbeit eben nicht an das Projekt und damit an das Unternehmen weiterzugeben. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 122 Das Studentensyndrom Ein weiteres Arbeitsmuster wird in einem Interview dem Analyse- team mitgeteilt: Wenn der Mitarbeiter weiß, dass er seine vorher eingeplanten Reserven nicht benötigt, nutzt er die Zeit für andere Tätigkeiten, die er schon lange angehen wollte. Zudem werden Stö- rungen und Änderungen gerade am Anfang der Aufgabe – also wenn der Druck noch nicht so hoch erscheint – eher zugelassen. Definition Studentensyndrom „Eine Aufgabe wird erst dann begonnen und konzentriert bearbeitet, wenn der Druck entsprechend hoch ist.“ Hat sich der Druck schließlich aufgestaut, wird Tag und Nacht an der Aufgabe gearbeitet. Wenn Unvorhergesehenes dazwischen kommt, dann kann der Termin nicht mehr gehalten werden. Oder die Arbeit wird mit schlechterer Qualität ausgeliefert, was unter Umständen zu späterer Nacharbeit führt. Das Studentensyndrom hat noch einen anderen Aspekt: Wenn ein Mitarbeiter die Möglichkeit hat, früher zu beginnen, beispielsweise dadurch, dass die Vorgängeraufgabe früher abgeschlossen wurde als geplant, wird er dies normalerweise nicht tun. Durch einen früheren Start würde der nachfolgende Mitarbeiter signalisieren, dass er freie Kapazitäten hat, was wiederum zu Kürzungen bei zukünftigen Zeit- schätzungen führen wird. Die Verkettung von Aufgaben und Ressourcen Im Projekt ROBI 1 gilt: Die komplette Maschine wird im Hause Toggotec zusammengebaut und getestet. Für diesen Test müssen alle wesentlichen Teile, die z. B. stromführend oder mechanisch beweg- lich sind, fertig sein. Der Termin für den Test ist der 1.11.2006. An diesem Termin sind alle Komponenten, die für die Abnahme not- wendig sind, vorhanden – bis auf die Steuereinheit der Sortieranlage. Ohne diese eigens für ROBI 1 entwickelte Steuereinheit hat es je- doch keinen Sinn, die Tests laufen zu lassen. Das gesamte Projekt verzögert sich aus diesem Grund um zwei Wochen. Wäre die Steue- rung bereits vor dem 1.11. geliefert worden, würde der Test dennoch nicht früher starten. Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konflikte der Projektleiter 5 123 Verspätungen werden in dieser Abhängigkeit an Folgeaufgaben weitergegeben. Wird aber eine Aufgabe früher abgeschlossen als geplant, wird dadurch das Projekt nicht beschleunigt. Zusammenfas- send können wir sagen: Die Mitarbeiter bei Toggotec befinden sich in einem Dilemma. Sie werden gezwungen, zunächst erhebliche Zeitsicherheiten aufzubauen, um sie anschließend zu verschwenden. Parkinson’s Law, das Studentensyndrom und die Verkettung von Aufgaben und Ressourcen bewirken, dass Verfrühungen nicht (voll- ständig) an nachfolgende Projektschritte weitergegeben werden, während Verspätungen sich in der Regel bis zum Projektende durchziehen. Dadurch werden die in den Projektschritten eingebau- ten Sicherheitsreserven verschwendet. Der Critical-Chain-Ansatz muss daher sicherstellen, dass Mechanismen installiert werden, die dies künftig nicht mehr zulassen. Keine Chance, früher fertig zu werden? Obwohl für jede einzelne Aufgabe erhebliche Sicherheiten eingeplant werden, ist die Chance sehr gering, dass eine Kette voneinander ab hängiger Aufgaben rechtzeitig abgeschlossen wird. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 124 Der übliche Weg, das Projektende zu sichern ist: Für jeden Projektschritt einen Fertigstellungstermin festlegen und dafür sorgen, dass diese Termine eingehalten werden Zeiten für einzelne Projekt- schritte können nicht exakt vorhergesagt, sondern nur geschätzt werden 1 2 Projektpläne enthalten signifikante Schätzungen 7 Verspätungen werden weitergegeben Verfrühungen bleiben ungenutzt Projekte werden normalerweise nicht rechtzeitig fertig Die eingeplanten Sicherheitsreserven werden verschwendet Projekte werden nicht vorzeitig abgeschlossen Es gibt Störungen und Verzögerungen Verfrühungen entstehen nicht Mitarbeiter wollen und müssen als zuverlässige Mitarbeiter gelten Mitarbeiter versuchen, realistisch zu schätzen Verkettung von Aufgaben und Ressourcen 4 Eine realistische Schätzung berücksichtigt, dass nicht alles glatt läuft 6 5 Zeitschätzungen von Mitarbeitern werden in Terminzusagen „umgewandelt“ und in den Projektplan eingetragen 3 Abb. 39: Gegenwartsbaum Einzelprojekt, Teil 2 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konflikte der Projektleiter 5 125 Bei Toggotec werden die Projektlaufzeiten immer länger – statt kürzer Der für die Steuerungseinheit zuständige Mitarbeiter hat im letzten mit ROBI vergleichbaren Projekt seine benötigte Arbeitszeit auf 80 Tage geschätzt. Diese haben aber damals nicht ausgereicht, daher neigt er nun dazu, 20 Tage „Sicherheit“ zusätzlich aufzunehmen, also kalkuliert er insgesamt mit 100 Tagen Arbeitsaufwand. Im Pro- jekt ROBI reichen diese 100 Tage ebenfalls nicht. Werden es im nächsten Projekt 120 Tage sein? Diese negative Endlosschleife wird durch das Verhalten der Führungskräfte noch verstärkt, wie folgen- de Abbildung zeigt. Es werden weiterhin Mechanismen verwendet, die dazu führen, dass „Verfrühungen“ nicht, Verspätungen jedoch voll weitergegeben werden Das Projekt wird wieder nicht den versprochenen Termin einhalten Das nächste Projekt dauert laut Plan noch länger Mitarbeiter werden „bestraft“, wenn sie die geschätzte („vereinbarte“) Zeit überschreiten Im nächsten Projekt wird der Mitarbeiter mehr Sicherheit einplanen Negative Endlosschleife Abb. 40: Negative Endlosschleife im Einzelprojekt Das Analyseteam wird langsam nervös. Es hat nun viele Mechanis- men im Projektmanagement studiert, die Mitarbeiter zu Konflikten führen und die Projekte lähmen. Wo aber liegen nun die Ansatz- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 126 punkte für ein sinnvolles Verbesserungskonzept? Hier einige Bei- spiele: • Beim Projekt ROBI 1 gibt es die Erkenntnis, dass einige Vorgän- ger-/Nachfolgerbeziehungen gar nicht voneinander abhängig sind. Beispielsweise sind die Projektkontrolltermine, auch Re- viewtermine genannt, zu einem Zeitpunkt eingeführt worden, als es viele Qualitätsprobleme gab. Der Reviewtermin steht nun fest als Meilenstein im Plan, und der nächste Schritt darf nicht ge- startet werden, bevor der Reviewtermin stattgefunden hat. Wird der Reviewtermin verschoben, was häufig der Fall ist, denn war- ten viele Mitarbeiter mit dem Start ihrer Aufgaben auf eine Frei- gabe. Durch Parallelisieren dieses Termins mit anderen Aufga- ben kann eine Verkürzung der Projektplanzeit erreicht werden. Selbst wenn jedoch alle überflüssigen Abhängigkeiten entfernt sind, bleiben die bisher beschriebenen Mechanismen bestehen. Daher kann der Parallelisierungsansatz nur bis zu einem gewis- sen Grad erfolgreich sein. • Ein weiterer Verbesserungsansatz setzt an den Störungen und Verzögerungen an. Diese können nie ganz vermieden werden. Die Lösung muss also berücksichtigen, dass Störungen normal sind und diese in den Projektablauf eingeplant werden. • Der nächste Verbesserungsansatz liegt in der Optimierung der Zeitschätzung für die Arbeitspakete. Es gibt ausgefeilte Metho- den, die zu fundierteren Zeitschätzungen führen. Aber es wird dennoch niemals möglich sein, durch diese Verfahren die Dauer von Projektschritten exakt vorherzusagen. Unvorhergesehene Störungen und die Vielzahl der Einflussmöglichkeiten verhin- dern dies. • Der größte Verbesserungsansatz liegt darin, dass nicht mehr die Einzelaufgabe mit ihren geschätzten Sicherheiten im Fokus steht, sondern das Gesamtprojekt. Durch die Absicherung der Einzel- aufgaben kann der Projektendtermin nicht abgesichert werden: so die Erkenntnis aus der Untersuchung des Analyseteams. Wenn es also auf die pünktliche Fertigstellung des Projektes an- kommt, benötigt Toggotec einen Ansatz, der das Gesamtprojekt absichert. Kosten, Termine und Kundenanforderungen müssen erfüllt werden. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Lösung: CriticalChainProjektmanagement 5 127 Aus diesen Überlegungen ergeben sich die Anforderungen an eine verbesserte Projektmanagementsystematik: Das System muss berücksichtigen, dass • es Abhängigkeiten zwischen Aufgaben und Ressourcen gibt; • Projekte Störungen und Verzögerungen beinhalten; • Mitarbeiter als zuverlässige Mitarbeiter angesehen werden wol- len; • Zeiten für einzelne Projektschritte nicht exakt vorhergesagt, sondern nur geschätzt werden können; • die Lösung nicht mehr darauf basieren darf, dass der rechtzeitige Projektabschluss dadurch sichergestellt wird, dass einzelne ge- schätzte Projektschritte mit festen Terminen belegt werden. Wenn dies realisiert wird, dann gehen durch Parkinson’s Law, das Studentensyndrom und die Verkettung von Aufgaben keine Sicher- heiten mehr verloren. Die Sicherheiten können dann für die Zwecke genutzt werden, für die sie gedacht waren – nämlich für das „Auf- fangen“ von Störungen. Mit der Anforderungsliste und den Analyseerkenntnissen beginnt nun das Analyseteam, die Critical-Chain-Lösung für das Einzelpro- jekt zu entwickeln. 5.2 Lösung: CriticalChain Projektmanagement Zur Erarbeitung der Lösung zieht das Analyseteam das Folgeprojekt von ROBI 1 heran. Es wird gerade geplant, ist aber noch nicht ge- startet. Als erstes werden die Projektbeteiligten von ROBI 2 in Criti- cal-Chain-Projektmanagement geschult. In der Schulung bestätigen die Teilnehmer die Existenz von Sicherheiten im Projektplan. Den Projektbeteiligten wird erklärt, dass zukünftig niemand mehr an der Termineinhaltung der Einzelaufgabe gemessen wird. Jeder hat die Zeit, die er für die Erledigung seiner Aufgabe benötigt. Wenn der jeweilige Mitarbeiter an der Reihe ist, muss er allerdings zu 100 % an der Projektaufgabe arbeiten, er darf kein schädliches Mul- titasking betreiben. Hierfür müssen die Führungskräfte Sorge tra- gen. Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 128 Dies sind die neuen Führungsgrundsätze: „Niemand trödelt absichtlich oder verzögert Arbeiten bewusst. Treten Störungen auf, müssen genügend Kapazitäten im Projekt vorhanden sein, dass diese Störungen nicht den Projektendtermin gefährden. Die Zeitschätzungen für Arbeitspakete bleiben Schätzungen. Kein Projekt leiter wird zukünftig die von den Projektteammitarbeitern gemachten Aufgabenschätzungen als verbindliche Fertigstellungstermine in Pro jektpläne eintragen. Niemand wird mehr an der Einhaltung seines einzelnen Fertigstellungstermins gemessen.“ Dies ist die Basis zur Umstellung des vorhandenen alten ROBI-2- Projektplanes in einen Critical-Chain-Projektplan. Der neue ROBI- 2-Projektplan muss sicherstellen, dass Parkinson’s Law, das Studen- tensyndrom und die Verkettung von Aufgaben, welche die Sicher- heiten im Projekt verschwenden, nicht mehr zum Tragen kommen. 0 10 20 30 40 50 60 70 A C B F G B H A C F B D E G F F J J J I I I I I I I 10 20 10 20 I Tage Abb. 41: Alter Projektplan ROBI 2 Der entscheidende Punkt ist: Nicht mehr die einzelne Aufgabe, son- dern das Projektende wird gesichert. Dafür werden die Sicherheiten aus den einzelnen Projektaufgaben (persönliche Zeitpuffer) entfernt und in Summe ans Ende des Gesamtprojekts gesetzt (Projektpuffer). Der Projektleiter fragt jeden einzelnen Arbeitspaketverantwortli- chen, der an ROBI 2 beteiligt ist, nach seiner Zeitschätzung: • Wie viel Zeit wird benötigt, wenn ununterbrochen an der Aufga- be gearbeitet werden kann? So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Lösung: CriticalChainProjektmanagement 5 129 • Wie viele Störungen und Verzögerungen müssen für diese Auf- gabe eingeplant werden? Tipp: Entscheidend für eine effiziente Projektplanung: Den Mitarbeitern wird die Trennung zwischen Nettobearbeitungszeit und der wahrscheinlichen Durchlaufzeit mit Störungen bewusst. Die Führungskräfte müssen die Voraussetzung schaffen, dass die Mitarbeiter ununterbrochen an einer Aufgabe arbeiten können. Das Mittel aller Sicherheitsschätzungen der Projektbeteiligten liegt bei 50 %. Also besteht nun jedes einzelne Arbeitspaket im Mittel aus 50 % reiner Arbeitszeit und 50 % Sicherheit für Störungen und Unvorhergesehenes. Die 50 % Sicherheit werden nun aus den Ein- zelaufgaben herausgelöst und an das Ende des Projektes gestellt, sozusagen als Projektpuffer. 0 10 20 30 40 50 60 70 I I I I I I I A C B F G B H A C F B D E G F F J J J I Sicherheit Abb. 42: ROBI 2 mit Projektpuffer am Projektende Der Fokus liegt nun auf dem Gesamtprojekt. Jeder hat das Recht, sich vom Projektpuffer zu „bedienen“, wenn Störungen auftreten. Wenn Arbeitspakete in der reinen Nettoarbeitszeit erledigt werden, stellt dies bestimmt eine Ausnahme dar. Parkinson’s Law greift nun nicht mehr, denn die Zeit kann sich nicht mehr im einzelnen Ar- beitspaket ausdehnen. Auch Verfrühungen können nun theoretisch weitergegeben werden, wenn dazu ein sinnvolles Kommunikations- konzept eingeführt wird (vgl. folgendes Kapitel 5.3). Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 130 Wie in Abbildung 42 ersichtlich, dauert das Projekt genau so lange wie es ursprünglich geplant war, mit dem einen Unterschied, dass die Sicherheiten nun am Ende des Projektes stehen. Wird die volle Sicherheitsreserve denn am Projektende benötigt? Nein. Am Beispiel des Elektronikentwicklers wird es deutlich: Er hat nun nicht mehr die 80 Tage für die Platinenentwicklung zur Verfü- gung, sondern nur noch 40. Niemand erwartet jedoch von ihm, dass er diese 40 Tage genau einhält. Der Elektronikentwickler weiß aber, dass er unter idealen Bedingun- gen eine Platine in dieser Zeit entwickeln kann. Es handelt sich also nicht um ein Luftschloss. Allerdings muss er sich von Anfang an auf diese eine Platine für ROBI 2 konzentrieren und darf keine Störun- gen zulassen, dazu hätte er auch gar keine Zeit. Er muss die Aufgabe sofort beginnen und ohne Unterbrechung an ihr arbeiten. Treten Störungen trotzdem auf, dann verbraucht er den eingeplanten Pro- jektpuffer. Da bisher ein großer Teil der Sicherheiten nutzlos verschwendet wurde, kann jetzt am Ende des Projektplanes die Sicherheit um 50 % gekürzt werden; nämlich um eben jenen verschwendeten Anteil. Dies entspricht einer Kürzung der geplanten Projektlaufzeit um 25 %. Aufgrund dieser gründlichen Herleitung in der Schulung stimmen die Mitarbeiter dem auch zu. Der Critical-Chain- Projektplan hat die erste Hürde überwunden. Es besteht selbstver- ständlich auch Klarheit darüber, dass die übrig gebliebene Sicherheit auf keinen Fall gestrichen werden darf. Weder vom Kunden noch vom Geschäftsführer. Ein Mitarbeiter bemerkt, dass die Umsetzung dieses Konzepts nur gelingen kann, wenn die Mitarbeiter nicht zwischen vielen Projekten und Aufgaben hin- und herspringen müssen. Das ist das Stichwort für den Multiprojektmanager, um auf die Regeln des Multiprojekt- managements hinzuweisen (siehe Kapitel 3). Nach genauerer Untersuchung des Projektplanes für ROBI 1 wird festgestellt, dass sich der Entwickler gar nicht auf dem kritischen Pfad befindet. Ein Ausschnitt des Projektplanes ist in Abbildung 43 dargestellt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Lösung: CriticalChainProjektmanagement 5 131 Definition: Der kritische Pfad Der kritische Pfad, wie er von Toggotec benutzt wird, ist so definiert: die längste Folge voneinander abhängiger Aufgaben, ohne Berück sichtigung von Ressourcen. Dieser Umstand muss unbedingt bei der Projektplanung für ROBI 2 berücksichtigt werden. Der dem Projekt zugeordnete Elektronik- entwickler soll ja nicht zwischen den Aufgaben hin- und herwech- seln. G (20) A (50) C (30) Entwickl. (50) D (20) Entwickl. (50) F (20) Start 50 80 100 Tage Kritischer Pfad 20 Abb. 43: Entwickler auf den Zulieferketten Am Beispiel des Projektausschnittes erläutert ein Mitglied des Ana- lyseteams die Definition der kritischen Kette: Definition: Die kritische Kette Die kritische Kette ist so definiert: Sie ist die längste Folge voneinan der abhängiger Aufgaben, unter Berücksichtigung von begrenzten Ressourcen. Sie wird durch Zulieferpuffer geschützt und hat nach dem letzten Bearbeitungsschritt einen Projektpuffer, der einem Drittel der Projektlaufzeit entspricht. Der Ausschnitt von ROBI 2 wird für das Team umgestellt. Abbil- dung 44 zeigt nun, dass sich der Entwickler auf der kritischen Kette befindet. Die Projektteammitglieder sehen, dass dieser neu entstan- dene Projektplan mehr der Praxis entspricht. Damit es keine Miss- verständnisse bei der Erstellung der Projektpläne gibt, wird der Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 132 Terminus „kritischer Pfad“ aus dem Projektmanagementwortschatz verbannt und der Begriff „kritische Kette“ eingeführt. Entwickl. (50) G (20) A (50) C (30) D (20) Entwickl. (50) F (20) Start 50 80 100 140 120 Tage 30 Kritische Kette Abb. 44: Entwickler auf der kritischen Kette Eine bedeutsame Erkenntnis ist, dass in den alten Projektplänen die konkrete Ressourcenzuordnung (Aufgabe X an Mitarbeiter X) gar nicht richtig stattgefunden hatte. Früher wurde beispielsweise nie der Urlaub der Mitarbeiter berücksichtigt. Die Klärung der Frage, ob eine Ressource auch verfügbar ist, wird ab ROBI 2 fester Bestandteil der Projektplanung sein. Sichtbar wird auch: Der Sicherheitspuffer, der zuvor in den Einzel- aufgaben versteckt war, befindet sich nun am Ende der kritischen Kette. Denn die kritische Kette begrenzt das Einzelprojekt. Kürzer als auf der kritischen Kette kann das Projekt nicht im Projektplan dargestellt werden, wenn alle Abhängigkeiten folgerichtig eingetra- gen wurden. Der Projektpuffer beträgt, wie im vorigen Abschnitt beschrieben, aus pragmatischer Sicht in diesem Beispiel 50 % der kritischen Kette. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Lösung: CriticalChainProjektmanagement 5 133 Entwicklung (25) Entwicklung (25) D(10) F (10) Projektpuffer (35) 50 60 105 40 25 0 Tage Kritische Kette 70 Abb. 45: Kritische Kette mit Puffer Der Engpass des Einzelprojektes ist nun identifiziert: Es ist die kriti- sche Kette. Wenn es keinen Fortschritt auf der kritischen Kette gibt, steht das Projekt. Damit das Projekt nun so schnell wie möglich voranschreiten kann, müssen sich alle anderen Tätigkeiten der optimalen Ausnutzung der kritischen Kette unterordnen. Die kritische Kette bestimmt die Durchlaufzeit des gesamten Projektes. Eine Verzögerung der kriti- schen Kette würde automatisch zu einer Verzögerung des gesamten Projektes führen. Deshalb müssen bestimmte Regeln und Maßnah- men die kritische Kette gegen Verzögerungen schützen. Die drei wichtigsten Ansätze sind: • den Projektpuffer schützen; • Puffer für die Zulieferketten einfügen; • das Staffelläuferprinzip realisieren (Kapitel 5.3). Sowohl die Geschäftsleitung von Toggotec als auch die Mitarbeiter verstehen, wie notwendig dieser Projektpuffer am Ende des Projek- tes ist, um das Vorhaben pünktlich abzuschließen. Auch das Manage- ment darf den Projektpuffer nicht verändern. Achtung: Auch die Geschäftsleitung hat keinen Zugriff auf den Projektpuffer! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 134 Absolut tabu sind Wünsche nach Vorverlegung des Projektendter- mins. Damit würde der gesamte Projektplan hinfällig. Kunden, die nicht mit dem System der kritischen Kette vertraut sind, wird der Projektpuffer nicht gezeigt. Kunden und Lieferanten, mit denen große Projekte durchgeführt werden, müssen jedoch in den Critical- Chain-Ansatz integriert werden (vgl. Kapitel 7, Critical Supply Chain). Zurück zu ROBI 2: Der Entwickler, der sich nun auf der kritischen Kette befindet, hat die geforderten vier Platinen gebaut. Jetzt wäre es natürlich ärgerlich, wenn andere Arbeitsergebnisse fehlten – z. B. das Gehäuse oder das Maschinenbett, die sich zwar nicht auf der kriti- schen Kette befinden, aber für die Inbetriebnahme notwendig sind. Deshalb wird die kritische Kette durch einen „Zulieferpuffer“ vor Verspätungen auf der zuliefernden Kette geschützt. A (25) C (15) Puffer (20) Entwicklung (25) Entwicklung (25) D(10) F (10) Projektpuffer (35) P 5 D(10) 50 60 105 40 25 0 Tage Kritische Kette 70 Abb. 46: Puffer auf den zuliefernden Ketten Dieser Puffer schützt nicht nur die Inbetriebnahme vor einer Ver- spätung, sondern in dem Falle, dass der Entwickler schneller als geschätzt die Platinen fertig gestellt hat, kann auch die Inbetrieb- nahme bereits früher stattfinden. Wahrscheinlich werden das Ge- häuse und das Maschinenbett sowieso bereits innerhalb der Puffer- zone bereitgestellt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Staffelläuferprinzip 5 135 Der Start von zuliefernden Ketten wird dann nicht mehr wie bisher durch einen bestimmten Termin ausgelöst, sondern durch den Fort- schritt auf der kritischen Kette. Wenn also der Platinenentwickler mitteilt, dass er noch 20 Tage benötigt, dann wäre dies der Start für die Gehäuseproduktion – also wie gefordert so spät wie möglich, aber unter Berücksichtigung einer sinnvollen Sicherheitsreserve. Um ein Projekt beschleunigen zu können, wird eine verbesserte Kommunikation und Abstimmung im Projekt benötigt. Denn wenn ein Projektmitarbeiter eine Aufgabe früher abschließt, dann sollte dieser erfreuliche Zustand dazu genutzt werden, das Gesamtprojekt zu beschleunigen. Die so gewonnene Zeit kann dann mit Störungen, die an anderer Stelle im Projekt auftreten, quasi ausgeglichen wer- den. Dies kann nur mit einer geregelten Kommunikation funktio- nieren. Erfreulicherweise harmonisiert sie mit den in Kapitel 3.4 beschriebenen Kommunikationsanforderungen für das Multipro- jektmanagement, so dass für die gesamte Projektmanagementsteue- rung das Staffelläuferprinzip eingesetzt werden kann. 5.3 Staffelläuferprinzip Nachdem die ersten Erfolge durch die geänderte Multiprojektorga- nisation und Einzelprojektplanung in Sichtweite gekommen sind, wird die Forderung nach einer anderen Besprechungskultur im Projekt laut. Sie erinnern sich: Die Kommunikation bei Toggotec ist schlecht. Jeder schimpft über jeden. Das muss sich ändern. Der Rahmen wird wie folgt festgelegt: „Wir wollen wieder miteinan- der kommunizieren – nicht übereinander. Die Projektinformationen werden transparent für alle sein. Wenn ein Projektmitarbeiter mit seiner Aufgabe früher als geplant fertig wird, kommuniziert er dies so, dass der Nachfolger sofort beginnen kann. Wenn jemand später als geplant fertig wird, informiert er seinen Nachfolger ebenso.“ Es stellt sich die Frage: Wie lässt sich diese neue Kommunikations- kultur umsetzen? Noch mehr Projektmeetings? Sicher nicht. Es muss eine andere Lösung geben. Der Geschäftsführer von Toggotec gibt dem Analyseteam einen Tipp: „Wenn wir unsere Projekte beschleu- nigen wollen, dann müssen wir von denen lernen, die am schnells- ten sind.“ So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 5 Das CriticalChainProjekt 136 Reibungslose Übergabe Beim Staffellauf in der Leichtathletik zum Beispiel gelten für den Staffelläufer einfache Regeln: Während der Läufer auf die Staffel- übergabe wartet, bereitet er sich auf eine reibungslose Übergabe vor. Er blickt zurück, um sehen zu können, wann die Staffelübergabe zu erwarten ist. Er läuft an, damit er die richtige Übergabegeschwindig- keit hat, um den Staffelstab ohne Verzögerung zu übernehmen. Wenn der Läufer den Stab übernommen hat, dann besteht seine einzige Aufgabe darin, so schnell zu laufen wie er kann, um den Stab an den nächsten Läufer zu übergeben oder ins Ziel zu tragen. Es würde niemand tolerieren, wenn er zwischendurch einen Hoch- sprung oder eine Pause macht. Die Übergaben werden im Sport eisern trainiert, denn wenn auch nur ein Staffelläufer den Staffelstab fallen lässt oder die Übergabe nicht funktioniert, wird das Team nicht gewinnen. Diese einfachen Prinzipien werden auf den Critical-Chain- Projektmanagementansatz übertragen. Jeder Projektmitarbeiter erhält eine Merkkarte mit den neuen Kommunikationsregeln: • Kommuniziere regelmäßig mit dem Vorgänger darüber, wann die Übergabe der Aufgabe stattfinden kann. Bereite alles für die Übernahme vor. • Beginne mit der Projektaufgabe, wenn der Vorgänger die Aufga- be übergeben hat. Arbeite zu 100 % an der einen Projektaufgabe, damit diese so schnell wie möglich abgeschlossen wird. Niemand hat das Recht, die Arbeit an der Aufgabe zu unterbrechen. • Kommuniziere regelmäßig mit dem Nachfolger der Aufgabe darüber, wann die Übergabe der Aufgabe stattfinden kann. Be- reite alles für die Übergabe vor. • Wer früher fertig wird als geplant, informiert den Nachfolger, damit dieser sich vorbereiten und gegebenenfalls bereits früher starten kann. Dadurch wird die Termineinhaltung des Gesamt- projektes erheblich unterstützt. Die Rückmeldung der erledigten Aufgaben außerhalb der Bespre- chungen kann unterschiedlich erfolgen. Entweder der Projektleiter koordiniert und überwacht zentral die notwendige Kommunikation auf der kritischen Kette; dies hat den Vorteil, dass der Überblick und Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Staffelläuferprinzip 5 137 die Kontrolle in einer Hand liegen. Oder die Rückmeldung wird direkt von dem jeweiligen Projektmitarbeiter in eine einzuführende Software eingegeben; der Vorteil liegt hierbei in der automatischen Aktualisierung des Projektfortschrittes, und der Nachfolger erhält automatisch entsprechend dem Abarbeitungsgrad die gewünschten Informationen. Dies hat jedoch den Nachteil, dass viele Nebenin- formationen verloren gehen, die sonst in einem persönlichen Ge- spräch zwischen Vorgänger und Nachfolger ausgetauscht werden. Idealerweise empfiehlt sich je nach Unternehmensgröße der Einsatz einer Critical-Chain-Software (vgl. CD-ROM). Zu der direkten Eingabe in das System sollten die Besprechungen zumindest an vereinbarten Stellen der kritischen Kette weiterhin persönlich durchgeführt werden. Die Koordination erfolgt dann durch den Projektleiter. Die Projektleiter bei Toggotec treffen sich zukünftig jeden Morgen zu einem festgelegten Zeitpunkt mit ihren Projektteams, um höchs- tens zehn Minuten lang den Fortschritt der wesentlichen Aufgaben zu besprechen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 139 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen Bei Toggotec ist die Einhaltung des Projektbudgets die dominieren- de Messgröße zur Überwachung der Projekte. Jedoch findet das Analyseteam kein einziges Projekt, das aufgrund von Kostenüber- schreitungen abgebrochen wurde. Wozu dient dann diese Kennzahl? Auch in anderen Unternehmen gibt es selten Projekte, die nach der Hälfte oder im letzten Drittel des Projektes aufgrund von Budget- überschreitungen abgebrochen wurden. Ist diese Kennzahl über- haupt praxistauglich? Sicher müssen die Projekte möglichst kostengünstig abgewickelt werden. Es werden aber dringend Messgrößen benötigt, die eine Wahrscheinlichkeitsaussage für die Zukunft geben, damit das Pro- jekt termingerecht, inhaltlich und kostenorientiert gesteuert werden kann. Der Toggotec-Geschäftsführer formuliert die Anforderungen an die Projektsteuerung wie folgt: Anforderung an die CriticalChainProjektsteuerung: Ein Projektleiter sollte jederzeit fundiert einschätzen können, ob das Projekt rechtzeitig zum versprochenen Termin mit den geplanten Kos ten fertig wird. Dies beinhaltet auch eine Aussage über die Qualität, die Kosten und den Einsatz der Ressourcen der Projektergebnisse. Denn: Wird das mit dem Kunden vereinbarte Ergebnis nicht geliefert, gilt das Pro- jekt als nicht abgeschlossen. Der Projektleiter benötigt zum einen Informationen darüber, wie weit das Projekt nun tatsächlich fortgeschritten ist. Zum anderen muss er wissen, wie viel Zeit das Projekt noch benötigen wird, um die versprochenen Projektergebnisse zu erzeugen. Will er seine Kunden über die Projekte informieren, braucht er eine neue Art von Steuerungskennzahlen. Diese müssen über den Stand des Projektes und die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt zuverläs- Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 140 sig abschließt, Auskunft geben können. Insbesondere geht es um die im Magischen Dreieck verankerten Ziele: Kosten, Termin und Qua- lität. 6.1 Außer Kraft: das „magische Dreieck“ Der Geschäftsführer von Toggotec stellt den Zielkonflikt in Frage, der im magischen Dreieck verankert ist. Das magische Dreieck gelte nicht für Toggotec, so seine Einschätzung. Alle drei Ziele – Kosten, Termineinhaltung und Qualität – müssen in jedem Projekt ohne Kompromisse erreicht werden. Kein Ziel darf zu Lasten eines ande- ren realisiert werden, Zeit beispielsweise nicht zu Lasten der Quali- tät, Budget nicht zu Lasten der Termine oder Qualität nicht zu Las- ten des Budgets. Er gibt dem Analyseteam die Aufgabe, das magische Dreieck im Umsetzungskonzept für Critical Chain außer Kraft zu setzen. Das Team macht sich sogleich an die Arbeit. Es untersucht zunächst, wie und an welcher Stelle die Entscheidungen über Termin, Kosten und Ergebnisse in einem Projekt zustande kommen. Der Zeitpunkt, an dem solche Entscheidungen getroffen werden, ist schnell gefun- den: Er befindet sich am Beginn eines Projektes. Folgende Fragen stellen sich: • Was soll das Projekt bringen? • Welches Ergebnis soll es erzeugen? • Bis wann soll das Ergebnis erzielt sein? • Zu welchen Kosten? Um diese Fragen präzise zu klären, wurde für die Projektauswahl (vgl. Kapitel 2.3) das Anfrage- und Angebotsteam gegründet. Es trägt die Verantwortung, dass nur noch gewinnbringende Projekte von Toggotec ausgewählt und abgewickelt werden. Qualitäts- und Terminaspekte werden in der Startphase mit abgeklärt, so dass alle Voraussetzungen für ein erfolgreiches Projekt geschaffen sind. Warum klappt es trotzdem nicht? Was läuft schief bei der Auftrags- klärung zu Beginn des Projektes? Die Antwort: Die Definitionen zu Beginn des Projektes sind zu un- genau. Was am Anfang noch für den Kunden höchste Priorität hat, gilt bereits nach zwei Monaten nicht mehr oder hat eine ganz neue Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Außer Kraft: das „magische Dreieck“ 6 141 Richtung bekommen. Die Begründung, warum Toggotec mit dem Projekt sicher Geld verdient, wird zu Beginn des Projektes nicht klar herausgearbeitet. Die klassischen Kalkulationen lassen zu viel Spiel- raum und berücksichtigen den Engpass und evtl. auftretende Stö- rungen kaum (vgl. Kapitel 2). Das Toggotec-Analyseteam erinnert sich an einen Konflikt der Ge- schäftsführer aus der Vergangenheit: Ein neuer Antrieb für die Son- dermaschinenreihe SK_209 sollte entwickelt werden. Die technische Geschäftsführung forcierte das Projekt mit Nachdruck: „Wenn der Antrieb nicht noch in diesem Jahr entwickelt wird, hat uns der Wettbewerb überholt, dann verkaufen wir gar nichts mehr. Die Präzision und Genauigkeit der Sondermaschinen, die heutzutage gefordert werden, können mit dem alten Antrieb nicht mehr geleis- tet werden. Daher muss dieses Projekt mit höchster Priorität voran- getrieben werden.