AGAMBEN Was Ist Ein Dispositiv

March 21, 2018 | Author: lectordigitalis | Category: Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Michel Foucault, Definition, Dialectic, Truth


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t P o s i t i o n e n r a n s Giorgio Agamben Was ist ein Dispositiv? Aus dem Italienischen von Andreas Hiepko diaphanes Titel der italienischen Originalausgabe: Che cos’é un dispositivo? ® Edizioni nottetempo, Rom 2006 1. Auflage ISBN 978-3-03734-042-4 ® diaphanes, Zürich-Berlin 2008 www.diaphanes.net Alle Rechte Vorbehalten Satz und Layout: 2edit, Zürich Druck: Pustet, Regensburg Was ist ein Dispositiv? . . ist erstens eine entschieden heterogene Gesamt­ heit. Vor allem ab Mitte der 70er Jahre. architek­ tonischen Einrichtungen . daß die Philosophen ihre jeweiligen Termini technici notwendigerweise definieren würden. daß das Wort »Dispositiv« als Terminus technicus für Foucaults Denk­ strategie von entscheidender Bedeutung ist. Das bedeu­ tet nicht. einmal sagte.1. was er »Gouvernementalität« oder die »Regierung der Menschen« nannte. wie Spinoza und Leibniz. An­ dere hingegen. Platon hat seinen wichtigsten Begriff nie definiert: Idee. vor dem ich den größten Respekt habe. was ich mit diesem Begriff zu bestimmen ver­ suche. Institutionen . Wie ein Philosoph. kommt er in einem Gespräch von 1977 so etwas wie einer Definition doch recht nahe: »Das. reglementierenden Entschei- 7 . bestehend aus Diskursen . als sich Foucault mit dem zu beschäftigen begann. Terminologischen Fragen kommt in der Philosophie be­ sondere Bedeutung zu. ihre Terminologie more geometrico zu definieren. verwendet er ihn sehr oft. ist die Termi­ nologie das poetische Moment des Denkens. Obgleich er ihn nie im strengen Sinn definiert hat. zogen es vor. Ich möchte die Hypothese aufstellen. .düngen.. Das eben ist das Dispositiv: Strategien von Kräfteverhältnissen.«1 1 M. [. dass das Dispositiv von einer wesent­ lich strategischen Beschaffenheit wäre. Gesetzen. Gesagtes eben­ so wie Ungesagtes. das zu einem historisch gegebenen Zeitpunkt vor allem die Funktion hat. 8 . [. /curz. Das Dispositiv ist also immer in ein Machtspiel einge­ schrieben. dass es sich dabei um eine bestimmte Manipulation von Kräfteverhältnissen handelt. die daraus hervorgehen. um sie in irgendeine Richtung zu entwickeln. Bd. 392-395.] unter Dispositiv verstehe ich eine Art . Das Dispositiv selbst ist das Netz. Das Dispositiv hat also eine domi­ nante strategische Funktion. III. das man zwischen die­ sen Elementen herstellen kann. Foucault..Gebilde.] Ich habe gesagt. um einen rationalen und abgestimmten Eingriff in diese Kräfteverhältnisse. philosophischen. um sie zu blo­ ckieren oder um sie zu stabilisieren. sie zu verwenden. was unterstellt. die Arten von Wissen unterstützen und von diesen unterstützt werden. S.. es aber genauso auch bedingen. moralischen und philanthropischen Lehrsätzen. doch immer auch an eine oder an mehrere Wissensgrenzen gebunden. einer dringenden Anforde­ rung nachzukommen. das sind die Elemente des Dispositivs. wissen­ schaftlichen Aussagen.sagen wir . Dits et Ecrits: Schriften . administrativen Maßnahmen. philosophische Lehrsätze usw. po­ lizeiliche Maßnahmen. Das Dispositiv hat immer eine konkrete strategische Funktion und ist immer in ein Machtverhältnis einge­ schrieben. # 9 . Gebäude. b. Es ist eine heterogene Gesamtheit. Institutionen. die potentiell alles Erdenkliche. ein­ schließt: Diskurse. Das Dispositiv selbst ist das Netz. Als solches geht es aus einer Verschränkung von Macht. sei es sprachlich oder nichtsprachlich. c.und Wissensverhältnissen hervor. das man zwischen diesen Elementen herstellen kann.F a s s e n w ir d ie d rei P u n k te k u rz z u s a m m e n : I a. Gesetze. . den er ebensowenig definiert: »positivité«. Die Ideen der Po­ sitivität und des Schicksals). wo Foucault auf diesen Terminus gestoßen sein könnte . Der Titel des dritten Kapitels von Hyppolites Abhand­ lung lautet: Raison et histoire. eine kurze Genealogie die­ ses Terminus zu umreißen. Sie wissen vielleicht um die enge Beziehung. sondern einen etymologisch verwandten. den er zuweilen »meinen Lehrer« nannte (tatsächlich hatte Foucault während der khâgne am Lycée Henri IV und später an der Ecole nor­ male bei Hyppolite Unterricht). Im Zentrum der Untersu- 11 . verwendet er nicht den Terminus Dispositiv.bis ich vor wenigen Monaten Jean Hyppolites Abhandlung Introduction à la philosophie de Vhistoire de Hegel noch einmal las. Ich möchte nun versuchen. mehr oder weniger zu der Zeit. die Fou­ cault mit Hyppolite verband. dann in einem weiteren histori­ schen Zusammenhang. Ende der 60er Jahre.2. Ich habe mich oft gefragt. Les idées de positivité et de destin (Vernunft und Geschichte. um den Gegenstand seiner Forschung zu bestimmen. als Foucault Die Archäologie des Wissens schreibt. Positivität. zunächst innerhalb des Werkes von Foucault. Für den Terminus »Positivität« gilt im besonde­ ren. aus dem der uns hier interes­ sierende Terminus stammt: »Die Positivität der christli­ chen Religion«. ohne eigenes Interesse getan werden«. die durch Vorrichtungen ge­ waltsam hervorgetrieben und Handlungen. die in einer bestimmten Gesell­ schaft zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt den Individuen von außen auferlegt sind. 12 . zum anderen dasjenige. Hyppolite zufolge sind »Schicksal« und »Positivität« zwei Schlüsselbegriffe des Hegelschen Den­ kens.chung stehen zwei Hegelsche Werke aus der sogenann­ ten Berner und Frankfurter Periode (1795-96).2 2 J. zum ei­ nen »Der Geist des Christentums und sein Schicksal«. daß er bei Hegel in der Entgegensetzung von »na­ türlicher« und »positiver Religion« angesiedelt ist. umfaßt die positive oder hi­ storische Religion die Gesamtheit der Glaubenssätze. »Eine positive Re­ ligion«. Introduction à la philosophie de Vhistoire de Hegel. 