1.Autökologie: Umweltbeziehungen des Einzelorganismus 2. Ökologie inter-organismischer Beziehungen 2.1 Populationsökologie (intraspezifische Beziehungen) 2.2 Synökologie (interspezifische Beziehungen) 2.1 Populationsökologie 2.1.1 Populationsbegriff 2.1.2 Struktur der Populationen Geschlechterdifferenzierung, Altersaufbau, Individuenverteilung im Raum 2.1.2 Dynamik der Populationen Abundanzschwankungen, Regulationsmechanismen (z. B. durch Konkurrenz) 2.1.4 Metapopulationen 2.1.5 Arten Zum Artbegriff; Entstehung, Veränderung und Aussterben von Arten 2.6 „Populationen als Populationen als Superorganismen Bisher Populationen so beschrieben, als ob Mitglieder nur in zweierlei Hinsicht miteinander zu tun hätten: - erzeugen gemeinsam Nachkommen -konkurrieren miteinander Populationen (oder Teile von ihnen) können aber in unterschiedlichem Maße integriert sein, d. h. Gemeinschaften bilden Bloße Aggregationen: Individuen gemeinsam in einem Raum, aber wirken nicht aufeinander -Wenn Tiere nur deshalb an einem Ort zusammen, weil dort Futter oder Versteck, keine Beziehungen untereinander -Aggregierung der Einzelpflanzen durch Ausbreitungszufall und geeignete Umweltbedingungen am Ort, aber Dichte so gering, daß keine Konkurrenz Bloße Gesellschaften: Beziehungen untereinander, aber bedingen einander nicht wechselseitig Vor allem Beziehungen der Konkurrenz; Übergang Gesellschaften Gemeinschaften: Räuber-Beute-Beziehungen: einseitige Nutzen- und Bedingungsverhältnisse Gesellschaften Gemeinschaften: Organismen deshalb zusammen, weil Anwesenheit der anderen Funktion für sie hat Welche Funktionen können das sein? Bildung von Gemeinschaften: Entstehung von Kooperation Erste Quelle von Kooperation: ökologische Beziehungen (intra- und interspezifisch ) Bloße Aggregation (Zufall und Zwänge abiotischer Umwelt) negative Beziehungen (Konkurrenz) einseitig positive Beziehungen (Prädation) wechselseitig positive Beziehungen (Altruismus, Mutualismus) Dabei im allgemeinen an Ressourcen-Nutzung gedacht Aber auch andere Formen positiver Beziehungen: Keimling profitiert von mikroklimatischem Schutz durch Mutterpflanze positive Wirkung noch einseitig Erste Schritte zu wechselseitigem Nutzen: Z. B. Tiere suchen Schutz in Gruppe = Ansatz kooperativen Verhaltens: jeder Einzelne vermindert für jeden anderen Risiko, erbeutet zu werden, obwohl jeder einzelne „hofft“, daß es den anderen erwischt Zweite Quelle von Kooperation (intraspezifisch): Sexual- und Parentalverhalten Biologischer Sinn dieses Verhaltens: andere Individuen erzeugen/fördern Reines Parentalverhalten (Erzeugung von Nachkommen ohne Sexualität): Manchmal: Koloniebildung Organismen Bildung modularer Ausgangsmodul bleibt mit den Abkömmlingen dauerhaft in physiologischer Einheit verbunden sorgt weiter für sie, wird umgekehrt von ihnen versorgt Modulare Organismen sind eine Art Superorganismus Einzelorganismen sind die Module Jeder Mehrzeller ist ein Superorganismus, Parentalverhalten in Verbindung mit Sexualverhalten: Nicht nur Individuum mit Nachkommen, sondern zwei vorher unabhängige Individuen (und Nachkommen) bilden Gemeinschaften durch Kooperation ihrer Mitglieder verbundene Teile einer Population = Sozialverbände Meist Paare mit Nachkommen (Familien) Auch größere Verwandtschaftsgruppen Auch (Teil-)Populationen, bei denen Verwandtschaft keine Rolle spielt Schließlich „Superorganismen“ insbesondere Insektenstaaten Wichtigste evolutionsbiologische Grundlage: Verwandtschaftsselektion Individuum nimmt Nachteile in Kauf, um Nachkommen oder andere enge Verwandte zu fördern vermehrt damit eigene Gene in Folgegenerationen Eigene Gene bei engen Verwandten mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls vorhanden „altruistisches“ Verhalten kann für Weitergabe „eigener“ Gene günstiger sein als „egoistisches“ = Erklärung der Kooperation unter engen Verwandten bei Jungenaufzucht Allerdings: - Verwandtenselektion fördert nicht nur Altruismus -Altruismus nicht nur durch Verwandtenselektion gefördert (lange vorherrschende Meinung) Konflikt: Enge Verwandtschaftsbeziehungen Verwandten nimmt zu aggressives Verhalten Tötung der Artgenossen gerade in Arten mit sehr engen Verwandtschaftsgruppen (Extremfall Feigenwespen) Konkurrenz unter Unterschied zwischen gegenseitiger Hilfe aufgrund von Verwandtenselektion („indirekte Fitness“) und gegenseitiger Hilfe aufgrund „direkter Fitness“: Schein- Altruismus Beispiel: Kooperatives Verhalten kann Gruppengröße erhöhen Kooperatives Verhalten kann für Einzelnen von Vorteil sein, wenn Überlebenswahrscheinlichkeit in großen Gruppen höher Beispiel: Mutualismus (meist zwischen Angehörigen verschiedener Arten) = kein echter Altruismus: Zusammenarbeit zum je eigenen Vorteil, nicht bis zur eigenen Aufopferung Bei Verwandtenselektion dagegen: Wiederholung heutige, industriegesellschaftlich bedingte Massenausrottung Überblick: - Wie viele Arten gibt es überhaupt? -Ausmaß und Geschwindigkeit der Ausrottung -Unterscheiden: nachgewiesenes und tatsächliches Aussterben -Unterscheiden: lokales Verschwinden von Populationen und Art- Ausrottung -Ursachen der Ausrottung Landwirtschaft-Industrie; Übergangsstandorte; Intensivierung; Wilderei/Handel; Invasionen Wiederholung Populationen als Superorganismen Aggregationen– Gesellschaften - Gemeinschaften Parentalverhalten in Verbindung mit Sexualverhalten: Familien Sozialverbände Superorganismen Altruismus Evolutionäre Ursache: Verwandtenselektion Individuum nimmt Nachteile in Kauf, um Nachkommen oder andere enge Verwandte zu fördern vermehrt damit eigene Gene in Folgegenerationen Allerdings: - Verwandtenselektion fördert nicht nur Altruismus -Altruismus nicht nur durch Verwandtenselektion gefördert Gegenseitige Hilfe aufgrund „direkter Fitness“: Schein- Altruismus Z. B. intraspezifischer Mutualismus Schein-Altruismus: Fälle, in denen in Familiengruppen Ausmaß der Hilfeleistung unabhängig von Verwandtschaftsgrad (Beispiel Meerkatzen) Reziproker „Altruismus“ Setzt Lernfähigkeit und individuelle Kenntnis der Gruppenmitglieder voraus: müssen sich „Verpflichtungen“ merken Wer Hilfe verweigert, obwohl ihm selbst geholfen Nachteile (z. B. Ausschluß aus Gruppe) Beispiel Anubispaviane (Papio anubis): Männchen lenkt „Besitzer“ des Weibchens ab, Begleiter begattet es, später revanchiert sich das erste Männchen Viele Vögel: Individuen helfen, nicht-verwandte Junge aufzuziehen, Tab. 4: Brütende Paare des Buschblauhähers (Aphelocoma coerulescens) profitieren von der Anwendung von Helfern. Sowohl erfahrene als auch unerfahrene (erstmals brütende) Individuen ziehen mit der Unterstützung von Helfern mehr Jungtiere auf als alleine. Daten von Woolfenden, analysiert durch Emlen 1978, aus Krebs & Davies 1984. Besonderheit der Sozialverbände = Gruppen von Gemeinschaftscharakter: Soziale Regulation (durch Altruismus und Schein-Altruismus, meist beides verbunden) Bei höheren Tiere nur Ansätze, gut entwickelt bei Insekten („Staaten“) „Regulation”: bestimmte Größen, „Normalzustände” werden trotz Störungen beibehalten oder nach Störung wiederhergestellt Normalzustand 2 grundverschiedene Bedeutungen: -Häufigster Zustand („gewöhnlich“) Zwei grundverschiedene Bedeutungen von Regulation: 2) (z. B.) Dichteabhängige Regulation: Es ist nicht die Funktion der Konkurrenz, die Populationsgröße zu stabilisieren Populationsstabilität (Regulation) ist Ergebnis voneinander unabhängiger und gegeneinander wirkender Kräfte 2) (z. B.) Soziale Regulation: Die Funktion („biologischer Sinn“) von Aktivitäten besteht in Erhaltung oder Wiederherstellung Beispiel für soziale Regulation: Soziale Insekten halten durch koordinierte Tätigkeiten Temperatur in Nest genau bei bestimmtem Wert = Voraussetzung für Konstanz der Populationsgröße (würde sinken, wenn Temperaturregulation ausfiele) Verhalten der Einzelnen (z. B. Wassereintragen) wäre in Evolution nicht entstanden, wenn es nicht Effekt der Temperaturregulation hätte Dagegen in Populationen ohne soziale Regulation: Verhalten der Ressourcennutzung und der dysfunktionalen Aggression (Interferenz) ( „Dichtestreß” Konstanz der Populationsgröße) nicht evolutionär dadurch zu erklären, daß es regulierenden Effekt hat Beispiel für soziale Regulation: Termite Kalotermes 50 völlig gleichartige “Nymphen” zusammengebracht (im 7. = letzten Stadium vor Häutung zum geschlechtsreifen Tier) Innerhalb von 3 Monaten normales „Volk“ mit Geschlechtstieren, Arbeitern und Arbeiterinnen verschiedenen Typs entwickelt Sogar Rückentwicklungen zu „Pseudogaten“ (Larven, die Arbeiterfunktion übernehmen) Populationsdynamik der staatenbildenden Insekten abhängig vom Verhalten der „Kasten“ Entwicklung der Kasten i. d. R. nicht genetisch determiniert, sondern durch Tätigkeit von Individuen bestimmt, „im Dienste“ des ganzen „Staates“ Beispiele: Termiten: Abgabe von Pheromonen durch König und Königin Entwicklung von Larven zu Geschlechtstieren gehemmt, Steuerung differenzierterer Entwicklungen Wespen, Bienen, Ameisen: anders als bei Termiten werden Larven gefüttert Kastendifferenzierung in erster Linie trophogen: Entwicklung zu Männchen, fortpflanzungsfähigen Weibchen oder Arbeiterinnen je nach Fütterung Entwicklung aus Perspektive des einzelnen Insekts umweltabhängig (ressourcenabhängig), aber Umweltbedingungen werden von Gemeinschaft „gezielt“ hergestellt Art der Regulation entspricht Regulation des inneren Zustandes des Einzelorganismus (Homöostase, „organisches Gleichgewicht“) Prinzip des Verhaltens der Individuen untereinander und zum „Staat“ entspricht Beziehung zwischen Organen und Organismus: Individuen untereinander sowie Individuen und Gemeinschaft bedingen und erzeugen einander wechselseitig Alles füreinander Ursache und Wirkung Für Organcharakter wesentlich: Unselbständigkeit der Teile - Kein Individuum, keine Kaste kann selbständig leben Erklärung des organismus-ähnlichen Verhaltens durch Verwandtenselektion Aber: Kooperatives Verhalten nicht nur bei Verwandtschaftsgruppen Bei Ameisen etwa Hälfte aller Arten polygyn = Volk hat mehrere Königinnen oft (bereits begattete) Königinnen durch Emigration Manchmal löst sich Grenze zwischen einzelnen „Superorganismen“ auf Waldameisen (Formica): Verbände