“ Der kaufmännische Geschäftsführer, dem der Vertrieb unterstellt war, widersprach: „Die neuen Antriebe werden viel zu teuer sein und lassen sich bei den Toggotec-Kunden nicht verkaufen. Außer- dem bindet das Entwicklungsprojekt zu viele Ressourcen, das lau- fende Geschäft wird gefährdet. Was hilft ein neuer Antrieb, wenn dem Unternehmen ‚unterwegs’ das Geld ausgeht. Selbstverständlich kann das Projekt durchgeführt werden, aber nur dann, wenn das laufende Geschäft nicht darunter leidet!“ – so die Vorgabe des kaufmännischen Geschäftsführers. Das Resultat: Das Projekt wurde trotz des Einwandes gestartet, je- doch „mit angezogener Handbremse“. Das Projekt hatte zwar hohe technische Priorität, wurde aber von der kaufmännischen Seite nicht unterstützt. Wo immer man konnte, zeigte man den Technikern ihre Grenzen: Die erforderlichen Mitarbeiter in diesem Bereich standen dem Projekt nicht ausreichend zur Verfügung. Da der Ver- trieb und das Marketing nicht präsent waren, wurde der Antrieb am Markt vorbei entwickelt. Die technikverliebten Entwickler hatten alle möglichen Funktionen integriert, die nun der Markt tatsächlich nicht bezahlen würde. Dies bestätigte zwar den kaufmännischen Geschäftsführer, jedoch musste dieser nun erkennen, dass tatsäch- lich andere Wettbewerber mit guten Antriebslösungen auf dem Markt waren. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 142 Hätte damals ein Team auf Euro und Cent genau ermittelt, welcher zusätzliche Durchsatz (Umsatz – Total Variable Kosten) mit diesem Antrieb gemacht würde, dann wäre leicht ein Konsens in der Ge- schäftsführung erzielt worden. Die einzelnen Abteilungen bei Tog- gotec hätten dann besser zusammengearbeitet und es wäre schneller ein marktfähiger Antrieb entstanden. Ein zweiter Fehler, der damals zu Beginn des Projektes gemacht wurde: Die Techniker wollten alle nur denkbaren Funktionen reali- siert sehen. Die „Sinnfrage“ wurde nicht gestellt. Die Kostenschät- zungen für das Projekt wurden nach Marktgesichtspunkten bewusst niedrig gehalten, damit das Projekt überhaupt genehmigt wurde. Als das Projekt dann bereits nach drei Monaten um ein Vielfaches teu- rer war als geplant, fing man an, die vormals angeblich so notwendi- gen Funktionen in Frage zu stellen. Eine „Task Force“ wurde eingesetzt. Sie stellte fest, dass 50 % der anscheinend wichtigen Funktionen für den Projekterfolg nicht nötig waren. Die Verschwendung war offensichtlich. Aber: Für die nun gestrichenen Funktionen lagen bereits Entwicklungen vor, manche waren fast fertig. Mitarbeiter die daran mitgewirkt hatten, wurden demotiviert. Es gilt: Die richtige Position des Projektes im magischen Dreieck muss zu Beginn des Projektes klar definiert sein. Dabei muss deut- lich werden, aus welchem Grund das angestrebte Ergebnis benötigt wird. Beispiele: Inhaltliche Anforderung/Qualität: „Ein neuer Antrieb wird benötigt, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Sonst wird es uns in fünf Jahren nicht mehr geben.“ Terminliche Anforderung: „In zwei Jahren wird der neue Linearantrieb Standard sein. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir also nachziehen. Der Termin hat oberste Priorität.“ Kostenorientierter Ansatz: „Unser Antrieb ist im Vergleich zu anderen zu teuer. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, benötigen wir eine andere Technologie.“ Wo liegt die Kernursache? So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Steuerung des zeitlichen und inhaltlichen Fortschritts 6 143 Wenn es nicht grundlegend neue Erkenntnisse gibt, so stehen der Termin und die Qualität des Ergebnisses nach dieser Festlegung – wie in den Beispielen aufgezählt – nicht mehr zur Disposition. Wenn jetzt eine leicht veränderte Projektbudgetüberschreitung dazu führt, dass der Sinn des Projektes in Frage gestellt wird – dann war es von vorneherein nicht sinnvoll, das Projekt zu starten. „Ein Para- digmenwechsel„, so der Geschäftsführer. Die Kosten müssen sich dem inhaltlichen Ergebnis und dem Termin unterordnen. Der Ter- min wird im Projekt die wichtigste Messgröße sein. Tipp: Selbstverständlich können während des Projektverlaufs neue Erkennt nisse dazu führen, dass das Projekt grundlegend verändert und neu aus gerichtet werden muss. Stellt sich in der Designphase heraus, dass das Projekt fünfmal so teuer wird wie geplant, dann verändert sich natürlich das gesamte Projekt bild; dann kann die Sinnfrage durchaus gestellt werden. Nicht aber, wenn die Kosten um lediglich 5 % höher als ursprünglich geplant liegen. Zum Start des Projektes müssen Ergebnis, Termin und Kosten festgelegt werden. Leichte Kostenüberschreitungen dürfen nicht dazu führen, dass das ganze Projekt in Frage gestellt wird. . Die laufende Steuerung des Projektes bezieht sich in erster Linie auf das Ergebnis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Erst nachgelagert spielt das Projektbudget bei der Steuerung eine Rolle. Wie sehen nun die einzelnen Steuermessgrößen aus? Wie werden sie definiert und angewendet? Entsprechend den Erkenntnissen aus diesem Kapitel sind die nächsten Abschnitte wie folgt aufgebaut: Zunächst definieren wir die zeitlichen und inhaltlichen Steuermess- größen, um anschließend die Steuerung der Projektkosten in Kapitel 6.4 zu erläutern. 6.2 Steuerung des zeitlichen und inhaltlichen Fortschritts Zur Steuerung des einzelnen Projektes ebenso wie zur Steuerung der Multiprojektumgebung verwendet der Critical-Chain-Ansatz nur eine Steuerungskennzahl: den Projektstatus. Dieser setzt sich aus Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 144 den beiden Messgrößen Projektfortschritt und Pufferverbrauch zusammen. Wie der Projektleiter den Überblick über die Kosten behält, wird in Kapitel 6.4 ausführlich erörtert. Wir kommen zu- nächst zu den zeitlichen und inhaltlichen Projektvereinbarungen. Messgröße Projektfortschritt Die Toggotec-Projektleiter berichten, dass oft die letzten 10 % eines Projektes noch mal genau so lange dauern, wie die ersten 90 %. Ein Grund dafür liegt darin, dass der Projektfortschritt falsch gemessen wird. Der Projektfortschritt wird in das Verhältnis zum Ressourcen- verbrauch gesetzt, was viele Projektleiter in die Irre führt. Die ei- gentlichen Stolpersteine des Projektes, z. B. die Einigung mit dem Kunden über bestimmte Leistungsparameter, die sich durch Ände- rungen ergeben, werden nur mangelhaft berücksichtigt bzw. ausge- räumt und von einer Projektphase in die nächste verschoben. „Die einzelnen Meilensteine oder Phasen“, so ein Projektleiter, „sind eigentlich nie vollständig abgeschlossen, einige Parameter fehlen immer. Sie werden jedoch als vollständig gemeldet, da sonst das Projekt nicht weiterlaufen kann und der Druck von der Geschäftslei- tung zu groß wird. Die Einigung mit dem Kunden hat ja unmittel- bar keine Auswirkung auf die nächste Phase. Erst in der Testphase bei Meilenstein acht in unserem Beispiel wird es entscheidend, wel- che Leistungsparameter definiert werden. Dann wird, wie bei unse- rem letzten Projekt ROBI 1, auf einmal der Sortierer zu klein oder die Steuerungssoftware muss umprogrammiert werden. Durch die ‚Troubleshooting-Aktionen’ zum Projektende hin erstaunt es dann niemand mehr, dass dort die langen Verzögerungen stattfinden. Ein Schuldiger wird auch immer schnell gefunden – der Kunde. Er kann sich ja bis zum Schluss nicht entscheiden was er will“, so die Recht- fertigung des Projektleiters. Heute wird bei Toggotec das Projekt erst fortgesetzt, wenn die festgelegten Voraussetzungen in der jeweiligen Projektphase erfüllt sind. Wenn die verbrauchten Ressourcen im Verhältnis zu den für das Projekt geplanten Ressourcen gemessen werden, so gibt dieser er- rechnete Wert keine realistische Auskunft über den Projektfort- schritt. Denn obwohl viele Ressourcen verbraucht werden, kann ja Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Steuerung des zeitlichen und inhaltlichen Fortschritts 6 145 der Projektfortschritt trotzdem stagnieren. Diese Berechnungsme- thode wird aber in vielen Projekten und Projektumgebungen zur Messung des Projektfortschritts angewandt. Beim Critical-Chain-Ansatz wird der Projektfortschritt dagegen am Fortschritt der Ergebnisse auf der kritischen Kette gemessen. Die folgende Abbildung illustriert den Unterschied. 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 Abgeschlossene Aufgabe Offene Aufgabe Kritische Kette Abb. 47: Messung des Projektfortschrittes Jedes Kästchen symbolisiert zehn Tage. Der geplante Aufwand für das Projekt beträgt 100 Tage. Nach klassischem Vorgehen, also durch die Messung des Ressourcenverbrauchs, meldet der Projekt- leiter, dass bereits 70 % des Projektes abgeschlossen sind. Genauer betrachtet sind jedoch erst 20 Tage verstrichen und noch schät- zungsweise 30 Tage zu leisten. Gemessen am Fortschritt auf der kritischen Kette ist das Projekt erst zu 25 % abgeschlossen. In Bezug auf die noch zu erwartende Projektlaufzeit ist dies die realistischere Aussage. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die Mes- sung des Projektfortschrittes mit der Critical-Chain-Methode nur So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 146 dann realistische Werte ergibt, wenn die Projektpläne (wie in Kapitel 4 beschrieben) mithilfe der Stolpersteine und den jeweiligen korrek- ten Abhängigkeiten aufgebaut wurden. Messgröße Pufferverbrauch Die zweite Messgröße gibt Auskunft über den Verbrauch des Pro- jektpuffers. Wir unterscheiden zwischen einem zeitlichen Projekt- puffer und einem Kostenpuffer zum Ende des Projektes. Aufgrund der Bedeutung der Projektkostensituation erfolgt die Herleitung des Kostenpuffers in Kapitel 6.4. Zunächst beschränken wir uns auf den zeitlichen Projektpuffer: Die kritische Kette besteht aus folgenden Phasen und Aufgaben: • Entwicklung: 25 Tage; • zweite Entwicklungsphase: ebenfalls 25 Tage; • Aufgabe D: 10 Tage; • Aufgabe F: ebenfalls 10 Tage; • am Ende der kritischen Kette: Projektpuffer mit 35 Tagen. Diese Systematik haben wir bereits in Kapitel 5.2 erläutert. Wenn nun eine der Aufgaben auf der kritischen Kette länger braucht als geplant, dann wird dadurch der Projektpuffer am Ende der kriti- schen Kette „verzehrt“. Benötigt der Entwickler beispielsweise nicht 25 Tage für den ersten Teil der Entwicklung, sondern 40 Tage, dann sind 15 Tage des Projektpuffers bereits verbraucht. Genauso verhält es sich mit dem Zulieferpuffer. Der Zulieferpfad zur kritischen Kette – z. B.: A mit 25 Tagen und C mit 15 Tagen – hat, bevor er in die kritische Kette einmündet, einen Zulieferpuffer von 20 Tagen. Auch dieser wird verzehrt, sobald A oder C länger für ihre Aufgaben brauchen als geplant. Wenn A und C zusammen länger als 60 Tage benötigen, ist der Zulieferpuffer verbraucht, jeder weitere benötigte Tag führt nun dazu, dass der Projektpuffer am Ende der kritischen Kette genutzt werden muss, denn F kann in diesem Fall nicht mehr rechtzeitig starten. Die Puffer am Ende der kritischen Kette und am Ende der zuliefern- den Ketten werden also im Laufe des Projekts aufgezehrt (vgl. Abb. 48). Die Geschwindigkeit des Verbrauchs zeigt die Sicherheit des Projektes an. Je langsamer der Projektpuffer – im Verhältnis zum So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Steuerung des zeitlichen und inhaltlichen Fortschritts 6 147 Projektfortschritt – verbraucht wird, umso sicherer ist das Projekt. Dieser Grundsatz gilt analog auch für die zuliefernden Ketten. Auf der sicheren Seite sind die Zulieferketten, wenn sie jeweils ihren Projektpuffer langsamer verbrauchen als sie mit ihrer Arbeit inhalt- lich fortschreiten. So lange dieses Verhältnis zwischen verbrauchten Projektpuffern und Arbeitsfortschritt stimmt, braucht niemand zu warnen. Wird – gemessen am Fortschritt – überproportional viel Puffer verzehrt, ist das Projekt stark gefährdet. 25 A 15 C 20 Puffer 25 Entwicklung 25 Entwicklung 10 D 10 F 35 Projektpuffer 10E 5 P Pufferverbrauch 50 60 105 40 25 Tage 0 = realer Verlauf der kritischen Kette = Kritische Kette Abb. 48: Pufferverbrauch In Abbildung 48 erkennt der Projektleiter, dass das Projekt stark gefährdet ist. Messgröße Projektstatus Der Pufferverbrauch allein sagt nur wenig aus. Aber in Kombination mit dem Fortschritt auf der kritischen Kette erhält der Projektleiter eine klare Auskunft über den Projektstatus. Der Projektstatus sagt aus, wie sicher das Projekt nach aktuellem Erkenntnisstand den gesetzten Termin einhalten wird. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 148 So lange die kritische Kette und die Zulieferketten jeweils ihren Projektpuffer langsamer verbrauchen, als sie mit ihrer Arbeit inhalt- lich voranschreiten, so lange sind sie auf der sicheren Seite und brauchen keine Warnung zu geben. Es geht also um das Verhältnis zwischen Pufferverbrauch und Fortschritt auf der kritischen Kette. In Schaubild 49 ist dies an der Steigung der Linien erkennbar. Ist die Steigung bezogen zur X-Achse größer als 45 Grad, bedeutet dies, dass der Pufferverbrauch schneller voranschreitet als der Fortschritt auf der kritischen Kette. Der Projektleiter wird sich nun frühzeitig überlegen, wie er dem Zustand entgegenwirken kann. Visualisierung Einzelprojekt Projekt in Gefahr M ö g l i c h k e i t , f r ü h e r z u l i e f e r n Grüner Bereich Gelber Bereich Roter Bereich 0 % komplett 100 0 % P u f f e r v e r b r a u c h 1 0 0 Abb. 49: Visualisierung Projektstatus Einzelprojekt Der Projektstatus kann während der gesamten Projektlaufzeit ver- folgt werden, so dass man erkennt, wie sich das Projekt über die Zeiten entwickelt. Die Veränderung des Projektstatus ermöglicht eine Aussage darüber, ob eine ergriffene Maßnahme erfolgreich war. Praxisbeispiel: Das Projekt PARIS befindet sich in Verzug, es wurde bereits am Anfang des Projektes viel Projektpuffer verbraucht. Das Projekt steht in der roten Zone (siehe Abb. 49). Der Projektleiter fordert nun einen zusätzlichen Konstrukteur an und erhält diesen sofort. In den nächsten Tagen können alle Beteiligten an der Ent- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Steuerung des zeitlichen und inhaltlichen Fortschritts 6 149 wicklung des Projektstatus erkennen, ob sich das Projekt durch den Einsatz des zusätzlichen Mitarbeiters verbessert. Die Kurve müsste nun nicht mehr steil aufwärts, sondern waagerecht verlaufen. Die rote Zone wird verlassen, das Projekt wird sicherer (vgl. Abb. 49). Den Projektstatus verwendet der Projektleiter, wenn er Verstärkung und Unterstützung einfordern muss. Er kann sagen: „Wenn ich diese Ressource, die ich brauche, nicht bekomme, dann wird sich der Projektstatus in den nächsten Tagen senkrecht nach oben entwi- ckeln und wir rutschen in die rote Zone. Wenn ich ihn aber be- komme, dann wird sich der Projektstatus voraussichtlich waagerecht entwickeln und wir bleiben im gelben Bereich oder erreichen den grünen Bereich.“ Multiprojektcontrolling Es gilt die Regel: Projektportfolio geht vor Einzelprojekt. Daher wird, wie in der folgenden Abbildung ersichtlich, nicht nur der Sta- tus des einzelnen Projekts visualisiert, sondern der Status aller lau- fenden Projekte. Die Geschäftsleitung erhält einen regelmäßigen schnellen Überblick zum Stand des Projektportfolios. Die Kennzahl „Projektstatus“ ermöglicht es, mehrere oder viele Projekte gleichzeitig in einer gemeinsamen Übersicht zu betrachten – unabhängig von der Größe und Art der Projekte. Alle Projektleiter können so gemeinsam an die Geschäftsleitung berichten, und es fällt leicht, die richtigen Entscheidungen zu treffen, wenn mehrere Pro- jekte dringend dieselben Ressourcen benötigen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 150 Visualisierung Multiprojektmanagement Projekt in Gefahr M ö g l i c h k e i t , f r ü h e r z u l i e f e r n Grüner Bereich Gelber Bereich Roter Bereich 0 % komplett 100 Projekt A Projekt B Projekt C Projekt D 0 % P u f f e r v e r b r a u c h 1 0 0 Abb. 50: Visualisierung Projektstatus Multiprojekt Praxisbeispiel: Bei einem Sensorenentwickler muss entschieden werden, ob die Nullserie für den Kunden A oder die des Kunden C zuerst produziert wird. Früher wäre das Projekt des Kunden C vor- gezogen worden, da es sich bei C um einen der größten Kunden handelt, den der Vertriebsleiter persönlich betreute. Aufgrund des Projektstatus (siehe Grafik) entscheidet man sich jedoch für A, und so können beide Projekte noch termingerecht abgeschlossen werden. 6.3 Sicherstellung des inhaltlichen Ergebnisses Ein Qualitätsmanager aus der Toggotec GmbH erinnert sich an die frühere Arbeitsweise: „Als Toggotec vor fünf Jahren eine Reihe von Qualitätsproblemen in den Projekten hatte, holte das Unternehmen externe Unterstützung. Diese analysierte damals die Qualitätsprob- leme, führte neue Methoden ein und setzte in fehleranfälligen Berei- chen neue Standards. Viele der monierten Fehler verschwanden dann auch, doch es entstanden neue Fehlerquellen an anderen Stel- len. Der Qualitätsbeauftragte kam damals mit der Erstellung von Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Sicherstellung des inhaltlichen Ergebnisses 6 151 Checklisten, Arbeitsanweisungen und Qualitätsmethoden nicht mehr hinterher. Ein Workshop jagte den anderen. Die Stimmung im Projektteam wurde schlechter, der Verwaltungsaufwand stieg an. Es war klar, dass die herkömmlichen kostenorientierten Methoden nicht griffen. Je stärker sich Qualitätsprobleme bei Toggotec verbreiteten, desto ausführlicher und häufiger wurden die Qualitätskontrollen und Review-Termine durchgeführt. Teilweise wurden sie in den damals noch gültigen Meilensteinplan eingetragen und verlängerten die Projekte erheblich. Im Nachhinein brachten die langwierigen Prob- lembesprechungen (in denen die Mitarbeiter sich ohnehin nur rechtfertigten) Toggotec nicht richtig voran.“ Das Analyseteam erkennt die negative Endlosschleife, in die Toggo- tec hineingetrieben worden war, und wirft gemeinsam mit den Pro- jektleitern die meisten Projektmanagementstandards über Bord. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 152 Unvorhergesehene Ereignisse und Störungen treten auf Wartezeit und Fehler kommen vor Schwierigkeiten im Projekt entstehen Es gibt negative Auswirkungen auf das Unternehmen Es entsteht das Bedürfnis des Unternehmens, Fehler zu vermeiden Eine gängige Vorgehensweise zur Vermeidung von Fehlern ist es, Standards zu schaffen Standards werden geschafften und müssen eingehalten werden Mitarbeiter müssen sich absichern Standards werden auch dann eingehalten, wenn sie nicht „ganz sinnvoll“ sind Unnötige Aufgaben werden ausgeführt Unnötige Abhängigkeiten werden angenommen Projekte dauern länger und sind teurer als nötig Negative Endlosschleife Abb. 51: Gegenwartsbaum der vielen Standards In Projekten entstehen Schwierigkeiten durch unvorhergesehene Ereignisse und Fehler. Führungskräfte, die das in den Griff bekom- men möchten, begegnen den Fehlern mit dem Einsatz von Stan- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Sicherstellung des inhaltlichen Ergebnisses 6 153 dards. Handelt es sich um einen systematischen, also immer wieder- kehrenden Fehler, hat dies auch seine Berechtigung. Sind die Fehler jedoch unberechenbar und treten immer in anderer Ausprägung auf, können die Standards leicht zu einer Bürokratisierung der Or- ganisation führen. Dann werden nämlich die Standards auch ein- gehalten, wenn sie nicht sinnvoll sind, was wiederum unnötigen Aufwand erzeugt und zu neuen Fehlern und Schwierigkeiten führen kann. Dann entsteht das Bedürfnis der Führungskräfte, die Stan- dards noch zu verfeinern, ein Teufelskreis beginnt. Die Standardfalle, wie sie in Abbildung 51 beschrieben ist, hat den unerwünschten Effekt, dass Unternehmen, die zu viel in ihrer Orga- nisation regeln möchten, zu langsam werden. Gerade in Projekten, die immer mit unvorhergesehenen Ereignissen umgehen müssen, darf keine „Bürokratie“ etabliert werden, denn sie verhindert die Veränderungen. „So viele Standards wie nötig, so wenige wie mög- lich“, heißt heute die Devise bei Toggotec. Wie lassen sich nun die Stellen identifizieren, an denen unbedingt Standards benötigt wer- den, um den Durchsatz von Toggotec gegen Störungen abzusichern? Hier die Antwort: Wie wir in Kapitel 3.4 beschrieben haben, steht das gesamte System still, wenn der Engpass nicht arbeitet. Daher gilt es, diesen Engpass zu optimieren, damit mehr Durchsatz erzeugt werden kann. Die größte Verschwendung wäre es, wenn der Engpass an fehlerhaften Zwischenergebnissen arbeitet. Arbeitet beispielsweise der Elektronikentwickler mit falschen Konstruktionsdaten, kann dies dazu führen, dass er verschiedene Aufgaben doppelt durchfüh- ren muss. Die Gesamtorganisation steht – es wird kein Durchsatz generiert. Deshalb wird in der Multiprojektmanagementumgebung vor der Engpassressource, also bevor der Elektronikentwickler mit seinen Aufgaben beginnt, eine präventive Qualitätsmaßnahme ein- geleitet. Der Engpass des Einzelprojektes ist die kritische Kette. Deshalb wird bei Critical Chain in dem Bereich vor dem Engpass, also vor der kritischen Kette, ein Zulieferpuffer eingeplant. Vor dem Zulieferpuf- fer erfolgt die präventive Qualitätssicherung für das Endergebnis. So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 154 Achtung: Qualitätssicherung im Projekt findet vor der Engpassressource der Or ganisation und vor der Einmündung von Zulieferketten in die kritische Kette statt. Bei Toggotec ist eine Erleichterung im Team zu spüren. Die vielen historisch gewachsenen und teilweise nicht mehr anpassbaren Stan- dards sind ohnehin für die Praxis belanglos geworden. Die Freude darüber, dass man nun auch laut äußern darf, wie praxisfremd eini- ge der alten Anweisungen gewesen sind, ist groß. In der Projektarbeit, das ist allen klar, muss nun je nach Projektplan überlegt werden, welche Qualitätsmaßnahmen für welche Leistun- gen sinnvoll sind. Aus den vormaligen Qualitäts- und Standardkon- trolleuren werden wieder kreative Qualitätsmanager, die aus ihrem Qualitätsbaukasten die richtigen Maßnahmen in die Projektpläne integrieren und das Team bei der Durchführung effizient unterstüt- zen. 6.4 Critical Chain und die Kosten Obwohl die Kennzahl „Projektkosten“ bzw. „Projektbudgeteinhal- tung“ nur bedingt als Steuergröße genutzt werden kann, hat sie ihre Daseinsberechtigung. Stehen beispielsweise Neuverhandlungen mit dem Projektauftraggeber an, der aufgrund einer Änderung das Pro- jekt neu gestalten möchte, muss dargelegt werden können, was die einzelnen, eventuell hinfällig gewordenen Arbeitsschritte gekostet haben. Um welche Kosten geht es denn im Projekt? Um dies genauer zu betrachten, teilen wir die Kosten in zwei Kategorien ein: 1. Geldmittelzufluss, beispielsweise von Kunden an Toggotec bzw. Geldmittelabfluss an die externe Welt, beispielsweise von Toggo- tec an Lieferanten: Dies betrifft den Erlös, den Toggotec beim Verkauf bestimmter Waren und Dienstleistungen erzielt, aber auch den Zukauf von Teilen, Leiharbeitern, Material etc. den Toggotec an andere bezahlt. Dieses Geld hat Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung im Unternehmen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Critical Chain und die Kosten 6 155 2. Die kalkulatorischen Kosten, die durch die Aktivierung von Ressourcen entstehen und bestimmten Projekten zugeordnet werden: Benötigt beispielsweise das Projekt ROBI zum Erstellen bestimmter Teile einen teuren Roboter, so wird der Maschinen- stundensatz auf das Projekt gebucht. Kann das Teil jedoch auch mit einer günstigeren Maschine hergestellt werden, dann werden dem Projekt ROBI weniger Kosten belastet. Der Projektleiter wird so versuchen, möglichst wenige Umlagen für sein Projekt zu bekommen, damit er das Projektbudget einhält. Die kalkula- torischen Kosten haben keine Auswirkung auf die Gewinn- und Verlustrechnung; abgesehen von einigen, in der Regel vernach- lässigbaren variablen Bestandteilen, wie z. B. Stromverbrauch. Bisher werden bei Toggotec alle anfallenden Kosten inklusive der kalkulatorischen Stundensätze auf die jeweiligen Projekte gebucht. Diese werden als Maßstab für die Projektkosten herangezogen. Wenn jedoch von den sowieso vorhandenen Ressourcen mehr Ar- beit in das Projekt einfließt, dann gibt das Unternehmen tatsächlich nicht mehr Geld aus. Es entsteht nur dann ein Nachteil, wenn der Engpass des Unternehmens mehr Arbeitszeit als geplant in das Pro- jekt einbringen muss. Dann geht dem Unternehmen Durchsatz verloren, das bedeutet weniger Geldmittelzufluss. Es ergibt also keinen Sinn, kalkulatorische Kosten, die nicht den Engpass betref- fen, auf ein Projekt zu buchen. Für das Analyseteam von Toggotec ergeben sich aus dieser Betrach- tung wichtige Erkenntnisse: Wenn keine Stunden mehr auf die Pro- jekte gebucht werden, dann haben auf einmal viele Mitarbeiter mehr Zeit, denn das umständliche Verwalten und Berichten dieser Kenn- zahlen auf lokaler Ebene kann ab sofort entfallen. Die Mitarbeiter müssen sich nicht mehr hinsichtlich ihrer persönlichen Auslastung rechtfertigen. Es bleiben also noch die Kosten, die Toggotec an andere Organisati- onen bezahlen muss, die also zu einem direkten Geldabfluss führen. Wie auch bei den Zeitschätzungen werden bei den Kostenschätzun- gen Sicherheiten eingeplant. Es liegt daher nahe, einen ähnlichen Weg wie bei der Termineinhaltung zu gehen. Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 156 Kostenpuffer Wie kann man mit dem Geld im Projekt sparsam umgehen? Toggo- tec benötigt einen Mechanismus, der dafür sorgt, dass Fremdleis- tungen möglichst kostengünstig eingekauft werden. Zunächst die Ausgangssituation bei Toggotec, die analog zum Zeit- management im Projekt (siehe Kapitel 6.2) gesehen werden kann: So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Critical Chain und die Kosten 6 157 Der übliche Weg, die Projektkosten im Griff zu haben, ist für Arbeits- oder Projektschritte ein Budget festzulegen und dafür zu sorgen, dass diese Budgets nicht überschritten werden Schätzungen werden in Versprechen umgewandelt Kosten für einzelne Projektschritte können oft nur geschätzt werden Mitarbeiter geben Kostenschätzungen ab, die sie zuverlässig einhalten können Mitarbeiter wollen zuverlässig sein. Auch das bedeutet, dass sie ihre Budgets nicht überschreiten. Außerdem zieht Budgetüberschreitung immer Diskussion und Ärger nach sich. Es kommt immer vor, dass Dinge schief gehen, teurer werden ... Kostenschätzungen/ Budget für Projektschritte/- teile enthalten einen gewissen Anteil Sicherheit Es gibt einen Druck, günstiger zu werden Mitarbeiter müssen sicherstellen, dass ihre Budgets nicht gekürzt werden Wer Budgets regelmäßig unterschreitet, riskiert Kürzung zukünftiger Budgets Mitarbeiter tendieren dazu, Budgets eher auszuschöpfen als zurückzufahren Projekte werden nicht günstiger als geplant Projekte werden teuer als geplant Abb. 52: Gegenwartsbaum – Projektkosten Da die für das Projektbudget verantwortlichen Mitarbeiter sich genauso absichern wie die Mitarbeiter, die für die Einhaltung der Termine verantwortlich sind, entstehen die gleichen Mechanismen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 158 Es sind auch bei den Kosten erhebliche Sicherheiten in die einzelnen Projektteile eingebaut, um das Projektbudget einhalten zu können. Auch diese werden, genau wie bei der Terminverfolgung, im Laufe des Projektes verbraucht oder sogar überschritten. Das Analyseteam stellt überrascht fest, dass die Kosten der letzten 20 Entwicklungs- projekte von Toggotec erheblich über dem geplanten Projektbudget liegen. Der Vorschlag des Analyseteams für die Kosten weicht auf- grund der gleichen Mechanismen nur geringfügig von der Lösung der Probleme bei der Termineinhaltung ab: Die Projektkosten werden ohne Sicherheiten knapp kalkuliert und gleichmäßig auf die einzelnen Projektteile verteilt. Anstelle der Si- cherheiten in den einzelnen Arbeitspaketen wird für das Gesamtpro- jekt ein Projektkostenpuffer eingerichtet, der die gesamten Sicher- heiten bündelt. Der Projektkostenpuffer hat mehrere Funktionen. Zum einen dient er dafür, unvorhergesehene Kosten zu decken, damit nicht gleich das Gesamtbudget überschritten wird. Zum anderen dient er als Anreiz für die Projektbeteiligten. Um die Mitarbeiter zum kostenbewussten Handeln zu motivieren, wird der am Ende noch vorhandene Kostenpuffer als Incentive an die Beteiligten ausgeschüttet. Allerdings nur, wenn das Projekt auch rechtzeitig abgeschlossen wird. Der Projektpuffer kann aber auch aufgefüllt werden, wenn Kosten entfallen oder jemand etwas günsti- ger einkaufen kann. Das Anreizsystem ist so gestaltet, dass alle Projektbeteiligten zuerst dafür sorgen, dass das Projekt termingerecht abschließt, denn nur dann haben sie einen Anspruch auf den Kostenpuffer. So wird der gesamte Projektdurchsatz beschleunigt und der Geldmittelzufluss erhöht. Erst danach werden die Entscheidungen nach Kostenge- sichtspunkten gefällt, um das Projekt möglichst unterhalb des ge- planten Budgets abzuschließen. Was nichts anderes bedeutet, als den Geldmittelabfluss möglichst gering zu halten. Beide Strategien führen dazu, dass der Gewinn von Toggotec auf- grund des Anreizsystems steigt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Critical Chain und die Kosten 6 159 Finanzstatus des Projektes Der Projektleiter benötigt nun aber noch eine Kennzahl, um den Kostenstatus seines Projekts zu betrachten. Dies sieht er am finan- ziellen Projektstatus, der so definiert ist: das Verhältnis zwischen den wertmäßigen Budgetpositionen, die schon als Aufwand gebucht, also wertmäßig im Haus sind, und dem Verbrauch des Kostenpuf- fers. Visualisierung Finanzstatus 0 % beschaffter Wert lt. Plan 100 Grüner Bereich Gelber Bereich Roter Bereich 0 % V e r b r a u c h d e s K o s t e n p u f f e r s 1 0 0 Abb. 53: Finanzstatus des Projektes (Kostenpuffer) CriticalChainStatusbericht Die Geschäftsleitung benötigt zur Steuerung des Projektportfolios folgende Basisinformationen: Die wichtigste Frage, die der Projektleiter im Statusbericht beant- wortet: „Haben sich die Grundlagen, die zu Beginn des Projektes definiert wurden, geändert?