1948). Hyppolite. Aufl. S. Paris 1983. Vorschriften und Riten. die nur auf Befehl und aus Gehorsam. schreibt Hegel in einer von Hyppolite zitierten Passage. 43 (1. »fordert Gefühle. Wäh­ rend die natürliche Religion auf ein unmittelbares und allgemeines Verhältnis der menschlichen Vernunft mit der Gottheit gerichtet ist. An einer Stelle. die dann ihren abstrakten Charakter verliert und sich als dem konkreten Reichtum des Lebens angemessen erweist. was nicht in der Reinheit der Ver­ nunft aufgeht. was in ihnen dem Menschen durch Zwang auferlegt wird. die sich im Zusammenhang mit dem Begriff der Positivität stellen. Einerseits betrachtet Hegel die Positivität als ein Hinder­ nis. eines gesell­ schaftlichen Zustandes zu untersuchen.und diese Sicht sollte sich im Laufe der Entwicklung Hegels durchsetzen .aufeinander zu beziehen.Hyppolite kann zeigen. da sie mehr als nur eine Vor­ ahnung vom Begriff Dispositiv gibt. heißt.soll die Positivität mit der Vernunft versöhnt werden. daß der Freiheit des Menschen im Wege steht. das zu entdecken. Die positiven Elemente ei­ ner Religion oder. um die reine (theoretische und vor allem prakti­ sche) Vernunft und die Positivität. daß der Gegensatz von Natur und Positivität insofern der Dialektik von Freiheit und Zwang und der von Vernunft und Geschichte entspricht. wie sich ergänzen ließe. die Hegel in der Folge unter­ nahm. 13 . das heißt das histori­ sche Element dialektisch .eine Dialektik. schreibt er: »Man wird nun des Knotens der Fragen gewahr. aber auch der Versuche. das. die sich ihrer selbst noch nicht bewußt ist . und als solches wird sie verurteilt. die der Neugier Foucaults wohl kaum entgangen sein dürfte. andererseits . bezeichnet.und Gefühlssystemen gleichsam verinnerlicht werden. Anders als Hegel zielt Foucault jedoch nicht darauf ab. mitsamt seinen Vorschriften. in denen sich die Machtverhältnisse konkretisieren. auf welche konkrete Weise die Positivitäten (oder die Dispositive) in den Verhält­ nissen. der zwischen ihnen besteht. das auch sein eigenes ist: das Verhältnis. Mechanismen und »Spielen« der Macht wirksam sind. die beiden Elemente zu versöhnen. hervorheben. die. um das historische Element zu benennen. 45f. weshalb der Begriff der Positivität im Zentrum des Hegelschen Interesses steht«. obgleich den Individuen von einer äußeren Macht auferlegt. dennoch in den Glau­ bens. wobei dieser Ausdruck die Gesamtheit der Institu­ tionen.. in dem die Indivi­ duen als Lebewesen mit dem historischen Element ste­ hen.Man sieht also. Er will vielmehr untersuchen.3 Wenn laut Hyppolite »Positivität« das Wort ist. 3 Ebd. Subjektivierungsprozesse und Regeln. Noch möchte er den Konflikt. S. dann bezieht Foucault durch die Übernahme dieses (später durch »Dispositiv« ersetzten) Ausdrucks Stellung gegenüber einem entscheidenden Problem. 14 . Ri­ ten und Institutionen. des­ sen sich der junge Hegel bedient. daß der Ausdruck »Dispositiv« ein we­ sentlicher Terminus technicus in Foucaults Denken sei. die er als »die Univer­ salien« bezeichnet. Es ist ein allgemeiner Begriff.¡Bekanntlich hat es Foucault immer abge­ lehnt. Vielmehr sind sie. »das Netz 15 . jedoch ebensowenig eine durch Abstraktion gewonnene Allgemeinheit. abzielt. die Macht. In der Foucaultschen Strategie nehmen die Dispositive eben genau die Stelle der Universalien ein: nicht einfach diese oder jene Polizeimaßnahme. wie er im Gespräch von 1977 sagte. sich mit eben jenen allgemeinen Kategorien oder Vernunftwesen zu beschäftigen. Es sollte nunmehr deutlich geworden sein. Das bedeutet jedoch nicht. die Souveränität. Es handelt sich nicht um einen spezifischen Be­ griff. worauf mei­ ne Hypothese. der densel­ ben weiten Bedeutungsumfang hat. wie der Staat.3. die er kritisch »die Universalien« (les univer- saux) nannte . daß es in seinem Denken keine operativen Begriffe allgemeine­ rer Art gäbe. wie ihn Hyppolite zufolge »Positivität« beim jungen Hegel hatte. diese oder jene Machttechnologie. der sich lediglich auf diese oder jene Machttechno­ logie bezieht. In Fou­ caults Strategie tritt dieser Ausdruck an die Stelle jener Begriffe. das Gesetz. Eine technische Bedeutung: »Die Weise. sind darauf angelegt. den Rechtspruch getrennt von den Motiven enthält. daß drei Bedeutun­ gen des Begriffs unterschieden werden: a. der den Entscheid. b. das heißt anordnet. in der die Teile einer Maschine oder eines Mechanismus angeord­ net sind.« Alle drei Bedeutungen sind irgendwie in Foucaults Verwendung präsent. Diese Fragmentierung schuldet sich hier jedoch in der Regel der Entfaltung und Artikulation einer einzigen ursprüng- 16 . Wenn wir nun die Definition betrachten. insbeson­ dere jene. Eine juristische Bedeutung im engeren Sinne: »Das Dispositiv ist der Teil eines Urteils.