von hunderten bis tausenden von Nestern als Kolonien entstanden Austausch von Futter, Arbeiterinnen und Königinnen Verschwinden jeder funktionalen Abgrenzung zwischen Ameisenvölkern einer Art: Weit entfernte Völker der Pharaonenameise (Monomorium pharaonis) zusammengebracht verhalten sich kooperativ Tendenz der Entwicklung ganzer Art zu einzigem Superorganismus Staatenbildung nicht einmalige „Erfindung“: Bei Hymenopteren mindestens elf mal unabhängig voneinander entstanden Offenbar unter bestimmten Voraussetzungen naheliegende Entwicklung Ausgangspunkt Brutpflege Unter Arthropoden häufig: viele Spinnen, Ohrwürmer, Käfer Weiterentwicklung zu gemeinsamer Brutpflege Ergebnis der Weiterentwicklung der Brutpflege: Verhältnis zu Nachkommen bei sozialen Insekten viel komplexer als bei anderen brutpflegenden Insekten: Z. B. mache Wespen: Larven füttern die sie pflegenden Erwachsenen Betasten nährstoffreiches Sekret; hilft Volk, Perioden schlechten Wetters zu überstehen Normal: Förderung von Nachwuchs = biologischer Sinn der Aktivitäten der Gemeinschaft Hier: Nachwuchs = Organ im Dienste der Gemeinschaft Wie kam es zur Entwicklung dieser Superorganismen? Ökologische Vorteile ähnlich wie mehrzelliger Organismus gegenüber Summe freilebender Zellen: arbeitsteilige Spezialisierung Unterschied: Mehrzeller: Zellen trennen sich nach Teilung nicht Einheit der Selektion, sterben immer gemeinsam Prinzip der Insektenstaaten: Gruppen von Individuen bilden funktionale „Kasten“ Entscheidender Schritt: beide Bestandteile des Fortpflanzungsverhaltens entkoppelt: Erzeugung und Pflege der Nachkommen Weitere Differenzierungen: Altersabhängiger Funktionswandel (Bienenarbeiterin: erst Innendienst, dann Außendienst) Arbeitsteilung unter nicht-reproduktionsfähigen Tieren: Arbeiter, Soldaten Spezialfunktionen z. B. Dienst als „Speichertiere“: „Honigtöpfe“ bei Honigameise Myrmococystus Folien Abb. 34: Beispiele für Kasten bei sozialen Insekten. Obere Reihe: verschiedene Weibchenkasten sowie ein Männchen der Ameisenart Pheidolekingi instabillis. (a) Kleine Arbeiterin, (b) mittlere Arbeiterin, (c) große Arbeiterin, (d) Männchen, (e) Königin. Untere Reihe: verschiedene spezialisierte Kasten bei anderen Arten. (f) Soldat der Rossameisenart Camponotust runcatus, der den Eingang des Nestes mit seinem stöpselförmigen Kopf verschließt und als lebende „Eingangstür“ in das Nest dient. (g) Sterile Kaste bei der australischen Termitenart Nasutiter mesexitosus, die eine wasserpistolenähnliche Kopfform aufweist und giftige Substanzen auf herannahende Feinde sprühen kann. (h) Angefüllte Stöpselko pf-Ameise Termiten Polymorphismus Schwierig zu erklären: Teil der Individuen muß vollständig auf eigene Fortpflanzung verzichten Verwandtschaftsselektion? Problem: große Zahl von Ameisenarten mit vielen Königinnen zum Teil aus fremden Nestern Nur Teile der Individuen des Volkes verwandt, aber alle kooperieren Anderen Erklärungsweisen: - Soziale Dominanzmechanismen Weibchen könnten andere Weibchen gezwungen haben, ihnen bei Aufzucht ihrer Jungenaufzucht zu helfen - Mutualismus innerhalb der Art = kein Verhalten des Sich-Opferns, d. h. Abgabe ohne Gegenleistung mit biologischen Sinn der Weitergabe eigener Gene über Verwandte („indirekte Fitneß“), sondern „Tauschgeschäft“ (direkte Fitneß) Wahrscheinlich mehrere Mechanismen an Entwicklung eusozialen Verhaltens beteiligt