“ Die zweitwichtigste Frage: „Wie sicher kann der Projektendtermin gehalten werden?“ Dies wird am Ver- hältnis von Zeitpuffer und Projektfortschritt ermittelt. Wenn sich mehrere Projekte um Ressourcen streiten, kann nun fundiert ermittelt werden, welches Projekt als erstes unterstützt werden muss. Sollte aufgrund unvorhergesehener äußerer Einflüsse Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 160 ein Projekt seinen Endtermin voraussichtlich nicht halten können, kann dies nun frühzeitig kommuniziert werden. Erst an dritter Stelle steht die Frage, die früher höchste Bedeutung hatte: die Frage nach dem Finanzstatus des Projektes. Dieser wird benötigt, damit die Geschäftsführung das finanzielle Projektergebnis prognostizieren kann, um am Ende des Geschäftsjahres nicht über- rascht zu werden. Die einzige Entscheidung, die aufgrund des Pro- jektstatus getroffen werden kann, wäre ein Projektabbruch um wei- teren Schaden zu begrenzen. Als letzter Punkt wäre dann noch zu klären, welche Entscheidungen aus Sicht des Projektleiters von der Geschäftsleitung getroffen wer- den müssen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Critical Chain und die Kosten 6 161 Projektname Projektleiter Liefertermin Status „Zeit“ Status „Kosten“ Veränderungen im Projekt, die den Termin, die Kosten oder das Ergebnis betreffen Entscheidungs- bedarf für die Geschäftsleitung (Führungskreis) Aktuelle Zufriedenheit des Kunden OK Datum: Abb. 54: Beispiel Statusbericht Die Kultur der Mitarbeiterorientierung Bei Toggotec ändert sich mit einem Mal die Führungskultur. Einige Mitarbeiter beobachten, dass sich der Wind um 180 Grad dreht – und zwar in eine günstige Richtung. Die Führung war früher streng kontrollierend: Mitarbeiter, so meinte man, versuchen möglichst wenig zu arbeiten. Deshalb müssen sie kontrolliert werden. Aus Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 6 Projekte sinnvoll steuern mit neuen Kennzahlen 162 diesem Grund werden Mechanismen benötigt, um die Auslastung der einzelnen Mitarbeiter zu erkennen und zu steigern. Dies führt zu den lokalen Effizienzen (vgl. Kap. 3.3). Daraus resultiert, dass Mit- arbeiter sich absichern und möglichst viele Stunden auf die Projekte buchen, damit sie ausgelastet erscheinen. Haben die Mitarbeiter gelegentlich zu wenig Arbeit, so suchen sie sich Tätigkeiten – gleich, ob diese Tätigkeiten sinnvoll sind oder nicht. Da man aber die zur Kalkulation gebuchten Stunden des Angebotes heranzieht, die sich aus zurückliegenden Projekten ergeben, wird schnell klar, dass die Projekte auch deshalb nicht mehr wettbewerbsfähig sein können. Das Mitarbeiterbild wird mit der Einführung von Critical Chain bewusst und grundlegend geändert. Heute gehen alle Führungskräf- te zunächst davon aus, dass alle Mitarbeiter gerne arbeiten und sinnvolle Tätigkeiten gemäß ihrer Kernkompetenz ausführen. Kon- trolle wird generell überflüssig – oder nur noch in Einzelfällen nötig. Den Wandel von der Auslastungskontrolle hin zur Unterstützung von Mitarbeitern bezeichnet Toggotec heute als das Kernelement der Mitarbeiterorientierung. Die Auswirkungen dieses neuen Mitarbeiterbildes sind, so meinen einige Führungskräfte, gigantisch. Da die Ressourcensteuerung über den Engpass erfolgt und die Projektsteuergrößen den Führungskräf- ten einen guten Überblick über Stand und Fortschritt der Projekte geben, haben sie das Gefühl, das Unternehmen „im Griff zu haben“. Über den Projektfonds wird ein Anreiz geschaffen, dass sich die Mitarbeiter gegenseitig helfen – was die Zusammenarbeit wesentlich verbessert. Mitarbeiter können heute bei Toggotec, wenn die entsprechenden Stolpersteine des Projektes überwunden sind, früher nach Hause gehen – was dem Unternehmen Einsparungen bringt. Wenn viel sinnvolle Arbeit ansteht, sind sie bereit an den Projekten länger zu arbeiten, als dies im Arbeitsvertrag verankert wurde. Denn die Mit- arbeiter haben nun einen monetären Nutzen, wenn Projekte recht- zeitig unter Plan abgeschlossen werden. So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 163 7 Critical Supply Chain – unternehmensübergreifende Partnerschaft Projekte erfordern innerhalb eines Unternehmens eine bereichs- übergreifende Zusammenarbeit. In Kapitel 3.3 haben Sie gelesen, dass bei Toggotec Abteilungen auf die Optimierung ihrer lokalen Effizienzen verzichten können. Die Optimierung des Gesamtunter- nehmens, so die Quintessenz des Critical-Chain-Multiprojekt- managements, hat immer Vorrang vor der Optimierung des einzel- nen Bereiches. Fast alle Projekte von Toggotec werden aber nicht nur innerhalb des Unternehmens, sondern auch unternehmensübergreifend gemein- sam mit Partnern abgewickelt. Betrachtet man die „Supply Chain“, auch Liefer- oder Wertschöpfungskette genannt, dann wird deutlich: Eine einzelne Sondermaschine von Toggotec stellt oft nur einen Teil einer größeren Produktionsanlage des Kunden dar. Die Toggotec- Sondermaschinen ihrerseits benötigen wiederum Zukaufkomponen- ten und Rohmaterial, die in Projektarbeit von Lieferanten zugeliefert werden. Ein großes Projekt, beispielsweise die Erstellung einer Produktions- anlage, hat viele Teilprojekte, die dem Großprojekt untergeordnet sind. Da diese Teilprojekte in der Regel von selbständigen Unter- nehmen durchgeführt werden, die in erster Linie darauf achten, dass sie mit dem Projekt möglichst viel verdienen, entsteht wieder das Dilemma der lokalen Effizienzen für das Gesamtprojekt. Ein Beispiel: Toggotec baut eine von vielen Sondermaschinen für eine große Produktionsanlage für die Auto AG. Diese betreibt die Anlage und hat verschiedene Teilprojekte an unterschiedliche Un- ternehmen vergeben. Toggotec beauftragt den Lieferanten UI-Soft, eine Software für die Steuereinheit zu entwickeln, die Toggotec für den Bau der Sondermaschine benötigt. Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 7 Critical Supply Chain – unternehmensübergreifende Partnerschaft 164 Die Auto AG sieht das Gesamtprojekt und erstellt hierfür auch einen Gesamtprojektplan. Die einzelnen Zulieferfirmen sehen jedoch nur ihr Teilprojekt und nicht die gesamte Produktionsanlage. Die Be- zeichnung der Projekte lautet dementsprechend für ... • UI-Soft: „Entwicklung und Lieferung einer Software an Toggo- tec“; • Toggotec: „Entwicklung und Lieferung einer Sondermaschine an die Auto AG“; • die Auto AG: „Erstellung und Inbetriebnahme der Produktions- anlage zur Herstellung von LKW“. Die Sichtweise der Projekte müsste, aufgrund der Erkenntnisse aus der Multiprojektumgebung, allerdings auf das Ergebnis des Gesamt- projektes ausgerichtet sein, um die Termintreue des Projektes zu gewährleisten. So müsste beispielsweise die Firma UI-Soft gedank- lich folgenden Projektnamen führen: • Entwicklung und Lieferung einer Software für die Steuerung der Sondermaschine, die in eine Produktionsanlage eingebaut wird, welche LKW herstellt mit „SOP“ (Start of Production) am 1.7.2009. 7.1 Unerwünschte Effekte in Großprojekten Die Teilprojekte werden zwar unabhängig voneinander abgewickelt, jedoch gibt es viele Abhängigkeiten auf der Aufgabenebene, die eigentlich berücksichtigt werden müssen. Treten Änderungen in einem Teilprojekt auf, dann kann dies Auswirkung auf alle anderen Teilprojekte haben. In dieser Zusammenarbeit treten aus der Erfah- rung von Toggotec regelmäßig folgende Schwierigkeiten auf: Die Pflichten- und Lastenhefte sind so umfangreich, dass sie im Detail gar nicht zu 100 % erfüllt werden können. Spezifikationen sind nie genau genug. In der Praxis stellen sich dann ganz andere Fragen, die aber noch nicht in den Auftragsunterlagen formuliert sind. Wenn in einem Teilprojekt bekannt wird, dass es Verzögerungen gibt oder neue Risiken entstehen, dann werden die anderen Teilpro- jekte, in diesem Fall die Unternehmen, die die Teilprojekte durch- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Unerwünschte Effekte in Großprojekten 7 165 führen, wenn überhaupt, sehr spät darüber informiert. Dies führte beispielsweise bei der Produktionsanlage, in die ROBI 1 geliefert wurde, zu erheblichen Nacharbeiten. Die Softwareprogrammierung musste nochmals angepasst werden, was jedoch erst bei der Inbe- triebnahme festgestellt wurde. So verzögerte sich das Gesamtprojekt. Unerwünschte Effekte behindern das Gesamtprojekt: • Spezifikationen können zu Beginn des Projektes nie zu 100 % ge klärt werden. • Der Informationsfluss zwischen den Teilprojekten wird nicht si chergestellt. • Informationen über Änderungen, Risiken, Verzögerungen werden nicht rechtzeitig weitergegeben. • Zwischenergebnisse werden nicht in der erforderlichen Qualität übergeben. • Teilprojektleiter reagieren bei Verspätungen oder fehlerhaften Ar beitsergebnissen mit einem Eskalationsprozess, der mit dem Projekt auftraggeber verhandelt werden muss. Man spricht in der Projektma nagementwelt von so genannten „Claims“ • Potenzielle Lieferanten behaupten in der Angebotsphase zunächst, dass sie alle Projektanforderungen erfüllen können, um den Auftrag zu bekommen, um anschließend mit Einwänden und Nachforderungen bessere Preise und mehr Zeit zu erzielen. Die aufgezählten unerwünschten Effekte und Schwierigkeiten wer- den durch folgenden Kernkonflikt hervorgerufen: Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 7 Critical Supply Chain – unternehmensübergreifende Partnerschaft 166 Erfolgreich sein/Geld verdienen – heute und in der Zukunft Das eigene Projekt ist erfolgreich/ lukrativ Erfolgreiches Gesamtprojekt Tun, was für das Gesamtprojekt am besten ist Tun, was für das eigene Unternehmen am besten ist A C B D D‘ - Vom Auftraggeber auch zukünftig Aufträge erhalten - Image /Reputation gewinnen durch Mitwirkung am erfolgreichen Großprojekt A-B Wir verdienen Geld mit unseren Projekten A-C Es gibt notwen- dige Maßnah- men/Hand- lungsweisen zur Förderung des Gesamt- projektes, die zu Lasten des eigenen Unter- nehmens gehen, weil die Verträge so ausgelegt sind D-D‘ Abb. 55: Dilemma des Lieferanten D-D’: Es gibt notwendige Maßnahmen bzw. Handlungsweisen zur Förderung des Gesamtprojektes, die zu Lasten des eigenen Unter- nehmens gehen. Nur weil dies gilt, existiert das Dilemma. Wäre es für den Projektleiter klar, dass immer dann, wenn er etwas für das Gesamtprojekt leistet, er automatisch auch etwas für Toggotec leistet – dann gäbe es diesen Konflikt nicht. Das Analyseteam von Toggotec benennt Konflikte, die wiederholt in großen Entwicklungsprojekten auftreten und immer dazu führen, dass man Entscheidungen unter lokalen Gesichtspunkten trifft: Die Auto AG fordert eine Änderung an einer im Bau befindlichen Produktionsanlage. Aus Sicht des Gesamtprojektes wäre es sinnvoll, die Änderung durchzuführen. Toggotec dagegen müsste aufgrund dieser Änderung eine neue elektronische Steuerungseinheit erstellen, dies gefährdete den versprochenen Liefertermin. Die Auto AG wür- de eine verspätete Lieferung nicht akzeptieren. Es wären Vertrags- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Unerwünschte Effekte in Großprojekten 7 167 strafen fällig. Zudem verursachte die Änderung höhere Kosten bei Toggotec, verschlechterte damit die Profitabilität des eigenen Pro- jektes. Dadurch nähme der Druck im eigenen Unternehmen zu. Wie in Kapitel 3 erläutert, bringt die von der Auto AG geforderte Änderung die projektübergreifende Planung des Projektportfolios durcheinander. Die für die Durchführung der Änderung erforderli- chen Mitarbeiter und Bearbeitungsmaschinen fehlen in anderen Projekten zum zugesagten Zeitpunkt. Andere Projekte werden da- durch verzögert. Konflikte in der eigenen Firma und mit anderen Kunden sind programmiert. Damit die Änderung nicht zu Lieferterminverzögerungen und zu höheren Kosten führt, kann der Projektleiter einen so genannten „Claim“ stellen. Das heißt, er stoppt die Arbeiten am Projekt und führt die geforderte Änderung nicht durch, sondern stellt nun sei- nerseits Forderungen – in Form von mehr Zeit oder mehr Geld. Dies verlangsamt das Gesamtprojekt, weil die Forderungen zunächst verhandelt werden müssen, bevor Toggotec die Änderungen durch- führen kann. Das Analyseteam forscht weiter. Der Vertriebsleiter nennt einen weiteren Konflikt aus der Vergangenheit, der dem Gesamtprojekt alles andere als dienlich war: Während der Angebotsphase werden die Projekte mit einem Generalunternehmer der Auto AG bespro- chen. Es ist klar, dass einige Sicherheiten für Unvorhergesehenes in den Projektplan eingebaut werden sollten, damit Toggotec seine Termin- und Budgetzusagen einhalten kann. Damit aber der Gene- ralunternehmer der Auto AG überhaupt den Gesamtauftrag erhalten kann, müssen alle Sicherheitsreserven gestrichen werden. Das heißt, Toggotec geht mit dem Preis an die Schmerzgrenze und nennt einen Liefertermin, der nur unter idealen Bedingungen erreicht werden kann. Da jedoch auch die Wettbewerber auf diese Art und Weise agieren, hat man aus Sicht von Toggotec keine Chance, den Auftrag zu bekommen. Letztendlich entscheidet sich der Auftraggeber doch noch für Toggotec. Es glaubt aber niemand mehr daran, dass Toggo- tec mit diesem Projekt noch Geld verdienen kann. Für das Gesamtprojekt der Auto AG ist dies ebenso ein denkbar schlechter Projektstart, denn Toggotec hat keine Reserven mehr, bei der geringsten Störung wird das Projekt aus dem Ruder laufen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 7 Critical Supply Chain – unternehmensübergreifende Partnerschaft 168 Ursachen schlechter Zusammenarbeit in Großprojekten Was waren die Regeln, was war der „innere Mechanismus“ dieser Großprojekte, die dazu führten, dass sich Toggotec mit der Annah- me der Projekte selbst schädigte? Hierzu untersucht das Analyse- team die Mechanismen und stößt dabei auf folgende Regeln, die Lieferanten wie Toggotec in ein Entscheidungsdilemma drängen: Illusion der abgegrenzten Teilprojekte Große Projekte werden in Teilprojekte zerlegt und an Unterlieferan- ten vergeben. Es hat den Anschein, dass die Teilprojekte gut vonein- ander abgegrenzt sind. Jeder der Teilprojekt-Lieferanten soll ein möglichst detailliertes Angebot für sein Projekt erarbeiten. Zudem fordert der Generalunternehmer noch, dass die Lieferanten mög- lichst viele Risiken übernehmen, damit sein eigenes Budget im Laufe des Projekts nicht überschritten wird. Bei Fehlern muss der Lieferant kostenfrei Ersatz leisten. Zusätzlich muss der Lieferant für die Claims anderer Teilprojekte aufkommen. Dies führt zu Verteidi- gungskämpfen und zu immer neuen Claims, die letztendlich starke Budget- und Zeitüberschreitungen nach sich ziehen. Die Annahmen, die dieser Regelung zugrunde liegen, sind folgende: • Am Anfang des Projektes können Details so klar geregelt werden, dass in der Abwicklung keine Probleme mehr entstehen. Die Re- alität sieht allerdings anders aus. Zu Beginn des Projektes kön- nen viele Dinge noch gar nicht sicher festgelegt werden. • Eine weitere problematische Annahme: Die Teilprojekte sind voneinander unabhängig. Die Verantwortung für das Teilprojekt kann deshalb klar abgegrenzt werden. Auch diese Annahme wird durch die Praxis nicht bestätigt, wie das Beispiel von Toggotec zeigt. (Es musste beispielsweise aufgrund einer Änderung in der Produktionsanlage eine komplett neue Softwareprogrammie- rung bei UI-Soft durchgeführt werden.) Die aus diesen falschen Annahmen resultierenden Folgen sind ab- sehbar. Die Teilprojektleiter sichern sich nach Möglichkeit ab. Bei der geringsten Abweichung werden neue Forderungen an den Gene- ralunternehmer gestellt. Von Beginn an wird das Gesamtprojekt von Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Unerwünschte Effekte in Großprojekten 7 169 einem Arbeitsklima geprägt, das kein Miteinander, sondern ein Gegeneinander darstellt. Billiger ist besser? Teilprojekte werden an möglichst günstig anbietende Lieferanten vergeben. Für die endgültige Lieferantenauswahl hat der Preis die höchste Bedeutung. Diese Regel führt dazu, dass sich potenzielle Lieferanten besser darstellen, günstiger anbieten und mögliche Schwierigkeiten zunächst verschweigen. Dadurch werden mögliche Risiken zu spät aufgedeckt. Die Konsequenz: Versteckte Risiken sind nur dem Lieferanten bekannt – und haben aber zum Teil erhebliche Auswirkungen auf den Projekttermin und die Kosten des Gesamt- projekts. Das eigentliche Geld im Projektgeschäft wird so nicht mit der eigentlichen Leistung, sondern über Claims verdient. Der Lieferant kommt also günstig an den Auftrag, an dem er eigent- lich nichts verdient. Nun ist der Kunde vom Lieferanten quasi ab- hängig; stellt dieser seine Änderungsforderungen, ist der Kunde dann bereit, fast jeden Preis zu zahlen. Dies führt zu erheblichen Projektterminverschiebungen und Projektbudgetüberschreitungen. Die Annahme, dass durch die Auswahl von günstigen Teilprojekten das Gesamtprojekt günstig wird, ist falsch. Zusammenfassend werden die Folgen aus dem Kernkonflikt darge- stellt. Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 7 Critical Supply Chain – unternehmensübergreifende Partnerschaft 170 Das Verhalten ist auf die lokale Optimierung ausgerichtet Jeder ist für seinen Teil voll verantwortlich Kosten sind dominante Kennzahlen Der günstigste Anbieter wird ausgewählt Lieferanten haben keinerlei Spielraum für Kulanz Bei Fehlern muss der Lieferant kostenfreien Ersatz liefern Bei Fehlern und (verschuldeten) Verzögerungen muss der Lieferant für Schäden (Claims anderer) aufkommen Verteidigungsschlach- ten sind an der Tagesordnung, es herrscht das Gesetz: „Gegeneinander statt miteinander“ Flexibilität sinkt Claims sind das Mittel der Wahl zum Geldverdienen im Projektgeschäft geworden Projekte dauern länger als nötig Lieferanten versuchen, Sicherheiten einzubauen, die sie dann auch stets verbrauchen Projekte werden teurer als nötig Abb. 56: Gegenwartsbaum Supply Chain und lokale Optimierung Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Umgang mit den Sicherheiten in der Supply Chain 7 171 Alle diese Vorgehensweisen sind Auswirkungen der lokalen Opti- mierung, die wir bereits in Kapitel 3 erarbeitet haben („Die Opti- mierung von Teilen führt automatisch zur Optimierung des Gan- zen.“). 7.2 Umgang mit den Sicherheiten in der Supply Chain Wenn die Toggotec-Geschäftsleitung die zeitlichen Puffer streichen würde, bedeutete dies das Ende des Paradigmenwechsels. Wie im Einzelprojekt hergeleitet, wird der Projektpuffer für die unvorherge- sehenen Verzögerungen benötigt; ohne ihn könnte der Critical- Chain-Ansatz nicht realisiert werden. Mitarbeiter würden sich wie- der auf ihre alten Verhaltensweisen konzentrieren. Wenn Kunden den Puffer streichen, dann wird deutlich, dass sie die Systematik nicht verstanden haben. Es empfiehlt sich also, die Pro- jektpläne vorsichtig nach außen zu kommunizieren. Als die zuständigen Mitarbeiter von Toggotec mit den Kunden spre- chen, sind sie erstaunt, dass einige Großkunden den Critical-Chain- Ansatz bereits kennen und ihn auch praktizieren. Ein Kunde legt sogar den Zulieferpuffer für Toggotec offen, innerhalb dessen Tog- gotec seine Steuerungen für die großen Produktionsanlagen zulie- fert. Dies bedeutet zumindest mit diesem Kunden den Anfang einer neuen und intensiveren Geschäftsbeziehung. Zurück zum Kernproblem: Wie kann das Paradigma der lokalen Effizienzen aufgelöst werden? Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur und seine eigenen Erfolgsfaktoren. Die Einflussmöglichkeiten im Sinne von Lieferantenkontrollen im Projekt sind gering. Es muss einen anderen Weg geben. Die Lösung, so vermutet das Analyse- team, muss systematisch erfolgen. Es muss ein Mechanismus für Verhaltensregeln kreiert werden, der alle Projektbeteiligten dazu bringt und eventuell auch zwingt, an einem Strang zu ziehen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 7 Critical Supply Chain – unternehmensübergreifende Partnerschaft 172 7.3 Zusammenarbeit fördern Das Analyseteam von Toggotec steht vor einem gewaltigen Problem. Die Probleme und Konflikte in Großprojekten können durch Tog- gotec nicht allein beseitigt werden. Nur wenn Toggotec der Gesamt- auftraggeber für andere Teilprojekte ist, kann ein Paradigmenwech- sel herbeigeführt werden. Dies ist jedoch nur bei den eigenen Ent- wicklungsprojekten der Fall. Was geschieht mit den Projekten, bei denen Toggotec nur ein Teilprojekt verantwortet? Ein Toggotec-Mitarbeiter erinnert sich an ein Projekt, das Toggotec nur deshalb bekommen hatte, weil es gemeinsam mit zwei weiteren Lieferanten einen Gesamtplan erstellte, aus dem die Lösung gut hervorging; die Mitbewerber hatten dagegen nur separate (Teilpro- jekt-)Lösungen erarbeitet. Bei der Projektsteuerung kann das Pro- jekt dann fast eins zu eins gemäß dem Projektplan durchgeführt werden. Da alle die gemeinsamen Risiken kennen, gibt es keine Kon- flikte und Claims zu bearbeiten. Ist das der Ausweg: gemeinsame Projektpläne und Lösungen mit anderen? Der neue Geschäftsführer hilft dem Analyseteam mit einem Beispiel aus seiner vorigen Firma. Diese liefert Steuerungseinheiten für die Gepäckbänder des Flughafenterminals P5. In diesem Großprojekt hat man die bisher gültigen Paradigmen in Frage gestellt. Neue Maßstäbe und Regeln für die Einbindung von Lieferanten in das Gesamtprojekt werden gesetzt. Bei P5 wird auf die Beauftragung eines Generalunternehmens ver- zichtet. Der Flughafenbetreiber hat sich entschieden, die Risiken selbst zu tragen und das Projektmanagement eigenständig durchzu- führen. Die Auswahl der besten Lieferanten wird im Rahmen von Assessments durchgeführt. Darin wird geprüft, welchen Stellenwert das Projekt für den einzelnen Lieferanten hat und welche Anstren- gungen er unternehmen wird, das Gesamtprojekt zu fördern. Insbe- sondere wird die Bereitschaft des Lieferanten untersucht, nach den geänderten Projektmanagementregeln zu arbeiten. Zu Beginn des Projektes werden die Teilprojekte, die große Über- schneidungen haben, zusammengeführt. Diese Teams steuern sich unter der Managementverantwortung des Auftraggebers praktisch selbst. So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Zusammenarbeit fördern 7 173 Damit das Prinzip der lokalen Kostenoptimierung nicht im Vorder- grund steht, führt der Flughafenbetreiber ein einfaches Abrech- nungssystem ein. Die Lieferanten geben kein Angebotspreis ab, sondern werden entsprechend den tatsächlich anfallenden Kosten bezahlt und bekommen noch eine prozentualen Gewinnaufschlag. Dazu wird für dieses Projekt eine „Open-Book-Policy“ vereinbart. Ein Fehler ist erlaubt Jeder Lieferant darf einmal einen Fehler machen, der vom Gesamt- projekt getragen wird. Der Lieferant bekommt allerdings in diesem Fall den Gewinnaufschlag nicht mehr zugeteilt, sonst gäbe es einen Anreiz, Fehler zu machen. Erst beim zweiten Fehler oder der zweiten Ersatzlieferung derselben Sache trägt der Lieferant die kompletten Kosten für die Fehlerbeseitigung. Wie in Kapitel 6.4 hergeleitet, hat auch P5 einen Kostenpuffer in Form eines Risikofonds für das Gesamtprojekt eingerichtet. Aus diesem wird Unvorhergesehenes bezahlt, z. B. Kosten, die durch die oben erwähnten Fehler entstanden sind. Dieser Risikofonds dient auch für eventuell anfallende Strafzahlungen an die Fluggesellschaf- ten, falls der versprochene Projektendtermin nicht gehalten werden kann. Spart ein Lieferant während des Projektes Kosten ein, werden diese zwischen ihm und dem Risikofonds geteilt. Zusätzlich erhält jeder Lieferant einen Anteil des nicht verbrauchten Risikofonds zum Ende des Projektes. Kultur des Zusammenhalts In der Projektabwicklung treten viele günstige Effekte auf. Durch den am Ende des Projektplans positionierten Risikofonds hat jeder Teilprojektleiter ein Interesse daran, dass potentielle Risiken frühzei- tig erkannt und vermieden werden. Es herrscht Konsens darüber, dass die Interessen des Gesamtprojektes bei jeder Entscheidung im Vordergrund stehen. Der mit den neuen Regeln geschaffene Mechanismus führt dazu, dass sich einzelne Lieferanten für das Gesamtprojekt stark machen. Dieses Engagement hat automatisch für sie einen Nutzen. Die Liefe- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 7 Critical Supply Chain – unternehmensübergreifende Partnerschaft 174 ranten achten einerseits darauf, möglichst wenig Fehler zu machen. Andererseits ist es für sie entscheidend, ein Augenmerk auf die Kos- ten des Gesamtprojektes zu richten, damit ihr Gewinnanteil mög- lichst hoch ausfällt. Durch diese Regelungen gibt es in diesem Pro- jekt keine Claims mit den daraus resultierenden Kosten und Verzö- gerungen. In vergleichbaren Projekten dieser Größenordnung betra- gen die Claim-Kosten mitunter mehrere Millionen Euro. Das einge- sparte Geld bleibt bei P5 im Risikofonds. Weitere Optimierungsansätze liegen bei den Zukaufteilen, die von mehreren Lieferanten benötigt werden. Ohne dass dies zu Beginn des Projektes geplant war, organisieren mehrere Teilprojektleiter eine Art Zentraleinkauf für das Projekt, der über die Einkaufsmenge erhebliche Preisnachlässe für alle Projektbeteiligten erzielt. Hier- durch hat jeder Partner einen Nutzen, denn auch diese Einsparun- gen fließen direkt in den Risikofonds. Das Wichtigste ist jedoch, dass im Projekt eine Kultur des Zusam- menhaltes entsteht. Jeder hat ein Interesse daran, die anderen Pro- jektteilnehmer erfolgreich zu machen, denn es partizipiert jeder Einzelne an einer guten Gesamtleistung. Dadurch, dass alle Lieferanten am pünktlichen Abschluss des Pro- jekts interessiert und die lokalen Effizienzen beseitigt sind, kann das Projekt nach den Methoden des Critical-Chain-Ansatzes abgewi- ckelt, gesteuert und zusätzlich beschleunigt werden. Dieses Beispiel erleichtert dem Analyseteam die Arbeit. Es über- nimmt die beschriebenen Punkte in das Gesamtkonzept. Bei Toggo- tec ist man sich sicher, dass die neuen Entwicklungsprojekte genau nach dem Schema des P5-Projektes abgewickelt werden. ROBI 2 wird der erste Kandidat für das neue Konzept. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 175 8 „Unwiderstehliche“ Projektangebote entwickeln Bei der Auftaktveranstaltung zur Einführung von Critical-Chain- Projektmanagement im Führungskreis fragt der Betriebsrat: „Wenn Toggotec-Projekte durch Critical-Chain-Projektmanagement im Schnitt um 30 % schneller und zuverlässiger abgewickelt werden, dann haben die Mitarbeiter freie Kapazitäten. Was geschieht mit diesen?“ Dies ist eine berechtigte Frage. Der Geschäftsführer wiederholt die gemeinsamen Ziele, die zu Beginn des Projektes vereinbart wurden: „In sieben Monaten werden wir unsere Entwicklungsprojekte insge- samt um 35 % beschleunigen, bei nahezu hundertprozentiger Zu- verlässigkeit und einer Umsatzrendite von 10 %.“ Freie Kapazitäten, so führt er weiter aus, habe es schon immer bei Toggotec gegeben: „Nur wurden sie nicht erkannt, sondern ver- schwendet!