« c. im übertragenen Sinn auch der Mechanismus selbst.(le réseau). die die fran­ zösischen Wörterbücher der Umgangssprache für das Wort »Dispositiv« geben. der ent­ scheidet und disponiert. zeigt sich. das man zwischen diesen Elementen herstellen kann«. die verschiedenen Bedeutungen eines Wortes zu unterscheiden und zu trennen. Doch Wörterbücher.« Also der Teil des Urteils (oder eines Gesetzes). Eine militärische Bedeutung: »Die Gesamtheit der zur Ausführung eines Planes angeordneten Maßnah­ men. die nicht historisch-etymologisch verfahren. einer Dringlichkeit zu be­ gegnen und einen mehr oder weniger unmittelbaren Ef­ fekt zu erzielen.od er Hand­ lungsstrategie. d a ß der Aus­ druck sowohl im allgemeinen Sprachgebrauc h als auch in jenem Foucaults auf eine Gesamtheit v o n (zugleich sprachlichen und nichtsprachlichen. die ursprüngliche Bedeutung? Sicher ist.liehen Bedeutung. juristischen. Was ist. im Fall des Wortes »Dispositiv«. Doch aus welcher Denk. die man nicht aus dem Blick ver­ lieren darf. tech­ nischen und militärischen) Praktiken und Mechanismen verweist. die das Ziel haben. aus welchem historischen Kontext ist der moderne Terminus ursprünglich hervorgegangen? 17 . . eine immer mehr ins Detail gehende Untersuchung voran­ zutreiben. Die letzten drei Jahre habe ich damit verbracht. des Hauses und im weiteren Sinn Führung. In den er­ sten Jahrhunderten der Geschichte der Kirche . 1255 b 21).4. deren Ende ich eben erst abzusehen begin­ ne. Oikonomia bedeu­ tet im Griechischen Verwaltung des oikos . wie Aristoteles sagt [Pol. eine praktische Tätigkeit. management. Annäherungsweise ließe sie sich als eine theologi­ sche Genealogie der Ökonomie bezeichnen. sondern um eine Praxis. Es han­ delt sich. die sich jeweils einem spezifi­ schen Problem oder einer konkreten Situation konfron­ tiert sieht. womöglich um die entscheidende Frage in der Geschichte der christlichen Theologie: die Dreifaltigkeit.kam dem griechischen Wort oikonom ia in der Theolo­ gie eine entscheidende Funktion zu.sagen wir zwischen dem zweiten und sechsten Jahrhundert . Als man während des zweiten Jahrhunderts eine Drei­ 19 . daß man plötzlich von einer »göttlichen Ökonomie« zu sprechen begann? Tatsächlich ging es um ein äußerst heikles und vitales Problem. Weshalb fühlten sich also die Kirchenväter genötigt. nicht um ein epistemisches Paradigma. diesen Terminus in die Theologie einzuführen? Wie kam es. Um diese hartnäckigen Widersacher (die spä­ ter als »Monarchianer«. den Polytheismus und das Heidentum wieder in den christlichen Glauben ein­ zuführen. auf diese Weise Gefahr zu laufen. in der er sein Haus. ohne deshalb seine Macht und seine Einheit zu verlieren. Ihr Argument lautete un­ gefähr so: »Bezüglich seines Seins und seiner Substanz. den Sohn und den Geist zu diskutieren begann. die er geschaffen hat. als sich des Ter­ minus oikonom ia zu bedienen. Irenäus und vielen anderen nichts Besseres ein. also die Weise. verwaltet.« Die Bedeutung des Terminus oikonom ia differenzierte sich weiter aus. gab es innerhalb der Kirche erwartungsgemäß erbitterten Widerstand von Seiten verständiger Leute. die mit Grauen dachten. das heißt Verfechter der Regie­ rung durch einen einzigen bezeichnet wurden) zu über­ zeugen. Wie ein guter Vater seinem Sohn die Ausführung gewis­ ser Funktionen und Aufgaben anvertrauen kann. den Vater. fiel Theologen wie Tertullian. Hyppolit. was jedoch seine oikonom ia be­ trifft. sein Leben und die Welt. um schließlich insbesondere die Menschwer­ dung des Sohnes und die Ökonomie der Erlösung und des Heils zu bezeichnen (deshalb wird Christus in eini- 20 . so vertraut Gott Christus die >Ökonomie<.faltigkeit göttlicher Personen. ist er dreifach. die Verwaltung und die Regierung der Menschheitsgeschichte an. ist Gott fraglos eins. mittels dessen das Dogma der Trinität und die Idee einer providentiellen göttlichen Weltregierung in den christlichen Glau­ ben eingeführt wurden. aber auch der Politik) fehlt jede Begründung im Sein: Dies ist die Schizophrenie. den die Theologen auf der Ebene des Seins Gottes auf diese Weise umgehen und ausräumen zu können glaub­ ten.oder logos . Nach und nach wurde es den Theologen zur Gewohnheit. Doch wie nicht anders zu erwarten sollte der Bruch. die die theologische Lehre der oikono­ mia der abendländischen Kultur hinterlassen hat. Die oikonom ia war also das Dispositiv. zwischen einem »Diskurs« .der »Theolo­ gie« und einem »logos der Ökonomie« zu unterscheiden.gen gnostischen Sekten schlicht »der Mensch der Öko­ nomie«. Ontologie und Praxis trennt. an anderer Stelle wieder auftauchen: in Gestalt ei­ ner Zäsur. ho anthröpos tes oikonomias genannt). die in Gott Sein und Handeln. Dem Handeln (der Ökonomie. 