“ Alle Mitarbeiter bei Toggotec wissen, dass nur der Eng- pass zu 100 % ausgelastet werden kann; andere Bereiche benötigen dagegen Kapazitätsreserven für kurzfristige Änderungen und Stö- rungen: Es besteht also kein Grund, personelle Maßnahmen zu er- greifen. Sicher können in einigen Bereichen auch Überstunden ab- gebaut werden, dies wird ein angenehmer Nebeneffekt sein. Durch die Lösungsbausteine des Critical-Chain-Ansatzes wird Tog- gotec schneller und zuverlässiger arbeiten als die Wettbewerber. Dies bedeutet, dass sich Toggotec neue Chancen am Markt erschließen kann. Für die Verbreitung der neuen Erfolgsfaktoren wird die Marketing- abteilung sorgen. Im Rahmen eines Geschäftsmodells werden die Effekte „Schnelligkeit“ und „Zuverlässigkeit“ neu am Markt positio- niert. Dies wird ein erhebliches Wachstum ermöglichen und die Arbeitsplätze von Toggotec sichern. Dem Analyseteam von Toggotec wird eins deutlich: Wenn die Füh- rungskräfte und Mitarbeiter erfassen, dass der Auftragseingang deut- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 8 „Unwiderstehliche“ Projektangebote entwickeln 176 lich gesteigert werden kann – dann werden sie keinen Widerstand gegen Critical Chain aufbauen, sondern begeistert an den Verände- rungen mitwirken. Doch woher kommen so schnell zusätzliche Aufträge? Nur, weil durch den Critical-Chain-Ansatz Projekte schneller und zuverlässi- ger abgewickelt werden, sind nicht automatisch neue Aufträge zu erwarten. Um einen signifikanten Zuwachs im Auftragseingang zu erzielen, benötigt Toggotec, wie der Geschäftsführer sagt, ein „un- widerstehliches“ Angebot für den Markt. 8.1 Marketing und Vertrieb Bei Toggotec werden Marketing und Vertrieb vermischt. Daraus erwachsen Schwierigkeiten und Missverständnisse. Um dies besser abzugrenzen, geben wir hier eine kurze Definition der beiden Begriffe: Einfache Definition von „Marketing“: Marketing umfasst Maßnahmen, die die Nachfrage des Marktes nach Produkten und Leistungen des Unternehmens steigern; außerdem soll durch diese Maßnahmen der Wert der Produkte und Dienstleistungen am Markt steigen. Pointiert bedeutet das: Marketing bringt die Kunden dazu, vor ei- nem Geschäft Schlange zu stehen, weil interessante Ware geliefert wurde. Marketing lässt ein Bedürfnis der Kunden nach den Produk- ten und Dienstleistungen des Unternehmens entstehen. Einfache Definition von „Vertrieb“: Aufgabe des Vertriebs ist es, Verträge mit Kunden abzuschließen. Die Verkäufer im Geschäft tätigen nun lukrative Geschäftsabschlüs- se mit den einströmenden Kunden, so dass Geld in die Kasse kommt. Bei Toggotec beklagen sich Geschäftsführung und Mitarbeiter re- gelmäßig über den Vertrieb. In Wirklichkeit gab es aber viel zu we- nig lukrative Anfragen. Marketing wurde so nebenher mitgemacht, und deshalb wissen viele potentielle Kunden gar nicht, welche be- sonderen Leistungen Toggotec erbringen kann. Besondere Anfragen erreichen deshalb Toggotec nur selten. Welche Mecha nismen führen zu den Schwie rigkeiten? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Marketing und Vertrieb 8 177 Marketingkonflikt Die Marketingfachleute bei Toggotec wissen, dass der Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung ausschließlich davon abhängt, welchen Nutzen der Kunde von Produkt und Dienstleistung erwar- tet. Der Markt, in dem Toggotec agiert, hat keine homogene Struk- tur. Dies bedeutet, dass den Kunden je nach Marktsegment unter- schiedliche „Werte“ der Maschinen wichtig sind. Es gibt Kunden, die schnelle Maschinen benötigen, andere wiederum legen auf Präzi- sionsmaschinen Wert. Die Preise und Lieferleistungen in den beiden Marktsegmenten sind aber sehr verschieden. Einige Kunden sind bereit, für bestimmte Sondermaschinen in ge- wissen Situationen mit den entsprechenden Dienstleistungen das Dreifache dessen zu bezahlen, was andere Kunden zu zahlen bereit sind. Weshalb? Warum hat Toggotec sich nicht einfach auf die un- terschiedlichen Prioritäten der Kunden eingestellt und seine Ange- bote entsprechend aufgebaut? In der Tat stellt das Analyseteam fest, dass sich Toggotec so verhält, als gäbe es nur einen homogenen Markt. Toggotec nimmt den Wert seiner Produkte und Dienstleis- tungen anders als der Markt wahr. Je mehr Aufwand Toggotec mit dem Bau der Sondermaschine und der Dienstleistung hat, desto wertvoller wird die Toggotec- Maschine, so die Meinung der Mitarbeiter, die für die Kalkulation der Angebote verantwortlich sind. Je mehr Material, Arbeit, Design, Distribution, Marketing „umgelegt“ werden muss, desto teurer ist die Maschine. Toggotec geht davon aus, dass der faire Marktpreis sich aus den Kosten plus einer angemessenen Marge errechnet. Nun treffen zwei extreme Situationen aufeinander: Die Maschine wird aufgrund verschiedener Neuentwicklungen und Sonderlösun- gen viel zu teuer und kann fast nicht verkauft werden. Oder die Maschine wird viel zu billig angeboten, und Toggotec merkt dies überhaupt nicht. Es gibt zwei verschiedene Einschätzungen zum Wert einer Dienst- leistung oder eines Produktes. Zum einen: Toggotec beurteilt selbst den Wert, indem es schätzt, wie viel Energie in die Herstellung des Produkts investiert werden muss; je mehr Energie, desto teurer das Produkt. Zum anderen: Der Markt bewertet das Produkt im Hin- Wo liegt die Kernursache? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 8 „Unwiderstehliche“ Projektangebote entwickeln 178 blick darauf, wie gut das Produkt die Probleme des Marktes lösen kann und damit einen Nutzen generiert. Toggotec kommt hier in einen Konflikt, der so dargestellt werden kann: Umsatz und Gewinn steigern Viele Aufträge generieren Dem Wertempfinden des Kunden entsprechen Profitable Aufträge generieren A B D C Neue Funktionen und Features Kürzere und zuver- lässige Liefer- zeiten Preise reduzieren Standard Produkte u. Services Wenig Support Neue Produkte und Services Dem Wertempfinden des Herstellers entsprechen D‘ Standard Funktionen u. Features Kosten + Marge Abb. 57: Das Marketing Dilemma Der Markt fordert innovative neue Produkte und Serviceleistungen, kürzere und zuverlässigere Lieferzeiten, neue Funktionen – und dies alles zu günstigeren Preisen als noch beim letzten Auftrag. Toggotec dagegen will möglichst Standardmaschinen mit Standardfunktionen verkaufen. Natürlich zu den Standardlieferzeiten und mit einer höheren Marge. Denn der letzte Auftrag konnte gerade noch kos- tendeckend abgearbeitet werden. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Marketing und Vertrieb 8 179 Diese Gegensätze, die allein aufgrund unterschiedlicher Perspektiven und Blickrichtungen existieren, bringen Toggotec dazu, ständig zu überlegen, ob ein Auftrag anzunehmen oder abzulehnen sei. Die Entscheidungen sind nicht mehr nachvollziehbar. Solange die Kal- kulation von Toggotec dazu führt, dass das Produkt zu einem höhe- ren Preis verkauft werden soll, als die Kunden bereit sind zu bezah- len, gilt das oben abgebildete Dilemma. Oder aus Kundensicht: Solange der Kunde meint, dass er die Maschine beim Wettbewerber günstiger bekommt, heißt dies, dass die Maschine ihren Preis nicht wert ist. Wenn es gelingt, die Werteinschätzung der Kunden so weit zu stei- gern, dass sie oberhalb der Konditionen von Toggotec liegt, dann wäre das beschriebene Dilemma aufgelöst. Dann „stehen die Kun- den vor der Türe“ und wollen Projekte beauftragen zu Konditionen, die auch für Toggotec interessant sind. Damit ist die zukünftige Hauptaufgabe des Toggotec-Marketings, den Marktwert der Produkte und Leistungen soweit zu steigern, dass dieser signifikant oberhalb des von Toggotec selbst geschätzten Werts liegt. „Dies“, so ergänzt der Geschäftsführer gegenüber dem Analyseteam, „muss auf eine Art und Weise geschehen, die vom Wettbewerb nicht so einfach kopiert werden kann.“ Erfolgsfaktoren durch Critical Chain Durch die erfolgreiche Nutzung von Critical Chain entsteht also eine Reihe potenzieller Wettbewerbsvorteile: • kürzere Projektlaufzeiten; • nahezu 100 % Termintreue; • Einhaltung bzw. teilweise sogar Unterschreitung des Projektbud- gets; • eine größere Kapazität, späte Änderungen im Projekt zu berück- sichtigen. Inwieweit diese Erfolgsfaktoren tatsächlich in mehr Projektdurch- satz bzw. Projektaufträge umgewandelt werden können, hängt von der konkreten Marktsituation ab. Genau diese Marktsituation gilt es nun detailliert zu untersuchen, um das erforderliche „unwiderstehli- che“ Angebot zu erarbeiten. Der folgende Abschnitt zeigt auf, wie Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 8 „Unwiderstehliche“ Projektangebote entwickeln 180 dies methodisch funktioniert. Hier handelt es sich allerdings nicht um ein Musterverfahren. 8.2 Probleme des Marktes lösen Toggotec hatte schon etliche Marktstudien durchführen lassen. Mit Portfolioanalysen, Markteinschätzungen und anderen Instrumenten sollte eingeschätzt werden, was in welchen Marktsegmenten zukünf- tig verkäuflich sein würde. Der Nutzen dieser Studien war jedoch nicht sehr groß. Die Kernfrage, die es bei der Erarbeitung eines unwiderstehlichen Angebotes zu beantworten gilt, heißt nicht: „Welchem Markt und welchen Kunden wollen wir unsere Produkte verkaufen?“, sondern: „Welche Probleme hat der Markt und durch welche Produkte und Leistungen können diese Probleme gelöst werden?“ Je größer die „Wertigkeit“ des zu lösenden Problems, desto besser der erzielbare Preis. Das Analyseteam von Toggotec erstellt unter Anleitung des Ge- schäftsführers zunächst eine Liste der Schwierigkeiten und Probleme aus Kundensicht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den unerwünsch- ten Effekten, die im Zusammenhang mit den Sondermaschinen und den dazugehörigen Dienstleistungen stehen. Im Anschluss werden die einzelnen Schwierigkeiten in Beziehung zueinander gesetzt, bis die Führungsmannschaft von Toggotec ver- standen hat, durch welche Mechanismen im eigenen Unternehmen die Schwierigkeiten erzeugt werden. Die Zusammenhänge werden in einem Ursache-Wirkungs-Diagramm dargestellt: Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Probleme des Marktes lösen 8 181 Unpünktliche Fertigstellung eines Projektes hat empfindliche wirtschaftliche Folgen für den Auftraggeber (AG) Es kommt immer wieder vor, dass Lieferanten ihre Termine z. T. deutlich überschreiten Auftraggeber (AG) muss Maßnahmen ergreifen, um Verspätungen zu verhindern AG muss extreme Sicherheiten einbauen, um Verspätungen von Lieferanten auffangen zu können Flexibilität sinkt Wirtschaftlichkeit des AG ist gefährdet Wettbewerbsfähig- keit des AG ist gefährdet AG vereinbart Vertragsstrafen mit Lieferanten AG muss erheblichen Aufwand für Lieferantenkontrolle, Steuerung und Firefighting betreiben Lieferanten scheinen selbst nicht die volle Kontrolle über ihre Termintreue zu haben Späte Änderungen sind erheblich erschwert Vertragsstrafen sind eine übliche Methode, um Termintreue zu „erzwingen“ Die AG-Projekte sind teurer als nötig AG ist später am Markt Die AG-Projekte sind deutlich länger als nötig Lieferanten wollen keine Vertragsstrafen zahlen AG-Projekt verspätet sich Imageschaden Zusätzliche Kosten, zusätzlicher Zeitbedarf Erhöhte Kapitalbindung Es kommt vor, dass später Änderungen erforderlich sind Lieferanten bauen extreme Sicherheiten ein, um Verspätungen vermeiden zu können Abb. 58: Gegenwartsbaum Marktanalyse Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 8 „Unwiderstehliche“ Projektangebote entwickeln 182 Bei der Analyse ist die Versuchung groß, die Ursachen für die Prob- leme bei den Kunden zu suchen. Dazu fallen den meisten Mitarbei- tern auch etliche Punkte ein: „Die Kunden bringen nicht die richti- gen Daten. Sie wissen nicht, was sie wollen, kommen dauernd mit Änderungen. Sie haben ihre Prozesse nicht im Griff. Sie halten ihre eigenen Terminvorgaben nicht ein. Sie versuchen Schwierigkeiten immer an uns weiter zu reichen.“ Also ist der Kunde das Problem – und nicht Toggotec? Der Ge- schäftsführer besteht darauf, dass die Ursachen im eigenen Einfluss- bereich liegen müssen. Nur dort kann angesetzt werden; wer ver- sucht, seine Kunden zu erziehen – der wird bald keine mehr haben. Nachdem der Ursache-Wirkungs-Baum gemeinsam erarbeitet ist, erkennt das Toggotec-Management, wie es selbst die Probleme der Kunden verursacht und den Markt daran hindert, den Wert der Produkte und Leistungen des Unternehmens signifikant höher ein- zustufen. Es findet einige Ansatzpunkte, die zur Lösung der Kun- denprobleme beitragen können. Dies ist der Schlüssel zur Erarbei- tung eines unwiderstehlichen Angebotes. Das unwiderstehliche Angebot Nun werden die Kernursachen für die Probleme aufgelöst. Das Ana- lyseteam findet neue Ansätze, die dazu führen, dass die Kunden einen höheren Nutzen aus den Produkten und Dienstleistungen von Toggotec ziehen und diesen auch wahrnehmen. Das Analyseteam entwickelt einen Zukunftsbaum, um genau zu ermitteln, was ge- schieht, wenn die neuen Vorgehensweisen implementiert sind. Die motivierende Wirkung bei den Diskussionen führt dazu, dass das Erreichen des gemeinsamen Ziels, das zu Beginn der Einführung von Critical Chain definiert wurde, deutlich näher rückt. Die ewigen „Killerargumente“, dass der Markt eben nicht mehr hergibt und alles nur nach dem Preis entschieden wird, verschwinden. So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Probleme des Marktes lösen 8 183 Critical-Chain-Projektmanagement ist bei Toggotec wirksam Signifikant kürzere Projektlaufzeiten sind möglich Hohe Transparenz bzgl. Projektfortschritt Termintreue wird sichergestellt Für viele Kunden ist die Termintreue ihrer Lieferanten entscheidende Voraussetzung für den eigenen Erfolg Der Wettbewerb kann die Termintreue nicht sicher- stellen Der Wettbewerb kann es sich nicht leisten, außergewöhnlich hohe Vertrags- strafen anzusetzen bzw. zu akzeptieren Toggotec ist in der Lage, von sich aus außergewöhnlich hohe Vertrags- strafen für den Fall des Verzugs anzubieten Toggotec kann durch das Angebot außergewöhnlich hoher Vertragsstrafen den Markt von der Ernsthaftigkeit der Terminzusagen überzeugen und den Wettbewerb ausgrenzen Es gibt Kunden, die für signifikant kürzere Projektlaufzeiten erhebliche Premium- aufschläge zahlen würden Es gibt Kunden, die durch signifikante Verkürzung ihrer Projektlaufzeiten sehr viel mehr Geld durch ihre Projekte verdienen können Der Wettbewerb kann die Geschwindig- keit nicht sicherstellen Abb. 59: Zukunftsbaum – ein Beispiel für ein unwiderstehliches Angebot Ein unwiderstehliches Angebot wird der Kunde nicht ablehnen, weil es Probleme auf eine bisher nie da gewesene Art löst. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 8 „Unwiderstehliche“ Projektangebote entwickeln 184 Im Beispiel von Toggotec gibt es Kunden, die für eine schnellere Abwicklung von Projekten bereit wären, höhere Preise zu zahlen. Toggotec bietet freiwillig hohe Vertragsstrafen an. Auf solche Ver- tragsstrafen können und wollen die Wettbewerber nicht einsteigen. Der eine oder andere Mitarbeiter von Toggotec berichtet, dass der Wettbewerb vermute, Toggotec werde sich mit seinen Angeboten eine „blutige Nase“ holen; es sei unmöglich, so die Einschätzung der Konkurrenz, so schnell eine Sondermaschine zu entwickeln. Dem Kunden signalisiert Toggotec mit der freiwilligen Strafzahlung, dass man es mit den gemachten Zusagen ernst meint. Die Vorteile von Critical-Chain-Projektmanagement können erst dann vollständig greifen, wenn durch die beschleunigten Projekte ein unwiderstehliches Angebot kreiert ist. Dann werden neue Märk- te erschlossen und teilweise höhere Preise erzielt. Denn mehr Pro- jekte zu höheren Preisen mit der gleichen Mannschaft bringen mehr Profit und mehr Zufriedenheit bei der Arbeit. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 185 9 Mitwirkung für Critical Chain erzeugen – ein Paradigmenwechsel Das Projekt Critical Chain wird bei Toggotec vom Geschäftsführer persönlich „top down“ umgesetzt. Nachdem die Untersuchungen und Erkenntnisse des Analyseteams vom Führungskreis verstanden und akzeptiert sind, gilt es nun, die Implementierungsschritte in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Nur wenn dies gelingt, wer- den die meisten Mitarbeiter motiviert an der Veränderung mitwir- ken, die vor allem eine Verhaltensänderung bewirken soll. Nachdem Critical Chain bei Toggotec implementiert ist, beschreibt das Analyseteam die verschiedenen Erfolgsfaktoren in einem Erfah- rungsbericht. Die wesentliche Erkenntnis: Der Critical-Chain- Ansatz funktioniert nur, wenn sich die obersten Führungskräfte einig sind und das Projekt von der Geschäftsleitung initiiert wird. Die Führungskräfte bei Toggotec brauchen Zeit, um sich mit Critical Chain zu beschäftigen. Über Fachliteratur, die als „Pflichtlektüre“ vom Chef persönlich ausgehändigt wird, tasten sich die Führungs- kräfte an die Thematik heran. Es hätte Toggotec nichts genützt, wenn die Führungskräfte überre- det worden wären oder es eine Anordnung gegeben hätte, sich von heute auf morgen anders zu verhalten. Ziel jedes Vorgehens, so die Quintessenz des Analyseteams, muss es sein, dass die Führungskräfte sich selbst die Lösung erarbeiten. Daher empfiehlt es sich für die Konzeption, ein Analyseteam (wie bei Toggotec geschehen) zu beauftragen. Dieses Team hat die Auf- gabe, sich gemeinsam einen Überblick über die einzelnen Bausteine von Critical Chain (Multiprojektmanagement, Einzelprojektmanage- ment, Auswahl von Projekten und Marketing) zu verschaffen. Zu- sätzlich soll das Team überprüfen, wie die Bausteine in der jeweili- gen Organisation anzuwenden sind. Der Zeitbedarf für die Ge- So sieht die Lösung zur Vorgehensweise aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 9 Mitwirkung für Critical Chain erzeugen – ein Paradigmenwechsel 186 schäftsleitung beträgt für jeden Critical-Chain-Baustein ungefähr einen halben Tag. Der jeweilige Baustein wird dann aufgrund ver- schiedener Entscheidungsvorlagen mit dem Analyseteam analysiert, erörtert und der eigenen Organisation angepasst. Critical Chain wird bei Toggotec in die gesamte Veränderungsstra- tegie eingebunden. Dafür werden vier Tage unter Anleitung eines Critical-Chain- und Strategieexperten eingeplant. Die Verände- rungsstrategie hat dabei drei Fragen zu beantworten: • Was soll sich überhaupt verändern? • Wo soll die Reise hingehen? • Wie ist das Ziel zu erreichen? Herausgearbeitet wird eine Vision mit dem Ziel, beim Projektmana- gement schneller und zuverlässiger – bei einer Umsatzrendite von 10 % – zu werden. Damit dies für die Mitarbeiter greifbar wird, sind Erläuterungen notwendig: • Wie werden wir schneller und zuverlässiger? • Wie sieht das unwiderstehliche Angebot aus, damit wir auf eine Umsatzrendite von 10 % kommen? • Welche Veränderungen im Unternehmen sind erforderlich, um das unwiderstehliche Angebot produzieren zu können? Sind die Toggotec-Führungskräfte dazu in der Lage? • Wie werden sich die Umsätze und Ergebnisse dann entwickeln? All diese Fragen werden schlüssig und konkret beantwortet, und es entsteht eine positive Motivation bei den Führungskräften und Mit- arbeitern für die Implementierung des Critical-Chain-Ansatzes. 9.1 Überwindung der Widerstände Nun gilt es, das Critical-Chain-Konzept im Rahmen der Strategie umzusetzen. Der Geschäftsführer spricht in diesem Zusammenhang von sechs Schichten des Widerstandes, die bei Verhaltensänderun- gen auftreten und die zu überwinden sind. 1. Es besteht keine Einigkeit über das Problem des Projektmanage- ments. 2. Es gibt keine Einigkeit über die richtigen Lösungsansätze, damit Projektmanagement besser funktioniert. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Überwindung der Widerstände 9 187 3. Es besteht keine Einigkeit darüber, dass die Critical-Chain- Lösung sinnvoll für Toggotec ist. 4. Mitarbeiter und Führungskräfte befürchten eine Reihe negativer Nebeneffekte, die auftreten, wenn Critical Chain eingeführt wird. 5. Die Mitarbeiter und Führungskräfte sehen auf dem Weg zur Umsetzung viele Stolpersteine, für die es noch keine Lösung gibt. 6. Obwohl alle dem Konzept zugestimmt haben, erfolgt bei ver- schiedenen Mitarbeitern trotzdem keine Handlung Die sechs Schichten werden, wie in Kapitel 4 dargestellt, als Stolper- steine in den Critical-Chain-Veränderungsprojektplan aufgenom- men und in positiver Formulierung als Zwischenergebnisse einge- tragen. Sobald die Führungskräfte die Widerstände überwunden haben, wird ein Schulungskonzept für die Mitarbeiter erstellt, das ebenso die sechs Schichten des Widerstands berücksichtigt und den Mitar- beitern hilft, den Critical-Chain-Ansatz zu implementieren. Tipp: Methoden wie Critical Chain, die eine Verhaltensänderung bewirken, können wie ein Gummiband gesehen werden: Je größer die Verände rung innerhalb der Organisation, desto stärker wird das Gummiband ge spannt und zieht die Betroffenen in den Ausgangszustand zurück. Um dies zu verhindern, müssen die sechs Schichten des Widerstandes über wunden werden. Der Geschäftsführer schlägt sein Notizbuch auf, das den Titel hat: „Veränderungen umsetzen“. Darin stehen die Erläuterungen zur Überwindung der sechs Schichten des Widerstands. Das Analyse- team bemerkt bereits bei der einführenden Zusammenfassung, dass es einige der Widerstände bereits überwunden hat, wogegen andere noch vor ihm liegen. In folgendem Kapitel gehen wir auf die einzel- nen Schichten des Widerstands und deren Überwindung ein. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 9 Mitwirkung für Critical Chain erzeugen – ein Paradigmenwechsel 188 9.2 Einigkeit über das Problem erzielen Eine Veränderung kann nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn Einigkeit darüber besteht, dass das Problem, das durch die Veränderung überwunden werden soll, ein schwerwiegendes Prob- lem ist. Einigkeit in diesem Punkt zu erzielen – dies ist die erste zu überwindende Schicht des Widerstandes. Da in der Organisation die Mitarbeiter unterschiedliche Symptome des ursächlichen Problems wahrnehmen, gilt es ein Verständnis für die Probleme der einzelnen Bereiche herzustellen. Jede Führungs- kraft schätzt anders ein, wo eigentlich das Hauptproblem des Unter- nehmens liegt. Nun besteht die Aufgabe darin, die Symptome auf das eigentliche Kernproblem zurückzuführen. Damit sich jedoch jeder in seiner Wahrnehmung bestätigt findet, sind alle Verbindungen zwischen den Symptomen und dem ursächlichen Kernproblem logisch herzu- leiten. Dies erfordert eine sachliche und prägnante Moderation. Wird diese konsequent durchgeführt, können Schuldzuweisungen durch ein verständnisvolles Kopfnicken ersetzt werden. Mitarbeiter bekom- men ein Verständnis für die Probleme der Kollegen und verstehen, dass sie sich genau so verhalten, weil das System es von ihnen so fordert. Besteht Konsens über das Kernproblem, werden nicht mehr die unterschiedlichen Symptome bekämpft, sondern alle arbeiten zusammen auf ein gemeinsames Ziel hin. Tipp zur Vorgehensweise (vgl. auch Kapitel 3): 1. Sammeln Sie Probleme und Schwierigkeiten aus Sicht der Führungs kräfte arbeiten Sie die unerwünschten Effekte heraus. 2. Stellen Sie UrsacheWirkungsVerbindungen zwischen den uner wünschten Effekten her. 3. Hinterfragen Sie die UrsacheWirkungsVerbindungen zwischen den unerwünschten Effekten so lange, bis Sie das Kernproblem finden. Wichtig: Seien Sie im gesamten Prozess dafür offen, dass ein anderes Ergebnis entsteht, als Sie zuvor erwartet haben! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Konsens über die richtigen Lösungsansätze 9 189 9.3 Konsens über die richtigen Lösungsansätze Die zweite zu überwindende Hürde kann man mit einem Wet- terumschwung bei einer Expedition vergleichen: Tief schwarze Wol- ken ziehen auf. Die Expeditionsteilnehmer sehen das Kernproblem „Schlechtes Wetter“. Sie schlagen jedoch unterschiedliche Lösungen für das Problem vor: Einige wollen bis zu einem günstigen Biwak- platz weiterlaufen, andere wollen umkehren, wieder andere wollen an der Stelle, wo sie sich gerade befinden, ihre Zelte aufschlagen. Die Expeditionsteilnehmer haben zwar ein gemeinsames Ziel vor Augen – das Unwetter möglichst sicher zu überstehen –, aber die Lösungsstrategien sind unterschiedlich. Genau so verhält es sich in Unternehmen: Sind als Kernproblem beispielsweise die lokalen Messgrößen identifiziert – und akzeptie- ren auch alle Führungskräfte diese als Kernproblem –, so bedeutet das noch lange nicht, dass auch alle Führungskräfte die gleiche Lö- sung vor Augen haben. Die Regel ist eher: Die einzelnen Führungskräfte schlagen unter- schiedliche Lösungsrichtungen vor und agieren unabhängig vonein- ander. Da sie ihre großen Anstrengungen nicht abstimmen, landen sie allzu oft wieder am Ausgangspunkt. Die Veränderung wurde sozusagen ausgesessen. Daher muss Konsens über die Richtung der Lösung erzielt werden, damit die Führungskräfte und Fachexperten den gemeinsam erar- beiteten Weg auch gemeinsam gehen können. Achtung: Wenn in der Führungsmannschaft schnell Konsens über das Kernprob lem herrscht, erliegt das Team oft der Versuchung, die nächstbeste Lö sung als die richtige anzusehen. Eine so schnell gefundene Lösung wird allerdings nach Erfahrung des Geschäftsführers in der Regel nicht die Erfolge bringen. Es gibt meis tens einen triftigen Grund, warum die nahe liegende Lösung nicht schon längst implementiert wurde. Diesen Grund muss das Führungs team herausfinden und auflösen. Erst danach besteht echte Einigkeit über die Richtung des einzuschlagenden Lösungsweges. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 9 Mitwirkung für Critical Chain erzeugen – ein Paradigmenwechsel 190 9.4 Konsens über die Qualität der Lösung Nachdem Konsens über die Richtung der Lösung besteht, muss diese Richtung präzisiert werden. Jede Führungskraft muss sich sicher sein können, dass die erarbeitete Lösungsstrategie – z. B. Cri- tical Chain – tatsächlich zu einer Überwindung der einzelnen vorher benannten Schwierigkeiten führt. Um diese Klarheit zu erzielen, werden die erwarteten Ergebnisse von den Führungskräften gesammelt und transparent aufgelistet. Ein Ausgangspunkt kann sein, die mit dem Gegenwartsbaum hergeleite- ten unerwünschten Effekte in erwünschte positive Effekte umzu- formulieren. (Wir empfehlen, den bereits erstellten Gegenwarts- baum auf einem großen Plakat darzustellen und aufzuhängen.) Beispielsweise wird dann aus dem unerwünschten Effekt „Wir prak- tizieren schädliches Multitasking“ der erwünschte Effekt „Wir arbei- ten eine Aufgabe nach der anderen ab“. Dieser und alle weiteren erwünschten Effekte werden dann auf ein neues Plakat geschrieben, das ebenfalls aufgehängt wird. Danach können Sie alle Ursache- Wirkungs-Verbindungen zwischen den erwünschten Effekten und der zu installierenden Lösung herstellen. Diese Darstellung bildet die Vision der Führungskräfte in einem so genannten Zukunftsbaum ab. Lassen sich die Verbindungen in dem neu erstellten Zukunfts- baum nicht logisch klar herstellen, dann mangelt es noch an der Qualität der Lösung. Dann sollten Sie weitere Lösungsbausteine hinzufügen. Tipp zur Vorgehensweise: • Wandeln Sie die unerwünschten Effekte in erwünschte Effekte um. Formulieren Sie positive Sätze. • Lassen Sie die Führungskräfte weitere Ergebnisse nennen, welche die zukünftige Lösung bringen soll. • Schreiben Sie diese Ergebnisse oben auf dem Blatt auf. Unten schreiben Sie die gefundenen Lösungsbausteine auf, die wie Kata lysatoren wirken. • Stellen Sie nun logische „WenndannBeziehungen“ zwischen den Ergebnissen und den Lösungsbausteinen her. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Passt die CriticalChainLösung zu uns? 9 191 Bestätigt jeder Einzelne im Führungsteam, dass der erarbeitete Zu- kunftsbaum das Unternehmen zu den gewünschten Ergebnissen führt, dann hat Toggotec die Hürde Nummer drei genommen und Konsens über die Qualität der Lösung erreicht. 9.5 Passt die CriticalChainLösung zu uns? Jede noch so gute Lösung für ein Problem bringt negative Nebenef- fekte mit sich. Manager und Mitarbeiter erkennen diese Nebeneffek- te an Einwänden, an „Ja, aber …“-Äußerungen der Mitarbeiter. Die Lösung wird im Kern akzeptiert, doch werden Bedenken geäußert und Detailprobleme genannt. Oft werden jedoch die so genannten „Ja, aber ...-Mitarbeiter“ im Unternehmen nicht gern gesehen. Sie werden als Bedenkenträger bezeichnet und müssen sich lange Vor- träge von Kollegen über positives Denken anhören. Nichts gegen positives Denken, dies hat in vielen Lebenslagen seine Berechtigung; Wunschdenken und Schönreden helfen bei der Gestaltung einer guten Lösung jedoch nicht weiter. Daher muss der Moderator bei der Lösungsfindung aktiv nach Ein- wänden fragen. Denn erst die konstruktiven Einwände machen die Lösung perfekt. Erfolgsfaktor Bedenkenträger Gehen Sie behutsam mit Bedenkenträgern um: Fordern Sie Ihre Füh rungskräfte auf, alle Bedenken zu äußern und zu benennen. Sie brau chen diese Informationen, um die zuvor gefundene Lösung zu verbes sern und praxistauglich zu machen. Stellen Sie dar, warum die Lö sung, die aus den Bausteinen von CCPM und weiteren unternehmens spezifischen Bausteinen besteht, zu den einzelnen negativen Neben effekten führt. Versetzen Sie sich dazu in die Person des Beden kenträgers und versuchen Sie auf keinen Fall, ihm seine Befürchtun gen auszureden. In der Regel wird bei guter Moderation derjenige, der die Bedenken geäußert hat, selbst die Lösung nennen, damit der negative Nebenef- fekt aufgelöst wird. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 9 Mitwirkung für Critical Chain erzeugen – ein Paradigmenwechsel 192 Erfolgreiche Moderation: So überzeugen Sie Bedenkenträger: Wenn ein „Ja, aber …“Satz im Workshop kommt, schreiben Sie die sen direkt auf. Nicken Sie dem Teilnehmer fragend zu und schweigen Sie. Wenn Sie das Schweigen lange genug aushalten und nicht gleich selbst eine Lösung vorschlagen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Mitarbeiter, der die Bedenken geäußert hat, auch einen Ausweg liefert. Sie haben nun einen neuen Mitgestalter für das Ver änderungsvorhaben gewonnen. Sind alle Bedenken in die Lösung eingeflossen, gilt es den Zukunfts- baum entsprechend anzupassen. Es gibt nun keine negativen Ne- beneffekte mehr, sondern wahrscheinlich zusätzliche positive Wir- kungen. Der entscheidende Erfolgsfaktor bei der Überwindung der Hürde vier wird darin gesehen, dass nun aus vielen Bedenkenträgern Mitgestalter geworden sind. 9.6 Stolpersteine überwinden Wie bereits bei der ergebnisorientierten Projektplanung erläutert, liegen auf dem Weg für ein zukünftiges Projekt zu überwindende Schwierigkeiten, so genannte Stolpersteine. Wenn nun keine Bedenken mehr bestehen, dass die richtige Lösung für das Unternehmen gefunden wurde, bestehen nun Bedenken, dass die auf dem Weg zur Umsetzung liegenden Stolpersteine fast nicht überwunden werden können. Auch diese Bedenken werden ernst genommen. Die Erfahrung der Führungskräfte und Mitarbei- ter hilft, die Implementierung auf stabile Säulen zu stellen. Zunächst muten die Stolpersteine groß und unüberwindbar an. Es besteht in dieser Phase die Gefahr, dass die Führungskräfte sich aufgrund der Stolpersteine gegen die Umsetzung der Lösung Critical Chain aussprechen. Denn sie wissen aus vergangenen Veränderun- gen, dass sich eine verpatzte Einführung wesentlich negativer aus- wirkt, als wenn gar nichts verändert würde. Das geforderte Implementierungskonzept wird mithilfe von Critical Chain im Rahmen eines Organisationsentwicklungsprojekts umge- setzt. Dieses wird nun genau so geplant wie in Kapitel 4 für die er- gebnisorientierte Projektplanung beschrieben. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Was passiert, wenn nichts passiert? 9 193 Nachdem die Schritte durchgeführt wurden, entsteht ein Implemen- tierungsplan, der alle zur Überwindung der Stolpersteine nötigen Lösungselemente enthält. Nachdem die notwendigen Projektpuffer definiert wurden und die Projektorganisation steht, wird der Criti- cal-Chain-Ansatz in das Projektportfolio integriert. Tipp zur Vorgehensweise: 1. Listen Sie die befürchteten Stolpersteine auf und analysieren Sie sie. 2. Identifizieren Sie den Engpass bei den Stolpersteinen und wandeln Sie ihn in Zwischenziele um. 3. Tragen Sie die Zwischenziele in den CriticalChainProjektplan ein. 4. Benennen Sie erforderliche Maßnahmen, um Stolpersteine erfolg reich zu überwinden, zu umgehen oder zu vermeiden; das detail lierte Vorgehen dazu ist in Kapitel 4 beschrieben. 9.7 Was passiert, wenn nichts passiert? Alle Führungskräfte haben zugestimmt, jeder konnte sich einbrin- gen. Es wurden keine Fehler in der Vorgehensweise gemacht. Trotz- dem gibt es einige Führungskräfte, die sich zwar für die Lösung ausgesprochen haben, sich aber nicht aktiv daran beteiligen. Sie sind praktisch wie gelähmt oder handlungsunfähig. Das Problem liegt dann nicht in einem aktiven, sondern im passiven Widerstand. Dieser Zustand hat, wenn nichts unternommen wird, fatale Folgen. Führungskräfte haben Vorbildfunktion und – wie bereits bei der Erläuterung des Critical-Chain-Ansatzes beschrieben – ein Erfolg nur durch gemeinsame Anstrengung erreicht werden. Was ist pas- siert? Alle Bedenken und Stolpersteine wurden in den Veränderungspro- jektplan mit aufgenommen. Es konnte sich jeder mit einbringen. Die bestechende Logik der Lösung trug dazu bei, dass jeder im Unter- nehmen der Lösung zugestimmt hat. Jeder noch vorzubringende Einwand scheint nun angesichts der breiten Zustimmung zwecklos. Anders ausgedrückt: Es gibt etwas, das noch nicht öffentlich gesagt wurde, das vielleicht auch nicht öffentlich gesagt werden konnte. Daraus folgt die Erkenntnis, dass „öffentliche“ Workshops und Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 9 Mitwirkung für Critical Chain erzeugen – ein Paradigmenwechsel 194 Meetings nur bis zu einem gewissen Grad geeignet sind, einen Para- digmenwechsel herbeizuführen. Bei Toggotec ist einigen Führungskräften durchaus bewusst, dass sie Mitarbeiter verlieren und Macht abgeben müssen, wenn Critical Chain eingeführt wird. Projektleiter, die bislang als geniale „Trou- bleshooter“ begehrt sind, werden auf einmal keine lohnenden Auf- gabengebiete mehr haben. Ihre Rolle könnte nicht mehr gebraucht werden. Andere Qualitäten werden gefragt sein. Auch andere Gründe, wie beispielsweise das Eintreten für eine nun hinfällige Messgröße, können dazu führen, dass eine Führungskraft einen gewissen Gesichtsverlust fürchtet. Der Produktionsleiter von Toggotec beispielsweise hatte vor einem halben Jahr mithilfe einer externen Beratungsfirma ein neues Kennzahlensystem eingeführt, das auf lokale Effizienzen aufgebaut war. Zusätzlich wurde noch eine Software angeschafft, die nach heutigem Erkenntnisstand überflüssig ist. Für ihn ist es natürlich besonders schwer, die damaligen Fehlent- scheidungen zuzugeben und Maßnahmen zu unterstützen, die in eine andere Richtung weisen. Um den passiven Widerstand zu überwinden, werden mit allen von der Veränderung betroffenen Führungskräften Einzelgespräche geführt. In diesen wird ganz genau die persönliche Veränderung analysiert, um evtl. neue Aufgaben zugunsten überflüssiger Aufga- ben festzulegen und die entsprechenden Unterstützungsleistungen zu definieren, beispielsweise ein externes Coaching für den Produk- tionsleiter. So sieht die Lösung aus! Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 195 10 Erfolgsfaktoren von Toggotec Toggotec spielt nach der Einführung von Critical Chain wieder in der „Bundesliga“ seiner Branche. Die Banken sind mit der Ge- schäftsentwicklung zufrieden. Das Tal der Tränen und der Verände- rung wurde durchschritten. Sogar der Entwicklungsleiter, der in der Krise zum Wettbewerb wechselte, kehrte wieder zurück. Einer der größten Kunden von Toggotec lud das Analyseteam zu einer Haupt- abteilungsleitersitzung ein, in der Toggotec den Critical-Chain- Ansatz und die Erfolgsfaktoren vorstellte. Wir fassen die Erfahrungen und die Erfolgsfaktoren des Paradig- menwechsels bei Toggotec noch einmal zusammen: Toggotec war getrieben von dem Verlangen, überall Kosten zu spa- ren. Dies führte dazu, dass das Management mit lokalen Messgrö- ßen operierte. Diese Strategie brachte das Unternehmen dazu, seine Mitarbeiter und Ressourcen zu kontrollieren und optimal auszulas- ten. Projektkalkulationen und -entscheidungen wurden aufgrund dieser Messgrößen getroffen und führten teilweise zu falschen Ent- scheidungen. Es gab erhebliche Sicherheitspuffer in den Projekt- schritten, die dann anschließend wieder verschwendet wurden. Auf- träge, so glaubte man, konnten nur über den Preis geholt werden. Risiken wurden dann möglichst an den Lieferanten weitergegeben, was zu erheblichen Konflikten und Widerständen führte. Die lokalen Optimierungen führten dazu, dass Projekte bereits im Plan länger als erforderlich dauerten und nicht rechtzeitig fertig gestellt werden konnten. Zudem waren die Projekte regelmäßig teurer als geplant, und bei der Qualität mussten viele Kompromisse gemacht werden. Mit der Implementierung von Critical Chain wur- de das „Paradigma der lokalen Effizienzen“ abgelöst durch ein neues Paradigma: Nur die Optimierung des Engpasses führt zur Optimie- rung des gesamten Unternehmens. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 10 Erfolgsfaktoren von Toggotec 196 10.1 Regeln für das Management Die veränderten Regeln und Mechanismen des Managements erga- ben sich dadurch wie folgt: • Die Ressourcensteuerung erfolgt heute über die Eng- passressource, die regelmäßig überprüft und identifiziert wird. • Alle anderen Ressourcen haben sich der Engpassressource unter- zuordnen • Alle lokalen Messgrößen wurden abgeschafft, an ihrer Stelle wurden durchsatzorientierte Steuergrößen eingeführt. • Die Kostenrechnung im klassischen Sinne dient nicht mehr als Kriterium für Entscheidungen. Stattdessen wurde die Durch- satzkostenrechnung eingeführt. • Anstelle der lokalen Sicherheiten in den Projektschritten wurden globale Sicherheiten eingeplant. • Aufträge bekommt Toggotec heute aufgrund seiner Leistungsfä- higkeit – den Führungskräften ist klar, dass schlechte Leistung immer teurer sein wird. • Risiken werden nicht mehr an Lieferanten weitergegeben, son- dern selbst gemanagt. So können Risiken früh erkannt und ent- sprechende Präventivmaßnahmen eingeleitet werden. Durch diese Haupteffekte sind die Entwicklungsprojekte von Toggo- tec heute im Schnitt um 30 % schneller. Leistungen werden voll- ständig erbracht und die zugesagten Termine eingehalten. Es kön- nen nun mehr Projekte mit dem gleichen Personalstand wie früher realisiert werden. Die wirtschaftliche Situation hat sich erheblich verbessert. Hier die Erfolgsfaktoren der Vorgehensweise bei Toggotec: • Die Veränderung funktioniert nur top down. (Toggotec profi- tierte davon, dass der neue Geschäftsführer den Critical-Chain- Ansatz zuvor schon einmal in einem Unternehmen eingeführt hatte und nun auf diese Erfahrungen zurückgreifen konnte.) • Es müssen alle sechs Schichten des Widerstandes nacheinander mit den in diesem Buch beschriebenen Critical-Chain-Methoden durchschritten werden. Vermeintliche Abkürzungen bei der Ar- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Regeln für das Management 10 197 beit mit den Widerständen verzögern nur den Ablauf des Verän- derungsprojekts. • Der Critical-Chain-Ansatz verlangt neue Verhaltensweisen von allen Führungskräften, daher müssen alle Führungskräfte bei der Erarbeitung des Ansatzes involviert sein. • Es hat keinen Sinn, halbherzig an die Sache heranzugehen. Pilot- projekte helfen, mehr Vertrauen in die Sache zu bekommen, führen aber nicht zum gewünschten ganzheitlichen Erfolg. Die größte Beschleunigung wird mit der Staffelung der Projekte in der Multiprojektmanagementumgebung erzielt. • Lokale Effizienzen fallen weg. Nur der Engpass kann zu 100 % ausgelastet sein. Mitarbeiter, die nicht am Engpass arbeiten, wer- den nicht mehr an ihrer Auslastung gemessen. Wenn Kapazitä- ten frei werden sollten, wird dies keine Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung haben. Dies führt eher zu positi- ven Effekten für die Mitarbeiter. • Die Anreizsysteme müssen verändert werden. Es wird niemand mehr für seine Anwesenheit bezahlt, sondern nur noch für sei- nen Beitrag, den er für den Durchsatz leistet. Wenn allerdings jemand auf der kritischen Kette arbeiten soll und dabei ertappt wird, dass er nicht zu 100 % an dieser Aufgabe arbeitet, dann verstößt er gegen die Regeln. Um diese Verstöße kümmert sich die Geschäftsleitung persönlich. • Mit entsprechender fachlicher Unterstützung funktioniert es. Moderatoren, die die Vorgehensweise kennen und in Critical Chain ihre Fachexpertise haben, können die Veränderung erheb- lich beschleunigen. Sie werden vor allem für die Kommunikation mit der Geschäftsführung benötigt. Anhand dieser Erfolgsfaktoren wird ersichtlich, dass die Chancen für eine erfolgreiche Realisierung von Critical Chain verschwindend gering sein werden, wenn die Einführung nicht durch die Geschäfts- leitung erfolgt. Der Widerstand aus dem Management wird zu groß sein. Für Leser, die nicht selbst der Chef ihres Unternehmens sind, emp- fehlen wir folgende Vorgehensweise: Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 10 Erfolgsfaktoren von Toggotec 198 Vorgehensweise für Führungskräfte und Mitarbeiter: Finden Sie einen Weg, wie Ihr Chef selbst auf die Idee kommt, den CriticalChainAnsatz einzuführen. Geben Sie ihm das Gefühl, dass es seine Idee war: Ein Freund Ihres Chefs könnte ihm dieses Buch empfehlen oder schenken. Ihr Chef findet entsprechende Fachliteratur zu Critical Chain einfach auf seinem Schreibtisch. Ihr Chef wird zu einem Vortrag über CCPM eingeladen. Sie besuchen gemeinsam den Geschäftsführer von Toggotec und hal ten sich bei dem Gespräch dann aber im Hintergrund. Von Geschäfts führer zu Geschäftsführer nimmt man eher Empfehlungen an als von Mitarbeitern. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 199 11 Erfahrungen aus der Praxis In der folgenden Tabelle sind einige Firmen aufgeführt, die bereits erfolgreich ihr Projektmanagement umgestellt haben. Manche ha- ben dabei ihren Fokus in der Entwicklung gehabt, andere in der Produktion und im Projektgeschäft. Unternehmen Branche PerformanceSteigerung ABB Halle Transformer Repair and Overhaul Durchsatz um 30 % gesteigert (54 abge schlossene Projekte 2008); Zuverlässigkeit auf 83 % erhöht. ABB Mannheim Electrical Power Transmission; EngineertoOrder Durchsatz verdreifacht, fast ohne zusätzliche Ressourcen. Die meisten Projekte in time. Delta Airlines Engine Repair & Overhaul Steigerung der Produktion von 40 auf über 50 Triebwerke pro Monat, 16 %26 % Reduktion von Triebwerkänderungszeit. 2,5 Wochen EinzelteilDurchlaufzeit. 25 % Steigerung in EinzelteilDurchlaufzeit. Kingmedia Websolutions IT für Kunden Einheitliche „Projektsprache“, breite Akzep tanz, Hohe Termintreue: 85 % Schaufler Tooling GmbH & Co. KG Werkzeugbau Verkürzung der Projektlaufzeiten um 25 %. Freigesetzte Kapazität gewinnwirksam für mehr Aufträge und höheren Eigenfertigungs anteil genutzt. Tata Steel Steel Plant Maintenance Kesselumbauprojekte dauern 120160 Tage (statt 300500 Tage). 2007, das erste Jahr mit Critical Chain, reduzierten sich die Instandhaltungs und Rüstungslaufzeiten um 1033 %; anschließend weitere Reduzierung der Projektlaufzeiten von 533 %. Transtechnik Anlagen in Kleinserien Verkürzung der durchschnittlichen Projekt laufzeiten von über 1215 Monaten auf 5 bis 6 Monate; fast alle Projekte in time; verlore ne Kunden zurückgewonnen Von Ardenne Anlagentechnik Produktionsanla gen Entwicklung und Fertigung Projektlaufzeiten von 17 auf 14 Monate reduziert; Zuverlässigkeit > 90 %; durch schnittliche Verspätung von 9 auf 3 Wochen reduziert; 30 % mehr Projekte realisiert; 9 Mio. € (= 75 %) mehr Gewinn Tab. 12: Erzielte Performancesteigerung – Beispiele aus der Praxis Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 200 11.1 Einigkeit im Topmanagement Die Erfahrung zeigt: je klarer und nachhaltiger das Topmanagement hinter einer für das Unternehmen entscheidenden Veränderung steht, umso schneller und erfolgreicher wird diese Veränderung umgesetzt. Daher ist es notwendig, vor Beginn der Implementierung im Top- management Einigkeit über die folgenden Aspekte zu erlangen: • Warum wollen wir Critical Chain einführen und was hat es für eine Bedeutung für unsere Unternehmensstrategie? • Wie wird es in unsere Strategie integriert? • Wie wird der erforderliche Veränderungsprozess aktiv durch das Topmanagement gesteuert? 11.2 Schnelle Erfolge erzielen Nachdem Einigkeit über den Einsatz von Critical Chain-Projekt- management im Topmanagement erzielt ist, kann die Implementie- rung starten. Dabei hat es sich als sinnvoll herausgestellt, den Ver- änderungsprozess so zu organisieren, dass am Anfang schnelle, nachhaltige und für alle Beteiligten spürbare Erfolge entstehen. Das größte Problem der meisten Multiprojektorganisationen besteht im schädlichen Multitasking (siehe folgenden Abschnitt). Wenn das Topmanagement das schädliche Multitasking sehr schnell reduzie- ren und dadurch die Projektarbeit beschleunigen kann, wird Ver- trauen in den weiteren Verbesserungsprozess entstehen. 11.3 Schädliches Multitasking Mitarbeiter werden oft dazu veranlasst, eine Aufgabe zugunsten einer anderen Aufgabe zu unterbrechen. Der Aufgabenwechsel er- folgt in bester Absicht: Der Mitarbeiter wendet sich dem anderen Projekt zu, um zu helfen. Die von dieser Unterbrechung betroffenen Aufgaben verzögern sich jedoch dadurch; in Folge verzögern sich die betroffenen Projekte, die Leistungsfähigkeit der Ressourcen sinkt, das Unternehmen hat erheblich längere Durchlaufzeiten für seine Produkte. Auswirkungen von schädlichem Multitasking Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Schädliches Multitasking 11 201 Wie kommt es zu schädlichem Multitasking? Wenn viele Projekte gleichzeitig bearbeitet werden, sind Mitarbeiter gezwungen, an mehr als einer Aufgabe zu arbeiten. Sie können nicht erst eine Aufgabe abschließen, bevor sie eine andere Aufgabe beginnen bzw. (erneut) zu dieser wechseln – sie betreiben „negatives Multitasking“. Ist das Phänomen des schädlichen Multitaskings im Unternehmen ausge- prägt und weit verbreitet, verlängert sich dadurch die Laufzeit aller Projekte erheblich (vgl. Kap. 3.2). Da Projektmanagern dieses Phänomen nur allzu bekannt ist und sie wissen, dass sie das Unternehmen nicht grundlegend verändern können, sehen sie nur eine Chance, ihr neues Projekt „in time“ zu liefern: Das neue Projekt muss so früh wie möglich beginnen. Denn, wenn das Projekt gestartet ist, werden sie um Ressourcen kämpfen und haben dann – hoffentlich – immer die besseren Argumente, die besseren Beziehungen oder einfach die stärkeren Ellenbogen, um sich gegen die Ressourcenforderungen anderer Projekte durchzuset- zen. Diese – aus Sicht des einzelnen Projektmanagers vernünftige – Handlungsweise führt allerdings dazu, dass noch mehr Projekte gleichzeitig bearbeitet werden, schädliches Multitasking stärker um sich greift und sich die Projekte noch mehr in die Länge ziehen. Abb. 60: Negativschleife schädliches Multitasking Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 202 Ein gesundes Multiprojekt-Unternehmen erreicht das Gegenteil: Die Projekte durchlaufen das Unternehmen möglichst schnell. Schließ- lich kommt es nicht darauf an, wie viele Projekte (in einem Zeit- raum) beginnen, sondern wie viele Projekte abgeschlossen werden. Projektmanager wissen ebenso gut wie andere Führungskräfte in der Multiprojekt-Organisation, dass ein Projekt nicht dadurch früher fertig wird, dass man es früher beginnt. Der möglichst frühe Beginn ist lediglich die Notlösung des Projektmanagers, der auf die projekt- übergreifende Steuerung der Ressourcen nur begrenzten Einfluss hat. Die Intuition sagt uns stattdessen: „Nicht nur der erste, auch der letzte Elefant kommt viel schneller durch die Tür, wenn sie nachein- ander hindurch gehen“. Mit anderen Worten: Es ist sinnvoller, Pro- jekte zu staffeln, statt alle gleichzeitig zu bearbeiten. Dieses intuitive Wissen wird durch umfangreiche Erfahrungen aus der Reorganisation vieler Projekt-Portfolios bestätigt: Verringert man in einer Multiprojekt-Organisation die Anzahl der aktiven Projekte um 25 %, reduziert sich allein dadurch das schädliche Mul- titasking erheblich. Die Reduzierung des schädlichen Multitaskings verkürzt die Dauer aller Projekte und das erzeugt einen deutlich höheren Projektdurchsatz für das Unternehmen. Abb. 61: Projektdurchsatz Haben die Projekte ähnliche Inhalte (was in den meisten Multipro- jekt-Organisationen der Fall ist), ist bei einer Reduzierung der Pro- jektbelastung um 25 % mit einer mindestens 20%igen Erhöhung der Abschlussrate von Projekten zu rechnen: Ein Unternehmen, das bisher pro Jahr 40 Projekte abschließt, erreicht durch die 25%ige Reduzierung der Projektbelastung, dass es nun (ohne zusätzliche Ressourcen) 48 Projekte pro Jahr abschließen kann. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Schädliches Multitasking 11 203 Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind beachtenswert. Nehmen wir an, jedes Projekt bringt dem Unternehmen Einnahmen von durchschnittlich 10 Mio. €. Der Anteil der tatsächlich variablen Kosten (TVK) liegt bei 50 %. Realisiert dieses Unternehmen 40 Projekte pro Jahr, hat es einen Umsatz von 400 Mio. € und TVK von 200 Mio. €, also einen Durchsatz (das ist die Differenz zwischen Umsatz und TVK) von ebenfalls 200 Mio. €. Nehmen wir weiter an, die laufenden Betriebskosten sind 180 Mio. €, dann beträgt der Ge- winn 20 Mio. €. Kann dieses Unternehmen nun durch weniger schädliches Multitas- king 48 Projekte pro Jahr abschließen, erhöhen sich Umsatz und Durchsatz. Zusätzliche Ressourcen sind nicht erforderlich; die Be- triebskosten bleiben stabil. Mit anderen Worten: Den Work in pro- cess um 25 % zu reduzieren, hat eine Verdreifachung des Unter- nehmensgewinns zur Folge. Vorher (Mio €)) Nachher (Mio €) Differenz (%) Umsatz 400 480 20 % – TVK 200 240 20 % = Durchsatz 200 240 20 % – BK 180 180 0 % = Gewinn 20 60 200 % Tab. 13: Mehr Durchsatz durch geringere Arbeitslast Die Konsequenzen für die Durchlaufzeit der Projekte sind ebenso erstaunlich. In unserem Beispiel werden in der Ausgangssituation 40 Projekte pro Jahr abgeschlossen und zukünftig sollen es – wie oben dargelegt – 48 sein. Weiter angenommen, die Laufzeit eines Projek- tes liege durchschnittlich bei 18 Monaten. Dann werden im Unter- nehmen immer ca. 60 Projekte gleichzeitig bearbeitet. Reduziert sich diese Projektbelastung um 25 %, werden maximal 45 Projekte gleichzeitig bearbeitet. Um also einen erhöhten Projektdurchsatz von über 20 % zu erreichen, muss sich die Durchlaufzeit auf unter ein Jahr verkürzen, also um über 35 %. Und genau das können wir in der Praxis beobachten. Konsequenzen für die Durch laufzeit der Projekte Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 204 Die konkrete Vorgehensweise, durch die der Workload um 25 % reduziert und dadurch der Durchsatz gesteigert wird, besteht aus drei Schritten: Schritt 1: Projekte einfrieren Eigentlich wäre es doch ganz einfach, die Projektbelastung zu sen- ken: Es werden einfach keine neuen Projekte gestartet, bis einige der aktuell laufenden Projekte abgeschlossen sind. Der entscheidende Nachteil bei dieser Vorgehensweise ist allerdings, dass die Reduzie- rung der Projektbelastung nur recht langsam erfolgt und dadurch auch die Wirkung nur langsam wahrgenommen werden kann. In dieser Zeit warten nun die Interessenvertreter neuer Projekte darauf, dass ihre Projekte bald gestartet werden. Da sie noch keine Beschleunigungswirkung bei laufenden Projekten wahrnehmen, haben sie – trotz rationaler Zustimmung – noch kein Vertrauen darin, dass ihre neu zu startenden Projekte rechtzeitig fertig werden. Sie können sich nicht vorstellen, dass die Durchlaufzeit bei den neuen Projekten wesentlich kürzer ist als das, was ihr Unternehmen gegenwärtig leistet. Fehlt dieses Vertrauen, werden die Interessen- vertreter mehr und mehr darauf drängen, dass ihr Projekt nun end- lich gestartet wird. Die Erfahrung in der Praxis zeigt, dass kaum ein Topmanager über Wochen und Monate einem solchen Druck stand hält. Früher oder später macht er eine „Ausnahme“, die sofort eine Flut weiterer Forderungen nach sich zieht. So wird die Absicht, die Projektbelastung zu reduzieren, zunichte gemacht. Anders ausge- drückt: Neuprojekte verzögert zu starten, führt nicht (schnell genug) zur Reduzierung der Projektbelastung. Die Unternehmen, die sich für eine schnelle Reduzierung der Pro- jektbelastung entschieden haben, waren erfolgreicher. Sie erreichten durch das „Einfrieren“ bereits laufender Projekte (mindestens 25 %) von einem auf den anderen Tag einen schnellen Effekt auf ihre Ge- samtleistungsfähigkeit. Schritt 2: Projekte beschleunigen Durch das Einfrieren von Projekten werden viele Mitarbeiter weni- ger schädliches Multitasking betreiben und dadurch schneller mit ihren Projektaufgaben vorankommen (der gewollte Effekt). Ein Teil Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Schädliches Multitasking 11 205 der Mitarbeiter, die ausschließlich an Projekten gearbeitet hatten, die nun vorübergehend eingefroren sind, haben jetzt allerdings nichts zu tun. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es fast immer mög- lich ist, diese nun freien Mitarbeiter den nicht eingefrorenen Projek- ten sinnvoll zuzuordnen und dadurch die Projektfertigstellung noch stärker zu beschleunigen. Schritt 3: Projekte wieder aufnehmen Nun gilt es, den Zeitpunkt zu klären, wann und wie die zuvor einge- frorenen Projekte wieder aufgenommen („aufgetaut“) werden. Da- bei müssen wir berücksichtigen: • Eingefrorene Projekte zu früh wieder aufzunehmen, erzeugt erneut eine zu großen Projekt- und Arbeitsbelastung, schädliches Multitasking und dadurch eine sinkende Projektabschlussrate. • Eingefrorene Projekte zu spät wieder aufzunehmen, erzeugt dagegen unnötige Unterbeschäftigung und senkt dadurch die Projektabschlussrate. Das Unternehmen benötigt daher einen Mechanismus für das Auf- tauen von Projekten, der den reduzierten Arbeitsbelastungs-Level in etwa aufrecht erhält. In dem meisten Fällen ist das „1:1-Prinzip“ ein gute Lösung. Ein eingefrorenes Projekt wird wieder aufgenommen, wenn ein laufendes Projekt abgeschlossen ist. Gute Vorbereitung: sinnvoll starten, anstatt zu früh beginnen Um schädliches Multitasking zu vermeiden, gilt es, so spät, wie mög- lich, aber so früh, wie nötig zu starten. Ein Projekt oder Teilprojekt darf daher erst dann beginnen, wenn die Startbedingungen klar sind und notwendige Vorbereitungen getroffen wurden. In der englisch- sprachigen Literatur wird hierfür der Begriff „Full-Kit“ genutzt. Beginnt ein Projekt, ohne dass wesentliche Startbedingungen erfüllt sind, kommt es zu Verzögerungen im Projektverlauf, zu Bearbei- tungsschleifen, zu erhöhten Kosten und unnötigen Unterbrechun- gen. Hier ein Beispiel: Wann sollen die Projekte wieder aufgenommen werden? Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 206 Beispiel: Eine Entwicklungsabteilung beginnt mit der Konstruktion einer Pro duktionsanlage, ohne dass vom Kunden bereits spezifiziert ist, welche Prozesse auf dieser Anlage ablaufen sollen. Natürlich kann man schon einmal mit unvollständigem Wissen anfangen, aber man merkt in der Regel sehr schnell, dass man einen Großteil der bereits gemachten Arbeit noch einmal machen muss. Nacharbeiten und ungenügende Vorbereitung bzw. zu frühes Star- ten zählen zu den am meisten verbreiteten unerwünschten Effekten (negativen Symptomen) im Projektgeschäft. Kurze Projektlaufzeiten sind zwingende Voraussetzung für hohen Durchsatz in einem Multiprojektunternehmen. Fehlende oder schlechte Vorbereitung verursachen verlängerte Projektlaufzeiten. Abb. 62: Negativspirale ungenügender Vorbereitung Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Schädliches Multitasking 11 207 Ressourcen, die mit Vorbereitungen auf Projekte beschäftigt sind, befinden sich in einer scheinbar niemals endenden „Aufholjagd“: Da Projekte begonnen wurden, die nicht vollständig vorbereitet sind, müssen die noch fehlenden Vorbereitungen für bereits angelaufene Projekte mit hoher Priorität abgeschlossen werden. Infolgedessen fehlt die Zeit dafür, die Vorbereitungen für die Projekte, deren Start unmittelbar bevorsteht, durchzuführen und abzuschließen. Dadurch sind nach Projektstart wiederum Arbeiten erforderlich, die die Res- sourcen erneut davon abhalten, bevorstehende Projekte vorzube- reiten. Nur zu oft hört man die verzweifelte Aussage: „Wenn wir mal einen oder zwei Monate Zeit hätten, dann könnten wir alle noch offenen Themen aus den schon laufenden Projekten abschließen und uns endlich damit befassen, bevorstehende Projekte gut vorzubereiten.“ Daher liegt die Schlussfolgerung nahe, dass Mitarbeiter und Projekt- leiter ausschließlich an Projekten arbeiten sollten, deren Vorberei- tungen (weitestgehend) abgeschlossen und bei dem die Startbedin- gungen klar definiert und erfüllt sind. Nun haben wir durch das Einfrieren von Projekten eine hervorra- gende Ausgangssituation geschaffen: Für kurze Zeit (nämlich so lange kein neues Projekt gestartet werden darf, weil zunächst die eingefrorenen Projekt wieder aufgenommen werden müssen) sind Kapazitäten gerade bei den Ressourcen frei, die für die gute Vorbe- reitung von Projekten verantwortlich sind. Diese Chance greift das Unternehmen auf und nutzt das Zeitfenster, um • die noch fehlenden Vorbereitungen für die laufenden, eingefro- renen und kurz bevorstehenden Projekte zu realisieren sowie • ein robustes Vorgehen einzuführen, dass für die Zukunft sicher- stellt, dass ein Projekt nur dann beginnt, wenn es gut vorbereitet ist. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 208 11.4 Der Start oder FullKitManager Erfahrungsgemäß ist es leicht, mit Projektmanagern einen grund- sätzlichen Konsens zu erzielen, dass Projekte „eigentlich“ erst starten sollten, wenn sie hinreichend vorbereitet sind. Völlig unrealistisch ist es dagegen, von einem Projektmanager zu erwarten, dass er – obwohl bereits einige wichtige Voraussetzungen für sein Projekt gegeben sind (z. B. der Auftrag ist da, einige wesentliche Ressourcen stehen bereit) – freiwillig von sich aus den Start seines Projektes verzögern wird. Zu sehr sind Projektmanager aus Erfahrung auf einen möglichst frühen Start ihrer Projekte „getrimmt“: Ressourcen dürfen nicht untätig sein, sonst werden sie für ein anderes Projekt abgezogen. Und: „Wenn ich nicht so früh wie möglich anfange, werde ich gar nicht rechtzeitig mit meinem Projekt fertig.“ Die Entscheidung, wann ein Projekt tatsächlich gestartet wird, darf daher nicht in der Verantwortung des einzelnen Projektmanagers bleiben. Vielmehr muss sie von einer dafür ermächtigten Person – dem „Full-Kit-Manager“ – getroffen werden, der diese Verantwor- tung für das gesamte Projektportfolio oder ein Cluster von Projek- ten trägt. Aufgaben des FullKitManagers Seine Aufgabe ist es, gemeinsam mit dem Projektleiter zu prüfen, ob alle Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen sind. Erst wenn die Vorbe- reitungsarbeiten weitestgehend abgeschlossen sind, gibt er ein Pro- jekt zum Start (bzw. bei eingefrorenen Projekten zum Neustart) frei. Das Wort „weitestgehend“ wurde im vorangehenden Abschnitt mit Bedacht gewählt, denn zum einen kann es „bürokratische“ Aktivitä- ten geben, die sachlich keine echte Voraussetzung für die Weiterar- beit sind. Zum anderen kann es sein, dass sich einzelne Arbeiten verzögern, mit deren Abschluss jedoch – nach bestem Wissen und Gewissen – spätestens zu dem Zeitpunkt zu rechnen ist, an dem diese Arbeiten im Projekt tatsächlich benötigt werden. In einem solchen Fall wird der Full-Kit-Manager abwägen, ob eine rechtzeiti- ge Fertigstellung sichergestellt wird und er eine Freigabe erteilen kann. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Der Start oder FullKitManager 11 209 Prioritäten einhalten Meist sind gerade die Voraussetzungen für den Start eines Projektes, die noch nicht geschaffen wurden, solche, die eher schwer zu erzeu- gen sind (beispielsweise weil Kunden oder andere Unternehmensbe- reiche „in die Pflicht genommen“ werden müssen). Und gerade weil sie schwer zu erzeugen sind, sind sie oft noch nicht realisiert. Stehen gleichzeitig einfachere Aufgaben zur Bearbeitung an, tendieren Mit- arbeiter dazu, zunächst einmal diese zu erledigen. Mit den einfachen Dingen können schnelle Erfolgserlebnisse erzeugt werden. Und das führt dazu, dass schwierig zu erzeugende Voraussetzungen eher noch später realisiert werden; leicht zu erzeugende Voraussetzungen dagegen früher. So zieht sich die Projektvorbereitung in die Länge und der Druck nimmt zu, mit dem Projekt zu beginnen, obwohl noch nicht alles vorbereitet ist. Aufgabe des Full-Kit-Managers ist es daher, dafür zu sorgen, dass zuerst die fehlenden Voraussetzungen für die laufenden – nicht eingefrorenen – Projekte komplettiert werden. Erst danach werden sie die fehlenden Voraussetzungen der eingefrorenen Projekte ver- vollständigen. Und erst wenn das erledigt ist, dürfen sie sich neuen Projekten zuwenden. Durch das Einhalten der dieser Reihenfolge werden die positiven Wirkungen der Komplettierung von Voraussetzungen schnell spür- bar: zuerst für die Ressourcen, die in nicht eingefrorenen Projekten arbeiten; dann für die Ressourcen, die ein eingefrorenes Projekt wieder aufnehmen. Und schließlich beim Start neuer Projekte. Projektvorbereitung und Startpunkt festlegen Ein Projektmanager befindet sich nun in folgender Situation: Sein Projekt ist eingefroren. Ihm ist erlaubt (er ist sogar aufgefordert), die noch offenen Vorbereitungen für sein eingefrorenes Projekt abzu- schließen. Da er sein Projekt unbedingt voranbringen will, wird er natürlich alles daran setzen, die noch offenen Vorbereitungen abzuschließen. Es kann allerdings auch sein, dass er über dieses Ziel hinausschießt: Er könnte in Versuchung geraten, einen Teil der Projektaufgaben zu Projektvorbereitungsaufgaben umzudefinieren. Ein solches Vorge- hen ist in Übereinstimmung mit dem, was von Projektmanagern Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 210 bisher immer erwartet wurde: dass sie nämlich – auch unter widri- gen Umständen – ihr Projekt voranbringen. Allerdings: geschieht dies, steigt der Workload wieder an. Infolge- dessen kommt es erneut zu schädlichem Multitasking, zu subopti- maler Ressourcenbesetzung; Beschleunigungseffekte werden kleiner. Daher muss Folgendes sichergestellt werden: Die Erlaubnis bzw. Aufforderung, eingefrorene und bevorstehende Projekte vorzuberei- ten, darf die Absichten, die mit dem Einfrieren und kontrolliertem (Re-)Start von Projekten verbunden sind, nicht unterlaufen. Nur wie? Die Erfahrung zeigt: Projektmanager und Manager von Ressourcen, die in frühen Projektphasen arbeiten, haben aufgrund ihrer Erfah- rung ein gutes intuitives Verständnis davon, welche Aktivitäten der Vorbereitung und welche der Durchführung von Projekten zuzu- rechnen sind. Oft ist dieses Verständnis jedoch nicht formal defi- niert. Sinnvolle Schritte sind daher: 1. Inhalt und Prozess der Projektvorbereitungen werden definiert, um sicherzustellen, dass Projekte gut vorbereitet sind und Pro- jekte nicht gestartet werden, wenn sie nicht gut vorbereitet sind. Dazu wird eine geeignete Checkliste entwickelt und mit den be- teiligten Bereichen abgestimmt. Dies sind die Startkriterien. 2. Es wird sichergestellt (durch den Full-Kit-Manager), dass bei eingefrorenen und noch nicht gestarteten Projekten ausschließ- lich an den Vorbereitungsaufgaben gearbeitet wird. Dazu werden die beteiligten Manager (insbesondere die Projektmanager und die Manager der betroffenen Ressourcen) informiert, angeleitet und in der Anlaufphase überwacht. Planung der Projekte und des ProjektPortfolios Größere Projekte sind ohne Planung kaum zu bewältigen. Wer Pro- jekte plant, befindet sich in einem Dilemma: Es gibt gute Gründe für mehr und ebenso gute Gründe für weniger Details: Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Der Start oder FullKitManager 11 211 Für sehr detaillierte Pläne spricht: Gegen sehr detaillierte Pläne spricht: • Nur mit vielen Vorgängen lassen sich alle Zusammenhänge korrekt abbilden. • Der Projektleiter kann den Projekt ablauf nur dann in den Griff be kommen, wenn er alle Aufgaben detailliert vorausgeplant hat. • Je genauer man plant, umso besser wird man die Umsetzung managen können. • Die Übersichtlichkeit fehlt, der Blick für das Ganze geht verloren (man „sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht“). • Der tatsächliche Projektablauf erfolgt im Detail ganz anders als man es sich überlegt hat. • Man investiert zu viel Überwa chungs und Steuerungsaufwand in unwesentliche Details, die den ge samten Projektablauf gar nicht be einflussen. Bei der Implementierung eines Critical-Chain-Projektmanagements (CCPM) haben wir mit vielen Projektmanagern gesprochen, die sehr große Projekte erfolgreich abgeschlossen haben. Deren Erfah- rungen zeigen, dass sehr detaillierte Projektpläne (mit mehr als 250 bis 300 Vorgängen) nicht dafür geeignet sind, den Projektablauf tatsächlich zu steuern. Dies sei, so wird oft erwähnt, einer der we- sentlichen Gründe dafür, dass sehr umfangreiche Projektpläne be- reits kurz nach ihrer Erstellung unbrauchbar würden und lange vor Ende des Projekts nicht mehr beachtet werden. So vermeiden Sie zu detaillierte Projektpläne Folgende Empfehlungen helfen zu vermeiden, dass Projektpläne zu stark detailliert werden. • Vorgänge können mehrere Aufgaben/Aktivitäten verschiedener Ressourcen enthalten: Der Projektplan muss in erster Linie ab- bilden, wie die Schlüsselressourcen des Unternehmens eingesetzt werden. Der Vorgang muss nicht nur deswegen weiter unterteilt werden, weil er verschiedene Ressourcen unterschiedlich lang benötigt. Ein Vorgang im Projektplan kann deshalb aus mehre- ren Aktivitäten einer oder mehrerer Ressourcen bestehen. • Ein Projektplan ist kein Aufgabenhandbuch. Die jeweils dafür eingesetzten Spezialisten kennen die Details ohnehin besser als der Terminplaner. Wenn es darauf ankommt, dass eine Aufgabe nach einem standardisierten Verfahren durchgeführt wird, dann sollte dieses an anderer Stelle (z. B. Prozessbeschreibung, Quali- tätsstandard) dokumentiert sein, auf die verwiesen werden kann. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 212 • Minimale Vorgangsdauer: 2 % der Projektlaufzeit: Als Richtgrö- ße für die minimale Dauer eines Vorgangs wird 2 % der gesam- ten Projektdauer empfohlen. Vorgänge mit geringerer Dauer brauchen einen sehr guten Grund, um im Projektplan aufgeführt zu werden. Dies kann z. B. notwendig sein, wenn nur so eine sig- nifikante Verkürzung des Projektplans (s. u.) bewirkt werden kann. „Zooming“ des Projektplans als Lösung des Dilemmas Eine Lösung für das Dilemma zwischen mehr und weniger Details bieten verschiedene Software-Produkte für das Multiprojektmana- gement durch das so genannte „Zooming“: Der Projektplan wird auf der obersten Ebene nur so detailliert eingeben, wie es für die Zuord- nung von Ressourcen und für die Priorisierung von Vorgängen sinnvoll ist. Der Planer kann bei Bedarf in einen Vorgang „hinein- zoomen“ und weitere Details eingeben. Diese Funktion kann z. B. ein Arbeitspaket- oder Teilprojektverantwortlicher für die Planung und Steuerung seiner Aufgaben verwenden. Die Details haben je- doch keine Auswirkung auf die Multiprojekt-Steuerung. Optimale Ressourcenausstattung Zu Beginn eines Projekts können für eine bestimmte Aufgabe alle Mitarbeiter eingesetzt werden, die über die geforderte Qualifikation verfügen. Im Lauf der Projektdurchführung erwerben die eingesetz- ten Mitarbeiter aber spezifisches Wissen über das Projekt, so dass ein späterer Austausch durch einen Mitarbeiter gleicher Qualifikation nicht mehr effizient ist. Da zugleich in einer Multiprojektumgebung Mitarbeiter und andere Ressourcen für verschiedene Vorgänge in mehreren Projekten benötigt werden, sinkt die Zahl geeigneter Mit- arbeiter je weiter das Projekt fortgeschritten ist. Dies ist ein weiterer wichtiger Grund dafür, Vorgänge mit der opti- malen Anzahl von Ressourcen zu planen und zu besetzen anstatt – wie üblich – dünne Ressourcenverteilung zu betreiben. So erhöht sich die Geschwindigkeit bei der Abarbeitung von Vorgängen in frühen Projektphasen und bei der Ressourcenzuordnung für Vor- gänge, die später im Projekt realisiert werden, wird Flexibilität (und damit ebenfalls Geschwindigkeit) gewonnen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Der Start oder FullKitManager 11 213 Vorlagen für Projektpläne In vielen Multiprojekt-Umgebungen sind Projekte nur eine Variation eines allgemeinen Projekts. In diesem Fall ist es sinnvoll, Vorlagen (allgemeine Projektpläne) zu erstellen und für die Planung konkre- ter Projekte zu verwenden. Die Vorteile sind: • Die an der Projektplanung beteiligten Personen sparen eine Menge Zeit und können sich auf die Spezifika des Projekts kon- zentrieren. • Pläne unterschiedlicher Projekte werden für gleichartige Aufga- ben dieselben Begriffe verwenden und die gleiche Grundstruktur aufweisen, so dass die Pläne/Aufgaben für alle Beteiligten leichter verständlich sind. • Sind die Vorlagen sinnvoll (nicht zu sehr aber auch nicht zu wenig) detailliert, wird auch eine zu starke Detaillierung der spe- zifischen Projektpläne vermieden. Darüber hinaus kann man mithilfe von Vorlagen überprüfen, ob ein Liefertermin realisierbar ist, den der Vertrieb einem Kunden gerne zusagen möchte. Hierzu bucht man die Vorlage (anstelle eines spezi- fischen Projektplans) testweise in die Projektpipeline ein. Von Zeit zu Zeit sollte die Vorlage an die neuesten Erkenntnisse der Projekte angepasst werden. Engpass identifizieren Projekte, die aus mehreren Handlungspfaden bestehen und sich vor dem Projektabschluss zu einem einzigen Pfad bündeln, bedürfen besonderer Aufmerksamkeit. Wir nennen dieses Bündeln auch In- tegrationsphase (siehe Abb. 63). Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 214 Abb. 63: Identifizierung des Engpasses In dieser Integrationsphase ist oft intensive Management-Unter- stützung erforderlich: Entscheidungen, die außerhalb des Einfluss- oder Entscheidungsbereichs einzelner Projekt- oder Ressourcenma- nager liegen, müssen getroffen werden. Laufen jedoch gleichzeitig mehr Integrationsphasen als das Unternehmen bewältigen kann, kommt es unweigerlich zu schädlichem Multitasking – insbesondere im Topmanagement. Erkennbar ist diese Überlastung daran, dass bei Unterstützungs- und Entscheidungsbedarf in der Integrationsphase immer wieder auf Ressourcen, Support- oder Management-Funktionen gewartet werden muss. Beim unvorhergesehenen Auftreten eines Problems trifft das Topmanagement meist erst nach einer Wartezeit von meh- reren Tagen die erforderliche Entscheidung und das Projekt verzö- gert sich. Dementsprechend sinkt auch die Projektabschlussrate. Daher liegt es nahe, in Unternehmen, die mehrere ausgeprägte In- tegrationsphasen haben, das Hauptaugenmerk auf diese auszurich- ten. Es macht Sinn, so unsere Erfahrung, die Integrationsphase als Engpass zu definieren, um diese zu managen. Dort wird auch die Projektstaffelung ausgerichtet und diese Phase wird als Taktgeber definiert. Diese Phase wird in der Literatur auch als „Virtual Drum“ bezeichnet. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Der Start oder FullKitManager 11 215 Abb. 64: Die Virtual Drum In der Projektplanung, z. B. mit einer Multiprojektmanagement- Software, wird die Virtual Drum als rechnerische Ressource angelegt und den Vorgängen der Integrationsphase jedes Projektes jeweils zu 100 % zugewiesen. Die Kapazität der Virtual Drum wird dann ge- mäß der Leistungsfähigkeit der Organisation, Integrationsphasen ohne Verzögerung abzuwickeln, bemessen: Die Kapazität der Virtual Drum wird so ausgelegt, dass in den Integ- rationsphasen die erforderliche Management-Unterstützung unver- züglich erfolgen kann. Die Kapazität der Virtual Drum muss so gering ausgelegt werden, dass sie tatsächlich den Engpass der Organisation bildet. Beispiel: Wenn also z. B. maximal drei Integrationsphasen gleichzeitig ablau fen sollen, dann erhält die Virtual Drum eine Arbeitskapazität von drei Vollzeitäquivalenten. Die Software meldet eine Überlast der Virtual Drum, wenn mehr als drei Integrationsphasen gleichzeitig geplant sind. Falls möglich, kann die Software auch so konfiguriert werden, dass sie die Terminplanung ressourcentreu mit optimaler Auslastung der Virtual Drum durchführt. In diesem Fall würde die Software au tomatisch eine Projektstaffelung vornehmen bzw. Szenarien für die Staffelung vorschlagen. 4 4 Eine ausführliche Darstellung der Projektstaffelung anhand der Integrations- phase als Virtual Drum bietet die Artikelserie „Theory of Constraints. Opti- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 216 Steuerung der MultiprojektOrganisation Eine gute Planung ist zwar zwingende Voraussetzung für eine hoch- effiziente Multiprojekt-Organisation. Hinreichend ist die Planung jedoch nicht – es kommt auf die Steuerung der Projektrealisierung an. Taktische Prioritäten Sind die Sicherheiten gebündelt und explizit dargestellt, kann zu jedem Zeitpunkt zwischen Start und Ende eines Projekts das Ver- hältnis zwischen Projektfortschritt und Verbrauch der Sicherheit ermittelt werden und so die taktische Priorität der Vorgänge be- stimmt werden. Dazu ein Beispiel: Abb. 65: Taktische Prioritäten Projekt 1 bestehend aus sechs Vorgängen mit einer geplanten Länge von je fünf Tagen und einem zusätzlichen Projektpuffer von 15 Tagen, also einer geplanten Gesamtdauer von 45 Tagen. Das Projekt befindet sich 21 Tage vor seinem – auf Basis der Projekt-Staffelung males Multiprojektmanagement“ (Techt, Projekt Magazin 11/2008, 12/2008 und 15/2008). Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Der Start oder FullKitManager 11 217 versprochenen – Liefertermin und hat seit dem Projektstart vor 24 Tagen drei Vorgänge abgeschlossen. Der Projektfortschritt beträgt 50 %, da 3 von den 6 gleich langen Vorgängen abgeschlossen sind. Geplant waren für die drei Vorgänge insgesamt 15 Tage, sie haben aber 24 Tage gedauert und haben dementsprechend 9 Tage des Pro- jektpuffers verbraucht. Der Pufferverbrauch beträgt somit 60 % (9 Tage Pufferverbrauch / 15 Tage Pufferlänge = 60 %). Das Verhältnis zwischen Pufferverbrauch (hier 60 %) und Projektfortschritt (hier 50 %) wird als Pufferindex bezeichnet und beträgt in diesem Beispiel 1,2. Ein Pufferindex größer als 1 bedeutet somit, dass die bisher abgeschlossenen Vorgänge mehr Pufferzeit verbraucht haben als ihnen durchschnittlich zustehen würde. Konkurrieren nun zwei Vorgänge um dieselbe Ressource (in Abb. 65 weiß dargestellt), so erhält derjenige Vorgang die höhere Priorität, dessen Projekt den höheren Pufferindex aufweist. Er muss bevorzugt bearbeitet werden, damit der Endtermin eingehalten werden kann. Diese eindeutige, faktenbasierte und damit robuste Priorisierung ermöglicht • den Ressourcenmanagern: Vorgänge in der Reihenfolge ihrer operativen Priorisierung zu starten, damit von ihrer früheren Praxis der dünnen Ressourcenverteilung abzulassen und statt- dessen Vorgänge optimal mit Ressourcen auszustatten sowie Un- terbrechungen zu unterbinden, • den Projektmanagern: sich immer auf die für ihr Projekt gerade wichtigsten Vorgänge zu konzentrieren, • den Topmanagement- und Unterstützungs-Funktionen: unver- züglich Entscheidungen für die Weiterarbeit in den gerade für das Unternehmen wichtigsten Vorgängen zu treffen. Rollen und Funktionen im Multiprojektmanagement Taskmanagement Der Ressourcenmanager sorgt anhand der operativen Priorisierung der Vorgänge dafür, dass sowohl die Ressourcen mit maximaler Effizienz an den Vorgängen arbeiten als auch alle Projekte so schnell wie möglich durchgeführt werden. Er benötigt für seine Arbeit als Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 218 Taskmanager zwei tagesaktuelle Übersichten der Vorgänge in sei- nem Verantwortungsbereich, sortiert nach operativer Priorität: • Einerseits die Liste „Vorgänge in Arbeit“ mit allen begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Vorgängen und • andererseits die Liste „zukünftige Vorgänge“, die alle in nächster Zeit zu startenden Vorgänge enthält. Prio Projekt Vorgang Restdauer rot XS17 Gehäuse konstruieren 12 Tage gelb AD112 Rahmen konstruieren 5 Tage grün XP18 Gehäuse konstruieren 3 Tage grün XS17 Verbinder PD12 konstruieren 4 Tage Tab. 14: Taskliste Die Liste „Vorgänge in Arbeit“ verwendet der Ressourcenmanager, um mit seinen Mitarbeitern bzw. Teams die in Arbeit befindlichen Vorgänge zu beurteilen, Handlungs- und Unterstützungsbedarf zu ermitteln und die Restdauer zu schätzen. Er aktualisiert die Restdau- ern und veranlasst die notwendigen und von den Teams gewünsch- ten Unterstützungsaktivitäten. So sorgt der Ressourcenmanager dafür, Verspätungen zu vermeiden oder sogar wieder aufzuholen. Prio Projekt Vorgang Vorangehende Vorgänge fertig? Voraussichtliche Übergabe rot XS19 Gehäuse konstruieren Ja gelb AD715 Rahmen konstruieren Ja rot XP19 Gehäuse konstruieren Nein 18.03.xx gelb XS17 Verbinder P2 kon struieren Nein 19.03.xx grün AD213 Gehäuse konstruieren Nein 23.03.xx grün XP18 Verbinder X18 kon struieren Nein 27.03.xx Tab. 15: Vorgänge in Arbeit Die Liste zukünftiger Vorgänge verwendet der Ressourcenmanager, um diese Aufgaben entsprechend ihrer Priorität vorzubereiten. Er stellt sicher, dass alle notwendigen Bedingungen für den Beginn eines Vorgangs erfüllt sind. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Der Start oder FullKitManager 11 219 Projektmanagement Während der Realisierung seines Projekts bestand für den Projekt- manager bisher eine wesentliche Aufgabe darin, sicherzustellen, dass die Ressourcen tatsächlich an seinem Projekt arbeiten. Ebenso hat er sich um die Aufmerksamkeit der Geschäftsführung bemüht, z. B. um Entscheidungen rechtzeitig zu erhalten, die für den Fortgang seines Projekts wichtig waren. Das Ergebnis dieses traditionellen Vorgehens sind einerseits die allseits bekannten Ressourcenkonflikte zwischen Projekt und Linie sowie zwischen den Projekten unterein- ander und andererseits die Konkurrenz um die Aufmerksamkeit des Topmanagements. Das Aufgabenspektrum verändert sich nun. Der Projektmanager braucht diese früheren Aufgaben nicht mehr wahrzunehmen, denn die neu etablierte Steuerungspraxis stellt bereits sicher, dass die rich- tigen Ressourcen in der richtigen Reihenfolge für sein Projekt arbei- ten und zwar sehr viel schneller als bisher. Das Unternehmen stellt dem Projekt Ressourcen zur Verfügung, die nun wesentlich effektiver arbeiten können als in einer Umgebung, die von Multitasking und verzögerter Managementunterstützung geprägt ist. So kann der Projektmanager seine Verantwortung für den pünktlichen Projektabschluss sehr viel besser erfüllen als bisher. Der Projektmanager hat nach wie vor wesentliche Funktionen wäh- rend der Projektrealisierung zu erfüllen, die er bisher meist aufgrund seines Kampfs um Ressourcen vernachlässigen musste. Er trägt dafür Sorge, dass alle Projektmitarbeiter optimal arbeiten können, z. B. durch Kommunikation mit dem Kunden, um fehlende Informatio- nen zu beschaffen, oder durch aktives Risikomanagement, um so die Auswirkungen von Murphy's Law so gering wie möglich zu halten. Zu diesem Zweck benötigt jeder Projektmanager ebenfalls eine ta- gesaktuelle Liste der Vorgänge, die in seinem Projekt „in Arbeit“ sind, und der Vorgänge, die in seinem Projekt in nächster Zeit ge- startet werden sollen – jeweils sortiert nach ihrer operativen Priori- sierung. Die Liste „in Arbeit“ verwendet der Projektmanager, um die Mitar- beiter zu unterstützen, die an den laufenden Vorgängen arbeiten. Die Liste zukünftiger Vorgänge verwendet er, um gemeinsam mit Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 11 Erfahrungen aus der Praxis 220 dem Ressourcenmanager dafür zu sorgen, dass die Vorgänge opti- mal vorbereitet sind, sobald sie starten. Nach wie vor ist der Projektmanager für die Aktualisierung und gegebenenfalls Änderung des Projektplans verantwortlich. Sollten sich z. B. während der Projektrealisierung die Rahmenbedingungen des Projekts grundlegend verändern, muss der Projektmanager den Projektplan entsprechend anpassen. Visualisierung erleichtert die Intervention durch das Topmanagement Eine Übersicht aller Projekte, sortiert nach ihrem Status, mit Hin- weis auf den Vorgang, der gerade den Projektfortschritt bestimmt, hilft dem Top-Management, sich genau auf die Vorgänge zu kon- zentrieren, bei denen eine Management-Intervention einen positi- ven Einfluss auf den Projektfortschritt haben wird. Status Projekt Projekt manager Vorgang Taskmanager Bemerkungen rot A Katrin Müller Anlagenkonzept erstellen Anton Huber Warte auf Antwort vom Kunden gelb C Niels Neumann Beschaffung Gehäuse Martina Mayer gelb B Claudia Simon Gehäuse konstruktion erstellen Michael Falkenberg grün D Katrin Müller Inbetriebnahme der Anlage Herbert Stronz Tab. 16: Visualisierung der Vorgänge Der Portfolio-Status zeigt für das Top-Management auf einen Blick den Status aller Projekte mit ihrem jeweiligen Fortschritt und Puf- ferverbrauch. So erkennen Topmanager sehr leicht, worauf sie sich konzentrieren sollen, falls mehrere Projekte um ihre Aufmerksam- keit konkurrieren. Die Farben geben hier die Reihenfolge vor – zu- nächst die roten, dann die gelben und zum Schluss die grünen –, in der das Top-Management die Vorgänge bearbeiten sollte. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 221 Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau In diesem Bericht geht es um ein mittelständisches Werkzeug- und Formenbauunternehmen, bei dem ich (Holger Lörz) mehrere Jahre Geschäftsführender Gesellschafter war. Das Unternehmen ist im Automotive-Zulieferbereich tätig und fertigt Werkzeuge für Zylin- derkurbelgehäuse, Ölwannen und Strukturteile an, die im Alumini- um Druckgussverfahren hergestellt werden. Jedes Werkzeug ist ein Unikat. Die Wertschöpfungskette startet mit der gemeinsamen Kundenentwicklung über die Fertigung bis hin zur Montage, Be- musterung und dem Versand. Unsere Kunden verhalten sich nicht nach der Gaußschen Verteilung: Sie bestellen alle auf einmal, sie verschieben ihre Termine so, dass alles auf eine Kalenderwoche fällt, in bestimmten Monaten wird gar nicht bestellt. Und damit hatten wir unsere Schwierigkeiten: • Wir hielten selten unsere Termine. • Wir trafen oft den Marktpreis nicht. • Wir machten zu viel oder zu wenig Qualität. Die Herausforderung bestand nun darin, das bestehende Projekt- management, mit dem die Produktionssteuerung durchgeführt wird, so anzupassen, dass wir 30 % schneller werden und eine nahe- zu 100%ige Termintreue erreichen. Nachdem wir uns die Grundla- gen von „Critical Chain Projektmanagement“ und der „Theory of Constraints“ angeeignet hatten, beschloss das damalige Führungs- team, sich auf einen größeren Veränderungsprozess einzulassen. Ausgangssituation Ein Werkzeugprojekt kann aus bis zu 250 Einzelbauteilen bestehen, die durch die Konstruktion, Programmierung, Fertigung und Mon- tage gesteuert werden müssen. Material und Zukaufteile sind mit den internen Prozessen zu synchronisieren und die Projekte dürfen Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau 222 sich nicht gegenseitig behindern. Unterschiedlich lange Durchlauf- zeiten von vier Wochen bis hin zu acht Monaten erschweren die Planung und Steuerung. Es laufen durchschnittlich zwölf bis fünf- zehn Werkzeugprojekte parallel in verschiedenen Wertschöpfungs- tiefen. Alle Verantwortlichen benötigen für ihr Tagesgeschäft die richtige Reihenfolge der Teilprojekte/Teilaufträge. Ein Projektleiter betreut gleichzeitig bis zu sechs Werkzeuge. Viele der gängigen Managementmethoden hatten wir bereits aus- probiert. Dies hatte auch viele positive Effekte, jedoch schien das Potenzial ausgeschöpft. Führungskräfte und Mitarbeiter hatten die Haltung, dass weitere Anstrengungen in dieser Richtung den Auf- wand nicht mehr rechtfertigten. Auch das bestehende Projektmana- gement, bei dem allein ein Projektleiter damit beschäftigt war, die Planungs- und Meilensteinverfolgung zu übernehmen, musste ver- ändert werden. Was wir dringend benötigten war etwas „Neues“, eine neue Denkweise, bei der man nicht etwas noch ein bisschen konsequenter und besser macht, sondern mit der wir grundsätzlich anders vorgehen. Denn eines war uns bewusst: Nur wenn wir mit der gleichen Mannschaft 30 % schneller sind, haben wir den ent- scheidenden Wettbewerbsvorteil, den wir für unsere Zukunftsfähig- keit in dieser Branche benötigen. Vorgehensweise Ausgehend von dieser Erkenntnis führten wir zunächst einen strate- gischen Workshop mit den Führungskräften und Leistungsträgern des Unternehmens durch. In diesem Workshop erarbeiteten wir mithilfe einer externen, professionellen Moderation die Entwick- lungsvision. Ziel war es, die Mitarbeiter mit strategischen Fragen zu konfrontieren um in einem nächsten Schritt mit ihnen die strategi- schen Projekte abzuleiten. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau 223 Abb. 66: Vorgehensweise Hier ein Auszug unserer strategischen Fragen: • Wie können wir die Projektlaufzeiten um bis zu 30 % senken und unsere komplexen Aufträge besser planen? • Wie finden und beseitigen wir unsere Projekt- und Prozess- Engpässe, wenn wir nicht alles verändern wollen? • Wenn neue Kennzahlen mehr Transparenz und Steuerung er- möglichen, verhalten wir uns dann auch anders? • Wie schaffen wir einen höheren Durchsatz mit der gleichen Mit- arbeiterzahl, wenn unsere Kosten schon erheblich gesenkt wur- den? • Unsere Konstrukteure und Projektmanager werden dauernd gestört – wie können wir dieses negative Multitasking abschaf- fen? • Wenn wir bereits zu 70 % unserer Zeit mit Personalthemen beschäftigt sind, wie gelingt uns der Abbau von Widerständen, wenn wir eine dauerhafte Veränderung erreichen möchten? • Wie können wir unabhängiger von der Automotive Industrie werden? Nach intensiver Diskussion mit den Mitarbeitern wurden folgende strategische Teilprojekte herausgearbeitet: • Aufbau eines zweiten Standbeines unabhängig von der Automo- tive Industrie. • Einführung eines neuen Projektmanagement-Systems (CCPM), das sich auch gleichzeitig als Produktionssteuerungssystem für Neuformen etabliert. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau 224 • Einführung neuer Anreiz- und Messkriterien für die Mitarbeiter gekoppelt mit neuen Zielvereinbarungen. • Klare Priorisierung der Projektreihenfolge für alle (!) Mitarbei- ter. • Kein negatives Multitasking mehr in der Montage und Kon- struktion. Auch der Chef darf kein Durcheinander mehr ma- chen. Paradigmenwechsel: Abteilungserfolg ist nicht gleich Unternehmenserfolg Nun war uns klar, dass einige Änderungen in unseren Denkmustern notwendig waren, damit wir unser strategisches Ziel, „Aufträge 30 % schneller mit der gleichen Mannschaft abzuwickeln“, erreichen können. Der Abteilungsleiter wird an der Maschinenauslastung im Verhältnis zum Mitarbeitereinsatz gemessen (Produktivität). Wenn wir davon ausgehen, dass Mitarbeiter sich so verhalten wie sie gemessen wer- den, dann ist die logische Konsequenz, dass lokal optimiert wird. Es werden Aufträge dazwischen geschoben, nur damit die Maschinen ausgelastet sind, Es besteht die Gefahr, dass die NC-Programme sicher und langsam sind und dass Maschinenstörungen „hochdisku- tiert“ werden, um die sinkende Produktivitätszahl zu erklären. Ein anderes Phänomen trifft man im Einkauf, welcher am lokalen Ein- kaufsbudget und dessen Reduzierung gemessen wird. Ein Zitat unse- res Montageleiters bringt es hier auf den Punkt: „Ich kann Ihnen genau sagen, wenn ein günstiger Formrahmen eingekauft wurde, dann montieren wir nämlich um ein Drittel länger...“ Um dem ent- gegenzuwirken, haben wir alle lokalen Messgrößen abgeschafft und neue Messgrößen eingeführt. Diese sind auf die Gesamtwertschöp- fungskette ausgelegt: Projektlaufzeit und Pufferverbrauch, sowie Durchsatz (Rohertrag) und Reklamation in €/Tag. Veränderung ist nicht gleich Verbesserung Man kann in einer Organisation alles verbessern. Bei uns wurde damals jede Schwachstelle in ein Verbesserungsprojekt (KVP Pro- jekt) gepackt – es ging teilweise vor und zurück. Unser kontinuierli- cher Veränderungsprozess verbrauchte viele Ressourcen und viel Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau 225 Energie, vor allem von unseren fähigsten Mitarbeitern und Füh- rungskräften. Das eigentliche Ziel „Geld verdienen – heute und in der Zukunft“ verloren wir fast vor lauter Effizienzsteigerungen aus den Augen. Aus diesem Grund veränderten wir unseren KVP Pro- zess in einen EVP Prozess = Engpassorientierter Verbesserungspro- zess. Die wesentlichen fünf Schritte hierbei sind: Schritt 1: Identifizieren Sie den Engpass In einem Workshop ermittelten wir unseren permanenten Engpass. Das heißt, wir fanden die Engstelle, die uns – über das letzte Jahr gesehen – am meisten behinderte, die Werkzeuge schnell zu fertigen. Dies war gar nicht so einfach. Im ersten Schritt behaupteten alle, der Engpass wandere von einem Ort zum anderen. Am schnellsten wa- ren wir uns einig, dass der größte Kapazitätsengpass in der Entwick- lung lag. Nämlich immer dann, wenn wir viele Neuformen ins Auf- tragsportfolio bekamen. Schnell einig wurden wir uns auch darüber, dass der für uns als zugänglich eingeschätzte Markt groß genug war, dies konnte also auch nicht unsere permanente Engstelle sein. Wir machten eine 30 Minuten-Gruppenarbeit, in der alle drei Gruppen das gleiche Ergebnis präsentierten. Der physische Engpass in unserer Wertschöpfungskette sind die Gruppe der großen Fräsmaschinen. Schritt 2: Entscheiden Sie, wie der Engpass (optimal) ausgenutzt werden kann Bei Engpass denkt jeder schnell daran, den Engpass zu erweitern und zu investieren, jedoch hatten wir zunächst andere Optimie- rungsmöglichkeiten im Blick. Es gab eine Order von der Geschäfts- führung, nach der alle Maschinen stehen dürfen, nur die Gruppe der Schlichtmaschinen muss laufen. Was dazu führte, dass die Maschi- nen vor allen anderen gewartet wurden, dass Stellvertretungspläne erstellt wurden und Nachwuchs qualifiziert wurde. Schritt 3: Ordnen Sie alles diesem Engpass unter Von der Urlaubsplanung bis zur Pausenregelung wurde alles so umgestellt, dass die großen Fräsmaschinen geschützt wurden. Vor den Maschinen wurde ein Pufferlager eingerichtet, dass die Auslas- tung der Maschinen sicherstellte. Alle anderen Bestände haben wir Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau 226 auf ein Minimum gesenkt. Zusätzlich wurden die Werkzeuge Zent- ral für die Maschinengruppe bereitgestellt. Qualitätsprüfungen wur- den vor der Maschinengruppe soweit möglich realisiert, um unnöti- ge Laufzeiten auf den Maschinen zu vermeiden. Schritt 4: Wenn dann der Engpass noch der Engpass ist – erweitern Sie ihn Wir mussten nicht in eine neue Maschine oder eine dritte Schicht investieren, sondern konnten mit einer zusätzlichen Wochenend- schicht erreichen, dass sich der Engpass in die Montage verlagert hat. Schritt 5: Achten Sie regelmäßig darauf, ob sich der Engpass verlagert und starten Sie wieder bei Schritt 1 In der Montage haben wir dann den gleichen Prozess wieder durch- laufen. Hier handelte es sich jedoch nicht um einen physischen Eng- pass, sondern um einen Verhaltensengpass. Obwohl Mitarbeiter bereits 20 Jahre in der Firma waren, wollten Sie keine „schwierigen“ Entscheidungen treffen. Auch dieses Thema haben wir mit eigenver- antwortlichen Teams und einer neuen Führungskultur gut in den Griff bekommen. Viel Arbeit ist nicht gleich viel Wertschöpfung „Mitarbeiter, die nicht arbeiten, und Maschinen, die nicht produzie- ren, sind Verschwendung“, so lautete das alte Denkmuster. Heute wissen wir, dass es theoretisch in einem prozessorientierten System gar nicht möglich ist, dass alle Ressourcen zu 100 % sinnvoll ausge- lastet sind. Im Gegensatz dazu ist es wichtig, dass der Engpass im- mer zu 100 % ausgelastet ist, und daher wird auch dort die haupt- sächliche Energie (Aufmerksamkeit) investiert. Ein weiteres Phänomen war, dass die Projektleiter, Konstrukteure und vor allem Monteure an mehreren Projekten gleichzeitig arbeite- ten und überzeugt waren, dass sie durch das Hin- und Herspringen am effektivsten arbeiten. Über Schulungen und Simulationsspiele zu negativem Multitasking haben wir dann den Paradigmenwechsel eingeleitet. Heute sieht jeder, wie wichtig ununterbrochene Arbeit ist, und der Engpass „darf“ ungestört arbeiten. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau 227 Einführung von CCPM als Basis für die Produktions steuerung Um bis zu 250 Teile durch die Produktion zu schleusen, bedarf es eines einfachen und transparenten Steuerungssystems. Während wir früher die Zeitschätzungen der einzelnen Projektleiter in Meilen- steine umwandelten, um so einen Projektplan zu erstellen, war uns nun sofort bewusst, dass wir damit keine Beschleunigung erreichen werden. Da bei CCPM vom Liefertermin zurückgerechnet wird, kippten wir als erstes die Vorwärtsterminierung über Bord. „Wir starten so früh wie möglich“, eine der gravierenden Ursachen für negatives Multitasking, wurde in: „Wir starten erst, wenn alles zum Start da ist und nicht früher als berechnet“ umgewandelt. Ein weite- rer Grund für die langen Projektlaufzeiten war, dass jeder Abtei- lungsleiter wusste, dass seine Schätzung, die schon eine 50 %- Reserve beinhaltet, vom Projektplaner in eine feste Vereinbarung umgewandelt wurde. Da er an der Einhaltung dieses Termins ge- messen wurde, packte er noch eine weitere Reserve dazu. Und weil sich bekanntlich Zeit soweit ausdehnt, wie man ihr Raum gibt, wur- de man dann auch niemals mit einer Teilaufgabe früher fertig. Aus dieser Situation ergaben sich die neuen Grundpfeiler der Steuerung: Projekte werden nicht mehr vom Projektplaner geplant, sondern von den Linienverantwortlichen über so genannte Stolpersteine (ein anderes Wort für kleine Risikoanalyse). Alle Reserven aus den ein- zelnen Aufgabenschätzungen werden entfernt, dann wird ein Drittel als Puffer an das Ende des Projektes gesetzt. Jeder darf von diesem Projektpuffer zehren. Der Projektpuffer ist fester Bestandteil des Projektes und darf nicht gekürzt werden. Die Projekte waren nun alle inklusive Projektpuffer um ca. 30-40 % schneller geplant. Diese neue Planung setzte dann ein gewisses Vertrauen in die Zu- sammenarbeit voraus, denn Schätzungen bleiben Schätzungen und werden nicht in Vereinbarungen umgewandelt. Mitarbeiter wollen das Beste für die Firma und die Führungskräfte vertrauen ihnen. Verzögert sich ein Projekt, dann sind alle bestrebt, demjenigen, der in Schwierigkeiten ist, zu helfen. Denn – im Gegensatz zu früher – bekommen alle einen Bonus, wenn das Projekt, in unserem Fall das Werkzeug, vor oder zumindest zum Termin fertiggestellt wird. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau 228 Denn dadurch erreichen wir unser Ziel, „Mehr Projekte mit der gleichen Mannschaft in einem Jahr“ durchzuführen. Innerhalb des Projektes wird dann ganz genau die kritische Kette (im klassischen Sinn der ressourcennivellierte kritische Pfad) ver- folgt. Täglich wird zurückgemeldet – mit zwei Schwerpunkten: Wie viel Projektpuffer haben wir verbraucht und wie weit sind wir auf der kritischen Kette vorangeschritten (vgl. auch Kapitel 6). Da nach Durchführung des engpassorientierten Verbesserungspro- zesses (EVP) der permanente Engpass von den Fräsmaschinen in die Montage gewandert ist, staffelten wir in der Montage unsere gesam- ten Projekte, um Multitasking zu vermeiden und klare Prioritäten bei der Abarbeitung zu erreichen. Das Projektportfolio wird so ge- steuert und transparent gehalten, dass auch der Vertrieb sieht, wann ein neu zu startendes Projekt frühestens fertig sein kann. Die Projektleiterrunden haben sich dadurch von 180 Minuten täg- lich auf 45 Minuten alle zwei Tage reduziert. Die wesentlichen Fra- gen in der Projektleiterrunde lauten: • Wie lange braucht das Team noch? • Wo benötigt wer Unterstützung? • Haben wir noch genügend Projektpuffer für mögliche Änderun- gen/Störungen Effekte für die Zusammenarbeit in Projekten Da die lokalen Messgrößen abgeschafft wurden, haben nun alle das gleiche Interesse. Die Projekte alle möglichst schnell und termintreu durch das Unternehmen zu schleusen. Der Maschinenbediener an der Fräsmaschine hat nun ein hohes Interesse, dass das Werkstück so gefräst wird, dass es auch gut in der Montage eingebaut werden kann. Der Einkauf fragt lieber noch einmal nach, bevor komplizierte Teile bestellt werden, und bezieht die Produktion und Montage mit ein. Die Konstruktion hat ebenso ein hohes Interesse montagege- recht zu konstruieren und lässt sich sogar von der Montage Tipps geben. Dies geht nur, wenn sich die Führungsprinzipien ändern. Stehen beispielsweise nun zwei Mann an der Maschine z. B. der Monteur und der Bediener, dann schimpft heute niemand mehr, denn die Führung ist sich sicher, dass die Mitarbeiter etwas für den Projekterfolg im Unternehmen machen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau 229 Widerstand gegen Veränderungen Geht es um die Einstellung, die Veränderung der Haltung und Denkweise von Menschen, dann sind die Widerstände sehr subtil. Die Wahrnehmung der Führungskräfte muss gut geschult sein, um die jeweiligen Emotionen richtig zu deuten und die entsprechenden Kommunikationsplattformen zur Verfügung zu stellen. Wir hatten in unserem Prozess mit allen Mitarbeitern Orientierungsgespräche durchgeführt, um ihnen die Werte des Unternehmens und was von ihnen erwartet wird, darzulegen. Im Gegenzug wollten wir wissen, was ihre Werte sind und was sie von dem Unternehmen erwarten. Dies hat viel mit Wertschätzung zu tun und hat uns eine Basis für die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter geschaffen. Zusammenfassung – Erfolgsfaktoren Zusammenfassend lassen sich die folgenden Erfolgsfaktoren für unser Projekt zur Durchlaufzeitreduzierung identifizieren: • Einfache, pragmatische Lösungen • Mitarbeiter haben die Lösung dann verstanden, wenn sie diese mit ihren eigenen Worten erklären können. • Lokale Optimierung vermeiden. • Paradigmenwechsel spielerisch erleben. • Einfache Fragen zum Nachdenken stellen und Betroffenheit erzeugen – „Pull System“ • Ebenen des Widerstandes mit der Führung durchlaufen – Füh- rungsmannschaft gegebenenfalls verändern. • Nicht überall Energie investieren, sondern gezielt dort, wo wir den Durchsatz/die Wertschöpfung steigern können. • Erarbeitung einer einfachen und klaren Wachstumsstrategie, die im täglichen Handeln integriert ist – Ausnahmslos alle Füh- rungskräfte tragen diese mit. • Die Kostenstruktur nicht aus den Augen lassen – aber so, dass die Wachstumsstrategie nicht gefährdet wird. • Die kritischen Mitarbeiter, die daran erkannt werden, dass sie oft mit dem Satz: „Ja, aber“ anfangen, und die gerne auch mal als Bedenkenträger abgestuft werden, haben so manchen „Schnell- schuss“ erst zu einer richtig guten Lösung geformt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 1: Werkzeug und Formenbau 230 • Messgrößen und Anreizsysteme auf das Gesamtsystem ausrich- ten, denn so wie wir gemessen werden, so verhalten wir uns auch. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 231 Praxisbeispiel 2: Softwareentwicklung Mein Name ist Ansgar Knipschild. Ich bin Geschäftsführer der kingmedia websolutions GmbH. Die kingmedia websolutions ist ein IT-Unternehmen, das im Bereich Rapid Portal Development tätig ist. Die Erstellung von Webportale für Intra- und Extranets (z. B. für die Integration von SAP-Anwendungen in Webportale) und die individuelle Softwareentwicklung sind unser Haupttätigkeitsfeld. Ausgangssituation 2006 war die kingmedia websolutions mit vielerlei Herausforderun- gen im individuellen Projektgeschäft konfrontiert. Vor allem das komplexe Anforderungsmanagement aufgrund der individuellen Kundenwünsche und ständige Change Requests machten dem Un- ternehmen zu schaffen. Die starke Einflussnahme von Kundenseite in Form von häufigen und tiefgreifenden Änderungswünschen war eine Herausforderung. Die Ausgangslage 2006 liest sich wie folgt: • 3.000 PT pro Jahr • 70 Projekte à 20 – 200 PT • 4 Projektleiter • 20 Mitarbeiter Schädliches Multitasking, unsichere Terminzusagen, keine einheitli- che Projektsprache und ein ständiges Gerangel um die Spezialisten (um nur ein paar der Probleme zu nennen) waren Alltag. Das Er- gebnis waren sehr unsichere Terminzusagen und eine geschätzte Erfolgsquote von 50 %. Mitarbeiter besuchten Seminare, um die Situation zu verbessern – ohne Erfolg, es stellte sich einfach keine wesentliche Verbesserung ein. Erforderlich war zu diesem Zeitpunkt eine Synchronisierung der Mitarbeiter. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 2: Softwareentwicklung 232 Bestimmung eines klaren Ziels Im Oktober 2006 stieß ich auf das Buch „Die kritische Kette“ von Eliyahu M. Goldratt. Hier spiegelten sich die Probleme unseres Un- ternehmens wieder. Die Lösungsansätze waren logisch und besta- chen durch eine klare Formulierung und Einfachheit. Also trommelte ich das Management zusammen, um diese Lösungs- ansätze auch bei kingmedia websolutions zu implementieren. Zunächst hatte die Bestimmung eines klaren Ziels oberste Priorität. Was will ich überhaupt erreichen? Nicht „Beschleunigung“ war die Antwort, sondern „Zuverlässigkeit“! Dem Unternehmen wäre schon mit höherer Stabilität sehr geholfen: Wenn man einem Kunden einen Termin vorlegt und sich an diesem in der nächsten Zeit auch nichts ändert, würde dies „Entspannung ins Unternehmen“ bringen und auf positive Resonanz bei den Kunden stoßen. Schnell erkannten wir, dass die angepeilte Zuverlässigkeit nicht nur zur Entspannung führen, sondern auch einen Marktvorteil in sich bergen könnte. Vor allem in der IT-Branche, in der rund 70 % der Projekte scheitern. Vorgehensweise Die Planung der nächsten Schritte wurde allein den Projektleitern in die Hände gegeben. Dazu mussten diese natürlich mit Critical Chain vertraut gemacht werden und die Theorie lernen sowie verinnerli- chen. Wie es der Zufall wollte, steckten wir zu diesem Zeitpunkt in einem Großprojekt: Dieses Projekt wurde anhand der Critical-Chain-Methoden bearbei- tet und geplant. Der Endtermin wurde mittels „ProChain“ erstellt, einer Software zur Unterstützung von Projektplänen auf Basis der Critical Chain. Eine weitere Änderung erfuhr die Kommunikation zwischen Mitar- beitern und Projektleitung. Es wurde ein tägliches Reporting einge- führt, in dem alle Mitarbeiter über den Projektleiter berichten, wie viele Tage sie brauchen, um ihre Aufgabe zu erledigen. Ziel hierbei war es, eine „Kultur des Vertrauens“ aufzubauen, d. h. die Mitarbei- ter davon abzuhalten, viele Sicherheiten in ihre Schätzung des Fer- tigstellungstermins einzubauen, was ja oft aus Angst vor Konse- Aufbau einer Vertrauens kultur Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 2: Softwareentwicklung 233 quenzen bei Nichteinhaltung eines knapperen Termins vorkommt. Es sollte den Mitarbeitern klar werden, dass das Reporting nicht dazu dient, zu bestrafen, sondern dass vielmehr eine realistische Einschätzung der eigenen Situation dem Projekt hilft. Durch dieses Reporting konnte eine ordnungsgemäße Steuerung durch die Pro- jektleitung gewährleistet werden, denn so erhielt sie einen richtigen Überblick über das Projekt. Die Vorstellung der Leistungsmessung anhand lokaler Optima sollte aus den Köpfen der Mitarbeiter ver- schwinden. Besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung von Management und Projektleitern erfuhren die Mitarbeiter, die auf der „Kritischen Kette“ arbeiteten. Sie wurden sozusagen geschützt. Bald war es eine Art Statussymbol, auf der kritischen Kette arbeiten zu dürfen. Ein Jahr später, im Oktober 2007, war das Projekt äußerst zufriedenstellend beendet: Abb. 67: Projektfortschritt Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 2: Softwareentwicklung 234 Das war ein Novum bei kingmedia websolutions: Der Status des Projektes war zu jeder Zeit klar und jeder wusste, was zu tun war. Dies zeigt auch die Abbildung XX. Dort steht die X-Achse für den Fortschritt des Projektes in Prozent und auf der Y-Achse die prozen- tuale Nutzung des Puffers. Anwendung von CCPM in einer Multiprojektumgebung Critical Chain Projektmanagement (CCPM) hatte sich bei einem Großprojekt bewiesen. Wie wird es sich wohl in einer Multiprojekt- umgebung verhalten? Das sollte sich ab November 2007 zeigen. Denn im November 2007 wendeten wir CCPM zum ersten Mal im Multiprojektmanagement-Umfeld an, nachdem beim Großprojekt im Monat zuvor ein so großer Erfolg verzeichnet wurde. Zunächst legten wir ein standardisiertes Projekttemplate an, das bei jedem Projekt verfolgt werden sollte: Abb. 68: Fullkit Außerdem überlegten wir uns noch, wie „Full Kit“, also die Gege- benheiten, die herrschen sollten, bevor ein Projekt in Angriff ge- nommen werden konnte, aussehen musste. In diesem Zusammen- hang rate ich dazu, nicht zu viele Tasks zu definieren. Die anfängli- chen Projekttemplates wurden bei uns deutlich vereinfacht. Nach der Erstellung eines stimmigen Projekttemplates folgte die Suche nach dem Engpass. Dieses Unterfangen stellte sich als gar nicht so einfach heraus. Häufig wechselnde Engpässe verbunden mit Suche nach dem Engpass Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 2: Softwareentwicklung 235 den Change Requests der Kunden, wie auch die Abhängigkeit von Kundenzulieferungen erschwerten diese Aufgabe. Also legte man kurzerhand einen virtuellen Engpass fest. Das Buffer-Management als Handlungsleitfaden für das Manage- ment war ein weiterer wichtiger Punkt. Was hat das Management zu tun, wenn Fall X eintritt? Anders als gewohnt, liefen die Meetings wesentlich fokussierter und zeitsparender ab. Abb. 69: Buffer-Management Was haben wir bis heute erreicht? Die Abbildung auf der folgenden Seite zeigt, was wir durch die An- wendung des Critical-Chain-Managements bis heute erreicht haben. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Praxisbeispiel 2: Softwareentwicklung 236 Abb. 70: Ergebnisse Was lässt sich bei der Implementierung verbessern? Abschließend finden Sie einige Tipps und Hinweise, wie sich die Einführung des Critical-Chain-Projektmanagements (CCPM) ver- bessern lässt: 1. Einführung von CCPM nicht nur in einem Einzelprojekt, son- dern gleich in einer Multiprojektumgebung. 2. Sofort eine Virtual Drum einführen und den Engpass nicht zwanghaft bei den Mitarbeitern suchen. 3. Rollen vorab definieren und auch keine Person mit mehreren Rollen versehen. 4. Kommunikation über den Menschen, nicht zu viel über die Technik laufen lassen. (Lieber den Projektleiter eine Runde dre- hen lassen und mit den Mitarbeitern von Angesicht zu Angesicht den Taskstatus kommunizieren als sich Nachrichten über das System zu schicken.) 5. Pläne eher kurzfassen und auf Teambasis statt auf Personenbasis erstellen und die Teams sich selbst organisieren lassen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 237 Glossar: Fachbegriffe und Methoden Dieses Glossar beschreibt neben den im Text vorkommenden Fach- begriffen auch einige Anwendungen der Theory of Constraints, die teilweise in den Abbildungen und Schaubildern verwendet wurden. AdditivRegel Im Paradigma der Kosten-Welt gilt, dass die aufsummierten Kos- teneinsparungen aller einzelnen Unternehmensbereiche bzw. Abtei- lungen die Gesamtkosteneinsparung des Unternehmens ergeben, die Kosten also der Additiv-Regel folgen. In der Kosten-Welt ist die globale Verbesserung der Organisation die Summe der lokalen Ver- besserungen in den Teilen der Organisation. Im  ToC-Paradigma der Durchsatz-Welt gilt dagegen, dass der aufsummierte Durchsatz der einzelnen Unternehmensbereiche bzw. Abteilungen nicht zu- sammen den Gesamtdurchsatz des Unternehmens ergibt; der Durchsatz folgt also nicht der Additiv-Regel. In der Durchsatz-Welt ist die globale Verbesserung der Organisation nicht die Summe der lokalen Verbesserungen in den Organisations-Teilen. Aktivierung Beschäftigung einer Nicht-Engpassressource, nur damit sie beschäf- tigt ist, unabhängig davon, ob sie den Durchsatz des Gesamtsystems damit unterstützt; oder: eine Kennzahl, die ausdrückt, wie intensiv eine Ressource bei der Herstellung eines Produktes oder Services genutzt wird. Es wird die arbeitende Zeit mit der verfügbaren Zeit verglichen. Bedenkenträger Person, die einen Widerstand gegen ein vorgeschlagene Lösung formuliert  Schichten des Widerstands gegen Veränderung Begrenzender Faktor Element oder Faktor, das bzw. der ein System davon abhält, einen höheren Leistungsgrad zu erreichen (im Verhältnis zu seinem Ziel); Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 238 ein Engpass kann physikalisch, logistisch, innerbetrieblich, verfah- renstechnisch oder verhaltensabhängig bzw. psychologisch sein. Hätte die Organisation mehr von ihm oder könnte sie ihn besser ausnutzen, würde sie mehr von ihrem Ziel erreichen Betriebskosten (BK) Geld, das die Organisation ausgibt, um „Zieleinheiten“ zu erzeugen oder – anders ausgedrückt – um  Bestände und Investitionen (BI) in Durchsatz zu verwandeln. Die  „Theory of Constraints“ (ToC) betrachtet die Kosten, die relativ konstant sind (Löhne, Gehälter, Miete, Versicherungen, ...) als Betriebskosten, während die Kosten, die mit der Menge der produzierten Teile oder Leistungen zusam- menhängen, als total variable Kosten (TVK) oder „tatsächlich vari- able Kosten“ bezeichnet und betrachtet werden. Bestände und Investitionen (BI) Eine der globalen Messgrößen der  „Theory of Constraints“ (ToC): das im Unternehmen gebundene Geld in Form von Rohma- terial, Work-in-Progress, Fertigprodukten, Investitionen wie Ge- bäude, Anlagen etc. Alle BI werden in der Durchsatzrechnung zu Einkaufs- bzw. Rohmaterialkosten bewertet. Claim Forderung, die in einem Projekt von einem Projektbeteiligten erho- ben wird aufgrund einer unvorhergesehenen Veränderung; insbe- sondere bei Veränderungen von Rahmenbedingungen und wenn andere Projektbeteiligte Fehler machen oder Termine nicht einhal- ten. Claim Management Die Praxis, in Projekten zusätzliches Geld oder zusätzliche Zeit vom Auftraggeber zu bekommen – infolge von Fehlern oder Terminver- zögerungen oder Änderungen seitens des Auftraggebers oder ande- rer Lieferanten. Constraint  Begrenzender Faktor,  Engpass Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 239 Critical Chain  kritische Kette CriticalChainProjektmanagement (CCPM) Managementkonzept der Theory of Constraints für Projektumge- bungen. Im engeren Sinne umfasst CCPM: • eine Lösung für die Steuerung von Einzelprojekten in hoher Geschwindigkeit; • eine Lösung für die Steuerung einer Multiprojektorganisation unter bestmöglicher Nutzung der Ressourcen. Im weiteren Sinne umfasst CCPM zusätzlich: • eine Lösung für die strategische sinnvolle Auswahl von Projek- ten; • einen Ansatz zur zielorientierten Planung der Projekte; • eine Lösung für die unternehmensübergreifende Zusammenar- beit in Projekten; • die zielgerichtete Nutzung von Wettbewerbsvorteilen, die aus der erhöhten Zuverlässigkeit und der Verkürzung von Projektlauf- zeiten resultieren. Critical Supply Chain Win-win-Lösung für die unternehmensübergreifende Zusammen- arbeit in Projekten. Sie basiert darauf, dass alle Mechanismen, die zu einer Verlängerung von Projektlaufzeiten und/oder Erhöhung von Projektkosten aufgrund von Interessenskonflikten führen, eliminiert und durch andere Mechanismen ersetzt werden. Dies ermöglicht allen Projektbeteiligten, stets so zu entscheiden und zu handeln, dass die Zielerreichung des Projekts gefördert wird – ohne im Konflikt mit davon evtl. abweichenden anderen Interessen zu sein. Denkprozesse Auch Effektive Denkprozesse (EDP) genannt: ein Set von Methoden, die dazu geeignet sind, ein System systematisch zu analysieren und zu verbessern und dabei die drei Fragen des Veränderungsprozesses zu beantworten. Die  ToC-Denkprozesse sind: Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 240 Veränderungs prozess Denkprozess Logik Gegenwartsbaum SufficientCauseLogik Was soll geändert werden? DilemmaWolke NecessaryCauseLogik Zukunftsbaum SufficientCauseLogik Wohin soll die Verände rung führen? Vorbehalt der negativen Nebenwirkung SufficientCauseLogik Voraussetzungsbaum NecessaryCauseLogik Wie soll die Veränderung verursacht werden? Umsetzungsbaum SufficientCauseLogik DilemmaWolke (DW) Das wahrscheinlich wichtigste Tool der ToC-Denkprozesse basiert auf der Necessary-Cause-Logik. Es beschreibt Dilemmata bzw. Kon- flikte und hilft bei deren Win-win-Lösung. Die wichtigsten Einsatz- bereiche sind: • strukturierte Darstellung und Lösung von Dilemmata bzw. Kon- flikten • Identfizierung des Kernkonflikts des Systems im Rahmen der Drei-Wolken-Methode Die Entitäten der Dilemma-Wolke sind: • (A) ein Ziel • (B) eine Bedingung für die Zielerreichung und (D) eine Voraus- setzung für die Realisierung der Bedingung • (C) eine zweite Bedingung für die Zielerreichung und (D’) eine Voraussetzung für die Realisierung dieser zweiten Bedingung Der Konflikt besteht zwischen den beiden Voraussetzungen (D) und (D’), die sich widersprechen, das Gegenteil voneinander darstellen oder sich gegenseitig ausschließen. Die beiden Bedingungen (B) und (C) stehen dagegen nicht im Wi- derspruch zueinander, sie sind vielmehr beide akzeptierte Bedin- gungen für die Erreichung des Zieles (A). Fünf Pfeile repräsentieren die Verknüpfungen zwischen den Entitä- ten. Die Annahmen, die den Verknüpfungen zugrunde liegen, sind eben- falls identifiziert und dokumentiert. Diese Explizierung der Annah- men liefert den Schüssel zur Lösung mit zwei verschiedenen Ansät- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 241 zen. Das Dilemma löst sich auf, wenn eine wichtige Annahme als nicht zutreffend identifiziert wird oder durch eine Veränderung im System ungültig gemacht werden kann. Die Leseweise der Dilemma-Wolke ist wie folgt: • „Um (A) zu erreichen, müssen wir (B), weil (AB).“ (AB) sind dabei die Annahmen, die begründen, warum (B) eine Bedingung für (A) ist. • „Um (B) zu erreichen, müssen wir (D), weil (BD).“ (BD) sind dabei die Annahmen, die begründen, warum (D) eine Voraus- setzung für (B) ist. • „Um (A) zu erreichen, müssen wir (C), weil (AC).“ (AC) sind dabei die Annahmen, die begründen, warum (C) eine Bedingung für (A) ist. • „Um (C) zu erreichen, müssen wir (D’), weil (CD’).“ (CD’) sind dabei die Annahmen, die begründen, warum (D’) eine Voraus- setzung für (C) ist. • „(D) und (D’) schließen sich gegenseitig aus, weil (DD’).“ (DD’) sind dabei die Annahmen, die begründen, warum (D) und (D’) unvereinbar miteinander sind. Drum Detaillierter Arbeitsplan der Ressource, die den Takt für das gesamte System vorgibt. Der Arbeitsplan der Drum-Ressource muss die Kundenanforderungen mit dem Engpass des Systems abstimmen bzw. abgleichen. Drum Buffer Rope (DBR) Lösung der Theory of Constraints für die Steuerung der Produktion, Leistungserbringung und des Multiprojektmanagements. DBR nutzt: • die Drum, um einen Plan zu erstellen, der auf der bestmöglichen Ausnutzung der begrenzten Kapazität des Engpasses oder der am stärksten belasteten Ressource basiert; • den Puffer, um die Drum und die Auslieferung vor Störungen zu schützen; • den „Rope“ genannten Mechanismus, der die Freigabe neuer Aufträge, Projekte oder von Produktionsmaterial abhängig vom Takt und Fortschritt der Drum-Ressource steuert. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 242 DrumPuffer Puffer im Arbeitsplan der Drum-Ressource, wenn diese nicht der Unternehmensengpass ist, sondern sich diesem unterordnen muss. Durchsatz Geschwindigkeit, in der das System „Zieleinheiten“ erzeugt, also in gewinnorientierten Unternehmen in Euro pro Zeiteinheit gemessen, beispielsweise Euro pro Jahr. Der Durchsatz ist die Differenz zwi- schen dem Umsatz und den für diesen Umsatz eingesetzten TVK (Total variable Kosten) pro Zeiteinheit. DurchsatzWelt Die Sichtweise, dass ein System aus einer Reihe voneinander abhän- giger Teile besteht, die zusammen wirken müssen, um das Ziel des Systems zu erreichen. Die Fähigkeit des Systems, sein Ziel zu errei- chen wird durch einen einzigen Faktor eingeschränkt: den  be- grenzenden Faktor. In der Durchsatz-Welt werden alle Handlungen und Entscheidungen aufgrund ihrer Wirkung auf das Gesamtsystem bewertet und niemals – wie in der  Kosten-Welt – aufgrund ihrer Wirkung für ein Systemteil. Effekt (auch: Symptom) Entität, die die Auswirkung einer oder mehrerer Ursachen darstellt.  Erwünschter Effekt  Unerwünschter Effekt Effektivität Die Effektivität ist das Maß, zu dem ein System die Arbeit verrichtet, die erforderlich ist – und nicht mehr. Die Effektivität wird in Be- stands-Euro-Tagen gemessen. Effizienz Kennzahl (in Prozent), die den aktuellen Output ins Verhältnis zum erwarteten Output setzt. Sie misst nicht das Verhältnis Output zu Input. Engpass Einrichtung, Abteilung, Funktion oder Ressource, deren Kapazität, wenn sie sinnvoll geplant wird, kleiner oder genauso groß ist wie die Nachfrage danach im vergleichbaren Zeitraum. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 243 Engpassfaktor  Begrenzender Faktor Erwünschter Effekt (EE) Eine positive, gewollte, erwünschte Wirkung bzw. Ergebnis. Das Gegenteil ist ein  unerwünschter Effekt (UE). EE erscheinen im Zukunftsbaum, wo sie als das genaue Gegenteil von UE des Gegen- wartsbaumes formuliert sind oder als Bedingungen, die deutlich machen, dass die UE nicht mehr existieren. Beispiel für einen UE: Die Projektlaufzeiten sind zu lang. Beispiel für einen EE: Die Pro- jektlaufzeiten sind deutlich kürzer als die des Wettbewerbs. FeedbackSchleife Eine geschlossene Verbindung von Kausalitäts-Verknüpfungen, die eine positive (für das Unternehmen und dessen Zielerreichung nütz- liche) oder negative (für das Unternehmen und dessen Zielerrei- chung schädliche) Verstärkung von Bedingungen oder Verhaltens- weisen erzeugt. Die positive Feedback-Schleife wird auch „positive Verstärkung“ genannt und findet sich typischerweise im Zukunfts- baum des Systems. Die negative Feedback-Schleife wird auch  „negative Endlosschleife“ oder „Teufelskreis“ genannt und findet sich typischerweise im Gegenwartsbaum des Systems. Aufgrund der entscheidenden Wirkung auf das System ist es wichtig, die Feed- back-Schleifen zu finden und zu berücksichtigen. Fünf FokusSchritte (FFS) Kontinuierlicher Prozess zur Verbesserung des Profits, in dem das Produktionssystem und das Marktangebot ausgewertet werden. Auf dieser Basis entscheidet man dann, wie man am besten „Geld macht“, während man den Engpass des Systems nutzt. Die Schritte sind: • Identifiziere den Engpass – Identifizieren • Entscheide, wie der Engpass optimal ausgenutzt werden soll – Ausnutzen • Ordne alles andere der Engpassnutzung unter – Unterordnen • Erweitere den Engpass – Erweitern • Wiederhole die Schritte, sofern sich der Engpass verschoben hat; lasse keine Trägheit zu – Wiederholen Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 244 Viele andere Ansätze der ständigen Verbesserung fordern, dass alles im Unternehmen ständig verbessert werden muss. Der Verbesse- rungsansatz der  ToC dagegen fokussiert die Aufmerksamkeit und Energie auf einen Punkt: den Punkt der größtmöglichen Einfluss- nahme, den Engpass des Systems. Gegenwartsbaum (GB) Einer der TOC-Denkprozesse, die auf der Sufficient-Cause-Logik basieren. Der GB wird genutzt, um die erste Phase im  Verände- rungsprozess zu durchlaufen und die Frage „Was soll geändert wer- den?“ zu beantworten. Der GB wird eingesetzt, wenn nicht klar ist, was das System daran hindert, einen oder mehrere der fünf Fokus- Schritte konsequent zu durchlaufen und entsprechend zu handeln, oder wenn es schwierig ist, Zustimmung und Mitwirkung des Ma- nagements für erforderliche bzw. vorgeschlagene Veränderungen zu erlangen. Der GB zeigt die Wenn-dann-Beziehungen zwischen dem Kern- problem und den unerwünschten Effekten (UE) des Systems. So kann ein klarer Zusammenhang zwischen dem Kernproblem und den einzelnen UE her- und dargestellt werden. Hindernis (auch: Stolperstein) Bedingung oder Reaktion, die die erfolgreiche Realisierung einer Injektion oder die Zielerreichung verhindert. Hindernisse werden bei der Planung für die Realisierung einer Injektion identifiziert und sind Gegenstand der Schicht 5 der  „Schichten des Widerstands gegen Veränderung“. Werden die Hindernisse nicht systematisch bearbeitet und überwunden, kann das Ziel nicht erreicht werden. Das zutreffende Tool der  ToC-Denkprozesse ist der Vorausset- zungsbaum. Im Prozess der Bearbeitung werden Zwischenziele defi- niert, die erst erreicht sein müssen, bevor die Hindernisse überwun- den werden können. Injektion (1) In einem Zukunftsbaum sind Injektionen die Elemente, die eine noch nicht in der Realität existierende Bedingung beschreiben, die wiederum eine erfreulichere Zukunft des Systems verursachen wer- den. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 245 (2) In einer Dilemma-Wolke ist die Injektion das Element, durch das der Konflikt aufgelöst werden kann. Die Injektion ist eine Be- dingung, die eine oder mehrere der Annahmen, die dem Konflikt zugrunde liegen, ungültig macht und dadurch den Konflikt auflöst. Um eine Injektion formulieren zu können, ist es nicht erforderlich, auch schon sagen zu können, wie diese Injektion realisierbar ist. KostenWelt Sichtweise bzw. das Paradigma, dass ein System aus einer Reihe unabhängiger Variablen (Teilsysteme) besteht, die jede für sich ein unabhängiger Kosten-Treiber sind. Aufgrund dieser Sichtweise wer- den Entscheidungen und Handlungen in ihrer lokalen Wirkung betrachtet. Um wiederum lokale Wirkungen auf Kosten betrachten zu können, wird die Kostenrechnung bzw. die Umlage von Kosten genutzt. Diese Sichtweise steht im Gegensatz bzw. Konflikt zum Paradigma der Durchsatz-Welt. Kritische Kette (KK) Im Critical-Chain-Projektmanagement ist dies die längste Kette voneinander abhängiger Aufgaben; wobei Aufgaben dadurch von- einander abhängig sein können, dass • eine Aufgabe ihr Zwischenergebnis geliefert haben muss, weil eine andere Aufgabe dieses Zwischenergebnis benötigt, um selbst mit der Arbeit beginnen zu können. In diesem Fall sind die Auf- gaben inhaltlich voneinander abhängig. • eine Ressource erst dann mit einer Aufgabe beginnen kann, wenn sie eine andere Aufgabe, die sie ebenfalls umsetzen muss, abgeschlossen hat. In diesem Fall sind die Aufgaben in Bezug auf die Ressourcen voneinander abhängig. Die kritische Kette ist der Engpass des Projektes. Die Länge der kriti- schen Kette plus Länge des Projektpuffers ergeben die Projektlauf- zeit. Wenn die Abhängigkeit in Bezug auf die Ressourcen nicht zu einer Verlängerung des Projektes führt, sind kritische Kette und  kriti- scher Pfad identisch. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 246 Kritischer Pfad Im Projektmanagement die längste Folge sachlich voneinander ab- hängiger Aufgaben. Der kritische Pfad bestimmt die Projektlaufzeit. Der so genannte „ressourcennivellierte kritische Pfad“ berücksichtigt die Ressourcenbelastung, jedoch ohne den kritischen Pfad dadurch selbst zu verändern. Lokale Effizienz Versuch, das Unternehmen durch den Einsatz von lokalen Effi- zienzmessgrößen zur Zielerreichung zu führen. Wenn lokale Effi- zienzen die dominanten Messgrößen sind, führt dies jedoch zu loka- ler Optimierung und damit zu einer Verschlechterung der Situation des Unternehmens. Marketing Funktion im Unternehmen, die dafür sorgt, dass das Unternehmen die Produkte, Leistungen und Angebote hat, die für die Kunden so interessant sind, dass diese „vor der Tür stehen“ und Aufträge an das Unternehmen vergeben wollen. Matrixorganisation Organisationsform, in der Ressourcen mehreren Organisationsein- heiten zugeordnet sind. Typisch für Multiprojektunternehmen, in denen Mitarbeiter sowohl zu einer Abteilung gehören als auch in Projekten eingesetzt werden. Der Abteilungsleiter hat für die best- mögliche Auslastung der Mitarbeiter zu sorgen, der Projektleiter für die Zielerreichung des Projektes. Aus diesen beiden Aufgabenstel- lungen ergeben sich Konfliktsituationen, die die Produktivität des Unternehmens negativ beeinflussen können. Meilenstein  Zwischenziel Multitasking, schädliches (SM) Angewohnheit, eine Aufgabe zugunsten einer anderen Aufgabe zu unterbrechen. Schädliches Multitasking entsteht, wenn durch dieses Verhalten die Projekte verlangsamt und die bestmögliche Ausnut- Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 247 zung des Engpasses behindert werden. Oft wird hierfür auch der Begriff „negatives Multitasking“ verwendet. Negative Endlosschleife  Feedback-Schleife Paradigma Grundannahme oder Glaubenssatz; eine Annahme darüber, wie ein System funktioniert oder zu steuern ist. Beispiel: Das Paradigma der lokalen Optimierung geht davon aus, dass ein Gesamtsystem sich automatisch verbessert, wenn einzelne Teilsysteme verbessert wer- den. Das Paradigma bildet sich in den verschiedenen Regeln, Me- chanismen, Verfahren und Kennzahlen der Organisation und im Verhalten der Menschen ab. Paradigmenwechsel Veränderung einer grundsätzlichen Annahme über die Funktions- weise eines Systems sowie aller mit dem Paradigma verbundenen Handlungsweisen, Regeln, Verfahren und Kennzahlen; grundlegen- de Umgestaltung einer Organisation. Parkinson’s Law Erscheinung, dass die für eine Arbeit zur Verfügung stehende Zeit selten unterschritten wird, weil die Unterschreitung i. d. R. negative Auswirkungen für die Betroffenen hätte, wie z. B. die Kürzung zu- künftiger Zeitschätzungen und Vorgabezeiten. Pilotprojekt Die Einführung von Critical-Chain-Projektmanagement im Rahmen eines Pilotprojekts ist ein schon oft probierter, aber meist gescheiter- ter Versuch, CCPM „auszuprobieren“. Da CCPM mit einem Para- digmenwechsel verbunden ist und die meisten Organisationen Mul- tiprojektorganisationen sind, entsteht bei einem entsprechenden Pilotprojekt zwangsläufig ein tiefgreifender Paradigmenkonflikt, den die Organisation normalerweise nicht bewältigen kann. Projekte staffeln Bestandteil der Drum-Buffer-Rope-Lösung für das Multiprojektma- nagement, in der die Projekte so hintereinander gestaffelt werden, Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 248 dass eine optimale Ausnutzung und multitasking-freie Arbeit der Engpass-/Drum-Ressource möglich ist. Projektkostenrechnung Praxis, den Projekten kalkulatorische Kosten zuzuordnen, um da- durch die Profitabilität von Projekten in der Planung und auch während bzw. nach der Realisierung zu ermitteln und daraus Ent- scheidungen abzuleiten. Projektportfolio Summe aller Projekte, die in einem Zeitraum parallel in einer Orga- nisation umgesetzt werden und deren Umsetzung geplant ist. ProjektRisikofonds „Globaler“ Finanzpuffer für unternehmensübergreifende Projekte; er wird genutzt für: • unvorhergesehene Kosten; • Fehler; • Auszahlung von Incentives an alle Beteiligten bei rechtzeitiger Fertigstellung des Projektes. PullPrinzip Prinzip, vom Ende einer Kette aus zu planen und zu steuern, statt vom Beginn einer Kette; im Projektmanagement ist damit die Pla- nung des Projektes mithilfe des Voraussetzungsbaumes gemeint. Ressource Sammelbegriff für Mitarbeiter, Anlagen, Einrichtungen Schichten des Widerstands gegen Veränderung Die Schichten des Widerstandes gegen Veränderung beschreiben, in welcher Reihenfolge unterschiedliche Arten von „Widerständen“ in einem Veränderungsprozess auftreten. Aus Sicht der  ToC sind diese Widerstände zumeist berechtigt und daher methodisch zu bearbeiten, um (1) die Lösung und den Weg der Veränderung zu verbessern und (2) alle Betroffenen in den Veränderungsprozess einzubeziehen, sie zu Beteiligten und Mitgestaltern zu machen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 249 • Schicht 1: fehlende Übereinstimmung (Einigkeit und Verständ- nis) hinsichtlich des Problems; • Schicht 2: fehlende Übereinstimmung (Einigkeit und Verständ- nis) hinsichtlich der Lösungsrichtung; • Schicht 3: fehlende Übereinstimmung, dass die Lösung die Schwierigkeiten tatsächlich beseitigen wird; • Schicht 4: Befürchtung, dass die Lösung zu neuen unerwünsch- ten Nebeneffekten führt; • Schicht 5: fehlende Klarheit darüber, wie die Stolpersteine auf dem Weg zur Umsetzung der Lösung überwunden werden kön- nen; • Schicht 6: fehlende Mitwirkung trotz erfolgter Zustimmung. Sicherheiten Projekte sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht im Detail plan- bar und vorhersagbar sind. Daher sind Sicherheiten erforderlich. Diese Sicherheiten können in den einzelnen Projektschritten ver- borgen sein oder – wie im Critical-Chain-Projektmanagement – explizit und global angelegt sein. Projektpuffer Der Projektpuffer wird nach dem letzten Bearbeitungsschritt auf der kritischen Kette eingefügt. Er kann von allen Ressourcen genutzt werden. Der Projektpuffer entspricht einem Drittel der gesamten Projektlaufzeit. SOP  Start of Production Staffelläuferprinzip Arbeitsprinzip, das besagt: • Wenn Arbeit da ist, erledige sie so schnell wie möglich. • Wenn keine Arbeit da ist, stehe still und bereite Dich auf die nächste Arbeit vor. Es steht im Gegensatz zum Prinzip „Jeder muss ständig beschäftigt sein“, das in der Verwendung von lokalen Effizienzen als dominante Messgrößen zum Ausdruck kommt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 250 Start of Production (SOP) Zeitpunkt, zu dem die Produktion eines neuen Produktes beginnt. Der SOP ist in Entwicklungs- und Markteinführungsprojekten ein zentraler Meilenstein. Stolperstein  Hindernis Strategie Richtung, in die das Unternehmen sich entwickeln soll. Eine schlüs- sige Unternehmensstrategie muss zeigen, wie – heute und in Zu- kunft – die folgenden Anforderungen erfüllt werden: • Geld verdienen • Mitarbeitern sichere Arbeitsplätze bieten • Märkte zufrieden stellen Studentensyndrom Verhalten, den Beginn eine Aufgabe so lang hinauszuzögern, bis die – bewusst oder unbewusst – für die Aufgabe eingeplante Sicherheit verbraucht ist. Die Folge dieses Verhaltens ist, dass Aufgaben so gut wie nie vorzeitig abgeschlossen werden. Stattdessen ist die Wahr- scheinlichkeit groß, dass die Aufgabe verspätet fertig wird oder dass – bei rechtzeitigem Abschluss – qualitative Mängel entstehen. Supply Chain Lieferkette  Critical Supply Chain Symptom  Effekt Theory of Constraints (ToC) Unternehmensphilosophie, die von Dr. Eliyahu M. Goldratt entwi- ckelt wurde. Sie stellt sich in drei einzelnen, aber in Wechselbezie- hung zueinander stehenden Gebieten dar – Logistik, Leistungskenn- zahlen und strenger Logik. (Wenig genutzte) Übersetzungen: Theo- rie der Einschränkungen, Theorie der Engpässe oder Beschränkun- gen Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 251 Umsetzungsbaum (UB) Logik-basiertes Tool zur Identifizierung und Sortierung der Tätig- keiten beim Verwirklichen eines Zieles; es verdeutlicht die Stufen auf dem Weg von der Ist-Situation zum gewünschten Ziel. Unerwünschter Effekt (UE) Entität im Gegenwartsbaum des Systems, die als negativ betrachtet wird und an der deutlich wird, dass das System seine Ziele nicht vollständig erreicht oder wesentliche Bedingungen dazu fehlen. Unwiderstehliches Angebot (UWA) Angebot der Zusammenarbeit an Kunden, das auf den bis dahin ungelösten und unlösbar erscheinenden Problemen der Kunden in diesem Geschäftsumfeld basiert und daher als unwiderstehlich er- scheint. Das UWA setzt eine rigorose Analyse des Marktes und der Schwierigkeiten der Kunden in diesem Markt voraus. Verkettung von Aufgaben Tatsache, dass innerhalb eines Projektes Aufgaben bzw. Projekt- schritte voneinander abhängig sind; zum einen durch die sachliche Abhängigkeit, zum anderen dadurch, dass mehrere Aufgaben von derselben Ressource bearbeitet werden. Vertrieb Funktion im Unternehmen, die dafür sorgt, dass aus Kundenanfra- gen Aufträge werden. Vorbehalt der negativen Nebenwirkung (VNN) Vorbehalt, dass eine Injektion neben ihren positiven Wirkungen auch neue unerwünschte Effekte (UE) erzeugen wird. Dieser Vorbe- halt entspricht der Schicht 4 der  Schichten des Widerstands ge- gen Veränderung. Im  Zukunftsbaum erscheint die negative Ne- benwirkung als so genannter negativer Ast. Die negative Nebenwir- kung erfordert i. d. R. eine neue, zusätzliche Injektion, die die nega- tive Nebenwirkung verhindert und oft sogar insgesamt bessere Er- gebnisse erzeugt. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 252 Widerstände gegen Veränderung Die von einer Veränderung betroffenen Menschen haben Wider- stände gegen Veränderungen, wenn die geplante Veränderung für sie von Nachteil ist oder sie den eindeutigen Vorteil nicht erkennen können. Die  Theory of Constraints betrachtet diese Widerstände als berechtigt und sagt, dass es nahezu immer eine Win-win-Lösung gibt, die jedoch nicht gefunden werden kann, wenn die Widerstände nicht geäußert und bearbeitet werden.  Schichten des Widerstands gegen Veränderung Voraussetzungsbaum (VB) Tool der ToC-Denkprozesse, das auf der Necessary-Cause-Logik basiert und die dritte Frage im Veränderungsprozess „Wie soll die Veränderung verursacht werden?“ bearbeitet. Die Absicht des VB ist es, die Beziehungen zwischen • den Hindernissen (Stolpersteinen), die bei der Umsetzung einer Lösung (Injektion) bzw. bei der Realisierung einer Strategie auf- tauchen, und • den Zwischenzielen, die erreicht werden müssen, um die Hin- dernisse zu überwinden, zu erkennen. Außerdem soll damit die Reihenfolge/Abhängigkeit, in der die Zwischenziele erreicht sein müssen, um die Lösung erfolg- reich zu implementieren, aufgezeigt werden. Der VB wird so gelesen: „Um [das, was an der Pfeilspitze steht] zu haben/bekommen/erreichen, müssen wir (vorher) [das, was am Pfeilende steht; ein Zwischenziel] haben/bekommen/erreicht haben, weil [das Hindernis].” Mit einem VB kann die Reihenfolge der Aktivitäten festgelegt wer- den, die erforderlich sind, um ein anspruchsvolles Ziel zu erreichen. Zukunftsbaum (ZB) Logik-basiertes Tool für Konstruktion und Test potentieller Lösun- gen vor der Implementierung. Die Ziele sind: • Lösung entwickeln, ausformulieren und vervollständigen; • Identifizieren und Lösen bzw. Vermeiden neuer Probleme, die durch die Implementierung der Lösung entstehen. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Glossar: Fachbegriffe und Methoden 253 Der Zukunftsbaum stellt die Ursache-Wirkungs-Beziehungen dar zwischen einer  Injektion (Problemlösung) und den dadurch entstehenden positiven Auswirkungen sowie auch möglicherweise negativen Auswirkungen (negative Nebenwirkungen). Zulieferkette Folge von Aufgaben, die nicht Bestandteil der kritischen Kette sind, jedoch in diese einmünden. Die Zulieferkette ist der kritischen Kette durch den Zwischenpuffer untergeordnet. Zulieferpuffer Die kritische Kette wird durch Zulieferpuffer geschützt. Die Zulie- ferpfade haben nach ihrem letzten Bearbeitungsschritt einen Zulie- ferpuffer, der einem Drittel der Laufzeit des Zulieferpfades ent- spricht. Zwischenziel (ZZ) Meilensteine/Deliverables, die zwingend erreicht bzw. vorhanden sein müssen, um ein übergeordnetes Ziel erreichen zu können. Zwi- schenziele sind Entitäten im Voraussetzungsbaum und im Umset- zungsbaum, wo sie in Zusammenhang mit Hindernissen gesehen werden, die zu überwinden sind, bevor das Ziel erreicht werden kann. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 255 Stichwortverzeichnis A Abhängigkeiten 12, 89, 90, 91, 98, 100, 101, 102, 126, 127, 132, 146, 164 AdditivRegel 237 Analyseteam 33, 35, 38, 52, 55, 56, 57, 58, 63, 64, 67, 72, 76, 85, 87, 89, 91, 98, 105, 111, 112, 115, 117, 118, 122, 125, 127, 135, 139, 140, 141, 151, 155, 158, 166, 167, 168, 171, 172, 174, 175, 177, 179, 180, 182, 185, 187, 195 Anfrage und Angebotsteam 30, 140 B Bedenkenträger 191, 192, 237 Begrenzender Faktor 237, 238, 243 Betriebskosten 22, 25, 28, 238 C CCPM 191, 198, 239, 247 Claim 111, 167, 174, 238 Claim Management 111, 238 Claims 165, 168, 169, 172, 174 Constraint 238 Critical Supply Chain 18, 134, 163, 239, 250 D Denkprozesse 239, 240, 244, 252 DilemmaWolke 56, 106, 120, 121, 240, 241, 245 Drum 67, 68, 69, 241, 242, 247 Drum Buffer 68, 69, 241 Durchsatz 27, 28, 29, 33, 49, 60, 62, 64, 67, 74, 142, 153, 155, 197, 237, 238, 242, 245 E Endlosschleife 48, 95, 125, 151, 243, 247 Engpass 23, 25, 27, 28, 29, 49, 52, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 69, 70, 74, 76, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 99, 133, 141, 153, 155, 162, 175, 193, 196, 197, 237, 238, 241, 242, 243, 244, 245, 248 Engpassressource 27, 62, 65, 67, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 153, 154, 196, 237 Engpasstagen 27 Erwünschter Effekt 242, 243 F FeedbackSchleife 243, 247 Führungskultur 161 Fünf FokusSchritte 243 G Gegenwartsbaum 47, 74, 124, 152, 157, 170, 181, 190, 240, 243, 244, 251 I Injektion 244, 245, 251, 252, 253 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Stichwortverzeichnis 256 K Kennzahl 15, 16, 29, 74, 139, 149, 154, 159, 237, 242 Kennzahlen 1, 18, 39, 55, 72, 88, 139, 155, 247 Kostenpuffer 146, 156, 158, 159, 173 KostenWelt 237, 242, 245 kritische Kette 13, 131, 132, 133, 134, 146, 148, 153, 154, 239, 245, 253 Kritische Kette 245 kritische Pfad 131, 246 kritischer Pfad 13, 245 Kritischer Pfad 246 Kultur des Zusammenhaltes 174 L lokale Effizienzen 57, 58, 60, 194, 246 lokale Optimierung 55, 170 M magische Dreieck 10, 11, 109, 140 Magische Dreieck 140 Marketing 141, 176, 177, 178, 185, 246 Matrixorganisation 35, 37, 38, 246 Meilenstein 126, 144, 246, 250 Messgrößen39, 47, 57, 61, 63, 70, 72, 139, 144, 189, 195, 196, 238, 246, 249 Mitarbeiterorientierung 161, 162 Multiprojektcontrolling 149 Multiprojektmanagement 1, 13, 38, 40, 42, 46, 48, 52, 53, 63, 72, 75, 76, 77, 85, 106, 135, 185 Multiprojektorganisation 135 Multiprojektumgebung 17, 39, 54, 77, 105, 143, 164 Multiprojektunternehmen 62, 246 Multitasking 41, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 51, 54, 55, 63, 64, 65, 66, 69, 74, 76, 79, 82, 92, 94, 105, 114, 118, 127, 190, 246 N Necessary Cause 101 P Paradigmenwechsel 54, 55, 143, 172, 185, 194, 247 Parkinson’s Law 117, 119, 120, 121, 123, 127, 128, 129, 247 Pilotprojekt 77, 247 Projektauswahl 23, 27, 31, 74, 111, 140 Projektbudget 107, 108, 143, 155, 157 Projektfortschritt 72, 144, 145, 147, 159 Projektkostenrechnung 22, 23, 27, 29, 74, 248 Projektkultur 54, 87 Projektleiter 9, 12, 13, 15, 16, 17, 18, 21, 29, 34, 35, 36, 37, 41, 43, 49, 53, 62, 70, 71, 79, 81, 87, 88, 89, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 117, 128, 136, 137, 139, 144, 145, 147, 148, 149, 155, 159, 166, 167, 194, 246 Projektmanagement 9 Projektmanagementmethoden 9 Projektmanagementstandards 151 Projektpläne 12, 15, 17, 72, 81, 82, 87, 89, 111, 114, 128, 131, 146, 154, 171, 172 Projektplanung 17, 87, 90, 98, 129, 131, 132, 192 Projektportfolio 52, 63, 69, 149, 193, 248 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Stichwortverzeichnis 257 Projektpuffer 128, 129, 130, 131, 132, 133, 134, 146, 148, 158, 171, 193, 249 Projektstatus 82, 143, 147, 148, 149, 150, 159, 160 Projektsteuerung 35, 70, 139, 172 Puffer Projektpuffer; Zeitpuffer; Kostenpuffer 67, 69, 82, 88, 117, 133, 134, 146, 147, 171, 241, 242 Pufferverbrauch 72, 144, 146, 147, 148 Pufferzeiten 71 PullPrinzip 98, 248 R Ressource 57, 58, 60, 61, 62, 63, 67, 79, 83, 108, 109, 132, 149, 237, 241, 242, 245, 248, 251 Risikofonds 173, 174, 248 S Schichten des Widerstands 19, 187 Sicherheitspuffer 88, 115, 117, 132 SOP 164, 249, 250 Staffelläuferprinzip 72, 82, 133, 135, 249 Staffelung 51, 67, 83, 197 Stolperstein 99, 100, 244, 250 Stolpersteine 89, 99, 100, 144, 146, 162, 187, 192, 193, 249 Studentensyndrom 117, 122, 123, 127, 128, 250 Sufficient Cause 102 Supply Chain 1, 163, 170, 171, 250 T Teilprojekt 164, 168, 172 Theory of Constraints 237, 238, 239, 241, 250, 252 U Umsetzungsbaum 240, 251, 253 Unerwünschte Effekte 34, 45, 164, 165 unerwünschter Effekt 243 Unerwünschter Effekt 242, 251 Unwiderstehliches Angebot 251 UrsacheWirkungsDiagramm 180 V Verkettung von Aufgaben 117, 122, 123, 127, 128, 251 Vertrieb 30, 115, 141, 176, 251 Voraussetzungsbaum 240, 244, 252, 253 Vorbehalt der negativen Nebenwirkung 240, 251 Z Zeitpuffer 67, 68, 69, 74, 81, 87, 88, 117, 128, 159 Zukunftsbaum 74, 75, 76, 182, 183, 190, 191, 192, 240, 243, 244, 251, 252, 253 Zulieferkette 253 Zulieferketten 131, 133, 147, 148, 154 Zulieferpuffer 131, 134, 146, 153, 171, 253 Zwischenergebnis 99, 100, 101, 102, 245 Zwischenziel 246, 252, 253 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 258 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Das magische Dreieck 10 Abb. 2: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 1 38 Abb. 3: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 2 40 Abb. 4: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 3 42 Abb. 5: Arbeitsplan Elektronikentwickler 43 Abb. 6: Tatsächlicher Arbeitsverlauf des Elektronikentwicklers 44 Abb. 7: Tatsächlicher Arbeitsverlauf Projekt OSLO 45 Abb. 8: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 4, schädliches Multitasking 46 Abb. 9: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 5, Mitarbeiter sind überlastet 48 Abb. 10: Gegenwartsbaum Multiprojektmanagement, Teil 6, strategische Aufgaben 53 Abb. 11: Der Kernkonflikt im Projektmanagement 56 Abb. 12: Der aufgelöste Kernkonflikt 61 Abb. 13: Der Elektronikentwickler – die Engpassressource E 65 Abb. 14: Staffeln des Projektportfolios nach dem Engpass 66 Abb. 15: Drei Projekte mit „Drum Buffer“ 68 Abb. 16: Die Ausgangssituation des Multiprojektmanagements bei Toggotec 73 Abb. 17: Zukunftsbaum Multiprojektmanagement 75 Abb. 18: Falsche Abhängigkeiten, Teil 1 90 Abb. 19: Falsche Abhängigkeiten, Teil 2 90 Abb. 20: Auszug aus dem Projektplan ROBI 1 91 Abb. 21: Arbeitsplan für die Mitarbeiter B und C 92 Abb. 22: Tatsächlicher Ablauf der ersten Woche 93 Abb. 23: Tatsächlicher Ablauf der zweiten Woche 94 Abb. 24: Tatsächlicher Ablauf der dritten Woche 94 Abb. 25: Tatsächlicher Ablauf der vierten Woche 95 Abb. 26: Es treten Störungen auf, Teil 1 96 Abb. 27: Es treten Störungen auf, Teil 2 97 Abb. 28: Stolperstein, Engpassfaktor, Zwischenergebnis 100 Abb. 29: Abhängigkeiten „Necessary Cause“ 101 Abb. 30: Projektziel „Sufficient Cause“ 102 Abb. 31: Dilemma Änderungswünsche 107 Abb. 32: Zusätzliche Ressourcen 108 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Abbildungsverzeichnis 259 Abb. 33: Dilemma des Projektleiters – Terminverzögerung 109 Abb. 34: Kernkonflikt des Projektleiters mit Annahmen 110 Abb. 35: Gegenwartsbaum Einzelprojekt, Teil 1 114 Abb. 36: Wahrscheinlichkeitsverteilung 116 Abb. 37: DilemmaWolke Parkinson’s Law 120 Abb. 38: DilemmaWolke Parkinson’s Law – Verzögerung aufholen 121 Abb. 39: Gegenwartsbaum Einzelprojekt, Teil 2 124 Abb. 40: Negative Endlosschleife im Einzelprojekt 125 Abb. 41: Alter Projektplan ROBI 2 128 Abb. 42: ROBI 2 mit Projektpuffer am Projektende 129 Abb. 43: Entwickler auf den Zulieferketten 131 Abb. 44: Entwickler auf der kritischen Kette 132 Abb. 45: Kritische Kette mit Puffer 133 Abb. 46: Puffer auf den zuliefernden Ketten 134 Abb. 47: Messung des Projektfortschrittes 145 Abb. 48: Pufferverbrauch 147 Abb. 49: Visualisierung Projektstatus Einzelprojekt 148 Abb. 50: Visualisierung Projektstatus Multiprojekt 150 Abb. 51: Gegenwartsbaum der vielen Standards 152 Abb. 52: Gegenwartsbaum – Projektkosten 157 Abb. 53: Finanzstatus des Projektes (Kostenpuffer) 159 Abb. 54: Beispiel Statusbericht 161 Abb. 55: Dilemma des Lieferanten 166 Abb. 56: Gegenwartsbaum Supply Chain und lokale Optimierung 170 Abb. 57: Das Marketing Dilemma 178 Abb. 58: Gegenwartsbaum Marktanalyse 181 Abb. 59: Zukunftsbaum – ein Beispiel für ein unwiderstehliches Angebot 183 Abb. 60: Negativschleife schädliches Multitasking 201 Abb. 61: Projektdurchsatz 202 Abb. 62: Negativspirale ungenügender Vorbereitung 206 Abb. 63: Identifizierung des Engpasses 214 Abb. 64: Die Virtual Drum 215 Abb. 65: Taktische Prioritäten 216 Abb. 66: Vorgehensweise 223 Abb. 67: Projektfortschritt 233 Abb. 68: Fullkit 234 Abb. 69: BufferManagement 235 Abb. 70: Ergebnisse 236 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de 260 Die Autoren Holger Lörz Dipl. wirtsch. Ing. Holger Lörz, geb 1966 war im Zuge einer Nach- folgeregelung mehrere Jahre Geschäftsführender Gesellschafter eines mittelständischen Unternehmens. Neben dem Aufbau einer Füh- rungsmannschaft und der Einführung eines leistungsorientierten Entlohnungssystems beschleunigte er die Projekte in der Produktion und Entwicklung mit dem Critical Chain Ansatz um über 30 %. Heute ist er Vorstand der Excellence Alliance AG und gibt sein Pra- xiswissen an interessierte Unternehmen weiter. Uwe Techt Uwe Techt ist Unternehmensberater und Geschäftsführer der VISTEM GmbH & Co. KG. Er ist seit über 15 Jahren in Industrieun- ternehmen und in Organisationen des öffentlichen Sektors tätig. Seine (Führungs-) Erfahrungen sammelte er während seiner Tätig- keiten als Geschäftsführer und Vorstand in verschiedenen Bera- tungsunternehmen sowie als Leiter Projektmanagement in der Bahnindustrie. Im Jahr 1997 war er Initiator des „Deutschen Pro- jektmanagement Award“ der GPM und ist im Beirat für den „Deut- schen Project Excellence Award“ aktiv. Uwe Techt realisiert seit Jahren erfolgreiche ToC- und CCPM-Projekte. Darüber hinaus ist er Fachautor für Projektmanagement-Themen und Autor verschiede- ner Bücher u. a. „Goldratt und die Theory of Constraints“. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Die Autoren 261 Feedback erwünscht! Haben Sie Fragen, Anregungen und Feedback zu diesem Buch? Sie erreichen die Autoren unter [email protected] bzw. [email protected]. Danksagung Danken möchten wir unseren Freunden und Geschäftspartnern, die mit ihren kritischen Rückmeldungen zu den einzelnen Kapiteln viele wertvolle Anregungen gegeben haben. Ein besonderer Dank geht an Brigitte Lörz als kritische Erstleserin aller Kapitel, an Claudia Simon für die Bildbearbeitung und zahlreichen Korrekturen und an Oliver Steeger für die exzellenten journalistischen Hinweise und das Coa- ching. Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Jetzt bestellen! www.haufe.de/bestellung oder in Ihrer Buchhandlung Tel. 0180-50 50 440; 0,14 €/Min. aus dem deutschen Festnetz; max. 0,42 €/Min. mobil. Ein Service von dtms. Rückenwind für den Kurswechsel Weniger Stress, sinnvollere Arbeit und mehr Zeit für sich selbst? Wiebke Sponagel zeigt, wie Sie runterschalten und zu neuer Selbstbestimmung und Ausgeglichenheit finden. Mit vielen Übungen aus der Coachingpraxis. € 19,80 [D] ca. 224 Seiten ISBN 978-3-648-01288-8 Bestell-Nr. E00293 EigAnz1a_0111-runterschalt_A5_pr 29.12.2010 13:39 Uhr Seite 1 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de Jetzt bestellen! www.haufe.de/bestellung oder in Ihrer Buchhandlung Tel. 0180-50 50 440; 0,14 €/Min. aus dem deutschen Festnetz; max. 0,42 €/Min. mobil. Ein Service von dtms. Sicher und souverän moderieren Nutzen Sie das Know-how und das Arbeitsmaterial von Profis für Ihren gelungen Auftritt als Moderator. Setzen Sie moderne Methoden ein, wenn Sie Ihre Moderation vorbereiten oder Meetings und Events leiten. Mit Soforthilfe für den Umgang mit kritischen Situationen. € 24,80 [D] ca. 380 Seiten ISBN 978-3-648-01280-2 Bestell-Nr. E00292 EigAnz8_0111-Moderation_A5_pr 16.02.2011 12:18 Uhr Seite 1 Dieses eBook ist lizenziert für UNI Koeln Alle Rechte vorbehalten. © Haufe Verlag, Download vom 06.04.2012 14:40, www.wiso-net.de
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