21 . . von denen Foucault spricht. Wie aber lautet die Überset­ zung dieses grundlegenden griechischen Wortes in den Schriften der lateinischen Kirchenväter? Dispositio. Schon seit Klemens von Alexandrien verbindet er sich mit dem Begriff der Vorsehung. nimmt also den komplexen Bedeutungsumfang der theologischen oikonom ia an. von dem sich unser Wort »Dispositiv« ableitet.jDer Terminus Dispositiv bezeichnet also et­ was. und bedeutet nunmehr die heilbringende Regierung der Welt und der Menschheitsgeschichte. in dem und durch das ein reines Regierungshan­ deln ohne jegliche Begründung im Sein realisiert wird. Die »Dispositive«. Diese wenn auch kurze Darlegung sollte die zentrale Funktion. bleiben in gewisser Hinsicht diesem theologischen Erbe ver­ bunden und können also auf jenen Bruch zurückge­ führt werden. deutlich gemacht haben. der in Gott Sein und Praxis. die der Begriff der oikonom ia in der christ­ lichen Theologie angenommen hat. Das lateinische Wort dispositio . Deshalb schließen die Dispositive immer einen Subjek- 23 .5. seine Na­ tur oder sein Wesen und sein die Welt der Geschöpfe verwaltendes und regierendes Wirken zugleich teilt und artikuliert. Wenn Heidegger in Die Technik und die Kehre schreibt. herausfordert. das Verhalten. d. die Gesten und die Gedanken der Men­ schen zu verwalten. das Wirkliche in der Weise des Bestellens zu entbergen« versteht. deren Ziel es ist. er unter diesem Terminus jedoch »das Ver­ sammelnde jenes Stellens. Kenntnis­ sen. zu kontrollieren und in eine vorgeblich nützliche Richtung zu lenken.h. 24 . Maßnahmen und Institutionen. da sie ihr Subjekt selbst hervor­ bringen müssen. das den Menschen stellt. des­ sen Etymologie derjenigen von dis-positio. auf eine oikonom ia zu verweisen. Diese theologische Genealogie verleiht den Foucault­ schen Dispositiven eine noch größere Prägnanz und stellt sie in einen Kontext. zu regieren. Die Gemeinsamkeit all dieser Ter­ mini besteht darin. wird die Nähe dieses Terminus zur dispositio der Theologen und zu den Dispositiven von Foucault evident. in dem sie sich nicht nur mit der »Positivität« des jungen Hegel verschränken.tivierungsprozeß ein. das heißt auf eine Gesamtheit von Praxen. daß »Ge-stell« gemeinhin »Gerät« bedeutet. dis-ponere (das deutsche »stellen« entspricht dem lateinischen po­ nere) verwandt ist. son­ dern auch mit dem »Gestell« des späten Heidegger. den Kontext der Fou­ caultschen Philologie. in dem wir uns bislang bewegt haben. von dem Text. den Zeitpunkt und locus. zu verlassen und die Dispositive in einen neuen Zusammenhang zu stellen. daß die Entwicklung des in Rede stehenden Textes einen Punkt der Unentscheidbarkeit erreicht hat. von dem ich mich in meinen Untersuchungen immer habe leiten lassen. daß es nun an der Zeit ist. was Feuerbach als das philoso­ phische Element bezeichnet. zwischen Autor und Inter­ pret zu unterscheiden. ab­ xulassen und auf eigene Rechnung fortzuschreiten. weiß er. Ein methodologischer Grundsatz. an dem es unmöglich wird. die ich bearbeite. in dem man sich eingestehen muß. 25 . kommt der Moment. nicht weiter fortfahren zu können. in den Texten und Kontexten. den er analysiert. Obgleich dies für den Interpreten ein besonders glücklicher Moment ist. Das bedeutet. an de­ nen sie entwickelbar sind.6. ist es. das heißt den Punkt ihrer Entwicklungsfähigkeit. Deshalb lade ich nun dazu ein. ohne gegen die ele­ mentarsten Regeln der Hermeneutik zu verstoßen. Wenn wir jedoch den Text eines Autors in diesem Sinne auslegen und entfalten. das ausfindig zu machen. zu kon­ trollieren und zu sichern. von dem sich vor Abertausenden von Jahren ein Pri­ 26 . die Ontologie der Geschöpfe. die Irrenanstalten. die Beichte. die juristischen Maßnahmen etc. die Landwirtschaft. die Mobiltelefone und . recht grobe Aufteilung des Vorhandenen in zwei große Gruppen oder Klassen: einerseits die Lebe­ wesen (oder die Substanzen).warum nicht . zu lenken. die das vielleicht älteste Dispositiv ist.. Also nicht nur die Gefängnis­ se. die Schrift. die Gesten. das Betragen. zu bestimmen. was irgendwie dazu imstande ist. das Panoptikum. sondern auch der Federhalter. zu formen.die Sprache selbst. jene zu regieren und zum Guten zu führen. zu hemmen. die Zigarette. die Disziplinen. ande­ rerseits die oikonom ia der Dispositive. die Literatur.Ich möchte nichts Geringeres vorschlagen als eine all­ gemeine. von denen sich jene unablässig gefangennehmen lassen. die Schulen. um die Terminologie der Theolo­ gen zu übernehmen. lieh möchte also die schon sehr umfangreiche Klasse der Foucaultschen Dispositive noch weiter verallgemei­ nern: Als Dispositiv bezeichne ich alles. die Schiffahrt. deren Zusammenhang mit der Macht in gewissem Sinne offensichtlich ist. die Fabriken. die Mei­ nungen und die Reden der Lebewesen zu ergreifen. die Philosophie. die Computer. die darauf abzie­ len. Einerseits also. andererseits die Disposi­ tive. wir haben also zwei große Klassen. sozusagen dem Nahkampf zwischen den Lebewesen und den Disposi­ tiven hervorgeht. um genau zu sein. ein und dieselbe Substanz der Ort mannigfaltiger Subjektivierungsprozesse sein: der Mobiltelefonnutzer. der jeder personalen Identität schon im­ mer anhaftete. jedoch nicht vollständig. der Schrei­ ber von Erzählungen. daß die Kategorie der Subjektivität zunehmend ins Wanken ge­ rät und ihre Konsistenz verliert.mat . usw. die Subjekte. die den Aspekt der Maskerade. Insofern kann ein und dasselbe Individuum. Kurz. nicht um eine Tilgung oder Überwin­ dung. der Tangobegeisterte. Natürlich scheinen sich die Substan­ zen und die Subjekte wie in der alten Metaphysik zu überlagern. der Glo­ balisierungsgegner usw. zum Äußersten treibt.wahrscheinlich ohne sich über die ihm daraus er­ wachsenden Konsequenzen im klaren gewesen zu sein . Das könnte den Eindruck erwecken. Deshalb entspricht dem maßlosen Anwachsen der Dispositive in unserer Zeit eine ebenso maßlose Vermehrung der Subjektivierungsprozesse.allzu leichtfertig hatte gefangennehmen lassen. Subjekt nenne ich das. 27 . der Internetsurfer. doch es handelt sich. die Lebe­ wesen (oder die Substanzen) und die Dispositive. als Drittes. sondern um eine Disseminierung. Und zwischen den beiden. was aus der Beziehung.. . sie auf die richtige Weise zu gebrauchen. seit der homo sapiens auf den Plan getreten ist. Natürlich gibt es Dispositive. Doch auch wenn ich mich so manches Mal dabei ertappt habe. wie man die Handys zerstören oder ausschalten und diejenigen. Heute jedoch scheint es keinen einzigen Augenblick im Leben eines Individuums mehr zu geben. das äußerste Entwicklungs­ stadium des Kapitalismus. wie uns naive Leute weismachen wollen. Nun stellt sich die Frage. Es ist gewiß nicht abwegig.7. sie zu zerstören. habe ich einen unbän­ digen Haß auf dieses Dispositiv entwickelt. in dem die Gesten und Verhaltensweisen der Individuen vom (liebevoll telefonino genannten) Mobiltelefon von Grund auf umgeformt wurden. Als jemand. das heißt in einem Land. noch. kontaminiert oder kontrolliert wäre. der nicht von irgendeinem Dispositiv geformt. 29 . als eine gigantische Anhäufung und Wucherung von Dispositi­ ven zu bestimmen. Es geht nämlich nicht einfach darum. das die Be­ ziehungen zwischen den Menschen noch abstrakter ge­ macht hat. wie wir gegen eine solche Si­ tuation angehen können. Überlegungen anzustellen. welche Strategie wir in unse­ rem alltäglichen Nahkampf mit den Dispositiven verfol­ gen müssen. der in Italien lebt. in dem wir leben. eine Welt zu bauen. |Denn aller Wahrscheinlichkeit nach sind die Dispositi­ ve kein Unfall. die in gewisser Weise die von der oikonom ia in Gott bewirkte Spaltung von Sein und Handeln repro­ duziert. glaube ich kaum.w . die unmittelbare Beziehung mit dem Enthemmen­ den aufzuheben . Gegenständen. erzeugt im Lebewesen nämlich eine Art Spaltung. die das Offene mit Appara­ ten. beseitigen oder zumindest bestrafen und wegsperren könne. der die Tiere.und das Offene. also die Möglichkeit. in den die Menschen zufällig verwickelt wurden. gadgets .die sie nutzen.das heißt die Fähig­ keit. das das Humane hervor­ gebracht hat. Diese Spaltung trennt das Lebewesen von sich selbst und unterbricht die unmittelbare Beziehung zu seiner Umwelt. Mittels der Dispositive ver- . die wir unter der Rubrik homo sapiens einordnen. Wird diese Beziehung unter. was Heidegger im An­ schluß an Uexküll den Enthemmungsring nannte. Doch mit dieser Möglichkeit ist unmittelbar auch die Möglich­ keit der Dispositive gegeben. Firlefanz und technischem Gerät aller Art bevölkern.oder gar abgebrochen. daß so das Problem auf angemessene Weise ausgeräumt werden kann. sondern sie verdanken ihren Ursprung eben jenem Prozeß der »Hominisierung«. »mensch­ lich« werden ließ. das Ens als Ens zu erkennen. Das Ereignis. entstehen dem Lebewesen die Langeweile . das heißt zu dem. sucht der Mensch das von sich abgesonderte tierische Verhalten leerlaufen zu lassen und so das Offene als sol­ ches. Am Ursprung jedes Dispositivs steht also ein allzumenschliches Glücksver­ langen. verleiht dem Dis­ positiv seine besondere Macht. das Ens als Ens zu genießen. 31 . Daß es dieses Verlangen in einen abgetrennten Bereich einschließt und subjektiviert. . was mittels der Dispositive abgesondert und eingefangen wurde. Denn es gilt. über den ich kürzlich zu arbeiten hatte. der aus dem Gebiet des römischen Rechts und der römi­ schen Religion stammt (nicht nur in Rom hängen Recht und Religion aufs Engste zusammen): Profanierung. In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Begriff zu sprechen kommen. durch die sie ausschließlich den himmli­ schen Göttern (diese wurden ausdrücklich als »heilig« bezeichnet) oder den Göttern der Unterwelt (in diesem Kill nannte man sie einfach »religiös«) Vorbehalten war. und es wieder einem allgemeinen Gebrauch zugänglich zu ma­ chen. die diese ihre besondere Unverfügbarkeit verletzte oder übertrat. der das 33 . das zu befreien. konnten weder verkauft oder verpfändet noch zur Nutznießung überlassen oder mit Dienstbarkeit belastet werden. die auf irgendeine Weise den Göttern gehörten. Die Strategie.8. Als solche waren sie dem freien Gebrauch und dem Ver­ kehr der Menschen entzogen. Als Sakrileg galt jede Tat. die wir in unserem Nahkampf mit den Dispositiven verfolgen müssen. Laut dem römischen Recht waren jene Dinge heilig oder religiös. Und wenn weihen (sacrare) der Terminus war. darf also keine einfa­ che sein. Es handelt sich um einen Terminus. « Insofern läßt sich als Religion definieren. so kann der große Jurist Trebatius schreiben. sondern jede Absonderung enthält oder bewahrt in sich einen genuin religiösen Kern. Das Dispositiv. sanktioniert es in jedem Fall den Übergang von etwas vom Profanen zum Heili­ gen. und nun wieder dem Gebrauch und dem Besitz der Menschen zurückgegeben wird. was dem all­ gemeinen Gebrauch Dinge. Doch was auf rituelle Weise abgesondert wurde. Nicht nur gibt es keine Religion ohne Absonderung. Tiere oder Personen entzieht und in einen abgesonderten Bereich versetzt. »heißt im eigentlichen Sinn das. sie dem freien Gebrauch der Menschen zurück­ zugeben. das die Absonderung vollzieht und regelt. »Profan«. ¡Die Profanierung ist das Gegendispositiv. vom menschlichen in den göttlichen Bereich. was ihm durch ein Opfer entzogen und abgesondert wurde. kann durch einen Ritus wieder dem profanen Bereich zurückgege­ ben werden. so bedeutete umgekehrt profa­ nieren. Orte. 1 34 . das dem allgemeinen Gebrauch zurückgibt. ist das Opfer: Durch eine Reihe minutiöser. die Hubert und Mauss geduldig inventarisiert haben.Heraustreten der Dinge aus dem Bereich des menschli­ chen Rechts bezeichnete. nach der Verschiedenheit der Kulturen variierender Rituale. was einmal heilig oder religiös war. die für die Religion bestimmend waren. die ihre Identität und ihre »Freiheit« in eben dem Prozeß ihrer Unterwerfung erlan­ gen. die Subjektivierungen produziert. und nur als solche ist es auch eine Regierungsmaschine. was ihre Profanierung besonders problematisch werden läßt. wird je­ doch deutlich. Das Beispiel der Beichte 35 . doch freier Körper zielen.9. ohne den es nicht als Regierungsdispositiv funktionieren. Je ­ des Dispositiv schließt nämlich einen Subjektivierungsprozeß ein. also der göttli­ chen Weltregierung in Zusammenhang brachte. Das Dispositiv ist also zunächst eine Maschine. Kenntnissen und Übungen auf die Schaffung gelehriger. die sie mit dem christlichen Paradigma der oikonom ia . Aus dieser Perspektive stellen sich der Kapitalismus und die modernen Figurationen der Macht als eine Verall­ gemeinerung und Radikalisierung jener Absonderungs­ prozesse dar. daß sich die modernen Dispositive von den traditionellen durch etwas unterscheiden. wie in einer Disziplinargesellschaft die Dispo­ sitive mittels einer Reihe von Praktiken und Diskursen. Bei näherer Betrachtung der soeben umrissenen theo­ logischen Genealogie der Dispositive. sondern sich darauf beschränken würde. So konnte Foucault zeigen. bloße Gewaltanwendung zu sein. Sie zeichnen sich vielmehr durch Prozesse der .ist hier aufschlußreich: die Formierung der abendlän­ dischen Subjektivität. was wir jedoch jetzt beobachten 36 . obgleich gespalten.Desubjektivierung aus. mit denen wir es im momentanen Stadium des Kapitalismus zu tun haben. ist jedoch weniger. Die vom Dispositiv der Beichte bewirkte Spaltung des Subjekts brachte also ein neues Subjekt hervor. Was die Dispositive. die. daß sie die Produktion eines Subjekts bewirken. dennoch ihrer selbst Herr und gewiß ist. indem das alte zugleich negiert und auf sich ge­ nommen wird. Ein Moment der Desubjektivierung wohnt freilich jedem Subjektivierungsprozeß inne. ist mit dem Jahrhunder­ te währenden Wirken des Dispositivs der Beichte un­ trennbar verbunden. das seine eigene Wahrheit in der Unwahrheit des verstoßenen Sünder-Ichs fand. dessen mehr oder weniger unvorhersehbare Kon­ sequenz die Konstitution eines delinquenten Subjekts und eines entsprechenden Milieus war.diesmal vollkommen kalkulierter . Ähnliche Erwägun­ gen können für das Dispositiv Gefängnis angestellt wer­ den.Regierungstechniken geworden sind. konstituierte sich das Ich des Büßers nur durch die eigene Negation. ausmacht. In ihm wird ein neues Ich konsti­ tuiert. die ihrerseits zum Subjekt neuer . Wie wir gesehen haben.wie wir es nennen könnten . fln der Unwahrheit des Subjekts steht keineswegs mehr seine Wahrheit auf dem Spiel. daß jedem Dispositiv ein bestimmter Prozeß der Subjektivierung (oder. gewesen sein mag. Wer sich vom Dispositiv »Mobiltelefon« ge­ fangennehmen läßt. was es absolut unmöglich macht. in ihrer ganzen Vergeblich­ keit. der seine Abende vor dem Fernseher verbringt. Im übri- 37 . daß Subjektivierungsprozesse und Desubjektivierungsprozesse wechselseitig indifferent werden und nicht mehr auf die Wiederzusammensetzung eines neuen Subjekts hinauslaufen. ist. erhält im Tausch für sei­ ne Desubjektivierung nichts als die frustrierende Maske des zappeur oder die Einbeziehung in die Berechnung der Einschaltquote.können. der Desubjektivierung) entspricht. Vor diesem Hintergrund erscheinen die wohlmeinen­ den Reden über die Technik. sondern ledig­ lich eine Nummer. gleichsam gespenstischer Form. mittels derer er gegebenenfalls kon­ trolliert werden kann. daß das Subjekt eines Dispo­ sitivs es »auf die richtige Weise« nutzen kann. daß sich das Problem der Dispositive auf die Frage ihres richtigen Gebrauchs reduzieren lasse. Offensichtlich ignorieren sie. wie intensiv auch immer das Ver­ langen. erwirbt deshalb keine neue Subjektivität. die behaupten. wie in diesem Fall. das ihn dazu getrieben hat. der Zuschauer. es sei denn in verhüll­ ter. ihrerseits ein Resultat des medialen Dispositivs.gen sind diejenigen. in dem sie gefan­ gen sind. die solche Reden führen. 38 . Sie bezeichnen lediglich die beiden Pole ein und derselben Regierungsmaschine . Es ist nur ein scheinbarer Wider- 39 . der sie lieber hinter der heuchlerischen Maske des guten demokratischen Bürgers verbergen möchte. der bedenkenlos auf die Desubjektivierung setzt und denjenigen. das nichts anderes im Blick hat als die eigene Reproduktion. Dies erklärt jedoch auch die sonderbare Beunruhigung der Macht. aus dem die Termini stammen. die von gigantischen Prozessen der Desubjektivierung durchlaufen werden.) voraussetzte. Die Rechte und die Linke. den es in der Mensch­ heitsgeschichte je gab. Das erklärt den Niedergang der Politik. die sie in eben jenem Moment überkommt. die sich heute in der Verwal­ tung der Macht abwechseln. Die zeitgenössischen Gesellschaften verhalten sich also wie träge Körper. und den Siegeszug der oikonom ia . die Subjekte und wirkliche Identitäten (die Arbeiterbewegung. die Bour­ geoisie usw. denen jedoch keine wirkliche Subjektivierung mehr entspricht. haben deshalb recht we­ nig mit dem politischen Kontext zu tun. in dem sie sich dem folgsamsten und feigsten Gesell­ schaftskörper gegenüber sieht.10 .denjeni­ gen. das heißt eines reinen Regierungshandelns. von der Macht als po­ tentieller Terrorist betrachtet wird. seine Zerstreuung und seine Beschäftigung. der pünkt­ lich ausführt. die die im 19. desto mehr sieht sich die Regierung einem unfassbaren Element gegenüber.womöglich gerade deshalb . daß sowohl seine alltäglichsten Gesten als auch seine Gesundheit.ähnelt niemand dem Terroristen so sehr wie der allergewöhnlichste Mensch. was ihm aufgetragen wurde. das sich ihrem Zugriff umso mehr zu entziehen scheint. je weiter sie ihre Macht in jeden Bereich des Lebens ausdehnen.spruch. . und zuläßt. je gefügiger es sich diesem unter- 40 . läßt die Videoüberwachung die öffentlichen Räume der Stadt zu Innenräumen eines riesigen Gefäng­ nisses werden. In den Augen der Macht .und womög­ lich hat sie recht . Während in Europa neue Bestimmungen allen Bürgern jene biometrischen Dispositive vorschreiben. Je durchdringender die Dispositive werden. Jahrhundert zur Identifizierung von rückfälligen Kriminellen eingeführ­ ten anthropometrischen Techniken (vom Fingerabdruck bis zum Fahndungsfoto) weiterentwickeln und perfek­ tionieren. seine Ernährung und seine Wünsche bis ins kleinste De­ tail von Dispositiven gesteuert und kontrolliert werden. wie er aufgrund eines überzeu­ genden Vorschlags genannt werden kann). daß der harmlose Bürger der postindustriellen Demokratien (der bloom . das heißt des Verfahrens. in der Lage sein. Um sie richtig stellen zu können. Denn anders als angekündigt. mittels dessen das.nicht zu retten. die Regierungsmaschine anzuhal­ ten oder auch nur ernsthaft zu bedrohen. Die Frage der Profanierung der Dispositive . die in einer Art ungeheuerlicher Parodie der theologischen oikonom ia das Erbe der providentiellen Weltregierung angetreten hat.wirft. das zugleich Anfang und Fluchtpunkt jeder Politik ist. wohnen wir nicht dem Ende der Ge­ schichte bei. sondern dem unermüdlichen Leerlauf der Maschine. um die Welt . dem allgemeinen Gebrauch zurückgegeben wird . noch ist es imstande. Allerdings ist dieses Element weder revolutionär. um jenes Unregierbare zum Vorschein zu bringen. 41 .ist deshalb umso dring­ licher. müssen jene. sondern in die Katastrophe zu führen. sowohl in die Subjektivierungsprozesse als auch in die Dispositive einzugreifen. was in ihnen eingefangen und abgesondert wurde.darin der ursprünglich eschatologischen Berufung der Vorsehung treu . die sie sich zu eigen machen. . 1. viel­ leicht vom russischen >Oblomov<. 4. >Den Bloom haben<. unbekannter Herkunft. Sterbeurkunde klassischer Politik. Jahrhunderts nach einer Reihe von Sabotageakten und Aufständen schließlich die Warenherrschaft beseitigte. Auch: die Gegenwart des eigenen Nachlebens (Nachlaß zu Lebzeiten). Bloomität. als lebte die blutleere Masse der Gehaltsempfänger im Bloom. . das im ersten Viertel des 21.Tiqqun Theorie vom Bloom Aus dem Französischen von Urs Urban ISBN 978-3-935300-32-2 / Französisch Broschur 114 Seiten.90 / CHF 31. 6. der. Ge­ schichte: besiegelte durch seinen Aufstieg die Bildung der verschiedenen Zellen des Unsichtbaren Ausschusses<.< (K. indem sie zwi­ schen kurzen Phasen technophiler Hysterie und langen Ab­ schnitten beschaulicher Kraftlosigkeit abwechselt. In übertragener Bedeutung: Unter den sonderbaren Menschen einer Welt autoritärer Wa­ renwirtschaft weit verbreitete Lebens-Form des Dämmerns und der Beliebigkeit . Bloomifizierung<. >I)ie Zuschauer erstarren. Geburtsurkunde einer ekstatischen Politik.>bloomig.00 »Bloom [blum]. die sich von ih­ rem Untergang nur mehr abzulenken vermag. 3. vom deutschen >Anna Blume< oder vom englischen >Ulysses<. um 1914. wenn der Zug vorbeifährt. Frey) 2. Endzeitstimmung einer ans Sterbebett gefesselten Zivilisation. Es war. eines anonymen Verschwörungsnetzwerks. >Tod dem Bloom!< (J. € 16.)« . 5. Verlangsamung und Fehlleitung .Tiqqun Kybernetik und Revolte Aus dem Französischen von Ronald Voullie ISBN 978-3-03734-002-8 / Broschur 128 Seiten.Taktiken einer notwendig diffusen Guerilla.« . Vielmehr bedarf es radikalerer Mittel von Widerstand und Revolte: Kurzschluß und Abklemmen von Knotenpunkten. »Eine Zone der Undurchsichtigkeit zu schaffen. ob »Ökologie«. »Grenzen des Wachstums« oder »Partizipative Demokratie«. ohne die Informationsströme des Empires weiterzuleiten..00 Schonungslos deckt das Autorenkollektiv Tiqqun die enge Verbindung zwischen dem Konzept der Kybernetik und den Techniken der Kontroll. platt­ gemacht werden kann. einer Erfahrung. bedeutet. Mit seinem Imperativ der Zirkulation von Waren und Informationen und unter dem Alibi von Liberalismus und Demokratie ist der »kybernetische Kapitalismus« zu der ge­ genwärtig alles beherrschenden Ideologie geworden. in der man frei experimentieren kann.00 / CHF 19. € 10. die ihr einen Sinn zuweist.und Kommunikationsgesellschaften auf. Wie immer die Alternativen lauten.. ein Jen­ seits von Tausch und Akkumulation wird mit solchen Re­ formkonzepten nicht zu erreichen sein. die nicht unmittelbar durch eine binäre Maschine. >anonyme Singularitäten zu schaffen und die Bedingungen einer möglichen Erfahrung wiederherzustellen. die sich durch die Exi­ stenz eines Subjekts bestimmt. Politik erscheint somit als eine im Kern paradoxale Handlung. Sowohl von der Kategorie der Ökonomie als auch von jener der Staatlich­ keit klar zu unterscheiden.Jacques Rändere Zehn Thesen zur Politik ISBN 978-3-03734-031-8 / Broschur 48 Seiten. In Gestalt von zehn prägnanten Thesen und in expliziter Ab­ wendung von den modischen Formeln eines »Endes« oder einer »Wiederkehr der Politik« fragt Jacques Ranciere nach dem Spezifischen.50 Nicht erst die traurige Realität der heutigen Demokratie. nicht nur die Omnipräsenz des Ökonomischen und seiner Verwerfun­ gen erfordern es. welches sich durch seine Par­ tizipation an Gegensätzen definiert. € 5. Politik neu zu denken.00 / CHF 9. dem Eigentlichen von Politik. als bloße Herrschaft der Massen und ihrer Bedürfnisse. . ist das Eigentliche der Politik viel­ mehr in einer Beziehung zweier das Subjekt kontradiktorisch festlegender Termini zu suchen. wachsamer. das eigene Rüstzeug einer kritischen Betrach­ tung zu unterziehen . wenigstens einmal im Jahr­ hundert ein paar neue kritische Werkzeuge bereitzustellen? Ist es nicht äußerst demütigend. exzessiven Mißtrauen in unverrückbare Tatsachen. innovativer sind als wir?« . die allzu leichtfertig als ideologische Vorurteile ausgegeben wer­ den. € 8. Wie erklärt es sich. mitanzusehen. komplett auszu­ wechseln: »Ist es etwa zuviel verlangt. wenn nötig.50 Der Wissenschaftsforscher Bruno Latour wendet sich gegen eine um sich greifende antiaufklärerische Haltung der Kri­ tik. hat sie ihre eigenen »kritischen« Werk­ zeuge nicht mehr im Griff? Ist Kritik ganz und gar zahnlos geworden? Latour fordert.Bruno Latour Elend der Kritik Aus dem Französischen von Heinz Jatho ISBN 978-3-03734-021-9 / Broschur 80 Seiten.00 / CHF 15. daß unter Intellek­ tuellen weithin unhinterfragt Verschwörungstheorien .etwa bezüglich des 11. die unappetitliche Verwandt­ schaften hervorbringt.und. eine Hauptgefahr für diese beunruhigende (da selbstent­ machtende) Bewegung aus. daß Militärs wendiger. Generiert womöglich die Kritik selbst diese Effekte.als Wahrheiten ins Feld ge­ führt werden? Bruno Latour macht in einem lange gepfleg­ ten. September . von unser aller intel­ lektuellen Existenz zu fordern. der Geisteswissenschaften. gebürtige Inderin und führen­ de Vertreterin der postcolonial studies . Politik. von einer kritischen Diskussion der Thesen Hannah Arendts und Gior­ gio Agambens zu der scheinbaren Detailfrage. Ge­ genwart und Zukunft des Staates in Zeiten der Globalisie­ rung. € 8. werden Staaten immer mehr zu Provisorien und ihre Bewohner zunehmend »staatenloser«. die durch Migration. . Gayatri Chakravorty Spivak Sprache. Das leidenschaftliche und engagierte Gespräch spannt einen Bogen vom Palästina-Problem zum Denken des Staates in der Aufklärung und der zeitgenössischen Philosophie. Krisen und Katastrophen.50 Dieses Buch vereint zwei der einflußreichsten Theoretikerinnen des letzten Jahrzehnts. wirtschaftlicher. Im Streitgespräch erkunden Gayatri Chakravorty Spivak . in ei­ ner Welt.wie schon einmal . kriegerischer und klimatischer Verwerfungen. ob die ameri­ kanische Nationalhymne . wechselnde Zugehörigkeiten und sich wandelnde Bindungen geprägt ist.Judith Butler. In einer Welt kultureller.und die Philosophin und Feministin Judith Butler gemeinsam Vergangenheit.00 / CHF 15.auch mit spa­ nischem Text gesungen werden sollte. Zugehörigkeit Aus dem Englischen von Michael Heitz und Sabine Schulz ISBN 978-3-03734-013-4 / Broschur 80 Seiten. Giorgio Agamben Mittel ohne Zweck Aus dem Italienischen von Sabine Schulz ISBN 978-3-935300-10-0 / Französisch Broschur 144 Seiten. die Sprache als Ort des Politischen par excellence und das Gestische als eine Sphä­ re der >reinen Mittel ohne Zweck< markieren das Feld eines kommenden Denkens.90 / CHF 34. € 18. Entwürfe über die >Lebens-Form<. . Carl Schmitt und Michel Foucault skizziert Giorgio Agamben neue Perspektiven des Poli­ tischen im Kontext der heutigen demokratisch-spektakulären Gesellschaften. In engem Rückbezug auf Hannah Arendt.00 Warum konstituiert der Ausnahmezustand die Grundstruk­ tur einer jeden staatlichen Ordnung? Weshalb hat der Begriff >Menschenrechte< ausgedient? Was hat die Ununterscheid­ barkeit von Öffentlichem und Privatem zur Folge? Inwiefern ist das >Lager< der biopolitische >nomos< der Moderne? Was wäre der Ort und was der Raum einer künftigen >polis<? Die hier versammelten Texte formulieren eine radikale Kri­ tik von Politik im Zeitalter entleerter Kategorien.
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